| Titel: | Ueber die Erhöhung der Elasticitätsgrenze der Metalle; von Prof. Bauschinger. | 
| Autor: | Bauschinger | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 1 | 
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                        Ueber die Erhöhung der Elasticitätsgrenze der
                           								Metalle; von Prof. Bauschinger.
                        Bauschinger, über die Erhöhung der Elasticitätsgrenze der
                           								Metalle.
                        
                     
                        
                           Die Erhöhung der Elasticitätsgrenze des Eisens, welche Prof. Thurston entdeckt haben will, ist in der That, wie Generalmajor Uchatius in seiner Entgegnung in diesem Journal (1877 223 242) sagt, eine längst bekannte Thatsache. Sogar der
                              									Vorschlag, welchen Uchatius (S. 244) bezüglich der
                              									Anwendung dieser Eigenschaft macht, ist vor mehr als 20 Jahren schon zur Ausführung
                              									gekommen, beim Baue des Münchener Glaspalastes im J. 1854. L. Werder, Director der Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg (früher v.
                              										Cramer-Klett'sche
                              									Fabrik), der Erbauer jenes Ausstellungsgebäudes, ließ, wie er mir schon vor ungefähr
                              									8 Jahren erzählte, an jede der zum Dachstuhle verwendeten Zugstangen beiderseits
                              									Gewinde schneiden und Muttern anschrauben, an denen die Stangen festgehalten und so
                              									stark auf Zug belastet wurden, bis sie, natürlich in den Gewinden, rissen. Die so
                              									gestreckten Stangen wurden dann erst in die Construction eingefügt.
                           Ich selbst habe die in Rede stehende Erscheinung schon beim Beginn meiner Arbeiten im
                              									mechanisch-technischen Laboratorium des Polytechnicums dahier, vor etwa 8
                              									Jahren und seitdem häufig genug, beobachtet. Daß nicht blos die Elasticitätsgrenze,
                              									sondern auch die Zugfestigkeit gewalzten Eisens erhöht wird, wenn es bis zur
                              									Bruchgrenze ausgestreckt, d. h. mehrmals hinter einander abgerissen wird, habe ich
                              									in der 3. meiner „Mittheilungen“ gelegentlich erwähnt (vgl.
                              									Zeitschrift des bayerischen Architecten- und Ingenieurvereins, 1873 S. 29 und
                              									das 2. Heft meiner „Mittheilungen aus dem mechanisch-technischen
                                 										Laboratorium“, S. 8). Ein Stück Flacheisen, gewöhnlicher Qualität,
                              									ursprünglich 380cm, 5
                              									lang, 9cm, 35 breit,
                              										1cm, 5 dick,
                              									zeigte beim ersten Abreißen eine Zugfestigkeit von 3200k pro 1qc, die sich bei jedem spätern Abreißen
                              									erhöhte, bis sie beim 7. Mal auf 4400k pro 1qc gestiegen war. Seitdem habe ich am 24.
                              									November 1874 den Versuch wiederholt, indem ich wieder ein Stück gewöhnlichen
                              									Flacheisens von 9cm, 1
                              									Breite und 1cm, 1
                              									Dicke an bestimmten Stellen, die vorher durch Einfeilen mit der Rundfeile
                              									verschwächt waren, 
                              									mehrmals nach einander abriß. Beim 1. Mal war seine Zugfestigkeit 2900, das 2. Mal
                              									3100, das 3. Mal 3300, das 4. Mal 3400, das 5. Mal 3350, das 6. Mal 3450k pro 1qc. Ich erwähne noch,
                              									daß bei den letztern Versuchen zwischen zwei auf einander folgenden Abreißungen
                              									immer nur wenige Minuten vergingen, während bei den erstaufgeführten Wochen und
                              									Monate dazwischen lagen.
                           Daß die in Rede stehende Eigenschaft, die Elasticiätsgrenze durch Ziehen, Ausrecken
                              									zu erhöhen, auch der Bronze zukommt, für welche sie Prof. Thurston in Abrede stellt, hat Generalmajor Uchatius in jener Erwiederung schlagend genug bewiesen. Trotzdem wird es
                              									erlaubt sein, daß ich zum weitern Beweis hierfür eine von mehreren
                              									Beobachtungsreihen
                           
                              Lamelle von Bronze
                              
                           im ursprünglichen Zustand
                           gestreckt mit 1000k pro
                              										1qc
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 2
                              Belastung.; Verlängerung in 0mm,01.;
                                 										Differenz.; Belastung.; Verlängerung in 0mm, 01.; Differenz.; Beide Scalen
                                 										gehen langsam weiter.; Der Bruch erfolgt bei 17t,6 = 2070k pro 1qc
                                 										an einer fehlerhaften Stelle des nicht verschwächten Theiles der Lamelle.; Beide
                                 										Scalen gehen langsam durchs Gesichtsfeld 1,54
                              
                           
                           hier anführe, welche ich im Juni 1875 an verschiedenen
                              									Lamellen von gewöhnlicher und Phosphor-Bronze anstellte, die dem Laboratorium
                              									zur Prüfung eingeschickt worden waren.
                           Eine dieser Lamellen (bezeichnet mit Nr. 1) aus gewöhnlicher
                                 										Bronze, vom Querschnitt 6,98 × 1cm,22 = 8qc,51, gab für eine Länge von 20cm nebenstehende
                              									totale und bleibende Verlängerungen, die mittels meines Spiegelapparates bis auf
                              										0mm,0002 gemessen
                              									wurden. (Vgl. über diesen Apparat die 6. meiner „Mittheilungen“
                              									in der Zeitschrift des bayerischen Architekten- und Ingenieurvereins“
                              									1874 und das 5. Heft meiner „Mittheilungen aus dem
                                 										mechanisch-technischen Laboratorium“.)
                           Die Elasticitätsgrenze, welche anfangs unzweifelhaft bei 6t Belastung = 705k pro 1qc lag, rückte durch nur geringes
                              									Ausstrecken bei 8t,5 =
                              										1000k pro 1qc, wodurch die 20cm ursprüngliche Länge
                              									nur um 0mm,0154 =
                              									1/13000 vergrößert worden waren, bis 8t = 940k pro 1qc hinauf.
                           Für 4 ähnliche Lamellen aus Phosphorbronze ergaben sich
                              									auf gleiche Weise folgende Resultate, denen jenes für die Lamelle Nr. 1 nochmal
                              									beigefügt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 3
                              Bezeichnung der Lamelle.;
                                 										Ursprüngliche Elasticitätsgrenze bei k pro 1qc.; Durch Strecken bei k pro 1qc; auf 20cm Länge um; erhöhte
                                 										Elasticitätsgrenze bei k pro 1qc.; Zugfestigkeit k pro 1qc.; Nr. 1; Nr. 2; Nr. 3; Nr. 4; Nr. 5
                              
                           Bei all diesen Versuchen verstrichen zwischen dem Strecken und dem Beginn der
                              									Messungen für die neue Elasticitätsgrenze nur wenige Minuten.
                           Es war vorauszusehen, daß durch Zusammendrücken die Elasticitätsgrenze für Druck
                              									ebenfalls höher gerückt wird. Versuche, welche ich an 5 Prismen von 4 × 4cm Querschnitt und
                              										12cm Länge aus
                              									denselben 5 Bronzesorten, wie obige Lamellen, in ähnlicher Weise mit demselben
                              									Apparat, wie bei diesen, anstellte, bestätigten dies. Folgendes sind die Resultate
                              									dieser Versuche:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 4
                              Bezeichnung des Prismas.;
                                 										Ursprüngliche Elasticitätsgrenze bei k pro 1qc.; Durch Drücken mit k
                                 										pro 1qc.; auf 5cm Länge um; erhöhte
                                 										Elasticitätsgrenze bei k pro 1qc. Nr. 1; Nr. 2; Nr. 3; Nr. 4; Nr. 5
                              
                           Auch bei diesen Versuchen war die Zeit zwischen dem Strecken und dem Beginne der
                              									Messungen für die neue Elasticitätsgrenze nur kurz.
                           Um Thurston's Behauptung, daß alle die Metalle, welche in
                              									die von ihm so genannte Zinnklasse gehören, die in Rede stehende Eigenschaft nicht
                              									besäßen, noch weiter zu controliren, stellte ich in den jüngsten Tagen mit einer
                              									Lamelle aus belgischem Zink (Zinn selbst hatte ich eben
                              									nicht zur Hand) noch folgenden Versuch mittels meines Spiegelapparates an: Die
                              									Lamelle hatte einen Querschnitt von 6,02 × 1cm,02 = 6qc,14 und ergab für die in der Tabelle
                              									auf Seite 5 ersichtlichen Belastungen die nebenstehenden Verlängerungen für eine
                              									Länge von 10cm.
                           Hier lag die Elasticitätsgrenze ursprünglich offenbar bei 0t,15 = 24k pro 1qc; durch eine Streckung mit 0t,20 = 32k pro 1qc um nur 0mm,0004 = 1/250000
                              									erhebt sie sich auf 0t,20 = 32k
                              									pro 1qc; durch eine
                              									weitere Streckung mit 0t,4 = 65k pro 1qc um 0mm,0047 = 1/21000 auf 65k pro 1qc und durch eine Streckung mit 0t,60 = 98k pro 1qc um 0mm,0084 = 1/12000 noch
                              									weiter auf 98k pro
                              										1qc. Als hierauf
                              									die Lamelle 1 Tag lang ohne Belastung ruhig liegen gelassen worden war, zeigte sich
                              									die Elasticitätsgrenze noch höher, bei 0t,65 = 106k pro 1qc. Daß diese weitere Erhöhung in der Ruhe eingetreten ist, läßt sich hier allerdings
                              									nur aus der Analogie mit den frühern Streckungen schließen, bei denen die Erhebung
                              									der neuen Elasticitätsgrenze, deren Ermittlung sofort auf die Streckung folgte,
                              									nicht über die Belastung hinaus ging, bei welcher die Streckung vorgenommen wurde.
                              									Aber Untersuchungen, welche ich in den letzten Wochen an Stäben von Bessemerstahl
                              									anstellte zu dem Zwecke, den Einfluß der Zeit bei Dehnungen über die
                              									Elasticitätsgrenze hinaus zu studiren, haben ein damit übereinstimmendes Resultat
                              									gegeben.
                           Dieses Resultat, dessen Mittheilung eigentlich den Hauptzweck dieses Artikels bildet,
                              									läßt sich im folgenden Satz zusammenfassen: „Durch
                           
                           Lamelle von belgischem Zink.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 5
                              Belastung t; Verlängerung von 10cm in 0mm,01.; Differenzen.; Belastung. t; Verlängerung von 10cm in 0mm,01.; Differenzen; Belastung t; Verlängerung von 10cm in 0mm,01.; Differenzen.; Nach einiger
                                 										Zeit; Nach 22 Stdn. 48 Min. ruhigen Liegens
                              
                           
                              Strecken der Metalle über ihre ursprüngliche
                                 										Elasticitätsgrenze hinaus erhöht sich ihre Elasticität nicht blos während der
                                 										Zeit, in der die Belastung wirkt, sondern auch noch während einer auf die
                                 										Streckung folgenden, längeren Ruhe (ohne Belastung) von einem oder mehrern Tagen
                                 										und kann hierbei die Elasticitätsgrenze selbst über die Belastung hinausgehoben
                                 										werden, mit welcher die Streckung hervorgebracht wurde.“
                              
                           Aus einer und derselben längeren Stange von Bessemerstahl ließ ich 4 je 40cm lange und nahezu
                              										2cm,50 im
                              									Durchmesser haltende Rundstäbe C, D, E, F und noch
                              									einen doppelt so langen, eben so dicken fünften A
                              									herstellen. Die Enden waren mit conischen Verstärkungen zum Einspannen versehen. Die
                              									durch Belastung auf Zug hervorgebrachten  Verlängerungen dieser Stäbe wurden für eine Länge von
                              										15cm gemessen,
                              									innerhalb der Elasticiätsgrenze und etwas über dieselbe hinaus mittels meines
                              									Spiegelapparates, und dann weiter mit Hilfe eines kleinen Justrumentes, das, nach
                              									demselben Princip construirt, die Verlängerungen mittels eines Zeigers gibt, der in
                              									10facher Uebersetzung auf einem in ganze Grade von je 1mm Länge getheilten Kreisbogen mittels
                              									eines Nonius 0mm,005
                              									ablesen läßt.
                           Die Elasticitätsgrenze fand sich bei allen Stäben ursprünglich ungefähr bei 12t = 2400k pro 1qc Belastung.
                              									Innerhalb derselben betrug die Verlängerung der 15cm Länge für 1t oder für nahezu 200k pro 1qc im Mittel 0mm,0147 = 1/10000.
                           Bei zwei von den Stäben D und E wurde, nachdem von 14t Belastung auf Null gegangen und dann der Zeigerapparat
                              									aufgesetzt worden war, sofort wieder die Belastung von 13t aufgegeben und dann in Intervallen von
                              									je 1t, ohne wieder auf
                              									Null zurückzukehren, bis 25t fortgeschritten. Hier wurde dann, ohne die Belastung zu ändern,
                              									der Meßapparat abgenommen und hierauf in Intervallen von 0t,5 fortgegangen, bis der Bruch erfolgte.
                              									Bei dem einen dieser beiden Stäbe, E, wurde dabei die
                              									jedesmal aufgelegte Belastung so lange belassen, bis am Zeigerapparat in einer
                              									Minute keine merkliche Verlängerung mehr sichtbar wurde; bei dem zweiten Stab
                              									dagegen wurde, ohne Rücksicht auf das Fortschreiten der Verlängerung, immer genau
                              									nach einer Minute eine neue Tonne aufgelegt.
                           Die Resultate dieser Messungen sind in der Zusammenstellung auf Seite 7
                              									enthalten.
                           Hieraus folgt, wie nur nebenbei als nicht hierher gehörig
                              									bemerkt werden mag, die überraschende Thatsache, daß der Stab D, bei welchem immer schon nach 1 Minute eine neue Tonne zugelegt wurde,
                              									in dieser Minute immer dieselbe Verlängerung erreichte wie der Stab E in je einer Minute nach Aufgabe der größern Belastung,
                              									obwohl bei letzterm nach Auflegen jeder neuen Tonne 7 bis 10 Minuten lang gewartet
                              									wurde. Auch der Bruch erfolgte bei beiden Stäben bei der gleichen Belastung.
                           
                           Stab E: 2cm,51 Durchmesser.
                           Stab D: 2cm,50 Durchmesser.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 7
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenzen pro 1t; Die Belastung;
                                 										bringt in Mittuten nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:;
                                 										Differenzen pro 1t.; t; mm;
                                 											t; mm;
                              
                           
                              
                              Unmittelbar nach dem Ablesen dieser Zahl fiel der Meßapparat in Folge der
                                 										stattgefundenen Quercontraction des Stückes ab; er wurde rasch wieder angesetzt
                                 										und die letzte Zahl für 10 Minuten interpolirt, was leicht möglich war; aber
                                 										jene Zahl selbst scheint in Folge einer Neigung des Apparates, welche dem
                                 										Abfallen vorausging, schon unrichtig gewesen zu sein.
                              
                           Der Bruch erfolgt bei 27t,5 = 5560k pro 1qc, die zwar erreicht, aber nicht mehr gehalten wurden.
                           Der Bruch erfolgt bei 27t = 5500k pro 1qc.
                           Beim dritten Stab F wurde nach Ueberschreitung der
                              									Elasticitätsgrenze noch bis 13t,5 fortgeschritten, dann auf Null gegangen, der Spiegelapparat
                              									abgenommen und der Zeigerapparat aufgesetzt, darauf sofort wieder die Belastung
                              										13t gegeben und
                              									nun von Tonne zu Tonne bis 17t fortgeschritten. — Nachdem auf die Belastung Null
                              									gegangen war, wurde der Versuch um 4 Uhr 30 Min. Nachm. abgebrochen, der Stab
                              									ausgespannt und erst am nächsten Tag um 10 Uhr 15 Min. Vorm. wieder eingespannt. Der
                              									Zeigerapparat wurde auf 1mm,235 gestellt, die Belastung von 17t aufgelegt und dann von Tonne zu Tonne
                              									vorwärts gegangen. Es ergaben sich in diesen zwei Versuchsreihen folgende
                              									Verlängerungen:
                           
                           Stab F:2cm,52 Durchmesser.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 8
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenzen.; t; mm
                              
                           Stab F (Fortsetzung.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 8
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenzen.; t; mm
                              
                           Der Bruch erfolgte bei 26t,5 (5300k
                              									pro 1qc, die einige
                              									Minuten lang gehalten worden waren.
                           
                           Hier zeigte sich also die auffallende Erscheinung, daß nach der auf das Strecken mit
                              										17t folgenden,
                              									etwa 18stündigen Ruhe der Stab durch die 18. Tonne nur um 0mm,02, um etwa so viel verlängert
                              									wurde als durch die Belastungszunahme um 1t innerhalb der Elasticitätsgrenze,
                              									während bei den Stäben D und E, wo die 18. Tonne 1 oder 7 Minuten nach der 17. aufgelegt worden war,
                              									diese Belastungszunahme eine Verlängerung von 0,415 bezieh. 0mm,40 hervorbrachte. Auch zeigte
                              									sich, wie innerhalb der Elasticitätsgrenze, die Verlängerung bei 18t ganz constant,
                              									während sie beim Stab E in 6 Minuten um 0mm,08 zunahm. Und daß
                              									die in Rede stehende Erscheinung in der That durch die längere Ruhe bedingt ist,
                              									zeigen die obigen Beobachtungen nach der 23. Tonne. Ein bloses Zurückgehen auf Null
                              									und bald, nach etwa 9 Minuten, folgendes Belasten mit 24 und hierauf mit 24t ergab, daß die 24.
                              									Tonne eine normale Verlängerung von 0mm,73, entsprechend derjenigen bei den
                              									Stäben D und E, bei denen
                              									nicht auf Null gegangen worden war, hervorbrachte.
                           Behufs weiterer Constatirung und näherer Untersuchung der Erscheinung wurden nun
                              									folgende Messungen an einem vierten Stab C angestellt.
                              									Derselbe ergab zunächst folgende Resultate mit dem Zeigerapparat:
                           Stab C: 2cm,50 Durchmesser.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 9
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenzen; t
                                 										mm
                              
                           Hierauf wurde der Meßapparat abgeschraubt, der Stab ausgespannt und am nächsten Tage,
                              									nach etwa 24stündiger Ruhe, wieder eingespannt, überhaupt ganz so behandelt wie der
                              									vorige Stab bei diesem Belastungsstadium. Die Resultate der hierauf folgenden
                              									Beobachtungen waren:
                           
                           Stab C. (Fortsetzung.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 10
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenzen.
                              
                           Auch hier also brachte nach 24stündiger Ruhe die 18. Tonne nur eine Verlängerung von
                              										0mm,035 hervor,
                              									und der Einfluß erstreckt sich noch bis auf die 19. Tonne, die anfangs auch nur eine
                              									geringe Vergrößerung der Verlängerung — blos 0mm,035 — erzeugt; aber mit der
                              									Zeit wächst diese Verlängerung rasch, anfangs mit zunehmender, dann mit wieder
                              									abnehmender Geschwindigkeit, bis sie endlich erst nach etwa 21 Minuten ein Maximum
                              									von im Ganzen 0mm,39,
                              									immerhin noch weniger als bei den Stäben D, E und F, erreicht; erst bei
                              									der folgenden 20. Tonne tritt eine so bedeutende Verlängerung von 0mm,805 ein, daß das
                              									vorher Versäumte beinahe vollständig wieder eingebracht wird. Nachdem, wie oben
                              									angegeben, die 20t
                              									Belastung abgenommen und eine bleibende Verlängerung von 2mm,385 gemessen worden waren, wurde
                              									behufs Neubestimmung der Elasticitätsgrenze der Spiegelapparat angebracht und mit
                              									demselben bis 14t
                              									gemessen, worauf er durch den Zeigerapparat ersetzt wurde. Die Resultate waren die
                              									in der obern Tabelle auf Seite 11 eingetragenen.
                           Man sieht, der Stab verhält sich ganz steif, fast so wie ursprünglich unterhalb der
                              									Elasticitätsgrenze, bis zur Belastung von 19t; erst bei der 20. Tonne streckt er sich
                              									etwas mehr, jedoch immerhin nur wenig; aber die 21. bringt wieder eine normale
                              									Streckung von 0mm,57
                              									hervor. Das blose Zurückgehen auf Null, und das langsame Wiederaufwärtsschreiten,
                              									unterbrochen von mehrmaligem Zurückgehen auf Null, kann also auch über die letzte
                              									Belastung (20t) hinaus
                              									keine Wirkung üben.
                           
                           Stab C. (Fortsetzung.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 11
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm eine Verlängerung hervor:; Differenzen.; t; mm; s. oben; t; mm; Spiegelapp.
                                 										Zeigerapp.
                              
                           Es blieb nun noch übrig zu constatiren, ob nicht etwa die Erschütterungen beim
                              									Ein- und Ausspannen des Stabes jene Erhöhung der Elasticität über die
                              									Streckbelastung hinaus hervorgebracht haben. Zu dem Behufe wurde, nachdem die
                              									Belastung von 21t
                              									abgenommen und eine bleibende Verlängerung von 2mm,98 abgelesen war, der Stab aus-
                              									aber sofort wieder eingespannt und die Messungen nach wieder angesetztem
                              									Zeigerapparat fortgesetzt, wie folgt:
                           Stab C. (Fortsetzung.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 11
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm die Verlängerung hervor:; Differenz.; t; mm
                              
                           
                           In der That bringt also auch das blose Aus- und Einspannen und die damit
                              									unvermeidlich verbundenen Erschütterungen nicht die Wirkung hervor wie die Ruhe. Und
                              									um dies nochmals bestimmt zu beweisen, wurde nach Abnehmen der letzten Belastung von
                              										22t Stab und
                              									Meßapparat alles ganz ruhig etwa 22 Stunden stehen gelassen. Der Zeigerapparat
                              									zeigte währenddem keinen merklichen Rückgang der bleibenden Verlängerung, er blieb
                              									unverrückt auf 3mm,535
                              									stehen; der weitere Verlauf der Messungen aber war folgender:
                           Stab C. (Schluß.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 12
                              Die Belastung; bringt in Minuten
                                 										nach dem Auflegen; auf 15cm eine Verlängerung hervor:; Differenz pro 1t; t; mm
                              
                           Die Erhöhung der Elasticität durch einfache Ruhe nach der Streckung mit 22t reicht also auch
                              									hier bis in die zweitnächste Tonne, die 24. hinein, und erst bei der 25. Tonne
                              									beginnt ein so starkes Strecken, im Ganzen um 2mm,25, daß alles vorher Versäumte wieder
                              									eingeholt wird. Der Bruch erfolgt bei 25t,5 oder ungefähr 5100k pro 1q, die kaum 1½
                              									Minuten lang getragen wurden.
                           Damit ist nun die Existenz der im obigen Satze ausgesprochenen Erscheinung für das
                              									vorliegende Material zur Evidenz erwiesen. Die Ursache derselben ist ohne Zweifel in
                              									einer Aenderung der gegenseitigen Lagerung der Molecüle zu suchen, die während der
                              									Streckung, aber auch  in
                              									der darauf folgenden längern Ruhezeit vor sich geht, und durch welche eine
                              									Vergrößerung der Cohäsion hervorgebracht wird. Diese Lagenänderung der Molecüle
                              									während der Ruhe müßte grade nicht eine Zusammenziehung des Stabes zur Folge haben,
                              									wie denn auch der Zeigerapparat keine solche angab. Daß sie aber, entsprechend der
                              									längst bekannten elastischen Nachwirkung, doch stattfand, wird durch weitere
                              									Versuche mit dem Spiegelapparat, über welche nun noch berichtet werden soll,
                              									constatirt. Diese Versuche wurden noch zu einem andern Zwecke angestellt, der hier
                              									sogleich mitbesprochen werden kann.
                           (Schluß folgt.)