| Titel: | Elektrochemische Studien über die Benzolderivate; von Friedrich Goppelsröder. | 
| Autor: | Friedrich Goppelsröder | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 209 | 
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                        Elektrochemische Studien über die Benzolderivate;
                           								von Friedrich
                              								Goppelsröder.
                        (Schluß von S. 95 dieses Bandes.)
                        Goppelsröder, elektrochemische Studien über die
                           								Benzolderivate.
                        
                     
                        
                           XI. Ueberführung des Anthrachinons in Alizarin durch Elektrolyse eines Gemisches
                                 										von Anthrachinon und Aetzkali.
                           Dem Anthrachinon habe ich schon seit Beginn meiner Versuche Aufmerksamkeit
                              									zugewendet. Ich habe versucht, es durch Elektrolyse bei niedriger Temperatur in
                              									Alizarin und dieses dann in Purpurin überzuführen, aber ohne Erfolg. Ich habe
                              									krystallisirtes Anthrachinon von erster Qualität in prächtigen Krystallen von
                              									verschiedenen Fabriken angewendet, so wie es mir durch die HH. Brönner und Gutzkow, J. R. 
                              									Geigy, Bindschedler und Busch zugesendet worden war. Ich ergreife diese
                              									Gelegenheit, um den Genannten meinen aufrichtigen Dank auszusprechen, ebenso den HH.
                              										Durand und Huguenin, für
                              									die Liberalität, mit der sie verschiedene Producte von vollkommener Reinheit aus
                              									ihrer Fabrikation zu meiner Verfügung gestellt haben. Sie haben mir dadurch meine
                              									Arbeit bedeutend erleichtert. In den folgenden Versuchen habe ich auf folgende Weise
                              									gearbeitet.
                           Ich leitete durch eine wässerige Lösung von Aetzkali den galvanischen Strom, nachdem
                              									die beiden Pole getrennt waren, fügte fein gepulvertes Anthrachinon hinzu und
                              									beobachtete am negativen Pole eine rothe Färbung. Ich operirte auch ein wenig im
                              									Großen, indem ich mich einer großen Silberschale bediente, welche den negativen Pol
                              									bildete und Aetzkalilauge enthielt; in dieselbe wurde eine zweite Glasschale
                              									gesetzt, welche viel kleiner und ebenfalls mit Aetzlauge gefüllt war. Die zwei
                              									Flüssigkeiten communicirten durch drei Baumwolldochte. In die Flüssigkeit des innern
                              									Gefäßes tauchte das Platinblech, welches die positive Elektrode bildete. In die
                              									beiden Flüssigkeiten wurde fein gepulvertes Anthrachinon eingeführt. Durch die
                              									Wirkung des galvanischen Stromes färbte sich die Flüssigkeit am positiven Pol
                              									höchstens röthlich, während am negativen Pol das Anthrachinon sich in einen rothen
                              									Körper verwandelte, der sich während der Filtration in eine weiße Substanz
                              									umänderte. Nach dem Umkehren des Stromes verschwand die rothe Färbung am früher
                              									negativen, jetzt positiven Pol, um am neuen negativen Pol aufzutreten. Man kann
                              									diesen Wechsel so oft man will bewirken. —Derselbe Versuch wurde mit
                              									krystallisirtem Anthrachinon angestellt, welches vorher in concentrirter
                              									Schwefelsäure aufgelöst und durch Wasser wieder niedergeschlagen war. Auf diese
                              									Weise gelangte ich immer nur zur rothen Färbung.
                           Es ist bekannt, daß Anthrachinon, in der Kälte in Schwefelsäure aufgelöst, eine
                              									gelbröthliche Lösung gibt, welche, wenn man nicht stark und zu lange erwärmt,
                              									dunkelroth wird. Fügt man Wasser zu, so schlägt sich der größte Theil des
                              									Anthrachinons unverändert nieder. Ich stellte hierauf eine neue Reihe von Versuchen
                              									bei höherer Temperatur an und erhielt trotz großer Schwierigkeiten ein Resultat,
                              									welches mich ermuthigte, diese Studien fortzusetzen. Ich beobachtete, daß man bei
                              									vorsichtigem Arbeiten wenigstens einen Theil des Anthrachinons in Alizarin umwandeln
                              									kann. Diese Umwandlung geschieht, indem man in eine sehr concentrirte Aetzkalilösung
                              									sehr fein gepulvertes Anthrachinon einträgt, dann den galvanischen Strom durchgehen
                              									läßt und bis zum Schmelzen des Aetzkalis erhitzt. Die Masse färbt sich zuerst roth,
                              									dann  blauviolett; aber
                              									diese Färbung wird rasch durch eine rothviolette, dann wieder eine rothe ersetzt,
                              									welche sich indeß bald in eine braungelbliche und selbst dunkelbraune umändert. Man
                              									erhält ein violettes Product, gemischt mit nicht verändertem Anthrachinon und mit
                              									braunen elektrolytischen Producten. Fährt man mit dem Erwärmen fort, so wird die
                              									Masse immer heller und zuletzt weiß. Wenn man im Augenblick, wo die letzte rothe
                              									Färbung sich zeigt, den Strom umkehrt, so wird die Masse wieder violett, dann roth
                              									und graugelblich, weil ohne Zweifel Anthrachinon und selbst Anthracen regenerirt
                              									werden. Ich kann mich übrigens in allgemeiner Weise so ausdrücken, daß man, wenn in
                              									den beschriebenen elektrolytischen Zersetzungen nicht zu weit gegangen wird, durch
                              									Umkehren der Pole die modificirten Körper am neuen negativen Pole wieder regeneriren
                              									und am neuen positiven Pole die Umänderungen wiederholen kann, welche vorher an der
                              									entgegengesetzten Elektrode vor sich gegangen waren.
                           Natürlich habe ich in andern Versuchen auf das Anthrachinon ohne Anwendung des
                              									Stromes Aetzkali wirken lassen; dabei habe ich mich genügend überzeugen können, daß
                              									das Aetzkali allein nicht im Stande ist, die beschriebene Wirkung auszuüben. Es ist
                              									bekannt, daß, wenn man Aetzkali bei 250° auf Anthrachinon wirken läßt, die
                              									geschmolzene Masse sich blau färbt; fügt man aber nach dem Erkalten Wasser hinzu, so
                              									entfärbt sich die blaue Flüssigkeit, und es bilden sich gelbliche Flocken von
                              									Anthrachinon. Nur wenn man das Aetzkali längere Zeit einwirken läßt, kann man
                              									nachher aus dem wässerigen Auszug durch Salzsäure eine geringe Menge Alizarin und
                              									viel Benzoësäure niederschlagen. Ist die Temperatur noch höher, so hat der wässerige
                              									Auszug eine schöne kirschrothe Farbe, entfärbt sich jedoch nach und nach, indem er
                              									weiße Flocken von Anthrachinon absetzt. In Säure gegossen, gibt er einen
                              									citronengelben Niederschlag, welcher ohne Zweifel Anthrahydrochinon C14
                              									H8
                              									O2H2 ist — wahrscheinlich derselbe
                              									Körper, welchen ich in der Elektrolyse der Aetzkalilösung bei Anwesenheit von
                              									Anthrachinon am negativen Pole angetroffen habe, und der sich durch Einwirkung des
                              									nascirenden Wasserstoffes bildet. In Berührung mit der Luft wird dieser Körper
                              									deshydrogenirt und in Anthrachinon zurück verwandelt. In Metallgefäßen, wie Silber,
                              									Kupfer oder Eisen, konnte die beschriebene Veränderung nicht bewirkt werden; die
                              									Reaction war viel zu energisch, und es bildeten sich rasch braune Substanzen, was
                              									auch in Porzellangefäßen geschieht, wenn man die Operation zu weit treibt. Nach der
                              									Braunfärbung entfärbt sich die Masse; es bilden sich aromatische Säuren, jedenfalls
                              									Benzoesäure. Dann findet sogar Umänderung  in Carbonat statt und Verbrennung eines Theiles des
                              									Kohlenstoffes. Die metallischen Gefäße haben den großen Nachtheil, die Wärme zu gut
                              									zu leiten. Man hat viel Mühe, die Temperatur gut zu reguliren; aber es findet auch
                              									noch eine chemische Wirkung statt, von der ich später reden werde. Als ich aber auch
                              									unter den möglichst günstigen Umständen arbeitete, gelang es mir nicht, die ganze
                              									Menge von Anthrachinon in Alizarin umzuwandeln, indem die Bildung von braunen
                              									Substanzen nicht vermieden werden konnte. Man sollte einen rotirenden Apparat
                              									anwenden können, damit die ganze Menge von Anthrachinon allmälig in
                              									Oxyanthrachinonat und dann in Alizarat sich verwandle. In den einfachen Apparaten,
                              									welche ich angewendet habe, verwandelte sich schon ein Theil des gebildeten
                              									Alizarins in Purpurin, selbst in braune Substanzen und in Benzoat, ehe der andere
                              									Theil des Antrachinons angegriffen oder wenn er erst in Oxyanthrachinonat umgeändert
                              									war. Es ist also schwierig, den Punkt genau zu fixiren, wo man die Operation
                              									anhalten muß. Ich wählte bis dahin hierzu denjenigen Moment, wo die intensive
                              									blauviolette Färbung sich zeigt. Hält man alsdann den Strom an, läßt die Masse
                              									erkalten und zieht sie mit Wasser aus, so gelangt man zu einer Flüssigkeit, welche
                              									grade so gefärbt ist wie die, welche man in Alizarinfabriken erhält; neutralisirt
                              									man diese mit verdünnter Säure, so entsteht ein Niederschlag, aus welchem man das
                              									Alizarin mit Aether ausziehen kann. Mit diesem Product gelangt man zu den gleichen
                              									Färbungen auf gebeizter Baumwolle, welche mit dem gewöhnlichen künstlichen Alizarin
                              									erzielt werden.
                           Ich suchte nach dem praktischsten Mittel, um das elektrolytische Alizarin von den
                              									secundären Producten zu trennen, und blieb vorläufig beim folgenden Verfahren
                              									stehen. Die geschmolzene, durch Elektrolyse erhaltene Masse wurde mit kochendem
                              									Wasser behandelt; die Flüssigkeit färbt sich violett. Der ziemlich beträchtliche
                              									Rückstand besteht aus nicht angegriffenem Anthrachinon und aus einem Alizarinlack,
                              									welcher Alizarin, Thonerde (aus dem durch Aetzkali angegriffenen Porzellangefäße),
                              									Kieselerde und einen Theil der braunen Substanzen enthielt. Die Flüssigkeit wurde
                              									mit Salzsäure gesättigt und der erhaltene, gut ausgewaschene Niederschlag mit
                              									kochender Alaunlösung behandelt, welche daraus braune Substanzen auszieht. Der nicht
                              									gelöste Rückstand, ebenso der durch Abkühlen des Alaunextractes erhaltene Absatz,
                              									wurden vereinigt, gewaschen, getrocknet und mit Aether behandelt, welcher das
                              									Alizarin auflöst. Das Product der Verdampfung dieser Lösung kann zum Färben des
                              									gebeizten Zeuges verwendet werden. In einer der Operationen war das durch Fällen des
                              									wässerigen Auszuges der geschmolzenen Masse  erhaltene Rohproduct rein genug, um ohne weitere
                              									Behandlung genügend schöne Nuancen liefern zu können.
                           Das sind die Resultate, zu denen ich bis heute gelangt bin. Ich bleibe dabei nicht
                              									stehen; vielleicht gelingt es mir, mit bessern Apparaten und unter günstigeren
                              									Umständen eine bedeutendere Ausbeute an Alizarin zu erzielen.
                           Ich versuchte auch das Alizarin in kochender Alaunlösung oder in alkalischer Lösung
                              									durch den galvanischen Strom in Purpurin zu verwandeln, aber es glückte mir nicht.
                              									Ich versuchte auch vergebens, in kochender Alaunlösung oder in alkalischer Lösung
                              									das Purpurin durch Elektrolyse zu desoxydiren, z. B. in Alizarin überzuführen.
                           
                        
                           Theoretische Betrachtungen.
                           In den beschriebenen Elektrolysen der Derivate des Anilins, des Phenols und des
                              									Naphtylamins spielt der positive Pol die Hauptrolle. In der Elektrolyse des
                              									Anthrachinons beginnt die violette Färbung am negativen Pol, wo sie auch während der
                              									ganzen Dauer der Operation am intensivsten ist. Am negativen Pol entwickelt sich nur
                              									wenig Gas; am positiven Pol dagegen zeigt sich sehr reichliche Gasentwicklung.
                              									Dieses Gas brennt mit leichter Detonation. Unterbricht man den Strom, so wird ein
                              									Theil dieses Gases rasch von der Flüssigkeit absorbirt. Es entwickelt sich also am
                              									positiven Pol ein Gasgemenge. Ich versuchte es aufzufangen, um eine Analyse
                              									desselben auszuführen; der angewendete Apparat war jedoch ungenügend und ich lasse
                              									daher einen neuen bessern Apparat herstellen. Es scheint mir ein Gemisch von
                              									Wasserstoff und Kohlenwasserstoffen zu sein, welche von der Reduction des
                              									Anthrachinons herrühren; ferner Sauerstoff, absorbirbar durch Pyrogallol, welcher
                              									ohne Zweifel von der Zersetzung desjenigen Aetzkalis herrührt, das nicht in
                              									Berührung mit dem in der geschmolzenen Aetzkalimasse vertheilten Anthrachinon kam.
                              									Dieses Gasgemisch scheint übrigens eine wechselnde Zusammensetzung zu haben, je nach
                              									den Umständen, und namentlich von der mehr oder weniger großen Homogenität
                              									abzuhängen, welche man im Gemisch von Aetzkali und Anthrachinon zu erzielen im
                              									Stande ist.
                           Hinsichtlich der elektrolytischen Metamorphose des Anthrachinons zu Alizarin habe ich
                              									mir folgende Erklärung darüber gemacht, welche mit der modernen chemischen Theorie
                              									im Einklang ist.
                           Bei der galvanischen Zersetzung des Wassers, zusammengesetzt aus H und OH, entwickelt sich am positiven Pol Sauerstoff und am negativen
                              									Pol Wasserstoff. Ich stelle mir diese Zersetzung so vor: Nehmen wir zwei Molecüle
                              									Wasser an; der Strom wird dieselben zerlegen in 2H,  ersetzbar durch
                              									elektronegative Säureradicale, welche an den positiven Pol gehen, und in zwei
                              									Hydroxylatome OH, die
                              									wiederum sich zerlegen in zwei elektronegative Sauerstoffatome, ebenfalls am
                              									positiven Pol auftretend, und in zwei Wasserstoffatome, ersetzbar durch
                              									elektropositive Radicale, z. B. Metalle, welche an den negativen Pol sich begeben.
                              									Die zwei am positiven Pol auftretenden Wasserstoffatome verbinden sich mit einem der
                              									beiden Sauerstoffatome, die sich auch am positiven Pol befinden, zu Wasser. Das
                              									Endresultat der Elektrolyse des Wassers ist also 1 Vol. Sauerstoff am positiven Pol
                              									und 2 Vol. Wasserstoff am negativen Pol. (Ich rede hier nicht von dem Auftreten von
                              									Ozon und von Wasserstoffsuperoxyd; möglich ist es, daß in der ersten Phase der
                              									Elektrolyse des Wassers sich Wasserstoff und Wasserstoffsuperoxyd (HO.OH) bilden, und daß die stets nachweisbare geringe
                              									Menge von Wasserstoffsuperoxyd ein Rest der gebildeten Menge dieses
                              									Zersetzungszwischengliedes ist.)
                           Die Elektrolyse einer Lösung von Aetzkali erklärt sich auf analoge Weise. Es findet
                              									Entwicklung von 2 Atomen Wasserstoff und von 2 Atomen Sauerstoff am positiven Pole
                              									statt, aber dann Regeneration von 1 Molecül Wasser und folglich Entwicklung von nur
                              									1 Vol. Sauerstoff; ferner Bildung von 2 Atomen Kalium am negativen Pol, welche mit 2
                              									Mol. Wasser 2 Vol. Wasserstoff entwickeln. Das Resultat wird daher sein 1 Vol.
                              									Sauerstoff am positiven Pol und 2 Vol. Wasserstoff am negativen Pol.
                           Wenn das Aetzkali durch den galvanischen Strom in Gegenwart eines Körpers zersetzt
                              									wird, von welchem ein oder mehrere Atome Wasserstoff durch Hydroxyl OH oder durch eines seiner Derivate, wie z. B. Potaßoxyl
                              										OK, ersetzt werden
                              									können, so ersetzt 1 Atom elektropositives OK, welches sich an den negativen Pol begibt,
                              									im Molecül des zu metamorphosirenden Körpers 1 Atom Wasserstoff, welcher frei
                              									werdend mit einem andern Atome OK des zweiten Aetzkalimolecüls Aetzkali regenerirt. So werden sich 2
                              									Atome Wasserstoff von 2 Mol. Aetzkali aus jedes Atom substituirten Wasserstoffes
                              									entwickeln.
                           In der beschriebenen Alizarinbildung finden die Molecularbewegungen nach meiner
                              									bisher gewonnenen Ansicht so statt. Nehmen wir 1 Mol. Anthrachinon in Gegenwart von
                              									4 Mol. geschmolzenen Aetzkalis und lassen wir den Strom durchgehen: 1 Mol H. OK wird zersetzt; der Wasserstoff entwickelt sich am
                              									Positiven Pol, während am negativen Pol OK frei wird und
                              									an die Stelle von 1 Atom Wasserstoff in Anthrachinon geht, um
                              									Kaliumoxyanthrachinonat C14
                              									H7 (OK) (O2) zu bilden. Das aus dem Anthrachinonmolecül
                              									ausgetretene Wasserstoffatom trifft  ein zweites Atom OK an, das aus einem zweiten Molecül Aetzkali
                              										H.OK frei geworden ist, und regenerirt damit
                              									Aetzkali. Ein drittes Molecül H.OK zersetzt sich, und es
                              									bildet sich durch die Einwirkung seines OK auf das Oxyanthrachinonat das Kaliumalizarat, während der aus
                              									dem Oxyanthrachinonat entwickelte Wasserstoff mit einem Atom OK des vierten zersetzten Aetzkalimolecüls Aetzkali regenerirt. Die
                              									Producte der galvanischen Zerlegung des Aetzkalis in Gegenwart von Anthrachinon sind
                              									also:
                           C14H8(O2)+4 H.OK = C14H6(OK)2)(O2)+4H+2H.OK
                           (regenerirt).
                           So erkläre ich mir die beobachteten Thatsachen, bis neue Versuche mich eines Bessern
                              									belehren werden. So kann ich mir auch die Schwierigkeit erklären, welche sich beim
                              									Arbeiten in metallischen Gefäßen darbietet, weil die Metalle, wie Silber, Kupfer
                              									etc., die Gruppe OK zersetzen, sich ihres Sauerstoffes
                              									bemächtigen, ehe OK auf das Anthrachinon wirken konnte,
                              									— eine Zersetzung, welche ich deutlich durch das Auftreten von metallischem
                              									Kalium beobachtete.
                           Schlußbemerkung. Alle die Erscheinungen, von denen ich
                              									hier sprach, beruhen auf der Zersetzung des Wassers oder eines seiner alkalischen
                              									Derivate durch den galvanischen Strom. Der elektrolytische, Sauerstoff wirkt
                              									deshydrogenirend, oder in andern Fällen tritt Hydroxyl, worin Kalium oder Natrium an
                              									die Stelle von Wasserstoff getreten ist, an die Stelle von Wasserstoff im Chromogen.
                              									Wenn ich auch bis dahin meine Aufmerksamkeit in erster Linie auf die Hauptproducte
                              									gerichtet hatte, so ließ ich doch die secundären Producte nicht aus dem Auge, deren
                              									Studium ja nothwendig ist, um zu einer klaren Idee über die stattfindenden
                              									Metamorphosen zu gelangen. Die Wirkung des galvanischen Stromes auf geschmolzene
                              									organische Körper, wenn man wie in der Mineralchemie verfährt, wird große
                              									Schwierigkeiten darbieten, sei es, weil schon die Wärme sie zerlegt, sei es wegen
                              									der zu schwachen Leitungsfähigkeit; aber auch dieses Studium darf nicht
                              									vernachlässigt werden. Wir müssen auch danach trachten, gleichzeitig stattfindende
                              									Zersetzungen anderer dem Elektrolyten beigefügten Körper zu bewirken, um dadurch zu
                              									Producten der Substitution im Chromogen oder in seinem elektrolytischen Product zu
                              									gelangen.
                           Die Chemie der Farbstoffe wird in den hier angedeuteten Forschungen ein um so
                              									fruchtbareres Feld finden, als ja die Oxydationen und Deshydrogenationen in der
                              									Erzeugung der Farbstoffe eine der wichtigsten Rollen spielen. Wir dürfen hoffen,
                              									daß, wenn die Erzeugung der dynamischen Elektricität eine leichtere und
                              									ökonomischere geworden sein wird, die Industrie sich ihrer wird bedienen können, um
                              									Farbstoffe  und andere
                              									Producte zu fabriciren. (Da wo ich in meiner Arbeit von Seide, Baumwolle, Papier
                              									etc. als Conductoren rede, verstehe ich natürlicher Weise darunter, daß die Fasern
                              									mit der leitenden Flüssigkeit beständig durchtränkt sein müssen.)