| Titel: | Ueber die neuesten Verbesserungen an den Noë'schen Thermosäulen; von Prof. Dr. A. v. Waltenhofen in Prag. | 
| Autor: | Adalbert Waltenhofen [GND] | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 267 | 
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                        Ueber die neuesten Verbesserungen an den
                           								Noë'schen Thermosäulen; von Prof. Dr. A. v.
                              									Waltenhofen in Prag.
                        Mit Abbildungen auf Texttafel A.
                        v. Waltenhofen, über Noë's Thermosäulen.
                        
                     
                        
                           Die Thermosäulen von F. Noë (Wien, Fünfhaus, Tellgasse 12)
                              									haben seit meiner ersten darauf bezüglichen Publication (*1871 200 10) eine große Verbreitung gefunden. Sie sind nicht nur ein fast
                              									unentbehrliches Erforderniß eines jeden wohleingerichteten physikalischen Cabinetes
                              									geworden, sondern auch die Industrie hat bereits angefangen, sich ihrer zu
                              									bemächtigen und sich derselben mit Vortheil anstatt der hydroelektrischen Batterien
                              									bei galvanoplastischen Arbeiten zu bedienen, wie ich schon im officiellen Berichte
                              									über die Wiener Weltausstellung 1873 zu erwähnen Gelegenheit hatte.
                           Aufgemuntert durch solche Erfolge und durch die fördernde Unterstützung der
                              									kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, hat der Erfinder nicht
                              									unterlassen, immer neue Fortschritte in der Construction seiner Säulen anzustreben,
                              									und es ist ihm dies auch durch eine Reihe von wesentlichen Verbesserungen gelungen.
                              									Einige davon habe ich schon in meiner Beschreibung der im J. 1872 erschienenen
                              									sogen. Sternsäulen erwähnt (vgl. *1872 205 33). Sie
                              									bestanden theils in einer zweckmäßigeren Form der Elemente zur Erzielung einer
                              									größern Dauerhaftigkeit und einer passendern Anordnung derselben; theils in einer
                              									beträchtlichen Verminderung des Leitungswiderstandes, welche Verbesserungen also
                              									nicht blos den soeben erwähnten und wegen ihrer außerordentlichen Bequemlichkeit
                              									rasch beliebt gewordenen kleinen Sternsäulen, sondern auch den seither construirten
                              									größern Säulen zu Gute gekommen sind.
                           Eine weitere wesentliche Vervollkommnung zeigen die in neuester Zeit von Noë fabricirten Thermosäulen insbesondere hinsichtlich
                              									des Heizapparates. Von den Vortheilen, welche die sinnreiche Einrichtung des
                              									letztern gewährt, heben wir ganz besonders den hervor, daß einer  Ueberhitzung der Säule, wie sie
                              									durch unvorsichtige Handhabung oder in Folge einer beträchtlichen Zunahme des
                              									Gasdruckes bei den ältern Heizlampen möglich war, nunmehr ganz vorgebeugt ist. Hat
                              									man den Heizapparat auf die sogleich näher zu besprechende, höchst einfache Weise
                              									einmal gehörig in Stand gesetzt und die Lampe angezündet, so bedarf derselbe keine
                              									weitere Beaufsichtigung mehr, sondern regulirt sich selbst innerhalb solcher
                              									Grenzen, daß eine Ueberhitzung nicht eintreten und nur geringe Stromschwankungen
                              									stattfinden können, wenn auch der Druck des zuströmenden Leuchtgases beträchtlichen
                              									Aenderungen unterliegt. Auch das bei den ältern Lampen manchmal vorgekommene
                              									Zurückschlagen der Flamme in das Innere, welches, wenn es übersehen würde, eine
                              									starke Erhitzung der Lampe, Berußung der Elemente u. dgl. zur Folge hätte, ist jetzt
                              									sehr erschwert; wir werden übrigens später darauf zurückkommen.
                           Die elektromotorische Kraft der Elemente ist unverändert (vgl. die citirten
                              									Abhandlungen in diesem Journal), freilich wird das Maximum derselben, welches der
                              									höchsten zulässigen Erhitzung entsprechen würde, bei der beschränktern Heizung der
                              									neuen Säule nicht in Anspruch genommen Ich unterlasse es, hierüber im Allgemeinen bestimmte Zahlenwerthe anzugeben,
                                    											weil die bei einer gewissen Justirung der Lampe erzielbaren Procente des
                                    											Maximums auch von der Beschaffenheit des Gases abhängen. Bei meinen
                                    											Versuchen war die elektromotorische Kraft eines einzelnen Elementes
                                    											durchschnittlich = 0,76. wir werden später darauf zurückkommen.
                              									dafür ist jedoch anderseits der Widerstand der neuen Elemente abermals beträchtlich
                              									vermindert und beträgt jetzt nicht mehr die Hälfte desjenigen, welchen die im J.
                              									1871 von mir untersuchten und beschriebenen Elemente hatten, nämlich 0,024
                              									Siemens'sche Einheiten, anstatt 0,054. Dieser in der Verminderung des Widerstandes
                              									erzielte Fortschritt ist nicht nur für die meisten Vorlesungsversuche von großem
                              									Werthe, sondern, wie später gezeigt werden wird, auch in andern Fällen
                              									vortheilhaft.
                           Ungeachtet der bedeutenden Widerstandsverminderung sind die Dimensionen der neuen
                              									Elemente immer noch so klein, daß die Säulen ihre Compendiösität und Bequemlichkeit
                              									beibehalten haben und z. B. eine Säule, welche bei galvanoplastischen Arbeiten 8
                              									Daniell'sche Elemente reichlich ersetzt, einen Flächenraum von weniger als 0qm,33 (bei etwa 17cm Höhe) in Anspruch
                              									nimmt.
                           Nach diesen allgemeinen Bemerkungen lassen wir die vom Erfinder selbst gegebene
                              									Beschreibung einer Noë'schen Thermosäule neuester Einrichtung folgen.
                           Die Construction der Elemente ist in der Hauptsache übereinstimmend mit jener der
                              									Elemente an den vorhin erwähnten sternförmigen Säulen,
                           
                           
                           
                              
                              Tafel A, Bd. 224
                              
                           
                           jedoch so weit vervollständigt, als es die Rücksicht auf die
                              									nöthige mechanische Festigkeit und Verminderung des innern Widerstandes der
                              									Elemente, sowie auf Ersparniß an Heizmaterial erfordert. Die metallene, in einen
                              									dicken Stift a (Fig. 1) auslaufende Kapsel
                              										b bildet den Kopf des an dieselbe angegossenen,
                              										12mm im
                              									Durchmesser haltenden Cylinders c (positives Metall);
                              									aus dieser Kapsel ragen acht Neusilberdrähte d
                              									(negatives Metall), deren Enden innerhalb der Kapsel in die Masse des Cylinders c eingebettet liegen. Bei dem Gebrauche wird der Stift
                              										a erhitzt, welcher die empfangene Wärme an die
                              									Kapsel b und weiter an die darin eingeschlossenen beiden
                              									Metalle abgibt.
                           Der Cylinder c ist mittels des an die Basis angelötheten
                              									dicken Kupferplättchens e an dem horizontal am Gestelle
                              										f befestigten Kupferblechstreifen g angelöthet. An diesen Streifen ist ein Paar nach
                              									abwärts hängender Metallplatten Bei der Wahl des Materials (Kupfer oder Messing) kommt einerseits die größere
                                    											oder geringere Leitungsfähigkeit, anderseits aber auch die größere oder
                                    											geringere Kostspieligkeit in Betracht. Bei der untersuchten Säule, von
                                    											welcher hier die Rede ist, waren die Kühlplatten aus Messing.W. angelöthet, welche die Bestimmung
                              									haben, die aus dem erhitzten Elemente übergehende Wärme aufzunehmen und an die Luft
                              									abzugeben, somit als trockene Kühlvorrichtung zu dienen, oder es ist dieser Streifen
                              									selbst nach abwärts gebogen und taucht in ein Gefäß mit Kühlwasser.
                           Die Verbindung der Elemente zur Säule ist in folgender Weise bewerkstelligt. Die
                              									Kupferstreifen g sind in horizontaler Lage parallel
                              									neben einander auf einer isolirenden Leiste befestigt, so daß also auch die Cylinder
                              										c mit den Heizstiften a
                              									parallel neben einander zu liegen kommen. Die seitlich gebogenen Drähte d sind mit den andern Enden auf den zum benachbarten
                              									Elemente gehörigen Wärmeableiter g mittels eines
                              									federnden und entsprechend gebogenen Kupferblechstreifens h aufgelöthet, wodurch die Stromleitung von Element hergestellt ist. Zwei
                              									Reihen solchergestalt verbundener Elemente sind auf dem isolirenden Gestelle
                              									einander gegenüber so angeordnet, daß die Heizstifte beider Reihen abwechselnd in
                              									eine Zeile zu liegen kommen und durch eine gemeinschaftliche Gaslampe mit gerader
                              									Feuerlinie erhitzt werden.
                           Die Gaslampe besteht wie früher aus einer Reihe knapp neben einander stehender,
                              									kleiner Bunsen-Brenner, welche in einen gemeinsamen Blechmantel eingefügt
                              									sind, und deren jeder für sich aus einem unter ihnen horizontal liegenden Gasrohre
                              									mit kleinen, der Achse des Brenners entsprechenden Gasausströmungsöffnungen gespeist
                              									wird. Die obere Mündung dieser Brenner ist flach gequetscht, um das Zurückschlagen
                              									der Flammen in das Innere der Lampe zu verhindern. Es ist klar, daß  die Constructionsweise der
                              									Elemente den Bedingungen eines möglichst innigen Contactes beider Metalle in sehr
                              									vollkommener Weise entspricht, und daß in ihr auch die Gewähr für die Erhaltung
                              									dieses innigen Contactes für so lange geboten erscheint, als nicht ein Uebermaß an
                              									Heizung zerstörend auf den Zusammenhang der zu erwärmenden Contactstelle der
                              									Elemente wirkt. Um diese Gefahr zu beseitigen, muß also die Gaslampe so eingerichtet
                              									sein, daß das zulässige Maß der Heizung nicht nur sicher und leicht gefunden,
                              									sondern daß dasselbe auch bei unversehens in der Zuleitung steigendem Gasdrucke
                              									nicht überschritten werden kann. Um dieser doppelten Forderung zu genügen, hat die
                              									Gaslampe folgende Einrichtung.
                           Das horizontale Gasrohr A (Fig. 2) der Lampe hat zwei
                              									Hähne B und C,Die Bohrungen dieser Hähne sind in der Zeichnung, der Deutlichkeit wegen,
                                    											parallel der Achse des Gasrohres dargestellt worden; in Wirklichkeit haben
                                    											sie eben die zur entsprechenden Regulirung der Heizung erforderliche
                                    											Stellung.W. von denen B (ohne Flügel) bleibend so gestellt ist, daß bei einem bestimmten
                              									Gasdrucke (z. B. 5mm
                              									Wasserhöhe) das nöthige Gas zu den Brennern gelangen kann. Der andere Hahn C dient als Oeffnungs- bezieh. Schließungshahn.
                              									Das Rohrstück zwischen den beiden Hähnen ist durchbohrt und communicirt mittels des
                              									Schlauches D und des Glasröhrchens E mit dem Innern des neben der Lampe aufgestellten
                              									Gläschens F, welches mit einem dreifach durchbohrten
                              									Korkpropfe verschlossen ist. Durch eine dieser Bohrungen geht das eben erwähnte
                              									Glasröhrchen E bis nahe zum Boden des Gläschens; sein
                              									unteres Endstück trägt ein etwa 5mm über der Mündung angebrachtes Ringzeichen. In der zweiten
                              									Bohrung steckt ein oben und unten offenes Glasröhrchen G; die dritte Bohrung dient zum Füllen des Gläschens mit Wasser und ist sonst
                              									durch ein zugeschmolzenes Glasröhrchen verstopft. Das Gläschen F wird mit Wasser so weit gefüllt, daß das Ringzeichen
                              									an E grade im Niveau der Flüssigkeit liegt (ohne
                              									Rücksicht auf das capillare Aufsteigen des Wassers in E).
                           Wird das Gas in die Lampe eingelassen, so wird sich der im Rohrstücke B C herrschende Gasdruck in das Röhrchen E fortpflanzen, das darin befindliche Wassersäulchen
                              									herabdrücken und es in dem Falle, als der Gasdruck das berechnete Maß von 5mm Wasserhöhe
                              									übersteigen sollte, schließlich völlig verdrängen, wodurch der überschüssigen
                              									Gasmenge der Austritt in das Innere des Gläschens und von dort durch das Röhrchen
                              										G hindurch ins Freie eröffnet ist. Das Gläschen F functionirt also als eine Art Sicherheitsventil gegen
                              									übermäßigen Gasdruck. Durch entsprechendes Zudrehen des Hahnes C kann man den Zufluß des Gases  aus der Leitung immer so weit
                              									beschränken, daß ein Ueberströmen des Gases nicht stattfindet, oder man kann auch
                              									das aus dem Röhrchen G in einzelnen Bläschen
                              									entweichende Gas zum Verbrennen bringen; hierzu dient das in das Rohrstück B C eingelassene Messingröhrchen H, welches oberhalb G ausmündend das nöthige
                              									Gasflämmchen liefert. Ueber die obere Mündung des Röhrchens G ist ein Hut von Drahtgeflecht gestülpt, um das Zurückschlagen der
                              									Gasflamme in das Innere des Gläschens F zu verhüten; das
                              									Hütchen darf also nicht entfernt werden.
                           Aus der Einrichtung der Lampe folgt, daß man bei dem Gebrauche der Säule nur
                              									Folgendes zu beobachten hat, um sofort das richtige Maß der Heizung zu finden und
                              									jeder Ueberheizung vorzubeugen. Nachdem man sich überzeugt, daß das Röhrchen E in die Sperrflüssigkeit nicht tiefer als bis zum
                              									Ringzeichen taucht, wird der Hahn C so weit geöffnet,
                              									daß das Wassersäulchen in E auf den tiefsten Stand
                              									herabgedrückt wird, d. i. so weit, daß an der Mündung des Röhrchens eine Gasblase
                              									erscheint. Hierauf wird das Flämmchen oberhalb G
                              									entzündet, um das allfällige aus dem Gläschen F
                              									austretende Gas sofort zum Verbrennen zu bringen, und dann erst zündet man die
                              									Gaslampe an dem von H entferntesten Brenner an. Sollten
                              									hierbei einzelne Flammen in das Innere der Brenner zurückschlagen (was bei dem
                              									erstmaligen Anzünden wegen des in den noch kalten Brennern stockenden Luftzuges
                              									immerhin geschehen kann), so muß der Hahn C völlig
                              									zugedreht werden, damit alle im Innern der Lampe
                              									brennenden Flammen erlöschen, worauf man das Anzünden der Lampe in der soeben
                              									angegebenen Weise wiederholt. Bei lange fortgesetztem Gebrauche wird zuweilen eine
                              									oder die andere der feinen Ausströmungsöffnungen in dem horizontalen Gasrohre der
                              									Lampe durch abgesetzte Rußpartikelchen verstopft; scharfes Hineinblasen genügt, um
                              									diese Rußflocken zu entfernen. —
                           Dieser Beschreibung des Erfinders wäre noch beizufügen, daß auch die neuen
                              									Thermosäulen mit einem sogen. Pachytrop versehen sind; nämlich mit einer
                              									Vorrichtung, welche gestattet, die vier Abtheilungen, aus welchen jede Säule
                              									besteht, auf die der beabsichtigten Anwendung der Säule am besten entsprechende
                              									Weise mit einander zu verbinden. Je nach der verschiedenen Stellung des Pachytropes,
                              									welche augenblicklich und sicher gewechselt werden kann, repäsentirt die eine
                              									Thermosäule gewissermaßen drei an Zahl und Größe der Elemente verschiedene
                              									Thermosäulen, von welchen man die im gegebenen Falle zweckmäßigste wählen kann, wie
                              									aus folgendem Beispiele erhellt.
                           Man denke sich eine Säule von 128 Elementen. Diese sind in vier Gruppen von je 32
                              									abgetheilt. Jede Gruppe repräsentirt (bei der  durch die neue Einrichtung gemäßigten Heizung) ungefähr
                              									die elektromotorische Kraft von 2 Daniell'schen Elementen und hat (da der Widerstand
                              									eines Elementes nahe 1/40 einer Siemens'schen Einheit beträgt) einen Widerstand vom
                              									Betrage 0,8. Schaltet man nun alle vier Abtheilungen hinter einander, so erhält man
                              									die Wirkung von 8 Daniell'schen Elementen mit 3,2 Einheiten Gesammtwiderstand.
                              									Werden je 2 Abtheilungen parallel und die so gebildeten Doppelabtheilungen hinter
                              									einander geschaltet, so vertritt die Säule 4 Daniell'sche Elemente von 4 Mal
                              									geringerm, also nur 0,8 Einheiten betragendem Gesammtwiderstande. Werden endlich
                              									alle 4 Abtheilungen (zu einer 4fachen Gruppe) parallel geschaltet, so wirkt die
                              									Säule wie 2 Daniell'sche Elemente von nur 0,2 Einheiten Gesammtwiderstand. Von
                              									diesen drei möglichen Schaltungen wählt man bekanntlich am besten die, deren
                              									Widerstand demjenigen am nächsten kommt, welcher beim Gebrauche derselben zwischen
                              									die Pole der Säule eingeschaltet wird.
                           Die Einrichtung des Pachytropes ist in meinem bereits erwähnten Berichte (Bd. 200 S.
                              									14) beschrieben.
                           Wir geben in Figur
                                 										3 noch eine Ansicht der ganzen Säule. In der Richtung ab befindet sich die Feuerlinie, über welcher die
                              									Heizstifte der zu beiden Seiten an einander gereihten Elemente angeordnet sind. Bei
                              										F ist die Schlauchdüse der unter die Elemente
                              									eingeschobenen Gaslampe angedeutet. Die Lampe ist auf dem Grundbrete A B, welches die Säule trägt, befestigt; ebenso das
                              									Sicherheitsglas C. Bei P ist
                              									der Schlüssel des Pachytropes sichtbar, durch dessen Verstellung die verschiedenen
                              									Schaltungen der 4 Abtheilungen der Säule bewirkt werden, wobei die Drähte c bis h als
                              									Verbindungsleiter dienen. Die Kühlplatten sind, so wie die Elemente, in zwei Reihen
                              									angeordnet, von welchen eine bei kl sichtbar ist. Bei 1
                              									und 2 sind die Klemmen für die Poldrähte.
                           In dem citirten Berichte ist auch schon hervorgehoben worden, daß eine solche Säule
                              									bei passender Stellung des Pachytropes zu den mannigfaltigsten Vorlesungsversuchen
                              									(Wasserzersetzung, Betrieb von elektromagnetischen Maschinen, größern z. B.
                              									Ruhmkorff'schen Inductions-Apparaten, Magnetisirung mittels des Stromes,
                              									Drahtglühen u. s. w.) anstatt galvanischer Elemente verwendet werden kann. Sie
                              									bietet dabei die große Bequemlichkeit, daß sie jederzeit (ohne die mit der
                              									Zusammenstellung nasser Elemente verbundenen Umständlichkeiten) in Bereitschaft ist,
                              									und daß die von Fall zu Fall zweckmäßigen Umschaltungen, von welchen oben die Rede
                              									war, mittels des an der Säule selbst bleibend angebrachten Pachytropes
                              									augenblicklich bewerkstelligt werden können. Insbesondere  soll hier noch von der
                              									Anwendung der Noë'schen Säulen für galvanoplastische
                                 										Zwecke, auf die ich schon in der Einleitung dieses Aufsatzes hingewiesen
                              									habe, die Rede sein. Man begegnet nämlich häufig der Frage: wie viel Kupfer oder wie
                              									viel von irgend einem andern Metalle mit einer gegebenen Thermosäule in einer
                              									bestimmten Zeit ausgefällt werden kann. Natürlich hängt dies nicht nur von der
                              									Beschaffenheit der Säule ab, sondern auch von den Widerständen außerhalb der Säule
                              									und namentlich in dem Metallbade, in welchem der galvanoplastische Proceß
                              									stattfindet. Folgende Betrachtungen mögen hierüber zur allgemeinen Orientirung
                              									dienen.
                           Wir nehmen an, daß mit Ausnahme des Metallbades (Zersetzungszelle) keine beträchtlichen Widerstände eingeschaltet sind.
                              									Ferner nennen wir e die elektromotorische Kraft, u den Widerstand eines einzelnen Elementes und n die Anzahl der Elemente der Säule. Der Widerstand w in der Zersetzungszelle läßt sich nur dann einfach
                              									berechnen, wenn zwei gleich große ebene Elektroden von bekannter Fläche f in bekannter Entfernung d
                              									einander parallel gegenüberstehen. In diesem Falle ist nämlich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 273
                              
                           wobei wir annehmen, daß d in
                              									Centimeter und f in Quadratcentimeter ausgedrückt sei,
                              									während ρ den Leitungswiderstand der Flüssigkeit
                              									des Metallbades für den Fall vorstellt, daß d = 1 und
                              									auch f = 1 wäre. Alle Widerstände denken wir uns in
                              									Siemens'schen Einheiten ausgedrückt, und die Einheit der elektromotorischen Kräfte
                              										e so gewählt, daß die elektromotorische Kraft eines
                              									Daniell'schen Elementes der Zahl 12 entspricht. Ich habe diese Einheit der elektromotorischen Kräfte in meinen Abhandlungen
                                    											im 183. Bande dieses Journals und im 133. Bande von Poggendorff's Annalen
                                    											zuerst vorgeschlagen. Unter diesen Voraussetzungen wird, nach dem
                              									Ohm'schen Gesetze, ein Strom s entstehen, welcher der
                              									Gleichung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 273
                              
                           entspricht, wobei s zugleich die
                              									Cubikcentimeter Knallgas angibt, welche dieser Strom in einem sogen.
                              									Wasserzersetzungsapparate in jeder Minute entwickeln würde. Da nun 1870cc Knallgas 1g wiegen und nach dem
                              									Faraday'schen Gesetze der Elektrolyse auf 9g Wasser 31g, 7 Kupfer oder 196g Gold u. s. w., also
                              									überhaupt M Gramm Metall kommen, wenn 
                              									M das Aequivalentgewicht des auszufällenden Metalles
                              									ist, so wird in jeder Stunde die Metallmenge
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 274
                              
                           ausgefällt werden. (Immer unter der Voraussetzung, daß außer
                              									der Zersetzungszelle keine Widerstände eingeschaltet sind.) Wären solche z. B. im Betrage ζ
                                    											vorhanden, so hätte man zum Nenner Textabbildung Bd. 224, S. 274 in der Formel 3 noch ζ/n hinzuzufügen, wodurch auch die spätern Formeln
                                    											entsprechend verändert würden.
                           Setzt man die für die Noë'sche Säule bereits angegebenen Werthe und für M die Zahl 31,7 ein, so erhält man unter Voraussetzung
                              									einer concentrirten Kupfervitriollösung, für welche ich ρ = 21 gefunden habe, eine sehr einfache Formel zur Berechnung der
                              									stündlichen Kupferfällung (in Grammen) nämlich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 274
                              
                           Ist die Kupfervitriollösung durch Zusatz von Schwefelsäure angesäuert, so ist ihr
                              									Leitungswiderstand viel geringer. Derselbe kann auf diese Art leicht auf die Hälfte
                              									des ursprünglichen Betrages und darunter herabgemindert werden.Ein Versuch mit concentrirter Kupfervitriollösung, welcher 3
                                    											Gew.-Proc. Schwefelsäure zugesetzt waren, ergab ρ = 10,3 S. E. Nimmt man in
                              									der That den Leitungswiderstand der angesäuerten Kupfervitriollösung halb so groß an
                              									als den der nicht angesäuerten concentrirten Lösung, so hat man nur in der Formel 4
                              									die Zahl 1750 durch 2 zu dividiren und erhält demnach
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 274
                              
                           Gewöhnlich wird aber die Kupfervitriollösung nicht nur
                              									angesäuert, sondern auch etwas verdünnt angewendet. Ihr specifischer Widerstand ρ ist dann natürlich etwas größer. Ich fand für
                              									ein Kupferbad, bei welchem der concentrirten Lösung 3 Proc. Schwefelsäure zugesetzt
                              									waren, und die dann noch durch Zusatz von destillirtem Wasser auf die Dichte 1,33
                              									verdünnt wurde, ρ = 12,3. Bei einem Kupferbade,
                              									welches ungefähr diese Beschaffenheit hat, wird der Coëfficient von d/n f in der Formel 4 in
                              									runder Zahl nicht viel von 1000 verschieden sein, so daß man in diesem Falle zur
                              									annähernden Berechnung die Formel erhält:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 275
                              
                           Gesetzt z. B., man wolle wissen, wie viel Gramm Kupfer durch eine 128elementige
                              									Noë'sche Säule in jeder Stunde ausgefällt werden, wenn jede der beiden Elektroden
                              										0qm,1 groß ist,
                              									und deren Abstand 10cm
                              									beträgt. Die Rechnung gibt für d = 10, f = 1000 und n = 128, p = 3g,37 in der Stunde.
                           Da zwischen so großen Elektroden, die einander so nahe gegenüberstehen, der
                              									Widerstand der Flüssigkeit sehr gering ist (in unserm Beispiele wäre er nur 0,1 S.
                              									E.), so wäre in diesem Falle eine Stellung des Pachytropes vortheilhafter, welche
                              									durch Parallelschaltung auch den Widerstand der Säule verminderte. In der That würde
                              									bei Parallelschaltung aller 4 Abtheilungen p nahezu =
                              										8g,6 werden.
                              									Welche Stellung des Pachytropes in jedem gegebenen Falle die vortheilhafteste ist,
                              									läßt sich am besten durch die Einschaltung eines einfachen Galvanometers probeweise
                              									ermitteln.
                           Um endlich noch eine ganz allgemeine Formel aufzustellen, nehmen wir an, es sei M das Aequivalentgewicht des auszufällenden Metalles und
                              									der specifische Widerstand des Metallbades wie oben mit ρ bezeichnet. Ferner sei das Pachytrop so gestellt, daß je m Abtheilungen parallel geschaltet sind (wobei also m entweder 1 oder 2 oder 4 sein kann), so ist die
                              									stündliche Metallfällung in Grammen
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 275
                              
                           Diese Formel würde auch Anwendung finden, wenn man mehrere Noë'sche Säulen mit
                              									einander verbände; nur muß man unter n stets die
                              									Gesammtzahl aller einfachen Elemente in allen Säulen zusammengenommen verstehen.
                              									Sind die Säulen und deren Abtheilungen so verbunden und geschaltet, daß die Elemente
                              									in Doppelreihen wirken, so ist m = 2 zu setzen, bei
                              									einer Anordnung zu dreifachen Reihen m = 3 u. s. w.
                           Mag man aber auch n und f
                              									noch so groß und d noch so klein machen, so wird der
                              									Ausdruck 83 ρm d/n f doch nie ganz auf Null gebracht, sondern höchstens
                              									sehr klein gemacht werden können. Die stündliche Metallfällung wird also stets unter
                              									einer gewissen, leicht zu berechnenden Grenze bleiben. Bei der gegenwärtigen
                              									Beschaffenheit der Noë'schen Elemente und der beschriebenen Heizung ist diese Grenze
                              									P = 7m/2 M/31,7′  also sehr nahe Textabbildung Bd. 224, S. 276
                           Man wird also, wenn sämmtliche verfügbare Elemente zu einer einzigen Reihe hinter
                              									einander geschaltet sind (m = 1), nie mehr als 31,7/9
                              									Gramm Kupfer, oder 196/9 Gramm Gold u. s. w. stündlich ausfällen können. Durch einen
                              									Versuch mit einem eingeschalteten Galvanometer läßt sich leicht erproben, ob man bei
                              									einer Verbindung zu Doppelreihen (m = 2) oder zu
                              									mehrfachen Reihen eine größere Stromstärke erhält; aber in jedem Falle wird die
                              									stündliche Metallfällung kleiner sein müssen als die Zahl (in Grammen), die man
                              									erhält, wenn man in der Formel 7 die betreffenden Werthe für M und m einsetzt.
                           Kennt man den stündlichen Niederschlag p, so ist es
                              									natürlich leicht, die Zeit zu berechnen, welche nöthig ist, damit die ausgefällte
                              									Kupferschichte eine gewisse Dicke erreiche. Bezeichnet man mit h diese Dicke in Bruchtheilen eines Centimeters, ferner
                              									mit s das Gewicht des auszufällenden Metalles in Grammen
                              									(für galvanoplastisch gefälltes Kupfer ist s=8,95) und
                              									endlich mit t die Anzahl der erforderlichen Stunden, so
                              									ist offenbar pt = fhs,
                              									folglich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 224, S. 276
                              
                           Selbstverständlich kann die Anführung dieser Formeln keinen andern Zweck haben, als
                              									vor Allem die Grundsätze klar vor Augen zu legen, nach welchen sich die Quantität
                              									des von einer Säule zu bewirkenden Metallniederschlages beurtheilen läßt, ferner die
                              									dabei in der Natur der Sache begründeten äußersten Grenzen nachzuweisen und endlich
                              									Anhaltspunkte an die Hand zu geben, um in einzelnen Fällen, wenn nämlich über die
                              									Beschaffenheit eines Kupferbades etwas Näheres bekannt ist, eine beiläufige
                              									theoretische Schätzung des zu gewärtigenden Kupferniederschlages zu ermöglichen. Daß
                              									hierbei von einer genauen Berechnung nicht die Rede sein kann, leuchtet ein, wenn
                              									man erwägt, daß eine solche nicht nur die genaue Kenntniß aller in die Säule
                              									eingeschalteten Widerstände voraussetzen würde, sondern daß die Leistungsfähigkeit
                              									der Thermosäule, selbst bei genauer Einhaltung der vorgeschriebenen Heizregulirung,
                              									von der Heizkraft des angewendeten Leuchtgases abhängt. Auch kommt in Betracht, daß in manchen Fällen ein nicht unbedeutender Theil
                                    											des ausgefällten Kupfers sofort wieder aufgelöst wird, so daß der
                                    											Kupferniederschlag an der Kathode nicht nur geringer ausfällt, als er
                                    											berechnet ist, sondern auch geringer als der Gewichtsverlust der kupfernen
                                    											Anode. Näheres hierüber findet man Wiedemann:
                                    											Galvanismus, Bd. 1 S, 494. Anderseits  mag wiederholt hervorgehoben
                              									werden, daß die Formeln 4, 5, 6 und 7 nicht nur ausschließlich für Noë'sche
                              									Thermosäulen, sondern auch für diese nur unter der Voraussetzung der in dieser
                              									Abhandlung beschriebenen Construction Geltung haben, wobei 40 Elemente den
                              									Widerstand einer Siemens'schen Einheit äußern und die Heizung so regulirt ist, daß
                              									16 Elemente die elektromotorische Kraft eines Daniell'schen Elementes geben. Nur die
                              									Formeln 1, 2, 3 und 8 sind allgemein und können insbesondere die Formeln 2 und 3 für
                              									jede beliebige Batterie angewendet werden.
                           Besonders hervorheben müssen wir übrigens bei dieser Gelegenheit, daß, was immer für
                              									Säulen man anwenden mag, bei keinem galvanoplastischen Apparate ein Galvanometer
                              									fehlen sollte; daß ein solches vielmehr bei jedem rationellen Betriebe dieser Art
                              									erforderlich ist, indem es die einzig mögliche fortwährende Controle des richtigen
                              									und ungestörten Verlaufes der galvanoplastischen Processe an die Hand gibt. Eine
                              									Tangentenbussole einfachster Art, oder ein graduirtes Galvanoskop, lassen sich
                              									billig beschaffen und leicht zweckdienlich anbringen. Es hätte allenfalls auch keine
                              									Schwierigkeit, die Theilung des Instrumentes so einzurichten, daß die Magnetnadel
                              									jeden Augenblick die dem circulirenden Strome entsprechende stündliche Metallfällung
                              									anzeigt.
                           Wir machen schließlich noch auf einen im 1. Hefte des 13. Bandes von Carl's
                              									Repertorium der Experimentalphysik erschienenen Aufsatz (von Professor Streintz) über die Noë'schen Thermosäulen aufmerksam, in
                              									welchem dieselben ebenfalls, namentlich für Schulversuche, bestens empfohlen
                              									werden.
                           Prag im März 1877.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
