| Titel: | Eduard Pohl's Umsteuerung. | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 474 | 
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                        Eduard Pohl's Umsteuerung.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              									X [d/4].
                        Pohl's Umsteuerung.
                        
                     
                        
                           Diese Umsteuerung besorgt mit einem gewöhnlichen Muschelschieber die Dampfvertheilung
                              									für beide Bewegungsrichtungen, ohne daß hierzu ein zweites Excenter, eine Coulisse
                              									oder andere Hebelvorrichtungen erforderlich wären. Außerdem kann man eine
                              									Veränderlichkeit des Expansionsgrades innerhalb weiter Grenzen erreichen und die
                              									Dampffüllung einem veränderlichen Widerstande oder einer veränderlichen
                              									Kraftleistung entsprechend bestimmen, wie es bei Locomotiven, Förder-,
                              									Walzenzugs- und Schiffsmaschinen erforderlich ist. Der Bewegungsmechanismus
                              									bei den gewöhnlichen Coulissensteuerungen mit variabler Expansion bedingt eine große
                              									Anzahl von Hebeln und Gelenken, welche einerseits einer raschen Abnutzung ausgesetzt
                              									sind, anderseits durch das Vibriren und Federn eine Aenderung der Schieberbewegung
                              									hervorrufen. Pohl's Umsteuerung beseitigt diesen
                              									Nachtheil und erzielt eine bedeutende Vereinfachung der Constructionsdetails. Die
                              									erreichte Dampfvertheilung ist theoretisch vollkommen richtig und kann bei dem
                              									Umstände, daß nur ein Excenter und nur ein Schieber
                              									bedingt ist, als dem Ideale der Normaldampfvertheilung am nächsten liegend empfohlen
                              									werden.
                           Der nachfolgenden Erklärung sollen Fig. 1 bis 4 zu Grunde gelegt werden,
                              									welche die Adaptirung dieses Umsteuerungssystemes für eine Locomotive darstellen.
                              									Der Mechanismus zur Bewegung des Muschelschiebers ist an einer Triebachse angeordnet
                              									und hierbei vorausgesetzt, daß die Schieberkästen sich an der innern Seite des
                              									Tragrahmens befinden. Wenn dies nicht der Fall wäre, so ist die Einschaltung einer
                              									Uebertragungsspindel mit entsprechenden Hebeln bedingt.
                           Die beiden Excenter A sind mit einem rechteckigen
                              									Schlitze auf einem quadratischen Bund der Welle verschiebbar und seitlich zwischen
                              									zwei Hülsen H festgehalten, welche unverrückbar auf der
                              									Achse befestigt sind. Zwischen den beiden Excentern ist an einem eingelegten
                              									Längskeil die Hülse F verschiebbar und kann dieselbe
                              									durch einen Gabelhebel oder aber durch eine Schraubenspindel aus der mittlern Lage
                              									gerückt werden. Der Arm E dieser Hülse F wirkt durch den in H
                              									gelagerten Winkelhebel K L B auf den Zapfen B des Excenters, so daß ein Ausrücken der Hülse F ein Heben oder Senken der excentrischen Scheibe zur
                              									Folge hat. Die Detailconstruction ist aus Fig. 1 und 2 ersichtlich. Die
                              									Hebelarme K L (Fig. 2) umfassen die Welle
                              									und sind bei K durch zwei Schienen K E mit dem Arm E verbunden.
                              									Die Hebel  drehen sich
                              									mit der Welle und es wird daher nur der eingelegte Ring M des Gabelhebels festgehalten. Um eine genaue Führung der excentrischen
                              									Scheibe zu erzielen und ein Einschlagen oder Abnutzen des viereckigen Bundes
                              									hintanzuhalten, gibt Pohl den Excentern an der Hülse H eine Prismaführung Figur 3, welche mittels
                              									eines nachstellbaren Keiles genau regulirt werden kann. Die beiden Führungsleisten
                              										M sind an der excentrischen Scheibe mittels
                              									Schraubenbolzen befestigt, und es kann die Welle bei dieser Anwendung rund
                              									bleiben.
                           Bei der mittlern Stellung der Hülse (Fig. 1 und 2) ist die excentrische
                              									Scheibe derart festgehalten, daß deren Mittelpunkt C der
                              									Kolbenkurbel O D gegenüber liegt, und die
                              									Dampfvertheilung, welche bei einer Drehung der Welle hervorgerufen würde, gleicht
                              									jener, die der todte Punkt einer Stephenson'schen Coulisse einleitet. Wird nun die
                              									excentrische Scheibe durch eine Verschiebung der Hülse F
                              									gehoben, so gelangt deren Mittelpunkt C in die in Figur 4
                              									verzeichnete relative Lage C1. Die Excentricität OC1 hat nun gegen die Kolbenkurbel O D die relativ richtige Lage für den Vorwärtsgang nach
                              									rechts, und die Kurbel wird der durch den Pfeil angedeuteten Richtung folgen, indem
                              									die Kolbenkurbel der Schieberkurbel nachfolgt. Wird anderseits das Excenter bei der
                              									in Figur 2
                              									verzeichneten Lage durch den Zapfen B gesenkt, so
                              									gelangen Kolbenkurbel und Excentricität in die in Figur 5 dargestellte
                              									relative Lage, die Dampfvertheilung wird sodann durch das gleiche Excenter und
                              									denselben Schieber für den Rückwärtsgang besorgt. Es vermag also durch den
                              									erläuterten Hebelmechanismus die excentrische Scheibe abwechselnd in jene Lagen
                              									geführt werden, welche die einfache Schiebersteuerung für die richtige
                              									Dampfvertheilung der beiden Bewegungsrichtungen bedingt. Die excentrische Scheibe
                              									besorgt daher unmittelbar die Führung des einfachen Muschelschiebers, indem die
                              									Excenter und Schieberstange in einem Gelenke verbunden sind. Danach ergibt sich, daß
                              									der Mittelpunkt des Excenters bei der Pohl'schen Steuerung sich genau in der
                              									Centralcurve des Zeuner'schen Diagrammes für die Gooch'sche Coulissensteuerung
                              									bewegt und somit genau dieselben Resultate wie letztere, speciell also auch
                              									constantes Voreilen gibt.
                           
                              V. Sirk.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
