| Titel: | Ueber die Anforderungen, welche an ein zu häuslichen Zwecken bestimmtes Wasser zu stellen sind; von Ferd. Fischer. | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 589 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber die Anforderungen, welche an ein zu
                           häuslichen Zwecken bestimmtes Wasser zu stellen sind; von Ferd. Fischer.
                        (Schluß von S. 525 dieses Bandes.)
                        Fischer, über die Anforderungen an Trink- und
                           Brauchwasser.
                        
                     
                        
                           Organische Stoffe. F. Schulze
                              (1868 188 206) bezeichnet diejenigen Wässer als gut, von
                              denen 1l nicht mehr als 10mg übermangansaures Kalium entfärbt, als
                              nächstgut diejenigen, welche 10 bis 20mg,
                              als Mittel die, welche 20 bis 30 und als schlecht die, welche mehr als 30mg Kaliumpermanganat in alkalischer Lösung
                              zersetzen. Nach Almén
                              Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1871 S. 750. darf 1l gutes Wasser höchstens 3mg, verwendbares Wasser 6mg Sauerstoff zur Oxydation gebrauchen
                              (1mg Sauerstoff entspricht 4mg KMnO₄ oder 20mg organischer Substanz). Nach Pettenkofer darf ein trinkbares Wasser im Liter höchstens
                              50mg durch Übermangansaures
                              Kalium zerstörbare organische Stoffe enthalten (entspr. 10mg KMnO₄), nach Kubel nur 30 bis 40mg. Reichardt (Grundlagen S. 10) will bei
                              Wasserleitungen nur einen Verbrauch von höchstens 2 bis 4mg KMnO₄ auf 1l gestatten; Wasser, welches 6 bis 10mg übermangansaures Kalium gebraucht, ist nach ihm
                              unter allen Umständen zu verwerfen. Der Verfasser stellte für Hannover als
                              Grenzwerth eines guten Wassers 8mg
                              KMnO₄ auf (1873 210 287), Brandes und der ärztliche Verein schließen sich dieser Forderung an (1874
                              212 77).
                           Die englische Commission (VI. Report p. 426) stellt als
                              Ergebniß ihrer Untersuchungen folgende Forderungen: Oberflächenwasser und
                              Flußwasser, welches in 100000 Th. mehr als 0,2 Th. organischen Kohlenstoff (vgl.
                              1874 211 200) und 0,03 organischen Stickstoff enthält,
                              ist zu häuslichen Zwecken unbrauchbar. Quell- und Tiefbrunnenwasser sollte
                              nicht mehr als 0,1 Th. organischen Kohlenstoff und 0,03 Th. organischen Stickstoff
                              in 100000 Th. enthalten. Steigt der Gehalt an Kohlenstoff bis zu 0,15 Th., so sollte
                              das Wasser nur in der dringendsten Verlegenheit angewendet werden. Auf alle Fälle
                              ist gutes Quell- und Brunnenwasser dem Tagewasser und Flußwasser zu
                              häuslichen Zwecken vorzuziehen.
                           Leider besitzt die Chemie noch keine Mittel zur genauen Bestimmung der organischen
                              Stoffe. Die Verbrennungsmethode von Frankland gibt zwar
                              den Stickstoff- und Kohlenstoffgehalt derselben an, nähern Aufschluß über die
                              Natur der organischen Substanz gestattet sie dagegen auch nicht. Außerdem erfordert
                              sie einen solchen Aufwand an Apparaten, daß sie nur in größern Laboratorien
                              ausführbar ist. Die Bestimmung des durch das Wasser entfärbten
                              Übermangansauren Kaliums gibt zwar nur ein relatives Verhältniß der
                              vorhandenen Menge an leicht oxydirbaren organischen Stoffen; in Ermanglung einer
                              bessern Methode (die Fleck'sche Silberlösung hat keinen
                              Vorzug dem KMnO₄ gegenüber) und in Verbindung mit der mikroskopischen
                              Untersuchung kann sie jedoch sehr wohl mit als Maßstab der Verunreinigung gelten.
                              Hoffentlich gelingt es noch, durch Einwirkung passender Reagentien auf den
                              Verdunstungsrückstand unter dem Mikroskop auch nähere Aufschlüsse über die Natur der
                              in Zersetzung begriffenen organischen Stoffe zu erlangen. Darauf bezügliche Versuche
                              des Verfassers sind noch nicht abgeschlossen.
                           Die Zahlen von Schulze und Almén sind zu hoch; mehr als 6 bis 8mg KMnO₄ sollten von 1l Trinkwasser nicht entfärbt werden. Sind
                              die organischen Stoffe pflanzlicher Natur (Wald- und Torfboden), in welchem
                              Falle die Stickstoffverbindungen höchstens in Spuren, Chloride in nur geringer Menge
                              vorhanden sind, so wird man unbedenklich ein Wasser selbst dann noch als zum Genuß
                              brauchbar erklären können, wenn es 15 bis 20mg übermangansaures Kalium zersetzt.
                           Von besonderm Werthe ist die mikroskopische Untersuchung
                              des Wassers und des bei
                              gewöhnlicher Temperatur im luftverdünnten Raume erhaltenen Verdunstungsrückstandes
                              (1873 210 289), nicht nur zur etwaigen Auffindung der
                              Eier von Eingeweidewürmern u. dgl., sondern namentlich um die Gegenwart oder
                              Abwesenheit von Bakterien und ähnlichen niedern Organismen festzustellen. In einem
                              reinen Wasser finden sich selten und höchstens ganz vereinzelte Bakterien, während
                              in dem Absatze und dem fast zur Trockne verdunsteten Rückstande eines durch
                              thierische Abfälle verunreinigten Wassers chromogene und andere Bakterien in großer
                              Menge vorhanden sind (1875 215 518).
                           Nicht recht verständlich ist die Forderung Wiebel's, das
                              Wasser dürfe keine gröbern, schwimmenden Organismen
                              enthalten.
                           Ammoniak und salpetrige Säure.
                              Die Bestimmung des Ammoniaks hält Reichardt (Grundlagen
                              S. 20) für unwesentlich, Fleck
                              Journal für praktische Chemie, 1872 Bd. 5 S. 263. dagegen für besonders wichtig. Wiebel (S. 102)
                              fordert nur, daß das Wasser keine größern Mengen von Ammoniak und salpetriger Säure
                              enthalte.
                           Allerdings enthält 1l Regenwasser nicht
                              selten mehrere Milligramm Ammoniak, oft auch salpetrige Säure, welche fast
                              ausschließlich aus den in die Atmosphäre übergegangenen Zersetzungsproducten
                              thierischer Stoffe stammen. Wie bereits erwähnt, wird aber das Ammoniak von einem
                              nicht verunreinigten Boden zurückgehalten, bis es von dem atmosphärischen Sauerstoff
                              zu salpetriger Säure oxydirt ist, die dann bei Abwesenheit faulender Stoffe sehr
                              rasch in Salpetersäure übergeführt wird. Ein Quell- oder Brunnenwasser, in
                              welchem im nichtconcentrirten Zustande auch nur Spuren von Ammoniak und salpetriger
                              Säure nachzuweisen sind, ist daher mindestens verdächtig, da es aus einem
                              verunreinigten Boden stammt oder noch in Fäulniß begriffene organische Substanzen
                              enthält. Ein Wasser, in welchem die betreffenden Reactionen mit dem Neßler'schen
                              Reagens oder mit Jodkaliumstärke sofort eintreten, sollte nicht zum Genuß verwendet
                              werden.
                           Salpetersäure. Der dritte Bericht der Rivers Pollution CommissionVierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege, 1872 S. 426. Der
                                    Bericht fährt fort: „Die Wichtigkeit der Angabe beruht ferner
                                       nicht auf den im Wasser eingeschlossenen Resten als solchen, da
                                       dieselben an sich unschädlich sind, sondern auf der Gefahr, daß ein
                                       Theil der ursprünglichen schädlichen Bestandtheile der Umwandlung in
                                       unschädliche anorganische Verbindungen entgangen ist. Die Gefahr ist um
                                       so größer, weil es ganz unmöglich ist, durch die chemische Analyse oder
                                       durch eine andere Untersuchungsmethode – ausgenommen dadurch, daß
                                       das Wasser von den Menschen getrunken wird – festzustellen, ob
                                       derartige schädliche Stoffe darin zurückgeblieben sind oder nicht. Wir
                                       (die Commission) können diese Gefahr nicht für gering erachten, welcher
                                       Natur auch die in den menschlichen Auswurfstoffen sich findenden
                                       schädlichen Stoffe sein mögen. Wenn wir aber die
                                       Theorie gelten lassen, welche jetzt von denjenigen Physiologen, die sich
                                       eingehend mit dem Studium der epidemischen und
                                       Infections-Krankheiten befaßt haben, meistentheils vertreten
                                       wird, daß nämlich diese Krankheiten durch infusorielle, zymotische Keime
                                       entstehen, dann wird die Gefahr noch drohender wegen des starken
                                       Widerstandes, den solche organische und lebende Keime den oxydirenden
                                       Agentien entgegensetzen, während todte organische Materien Stück um
                                       Stück davon zersetzt werden. Und daß die beregte Gefahr nicht etwa
                                       allein in der Einbildung besteht, folgt aus den zahlreichen
                                       Typhus- und Cholera-Epidemien, deren Ursache mit aller
                                       Schärfe auf das Trinken von Wasser zurückgeführt worden ist, welch
                                       letzteres zwar eine vorausgehende Verunreinigung durch animalische
                                       Stoffe aufwies, in welchem aber keine unmittelbar schädlichen
                                       Bestandtheile von der chemischen Analyse entdeckt werden
                                       konnten.“
                                     spricht sich dahin aus, daß, wo immer ein Wasser einen solchen Rest von Stickstoff in Form von
                              Nitraten, Nitriten und Ammoniak enthält, es der frühern Verunreinigung überwiesen
                              ist, und zwar in dem durch den Gehalt an jenen Producten bestimmten Maße. Auch
                              ReichReich: Die Salpetersäure im Brunnenwasser und ihr
                                    Verhältniß zur Cholera (Berlin 1868)., Reichardt (Grundlage S. 18), F. Varrentrapp (V. G. 1869 S. 448), Goppelsröder
                              Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel (Basel 1866) S.
                                    672. u.a. halten die Bestimmung der Salpetersäure für besonders wichtig, während
                              F. Schulze (1868 188 200) sie
                              für ziemlich unwesentlich hält.
                           Ueber die für ein Trinkwasser zulässige Menge an Nitraten gehen die Ansichten noch
                              weit aus einander. Müller
                              Journal für praktische Chemie, Bd. 82 S. 472. hält 0,00004 derselben, welche mittels Eisenvitriol im Abdampfrückstande von
                              10cc noch nachgewiesen werden können,
                              für bedenklich. Die Wiener Commission gestattet nur 4mg Salpetersäure (NO₅) in 1l, ebenso Reich und Reichardt. Die
                              hannoversche Commission will 10mg
                              Salpetersäure zulassen, während Brandes und der ärztliche
                              Verein (1874 212 77) sich den vom VerfasserF. Fischer: Das Trinkwasser, seine Beschaffenheit,
                                    Untersuchung und Reinigung (Hannover 1873) S. 17. Die hier befolgte Angabe
                                    in Milligrammäquivalenten hat für den Chemiker entschiedene Vorzüge; für mit
                                    der Stöchiometrie weniger Vertraute (Aerzte, Ingenieure) ist die Berechnung
                                    als mg in 1l, entsprechend g in 1chm vorzuziehen. für die hannoverschen Brunnenwässer als Grenzwerth aufgestellten 27mg (1/2 Milligrammäquivalent) Salpetersäure
                              anschließen. Auch Wiebel (S. 97 und 102) stimmt diesem
                              zu, schlägt dann aber doch 5 bis 20mg
                              Salpetersäure vor.
                           In ihrem dritten Bericht ist die englische Commission noch der Ansicht, daß ein
                              Wasser als gefahrlos angesehen werden kann, von welchem die chemische Analyse lehrt,
                              daß 100 000 Th. desselben nicht mehr thierische Stoffe aufgenommen hatten, als sich
                              in 5000 Th. Londoner Canalwasser finden (V. G. 1872 S. 428). 10000 Th. Canalwasser
                              enthalten aber im Mittel 1 Th. Stickstoff, 1l Wasser also 50cc Canalinhalt =
                              5mg Stickstoff = 19mg,2 Salpetersäure. In dem mehrfach
                              erwähnten 6. Bericht
                              (p. 17) wird als der einzige vollkommen sichere Weg
                              zur Erlangung eines guten Wassers der bezeichnet, überhaupt alles Wasser, welches
                              jemals mit Excrementalstoffen verunreinigt war, zu verwerfen. Da dies aber nicht
                              immer ausführbar, so werden diese Wässer eingetheilt in ziemlich sicheres,
                              verdächtiges und gefährliches Wasser. Als ziemlich sicher
                              wird das Wasser bezeichnet, welches aus etwa 30m tiefen Brunnen oder aus Quellen geschöpft wird, die nicht durch
                              Oberflächenwasser verunreinigt werden können, wenn dasselbe nicht mehr
                              Verunreinigungen aufgenommen hatte, als 10000 Th. Cloakenwasser in 100000 Th.
                              entspricht. Verdächtig ist das Wasser der Flüsse, welche
                              kein Canalwasser aufnehmen, sowie das Brunnen- und Quellwasser, dessen
                              frühere Verunreinigung 10 bis 20000 Th. Canalwasser in 100000 Th. entspricht. Gefährlich ist das Wasser verunreinigter Flüsse und
                              dasjenige Brunnen- und Quellwasser, welches in 100000 Th. mehr als 20000 Th.
                              Canalwasserverunreinigung aufgenommen hatte. Hier wird also ein Wasser, welches
                              durch eine mindestens 30m dicke Erdschicht
                              hindurch gesickert ist, selbst dann noch als ziemlich sicher bezeichnet, wenn
                              dasselbe 10 Proc. Canalwasser aufgenommen hatte, somit unter Zurechnung der
                              Stickstoffverbindungen des Regenwassers etwa 40mg Salpetersäure (NO₅) im Liter
                              enthält.
                           Hierbei ist zu bemerken, daß Ekin
                              Chemisches Centralblatt, 1871 S. 325. in einem Wasser, welches aus einem an Fossilien reichen Oolithhügel stammte,
                              Salpetersäure fand, daß 1l Regenwasser
                              selbst 13mg N₂O₅ enthält.
                              Nach den neuesten Analysen enthalten die Quellen vom Mittenberge bei Chur in 1l 6mg Salpetersäure, das Wasser muß aber sonst gut genannt werden.Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens, 1873 S. 127. Das von Schmidt
                              Archiv der Naturkunde Liv-, Esth- und Kurlands, 1864 Bd. 3 S.
                                    347. als ursprüngliches Quellwasser, frei von Stadtlauge, in Dorpat hingestellte
                              Wasser enthält in 1l 5mg, 6N₂O₅ . 4mg Salpetersäure ist demnach als Grenze
                              denn doch wohl zu eng gezogen, obgleich zugegeben werden soll, daß Quellen aus
                              unbebauten Gegenden ein Wasser liefern, welches in der Regel diese Grenzzahl nicht
                              erreicht.
                           Ein Quell- oder Brunnenwasser wird man unbedenklich selbst dann für gut
                              erklären können, wenn es 20mg
                              Salpetersäure, dagegen nur wenig Chlor und Spuren von organischen Stoffen enthält
                              und frei ist von Ammoniak, salpetriger Säure und niedern Organismen. Für ein
                              brauchbares Wasser wird man unter diesen Verhältnissen bis 40mg Salpetersäure zulassen können.
                           
                           Chlor. Nach Reichardt (S. 17)
                              sind größere Mengen als 8mg Chlor im Liter
                              auffällig. 1l Quellwasser vom Thüringer
                              Wald enthielt 1,5 bis 2mg,1, reines
                              Brunnenwasser in nächster Nähe von Hannover 15 bis 35mg, bei der Saline in Badenstedt aber 56mg Chlor.Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1873 S. 24. Der Verfasser stellte hiernach für Hannover als Grenzwerth in 1l 35mg (1 Milligrammäquivalent) auf. Wiebel (S. 97)
                              schließt sich dieser Zahl für Hamburg an.
                           Es wurde bereits erwähnt, daß das Chlor bei der Beurtheilung eines Wassers ein
                              schätzenswerthes Maß der Zuflüsse aus Gruben u. dgl. bildet. Da jedoch der
                              Salzgehalt des Bodens und damit auch die Chlormenge der nicht verunreinigten
                              Brunnen- und Quellwässer an den verschiedenen Orten ungleich ist, so läßt
                              sich kaum ein allgemein giltiger Grenzwerth aufstellen. Für gewöhnlich kann man
                              annehmen, daß ein reines Wasser nicht mehr als 35 bis 40mg Chlor enthält; größere Chlormengen als
                              50mg sind verdächtig. In zweifelhaften
                              Fällen geben Vergleichungen mit benachbarten Brunnen und Quellen, sowie die bei
                              Verunreinigung mit thierischen Stoffen nie fehlenden Stickstoffverbindungen nähern
                              Aufschluß.
                           Die Behauptung, Brom- und Fluorverbindungen wirkten kropferzeugend, ist ebenso
                              wenig erwiesen als die Angabe von Chatin, das Wasser,
                              welches kein Jod enthalte, erzeuge Kropfbildung. Bei gewöhnlichen
                              Wasseruntersuchungen kommen diese Stoffe nicht in Frage.
                           Schwefelsäure. Die Menge der Schwefelsäure schwankt nach
                              Reichardt (S. 17) in gutem Wasser zwischen 2 bis
                              50mg; ein 10m tiefer Brunnen bei Hannover enthielt 4mg. Reichardt
                              hält eine Steigerung der Schwefelsäure über 63mg im Liter für bedenklich, sowohl hinsichtlich der medicinischen
                              WirkungenSulfate bewirken Verdauungsstörungen und Abführen (Lersch: Trinkwasser S. 21) der Sulfate des Natriums, Kaliums und Magnesiums, wie technisch bei größern
                              Mengen von Gyps und Bittersalz. – Als Grenze eines guten Trinkwassers für
                              Hannover stellte der Verfasser (1873 210 287) 80mg SO₃ auf; auch Wiebel will 80 bis 100mg zulassen. – Ein gutes Wasser wird allerdings in der Regel
                              weniger als 80mg Schwefelsäure enthalten;
                              ist das Wasser nicht mit thierischen Stoffen verunreinigt, was durch Vergleichung
                              mit benachbarten Wässern und die übrigen Bestandtheile leicht gefunden wird, so wird
                              man selbst 100 bis 120mg zulassen
                              können.
                           Härte. Nach BergmannMaquers' Chymisches Wörterbuch; deutsch von Leonhardi (Leipzig 1791) Bd. 7 S. 34 u. 48. schmecken die sogen, rohen oder harten Wässer strenge oder gewissermaßen erdig und nicht
                              angenehm, veranlassen gern Leibesverstopfung und schaden in der Länge der
                              Gesundheit.
                           Du Pasquier (1846 100 469)
                              zählt das doppeltkohlensaure Calcium zu den nützlichen Bestandtheilen, hält aber den
                              Gyps für schädlich. Boussingault (1846 100 411) hält den Kalk ebenfalls für einen wesentlichen
                              Bestandtheil des Trinkwassers; Friedleben
                              Archiv der Heilkunde, 1861 S. 139. hat jedoch in den Angaben Boussingault's
                              Rechenfehler gefunden, nach deren Berichtigung sich das Gegentheil von dem ergibt,
                              was derselbe bewiesen zu haben glaubte. Nach Gorup-Besanez
                              Gorup-Besanez: Physiologische Chemie
                                    (Erlangen 1874) S. 91. kann von einer physiologischen Bedeutung des kohlensauren Calciums nicht die
                              Rede sein.
                           Letheby und Wilson
                              Journal für Gasbeleuchtung, 1872 S. 55. behaupten, daß hartes Wasser klarer, kälter, luftreicher und weniger geneigt
                              sei, organische Substanzen in sich aufzunehmen (?), lebende Organismen zu
                              unterhalten, Blei und Zinn aufzulösen, als weiches Wasser. In physiologischer
                              Beziehung schützen die Kalksalze den thierischen Körper vor manchen schädlichen
                              Einflüssen. Der menschliche Körper verlangt eine bestimmte Menge phosphorsauren und
                              kohlensauren Kalkes; ersterer wird uns in der gewöhnlichen Nahrung in hinreichender
                              Menge zugeführt, den kohlensauren Kalk erhalten wir durch das Quell- und
                              Flußwasser. Die Mortalität der größern Städte verhält sich umgekehrt wie die Härte
                              des Wassers. – Es wurde bereits früherF. Fischer: Das Trinkwasser S. 18. gezeigt, daß diese Angaben von Letheby keine
                              allgemeine Giltigkeit haben. Der 6. Bericht der englischen Commission behandelt den
                              Einfluß der harten Wässer auf die Gesundheit sehr eingehend (p. 184 bis 201), kommt dann aber zu dem Schluß (p. 427), daß ein sehr hartes Wasser geringe Uebel im Körper hervorbringen
                              kann; wenig harte und weiche Wässer, wenn sie frei von schädlichen Stoffen sind,
                              sind gesund. Die Mortalität wird durch hartes Wasser nicht beeinflußt.
                           BergeretJournal de Pharmacie et de Chimie, 1874 p. 37. hat in neuerer Zeit die früher schon von AndernLersch: Trinkwasser S. 23 erhobene Beschuldigung wiederholt, gypshaltiges Wasser begünstige
                              Kropfbildung und Kretinismus. In wie weit dies begründet ist, bleibt abzuwarten. Man
                              wird aber der Wiener Commission im Allgemeinen zustimmen können, wenn sie weiches Wasser verlangt, als Maximum aber 180mg Gesammtkalk (18° Härte) im Liter
                              zulassen will. Reichardt
                              ist hiermit
                              einverstanden, erwähnt aber, daß sonst völlig reines Wasser aus Muschelkalk selbst
                              23° Härte zeigen kann. Auch in Brasilien und China soll man weiche Wässer
                              vorziehen, so daß nach Staunton Chinesen von Rang
                              destillirtes Wasser trinken.Bolley: Chemische Technologie des Wassers
                                    (Braunschweig 1862) S. 44.
                              
                           Von den Magnesiasalzen ist nach Bolley unbedingt zu sagen,
                              daß sie, in nur einigermaßen starker Proportion in einem Wasser vorkommend, dessen
                              Genuß bedenklich machen. Schulze (1868 188 198) bezeichnet einen größern Gehalt als 100mg Magnesia in 1l Wasser, namentlich als Chlormagnesium,
                              für bedenklich, da dasselbe Veranlassung zu Diarrhöen gebe.
                           Unter sonst gleichen Verhältnissen ist zum Genuß ein weiches Wasser vorzuziehen,
                              namentlich sollte ein gutes Trinkwasser nicht mehr als 40mg Magnesia enthalten und keine größere
                              Härte als 16 bis 18° zeigen. Verdankt das Wasser seine Härte jedoch
                              vorwiegend einem Gehalt an doppeltkohlensaurem Calcium, so wird man selbst 20 bis
                              25° zulassen können.
                           Hinsichtlich der gasförmigen Bestandtheile gilt mit Recht
                              allgemein, daß ein wohlschmeckendes Trinkwasser nicht
                              ganz frei von Sauerstoff und (in Form von Bicarbonaten vorhandener) Kohlensäure sein
                              sollte, unbedingt erforderlich für ein Trinkwasser sind diese Stoffe nicht. Freie
                              Kohlensäure enthalten die gewöhnlichen Brunnenwässer in der Regel nicht.Sitzungsbericht der Akademie der Wissenschaften, München 1871 Bd. 2 S.
                                    170. Es dürfte sich übrigens kaum ein Brunnen- oder Quellwasser finden,
                              das diese Stoffe nicht in hinreichender Menge enthielte.
                           Bei Beurtheilung eines Trinkwassers kommt auch die Temperatur desselben in Frage. Ein
                              gutes Quell- und Brunnenwasser wird im Allgemeinen das ganze Jahr hindurch
                              die mittlere Bodentemperatur, für Deutschland 9 bis 11°, oder doch nur
                              geringe Abweichungen hiervon zeigen (F. Fischer: Trinkwasser S. 9). Ein Wasser,
                              welches durch die Luftemperatur beeinflußt wird, kann im Winter durch seine Kälte
                              nachtheilig wirken, so daß es vor dem Trinken oft erst erwärmt werden muß.
                              Schwieriger ist es, das zu warme Wasser im Sommer auf die zum Trinken passende
                              Temperatur abzukühlen, da die wenigsten Menschen in der Lage sind, hierzu Eis
                              anwenden zu können.
                           Ein gutes Trinkwasser soll demnach folgenden Anforderungen
                              genügen:
                           
                              1. Es muß klar, farblos und geruchlos sein.
                              2. Die Temperatur in verschiedenen Jahreszeiten darf nur
                                 innerhalb geringer Grenzen schwanken.
                              
                              3. Es darf nur wenig organische Stoffe und keine
                                 (Fäulniß-) Organismen enthalten.
                              4. Es darf kein Ammoniak, keine salpetrige Säure und keine
                                 größere Menge von Nitraten, Chloriden und Sulfaten enthalten.
                              5. Es soll nicht zu hart sein, namentlich keine wesentlichen
                                 Mengen von Magnesiumsalzen enthalten.
                              
                           Wegen der schwierigen Zerstörung der Fäulnißstoffe im Wasser ist bei Teich-
                              und Flußwasser noch die Bedingung zu stellen, daß dasselbe durchaus keine
                              menschlichen Abfallstoffe aufgenommen haben darf. –
                           Die englische Kommission unterscheidet je nach dem Vorkommen:
                           
                              1. Regenwasser.
                              2. Bergland-Tagewasser (upland
                                    surface water): a) aus nicht kalkigen
                                 Schichten oder Schichten, welche weder Calciumcarbonat noch Calciumsulfat
                                 enthalten, und b) aus kalkigen Schichten.
                              3. Tagewasser von cultivirtem Lande: a) von nichtkalkigen Schichten, b) von
                                 kalkigen Schichten.
                              4. Flachbrunnenwasser.
                              5. Tiefbrunnenwasser: a) aus
                                 nichtkalkigen Schichten, b) aus kalkigen
                                 Schichten.
                              6. Quellwasser: a) aus nichtkalkigen
                                 Schichten, b) aus kalkigen Schichten.
                              
                           Als Schlußergebniß ihrer Untersuchungen über die Zulässigkeit
                              dieser Wässer spricht sie sich im sechsten Bericht (p.
                              424) in folgender Weise aus:
                           
                              1. Das Regenwasser enthält von allen Wässern die kleinste Menge
                                 fester anorganischer Stoffe gelöst, wenn es in genügender Entfernung von Städten
                                 und in reinen Behältern aufgefangen wird; der Gehalt an organischen Stoffen ist
                                 jedoch etwas größer als in Quell- und Tiefbrunnenwasser.
                              2. Das Regenwasser, welches von den Dächern abfließt, ist oft
                                 durch so viel faulende Stoffe verunreinigt, daß es ohne Gefahr nicht zu
                                 Genußzwecken angewendet werden kann.
                              3. Das Wasser, welches sich auf uncultivirtem, namentlich
                                 kalkfreiem Boden in Teichen und andern Behältern ansammelt oder durch Sandboden
                                 fließt, ist meist zu häuslichen, besser noch zu industriellen Zwecken
                                 verwendbar; mehrere StädteStäde in England und Schottland werden mit solchem Wasser versorgt. Es ist
                                 fast immer der Gesundheit zuträglich, hat aber zuweilen einen unangenehmen
                                 Geschmack, in Folge eines Gehaltes an torfartigen Stoffen.
                              4. Das auf cultivirtem Boden gesammelte Wasser ist stets mehr
                                 oder weniger durch organische Stoffe des Düngers verunreinigt; es ist zu
                                 häuslichen Zwecken nicht gut geeignet, immerhin jedoch nicht so schädlich als
                                 verunreinigtes Flachbrunnenwasser, vorausgesetzt, daß der Dünger keine
                                 menschlichen Excremente enthielt.
                              5. Es sollte vor dem Gebrauch stets filtrirt werden.
                              6. Die englischen Flüsse erhalten Zuflüsse von mehr oder weniger
                                 bebautem Boden; werden sie durch städtische und Fabrik-Abflußwässer
                                 verunreinigt, so ist ihr Wasser zum Trinken und Kochen nicht verwendbar.
                              7. Noch schädlicher ist das Flachbrunnenwasser, wenn die Brunnen,
                                 wie dies gewöhnlich der Fall ist, in der Nähe von Aborten, Düngergruben u. dgl.
                                 liegen. Trotz des
                                 großen Gehaltes an ekelhaften und gefährlichen Stoffen ist es meist klar und
                                 wohlschmeckend.
                              8. Zu Genußzwecken ist am besten Quell- und
                                 Tiefbrunnenwasser geeignet. Es enthält die wenigste organische Substanz und ist
                                 fast immer klar, wohlschmeckend und gesund. Die Temperatur dieses Wassers wird
                                 von den verschiedenen Jahreszeiten nicht merklich beeinflußt, so daß es immer
                                 kühl und erfrischend ist.
                              9. In folgender Tabelle I ist die Zusammensetzung der vier
                                 brauchbaren Wässer gegeben, als Mittel von 589 Analysen. Es ergibt sich daraus,
                                 1) daß diese
                                 Tabelle I. Zusammensetzung der brauchbaren Wässer. 1l enthält Milligramm:
                                 OrganischerKohlenstoff.OrganischerStickstoff.Ammoniak.Stickstoff alsNitrate
                                          undNitrite.Gesammtstickstoff.FrühereVerunreinigungFrankland bemerkt hierzu: Es
                                                schien von Interesse, einen concrecten Ausdruck für die
                                                Größe dieser frühern Verunreinigung mit thierischen
                                                Substanzen zu gewinnen, über welchen uns die Kenntniß der
                                                Vergangenheit des Wassers Auskunft gibt. Einen solchen
                                                Ausdruck hat man erhalten, indem man als Maßstab der
                                                Vergleichung das Durchschnittsquantum gebundenen
                                                Stickstoffes wählt, welches nach den Analysen von A. W. Hofmann und H. M. Witt 100000 Th. des Londoner
                                                Sielwassers (Sewage) in Lösung
                                                enthalten. Wenn man in Einheilen dieses Maßstabes die
                                                frühere thierische Verunreinigung eines Wassers nach der
                                                Menge von Ammoniak, von Nitraten und Nitriten bemißt,
                                                welches es in Lösung hält, so darf man nicht außer Acht
                                                lassen, daß das Regenwasser selbst diese Substanzen, obwohl
                                                nur in äußerst geringer Menge, enthält. Die mittlere
                                                Quantität Stickstoff im Regenwasser haben sehr zahlreiche
                                                Analysen zu 0,032 Th. in 100000 (0mg in 1l) ergeben, und wenn
                                                man diesen Betrag von der Metige Stickstoff (in der Form von
                                                Ammoniak, von Nitraten und Nitriten) abzieht, welche die
                                                Analyse eines Trinkwassers ergeben hat, so bleibt nur selten
                                                ein Rest, es sei denn das Wasser durch thierische Materien
                                                verunreinigt gewesen. So fand man, daß von 198
                                                Gebirgswässern, welche von der Rivers
                                                   Pollution Commission gesammelt und untersucht wurden,
                                                nur 19 in 100000 Th. mehr als 0,032 Th. Stickstoff in der
                                                Form von Ammoniak, Nitraten und Nitriten enthielten, und
                                                unter diesen letztern wiederum war keines, von dem man hätte
                                                sagen können, daß die Möglichkeit einer Verunreinigung mit
                                                thierischen Stoffen absolut ausgeschlossen gewesen wäre.
                                                Ebenso zeigten von 21 Quellwässern unzweifelhaft
                                                unbefleckten Ursprunges nur zwei einen etwas größern Gehalt
                                                als 0,032 Th. und auch bei diesen war der Ueberschuß ein
                                                sehr geringer. Hat man die angeführte Zahl in Abzug
                                                gebracht, so bezeichnet der Rest, wenn ein solcher bleibt,
                                                den Stickstoff, welcher der Oxydation thierischer, in das
                                                Wasser gelangter Stoffe seinen Ursprung verdankt. So enthält
                                                ein Wasser, in welchem die Analyse 0,326 Th. Stickstoff (in
                                                der Form von Ammoniak, von salpetersauren und
                                                salpetrigsauren Salzen) in 100000 Th. nachgewiesen hat,
                                                0,326 – 0,032 = 0,294 Th. Stickstoff von thierischer
                                                Materie stammend. Dies ist nun in der That die Menge des
                                                gebundenen Stickstoffes, welcher in 2940 Th. des
                                                Durchschnittsinhaltes der Londoner Siele enthalten ist, und
                                                deshalb sagt man, ein solches Wasser zeigt in 100000 Th.
                                                2940 Th. früherer thierischer Verunreinigung.in 100000.Chlor.Härte5° englisch = 4° deutsch.VeränderlicheGesammtRegenwasser0,700,150,290,030,4242  2,2  0,4  0,8Tagewasser3,220,320,020,090,421211,3  1,5  5,4Tiefbrunnenwasser0,610,180,124,955,22474351,115,825,0Quellwasser0,560,130,013,833,96355924,911,018,5
                                 Wässer, nach dem
                                 geringsten Gehalt an organischen Stoffen angeordnet, die Reihenfolge einnehmen:
                                 Quellwasser, Tiefbrunnenwasser, Regenwasser und Tagewasser; 2) daß die Prüfung
                                 auf eine vorhergehende Verunreinigung durch thierische Stoffe beim Quell-
                                 und Tiefbrunnenwasser vernachlässigt werden kann; 3) daß Regen- und
                                 Tagewässer weicher sind als die beiden andern.
                              10. Nach dem Grade der Gesundheit, Schmackhaftigkeit und
                                 Tauglichkeit zum Trinken und Kochen lassen sich die Wässer in folgender Weise
                                 anordnen:
                              
                           
                              
                                 Zuträglich
                                 
                                    
                                    
                                 1) Quellwasser2) Tiefbrunnenwasser3)
                                    Bergland-Tagewasser
                                 
                                    
                                    
                                 vortrefflichenGeschmacks.
                                 
                              
                                 Verdächtig
                                 
                                    
                                    
                                 4) Regenwasser5) Tagewasser von cultivirtem
                                    Land
                                 
                                    
                                    
                                 ziemlich gutenGeschmacks.
                                 
                              
                                 Gefährlich
                                 
                                    
                                    
                                 6) Flußwasser mit Sielwasser verunreinigt7)
                                    Flachbrunnenwasser
                                 
                                    
                                    
                                 gutenGeschmacks.
                                 
                              
                           Die Tabelle II enthält die Ergebnisse der Analyse von 14 Wässern, welche nach Frankland
                              A. W. Hofmann: Bericht über die Entwicklung der
                                    chemischen Industrie während des letzten Jahrzehents (Braunschweig 1876) S.
                                    60. als Typen dieser 7 Klassen von Trinkwasser betrachtet werden können. Zur
                              Vergleichung ist die Analyse des Meerwassers beigefügt. Es sind durchweg die
                              reinsten ausgewählt.
                           Diesen auf die umfassendsten Versuche und Beobachtungen gegründeten Ausführungen wird
                              man zustimmen können; nur erscheint es bedenklich, bei Quell- und
                              Tiefbrunnenwasser die Untersuchung auf eine frühere Verunreinigung als überflüssig
                              zu bezeichnen. Das Wasser eines 50m tiefen
                              Brunnens in Hannover enthielt z.B. 137 bis 165mg Salpetersäure in 1l, Spuren
                              von salpetriger Säure und es reducirte 11mg
                              KMnO₄, mußte also, trotzdem es zur Klasse der Tiefbrunnenwasser gehörte, als
                              für den Genuß untauglich bezeichnet werden (F. Fischer:
                              Trinkwasser S. 54). Wenn ein derartiges Vorkommen auch als Ausnahme zu bezeichnen
                              ist, so wird doch dadurch die Nothwendigkeit der Untersuchung eines jeden
                              Brunnenwassers dargethan. –
                           Den an ein gutes Trinkwasser gestellten Anforderungen entspricht das Regenwasser,
                              abgesehen von der Temperatur, nur dann, wenn es auf reinen Flächen gesammelt ist, in
                              guten Cysternen aufbewahrt und nicht zu alt wird. Zur Herstellung künstlicher
                              Getränke und zu sonstigem Hausgebrauch ist ein solches Wasser vorzüglich geeignet,
                              wie Förster, Stöhr, Küchenmeister und der holländische
                              CholeraberichtZeitschrift für Epidemiologie, 1874 S. 87. 204.
                                    226. hervorheben. Durch schlechte Cysternen, wie z.B. in Venedig, kann das
                              Regenwasser natürlich stark inficirt werden. Daß das Regenwasser, namentlich in
                              Städten gesammelt, durch den Schmutz der Dächer und die fremden Bestandtheile der
                              Luft oft ziemlich stark verunreinigt werden kann, wird schon von Plinius und Hippokrates
                              angegeben.
                           
                           Tabelle II. 1l Wasser
                              enthält Milligramm:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 223, S. 600
                              Quellwasser; Weich, Plymouth
                                 (Wasserleitung); Klar und trinkbar; Hart, von St. Winifred's Well, Holywell,
                                 Wales; guten Geschmacks; Tiefbrunnenwasser; Weich, von Harston bei Cambridge;
                                 Hart, von Ventnor, Insel Wight; Bergland-Tagewasser; Weich, Glasgow,
                                 Wasserleitung vom Loch Katrine; Leicht getrübt, angen. Geschm; Hart, Gloucester
                                 (Wasserleitung); Trübe von weniger gutem Geschmack; Regenwasser; Weich, von
                                 Rothamstead bei London; Leicht aetrübt. von ziemlich; Hart, von Landes End,
                                 Cornwall; gutem Geschmack; Tagewasser v. cultivirtem Land; Weich, Falmouth
                                 (Wasserleitung); Leicht getrübt guten Geschm; Hart, Cheltenham (Wasserleitung);
                                 Verunreinigtes Flußwasser; Weich, Tunbridge, (Wasserleitung von dem Medway);
                                 Trübe, guten Geschmacks; Hart, London (Wassert, v. d. Themse); Leicht getrübt,
                                 guten Geschm; Flachbrunenwasser; Weich, von Ivybridge, Devonshire; Trübe, guten
                                 Geschmacks; Hart, von einer Pumpe in Queen; Square. Bloomsbury. London; Klar,
                                 guten Geschmacks; Seewasser; Von Worthing, eine Meile v. d. Küste
                              
                           
                           Daß Sumpfwasser wegen der in ihm enthaltenen Fäulnißstoffe
                              zum Genuß entschieden untauglich, ist längst anerkannt; so erwähnt schon der Koran
                              unter den Strafen der jenseitigen Welt auch das Trinken stehenden Wassers, und
                              Hippokrates bezeichnet die Sumpfwässer als sehr schleimig und dumpf (vgl. S.
                              518).
                           Flußwasser. Nach Förster (Z.
                              E. 1874 S. 83) erscheint jedes Wasser eines Baches oder Flusses, in den sich
                              menschliche Auswurfstoffe entleeren, verdächtig. Er gibt eine Anzahl Beispiele,
                              welche als Beweise angeführt werden, daß das Choleragift von Bächen und Flüssen
                              stromabwärts getragen wurde. Wallichs (Z. E. 1874 S. 457)
                              hält es wenigstens für möglich, daß die große Häufigkeit der Cholera auf Schiffen im
                              Altonaer Hafen u. f. w. durch das Trinken des mit den Auswurfstoffen von Hamburg und
                              Altona verunreinigten Elbwassers zu erklären sei. Von Schmidt in Dorpat und Andern (V. G. 1873 S. 394) ist nachgewiesen, daß
                              durch das Trinkwasser auch die Eier von Parasiten in den Organismus gelangen
                              können.
                           WiebelWiebel: Die Fluß- und Bodenwässer Hamburgs
                                    S. 145 meint, die centrale Sandfiltration des Abwassers werde bei guter Anlage der
                              Filterwerke ein sanitär vollständig brauchbares Wasser liefern,
                           
                              1. weil sie ein unter allen Umständen klares, farb- und
                                 geruchloses Wasser bietet, indem sie die mineralischen Schlammtheile und
                                 organischen Fragmente entfernt;
                              2. weil sie ebenso alle gröbern Organismen (Fische, Krabben,
                                 Larven, Eingeweidewürmer u.s.w.) und sehr wahrscheinlich auch einen
                                 überwiegenden Theil der feinern (Algen, Infusorien) beseitigt;
                              3. weil sie von der im Wasser vorhandenen Gesammtmenge
                                 organischer Substanzen die Hauptmasse beiseite schaffen kann und bezüglich des
                                 bleibenden Restes sanitäre Bedenken um so weniger gerechtfertigt sind, als a) das Elbwasser bei Hamburg die
                                       ihm von Ortschaften des Ober- und Unterlaufes zugeführten
                                       putriden Verunreinigungen nur in einem außerordentlichen
                                       Verdünnungszustande führt;b) die Hauptmenge der
                                       organischen Substanzen zweifellos aus vegetabilischen Materien
                                       besteht;c) die Sandfiltration keineswegs
                                       nur schwimmende, sondern auch gelöste organische Stoffe
                                       abscheidet;d) die Sandfiltration auch grade
                                       stickstoffhaltige animalische und Fäulnißsubstanzen in nicht
                                       unbeträchtlichem Grade entfernt;
                                 
                              4. weil sie bezüglich einer gänzlichen Fernhaltung der
                                 niedrigsten Organismen und der „Krankheitskeime“
                                 zwar keine absolute Garantie, aber doch dieselbe
                                    Sicherheit zu bieten vermag wie die für Hamburg sonst in Betracht kommenden
                                    Wasserbezugsquellen.
                              
                           Der letzte Grund, wenn zutreffend, würde vielleicht
                              entscheidend genannt werden können; die übrigen sind keineswegs so vollständig
                              zweifellos.
                           
                           GeigelGeigel, Hirt und Merkel: Handbuch der öffentlichen Gesundheitspflege (Leipzig 1875)
                                    S. 325. setzt aus einander, warum die Zuleitung von Trinkwasser aus Flüssen und Seen
                              vom hygieinischen Standpunkte aus verwerflich erscheint. Die Noth habe freilich da
                              und dort zur Ergreifung dieses Auskunftmittels gezwungen und die Kunst die
                              natürlichen Vorgänge zu ersetzen versucht, durch welche die Entmischung der
                              Meteorwässer im Erdboden bis zur Darstellung reinen und frischen Quellwassers
                              ausgeglichen werden. Aber alle diese Vorrichtungen, Absitzen, Präcipitation und
                              Filtration durch mächtige Lagen von Sand, Eisenoxyderzen, Kohle, Filz und andern
                              Dingen seien erbärmliche Behelfe, welche höchstens im Kleinen Einiges zu leisten
                              vermögen, niemals aber im Stande seien, den Geschmack und Instinct auch nur zu
                              betrügen. In demselben Sinne sprechen sich Lersch
                              (Trinkwasser S. 15), F. Varrentrapp (V. G. 1869 S. 450)
                              und Reichardt
                              Archiv der Pharmacie, 1876 Bd. 9 S. 289. aus.
                           Ueber die Möglichkeit, ein schlechtes Wasser zu reinigen, spricht sich der sechste
                              Bericht der englischen Commission (p. 427) dahin aus,
                              daß, wenn städtische Abflußwässer und andere verunreinigende Stoffe den Flüssen
                              zugeführt sind, die unlöslichen Substanzen mehr oder weniger vollständig durch
                              Niederschlagung oder Filtration entfernt werden können. Die gelösten Stoffe oxydiren
                              sich sehr langsam und werden durch die Filtration durch Sand in nur geringem Maße
                              unschädlich gemacht. Keine der zur Reinigung der Flüsse vorgeschlagenen Methoden ist
                              wirksam genug, um ihr Wasser zu Genußzwecken brauchbar zu machen; solche
                              verunreinigten Flüsse können daher kein gutes Wasser liefern.
                           Speciell über die Verbesserung des Wassers durch Filtration hat die Commission durch
                              zahlreiche Versuche festgestellt, daß die Filtration durch Sand das Wasser nicht
                              allein klärt, sondern auch die Menge der gelösten organischen Stoffe vermindert;
                              doch hängt der Grad dieser Reinigung sehr von der Dicke der Sandschicht und der Art
                              der Filtration ab. Die gewöhnliche Filtration des Wassers zu häuslichen Zwecken ist
                              von geringem oder gar keinem Nutzen, sie ist jedoch viel wirksamer als durch Sand,
                              wenn sie richtig ausgeführt wird. Das beste Filtermaterial ist schwammförmiges Eisen
                              und Thierkohle. Uebrigens gewährt die Filtration des Wassers nur einen geringen Schutz gegen die Verbreitung von Epidemien.
                              –
                           Da die Temperatur aller fließenden Wässer mit der Lufttemperatur wechselt, da es kaum
                              einen Fluß geben dürfte, der nicht mehr oder weniger städtische Abflußwässer
                              aufnimmt, da ferner auch die beste Filtration nur unvollkommen reinigt, so kann ein filtrirtes
                              Flußwasser unter Umständen zwar ein brauchbares
                                 Genußwasser, aber wohl nie ein gutes Trinkwasser
                              geben.
                           Das Wasser aus nicht verunreinigten, natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen
                              und tiefen Brunnen entspricht dagegen den früher gestellten Anforderungen am
                              vollkommensten, es ist daher als das beste Trinkwasser zu
                              bezeichnen. Somit kann die in Düsseldorf auf Antrag des Ingenieurs Grahn ausgesprochene principielle Gleichstellung von
                              Fluß- und Quellwasser nicht als zutreffend bezeichnet werden. –
                           Pettenkofer und Harz
                              Harz: Mikroskopische Untersuchung des
                                    Brunnenwassers (München 1876). weisen auf die Möglichkeit einer Infection unserer Wohnungen durch
                              Nutzwasser beim Aufwaschen der Fußböden u.s.w. hin; es soll also auch das Hauswasser
                              rein sein. Ferner fordert die Technik ein weiches Wasser, welches möglichst wenig in
                              Zersetzung begriffene organische Stoffe enthält (1875 222
                              495), also im Wesentlichen von derselben Beschaffenheit ist, wie sie ein Trinkwasser
                              haben soll.
                           Bei Herstellung einer Wasserversorgungsanlage sollte daher wo möglich Quellwasser
                              herangezogen werden, dessen gute Qualität und
                              hinreichende Quantität durch längere Beobachtungen und Versuche festgestellt wurde
                              (vgl. 1875 215 517). Ist ein solches nicht zu erlangen,
                              nun so verwende man filtrirtes Flußwasser, nur soll die finanzielle Frage nicht den
                              Ausschlag geben.
                           Man wird daher im Allgemeinen der vom Deutschen Verein für öffentliche
                              Gesundheitspflege zwei Jahre früher (V. G. 1875 S. 138) angenommenen Resolution
                              zustimmen können: „Für Anlagen von Wasserversorgungen sind in erster Linie
                                 geeignete Quellen, natürliche oder künstlich erschlossene, in Aussicht zu
                                 nehmen, und es erscheint nicht eher zulässig, sich mit minder gutem Wasser zu
                                 begnügen, bis die Erstellung einer Quellwasserleitung als unmöglich nachgewiesen
                                 ist.“
                              
                           Nachschrift. Um wo möglich eine Uebereinstimmung in den
                              Grundlagen zur Beurtheilung eines Genußwassers anzubahnen, legte Verfasser
                              Correcturabzüge dieser Arbeit den HH. Prof. Birnbaum in
                              Carlsruhe, Prof. Bödeker in Göttingen, Geh. Hofrath Prof.
                              H. v. Fehling in Stuttgart, Prof. v. Gorup-Besanez in Erlangen, Prof. A. W. Hofmann in Berlin, Medicinalrath Köllner in Hannover, Prof. v. Pettenkofer in München, Prof. Reichardt in Jena, Geh. Sanitätsrath G. Varrentrapp in Frankfurt a. M. und Hofrath Prof. N. v.
                              Wagner in Würzburg zur gef. Beurtheilung vor.
                           
                           Die HH. Prof. Bödeker, Prof. v. Gorup-Besanez, Medicinalrath Köllner,
                              Geh. Sanitätsrath G. Varrentrapp und Hofrath v. Wagner sprechen ihre volle Uebereinstimmung mit diesen
                              Anschauungen und Schlußfolgerungen aus, Prof. M. v. Pettenkofer, wie oben (in Note 15) erwähnt, mit dem chemischen Theile
                              dieser Arbeit.
                           Prof. Birnbaum hebt die Wichtigkeit einer regelmäßigen
                              Untersuchung der Leitungswässer hervor. Dieselbe könnte sich auf die Bestimmung der
                              organischen Stoffe mittels Chamäleon, auf Ammoniak, die Oxydationsstufen des
                              Stickstoffes, auf Chlor und Phosphorsäure beschränken. Es wäre höchst
                              wünschenswerth, daß für diese regelmäßigen Prüfungen einfache Methoden verabredet
                              würden, welche überall in gleicher Weise Anwendung finden müßten. Betreffend den
                              zulässigen Gehalt eines Wassers an verschiedenen Verbindungen, soll ein gutes Wasser
                              von den als schädlich erkannten Stoffen nur möglichst geringe Mengen enthalten;
                              bestimmte, allgemein giltige Grenzen sind heute, seiner
                              Ansicht nach, nur willkürlich festzustellen. Bei der Härte ist zwischen
                              veränderlicher und bleibender zu unterscheiden; letztere soll möglichst klein sein.
                              Fast noch wichtiger als die chemische Untersuchung ist die mikroskopische auf
                              organisirte Körper, für welche Prof. Birnbaum die vom
                              Verfasser gegebene Vorschrift (1873 210 289) 1875 215 518) sehr geeignet hält. Uebrigens ist Prof. Birnbaum mit den hier an ein gutes Trinkwasser gestellten
                              Forderungen einverstanden, nicht aber mit der Auffassung der Düsseldorfer
                              Versammlung, daß filtrirtes Flußwasser nahezu so gut sei wie Quellwasser; nur im
                              Nothfalle sollte man zu filtrirtem Flußwasser greifen.
                           Prof. v. Fehling erklärt ebenfalls die Gleichstellung von
                              filtrirtem Flußwasser und Quellwasser für ganz unstatthaft. Er ist einverstanden mit
                              der vom Verfasser ausgesprochenen Ansicht über das, was als gutes Trinkwasser zu
                              bezeichnen und wie es zu untersuchen ist. Selbstverständlich kann man nicht überall
                              die gleichen Anforderungen an ein reines Wasser stellen; nur die Abwesenheit
                              organisirter Fermente sollte unbedingt gefordert werden, daher die mikroskopische
                              Untersuchung unerläßlich ist.
                           Prof. A. W. Hofmann spricht sich gleichfalls im
                              zustimmenden Sinne aus; er findet es namentlich sehr angemessen, daß man je nach der
                              Abkunft des Wassers ein ganz verschiedenes Maß von Permanganat als Grenzwerth
                              aufstelle.
                           Prof. Reichardt hebt in seiner Antwort hervor, daß er eben
                              nur Grundlagen zur Beurtheilung der Wässer gebe und als solche Quellen der
                              Gebirgsformationen annehme. Die Bestimmung des Ammoniaks halte er nur aus dem Grunde
                              für unwesentlich, weil der qualitative dingt zu verwerfen. Uebrigens ist auch er mit den
                              Schlußfolgerungen ganz einverstanden.
                           Sämmtlichen oben genannten Herren spricht hiermit der Verfasser für ihre gütige
                              Unterstützung seinen verbindlichsten Dank aus.