| Titel: | Ueber bleihaltigen Höllenstein; von G. C. Wittstein. | 
| Autor: | G. C. Wittstein | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 526 | 
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                        Ueber bleihaltigen Höllenstein; von G. C. Wittstein.
                        Wittstein, über bleihaltigen Höllenstein.
                        
                     
                        
                           Aeltern Beobachtungen zufolge ist der Höllenstein (das geschmolzene salpetersaure
                              Silberoxyd) hier und da bleihaltig angetroffen worden. In den letzten drei Decennien
                              hat von einer solchen Verunreinigung oder Verfälschung nichts mehr verlautet; ein
                              neues derartiges Vorkommniß veranlaßt mich aber, die Aufmerksamkeit wieder darauf zu
                              lenken.
                           Das Präparat, um welches es sich hier handelt, stammte aus unverdächtiger Quelle,
                              weshalb dasselbe vor dem Gebrauche keiner Prüfung auf seine Reinheit unterworfen,
                              sondern gleich in der als Reagens erforderlichen Menge Wasser aufgelöst und in
                              Anwendung gezogen wurde. Nun entstand durch diese Solution in einer Flüssigkeit,
                              welche freie Schwefelsäure enthielt, nicht eine die Gegenwart des Chlors
                              charakterisirende opalisirende oder milchige, sondern eine feine pulverige weiße
                              Trübung, die auf Baryt- oder Bleisulfat deutete und bei näherer Prüfung sich
                              als letzteres herausstellte.
                           Um die Menge dieser Verunreinigung kennen zu lernen, fällte man eine Portion der
                              Lösung mit Schwefelsäure aus und erhielt 0g,150 Bleisulfat, worin 0g,108
                              metallisches Blei, entsprechend 0g,173
                              salpetersaurem Bleioxyd. Die davon getrennte Flüssigkeit lieferte mit Salzsäure 3g,170 Chlorsilber, worin 2g,385 metallisches Silber, entsprechend
                              3g,755 salpetersaurem Silberoxyd.
                           Hieraus ergibt sich, daß dieser Höllenstein in 100 G. Th. aus
                           
                              
                                 95,596
                                 salpetersaurem
                                 Silberoxyd und
                                 
                              
                                 4,404
                                 „
                                 Bleioxyd
                                 
                              
                           bestand, und daß, wenn zur Darstellung desselben von vorn
                              herein bleihaltiges Silber angewendet war, dieses in 100 aus
                           
                              
                                 95,668
                                 Silber und
                                 
                              
                                 4,332
                                 Blei
                                 
                              
                           bestanden haben mußte.
                           Soll man nun annehmen, es sei aus einer solchen Legirung das Präparat hervorgegangen,
                              oder es seien dem Silbernitrate vor dem Ausgießen in Stangen 4,5 Proc. Bleinitrat
                              zugesetzt worden? Gegen das letztere spricht die erprobte Rechtschaffenheit des
                              Lieferanten; es bleibt mithin nur die Vermuthung übrig, daß im Handel Silber mit 4,5
                              Proc. Blei vorkomme, aus welchem jener Höllenstein bereitet wurde. Allerdings wird
                              das meiste Silber aus Bleierzen gewonnen, und das sogen. Blicksilber enthält stets
                              noch Blei, welches ihm erst durch das Feinbrennen entzogen werden muß. Aber so stark
                              bleihaltig ist das Blicksilber wohl nie, und es drängt sich daher der Verdacht auf, das
                              Blei sei dem Silber in betrügerischer Absicht zugesetzt worden.
                           Der Zweck dieser Mittheilung ist daher, die Aufmerksamkeit nicht nur auf bleihaltigen
                              Höllenstein, sondern auch auf im Handel vorkommendes bleihaltiges Silber zu
                              lenken.