| Titel: | Ueber die Erkennung künstlich gefärbter Weine; von W. Stein. | 
| Autor: | W. Stein | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 533 | 
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                        Ueber die Erkennung künstlich gefärbter Weine;
                           								von W. Stein.
                        Stein, über die Erkennung künstlich gefärbter Weine.
                        
                     
                        
                           I. Rothweine.
                           Zur Aufsuchung einer Methode, um die künstliche Färbung der Weine nachzuweisen, habe
                              									ich als Norm rothen Elbwein benutzt, den ich theils aus den fiscalischen Kellereien,
                              									theils von ganz zuverlässigen Weinbergsbesitzern erhalten hatte. Die etwaige
                              									Verschiedenheit im Verhalten des reinen Weines nach dem Alter und der Abstammung
                              									suchte ich durch Prüfung verschiedener Jahrgänge (73er, 74er und 75er) des Elbweines
                              									und durch Vergleichung desselben mit französischen, italienischen, ungarischen und
                              									andern Deutschen Rothweinen kennen zu lernen. In beiden Beziehungen mußten die
                              									Resultate mangelhaft bleiben, da ich einen ältern Elbwein als 73er nicht erhalten
                              									konnte und für den Bezug der andern auf den Handel angewiesen war, demnach über
                              									Alter und Reinheit mich im Ungewissen befand. Ich kann daher nur anführen, daß das
                              									verschiedene Alter der von mir untersuchten Weine, abgesehen von dem Unlöslichwerden
                              									des Farbstoffes, keine bemerkbare Verschiedenheit in dem von mir geprüften
                              									chemischen Verhalten derselben zur Folge hatte. Die Weine verschiedener Abstammung
                              									dagegen verhielten sich etwas verschieden vom Elbwein und unter sich, am meisten der
                              									Burgunder.
                           Die zur Färbung des Weines angeblich in Anwendung kommenden Surrogate sind
                              									bekanntlich ziemlich zahlreich. Ich habe Fuchsin, Indigo, Blauholz, Rothholz,
                              									Cochenille, Kirschen, Heidelbeeren, Hollunderbeeren (von Sambucus nigra), Ligusterbeeren und Malvenblüthen (von Malva arborea) geprüft. Der Indigo konnte
                              									selbstverständlich nur dem Rothwein zugemischt werden, von den übrigen wurden
                              									Auszüge resp. Mischungen mit weißem Rheinwein, bisweilen auch reinstem Apfelwein
                              									hergegestellt. Zur Anwendung des letztern sah ich mich genöthigt, weil die leichten
                              									Weißweine, wie es scheint, jetzt sehr häufig so stark geschwefelt in den Handel
                              									kommen, daß sie reichliche Mengen von schwefliger Säure enthalten, die sich bei der
                              									Destillation schon durch den Geruch zu erkennen gibt und jodometrisch sogar der
                              									Quantität nach bestimmen läßt.
                           Eine andere Beobachtung, die allerdings vorauszusehen war, erwähne ich nur, weil ich
                              									sie nirgends bei den Angaben über die künstlichen Färbemittel des Weines
                              									berücksichtigt gefunden habe, nämlich daß Rothholz und Blauholz den Weißwein gar
                              									nicht roth färben, ohne Anwendung eines Thonerdesalzes, und ihm auch dann noch eine
                              									Farbe geben, von der ich kaum glauben kann, daß sie den Weinfärbern genüge. Selbst
                              										 das Roth, welches
                              									die Cochenille dem Wein ertheilt, erlangt erst auf Zusatz von Thonerdesalz den
                              									richtigen Ton und Feuer.
                           Von den genannten künstlichen Rothweinen suchte ich ebenfalls die Veränderung kennen
                              									zu lernen, die ihr Farbstoff durch Lagern etwa erleiden könnte. Sie sind daher,
                              									nachdem sie vom Februar 1876 bis jetzt gelegen hatten, einer nochmaligen Prüfung
                              									unterworfen worden. Es hat sich dadurch gezeigt, daß alle, abgesehen von der
                              									reichlichen Ausscheidung der Farbstoffe im unlöslichen Zustande, bemerkbare
                              									Veränderungen erlitten hatten, die jedoch nur bei Rothholz und Hollunderbeeren so
                              									weit gingen, daß der ursprüngliche Charakter gänzlich verändert war.
                           Es war selbstverständlich nicht genügend, nur diese künstlichen Rothweine mit den
                              									echten zu vergleichen, da angenommen werden darf, daß in der Mehrzahl der Fälle die
                              									Farbsurrogate neben dem echten Weinroth nachzuweisen sind. Ich habe demgemäß bei
                              									meiner Methode vorzugsweise Mischungen von echtem Rothwein mit 10 bis 20 Proc. des
                              									künstlichen ins Auge gefaßt. Aus diesem Grunde haben denn auch die Angaben zur
                              									Erkennung des einen oder andern der angeführten Surrogate, wenn dabei auf die
                              									gleichzeitige Anwesenheit von echtem Weinroth nicht Rücksicht genommen ist, einen
                              									geringern praktischen Werth. Es wird deshalb genügen, nur die von Prof. Böttger zu erwähnen, weil dieselbe ein besonderes
                              									wissenschaftliches Interesse darbietet. Der Genannte erkennt nämlich die Färbung
                              									eines Weines mit Malvenblüthen durch Vermischung mit Kupfervitriollösung in genau
                              									vorgeschriebener Weise. Der echte Wein wird dabei farblos, der Malvenwein violett.
                              									Prof. Vogel bestätigt dies, und ich kann es ebenfalls
                              									bestätigen, jedoch nur für unvermischten oder wenig Weinroth enthaltenden
                              									Malvenwein. Wenn dagegen nur 20 Proc. von letzterem dem echten Rothwein beigemengt
                              									sind, so läßt sich das Malvenroth auf diese Weise nicht mehr erkennen. Das
                              									wissenschaftlich Interessante an dieser Reaction besteht nach meinem Dafürhalten
                              									darin, daß sie eine rein optische ist, welche ich mir auf folgende Weise erkläre.
                              									Sowohl das Roth des Weines als der Malvenblüthen sind Breitheilige Farben, welche
                              									Roth, Gelb und Blau enthalten. Das Weinroth enthält aber neben dem Roth und Blau
                              									mehr Gelb als das Malvenroth. Wenn daher das Blau der Kupferlösung zu dem des Weines
                              									hinzukommt, so vermag es das ganze vorhandene Gelb zu Weiß aufzuheben. Als Restfarbe
                              									bleibt etwas Roth mit einem Ueberschuß von Blau, den ich wenigstens bei
                              									wiederholter, vorschriftsmäßiger Ausführung des Versuches stets beobachtet habe. Die
                              									Flüssigkeit erscheint nur farblos, wovon man sich
                              									überzeugen kann, wenn man sie in eine kleine Porzellanschale ausgießt. Bei gleicher
                              									Behandlung  des
                              									Malvenroth bleibt wegen des geringen Gehaltes an Gelb fast alles Roth unverändert
                              									und bildet mit dem noch mehr überschüssigen Blau ein lebhaftes Violett. Ferner wenn
                              									man, anstatt Kupferlösung allein, eine solche mit Nickellösung gemischt anwendet, so
                              									bleibt nicht eine violette, sondern, in der Schale gesehen, eine schmutzig blaue
                              									Farbe.
                           Arbeiten, welche sich auf alle Surrogate erstrecken, sind bis jetzt, so viel mir
                              									bekannt, nur von A. Gautier (1876 222 372) 475) und H. Vogel (*1876 219 73) 533) geliefert worden. Sie verdienen deshalb um
                              									so mehr Anerkennung. Sie zeigen aber auch, wie schwierig die zu lösende Aufgabe ist,
                              									und darum betrachte ich diese Mittheilungen nur als einen weitern Beitrag zur Lösung
                              									derselben, ohne mich darüber zu täuschen, daß auch meine Arbeit noch an
                              									Unvollkommenheiten leidet.
                           Meine Untersuchungsmethode gründet sich auf das Verhalten der oben aufgeführten
                              									Farbstoffe zur Wollfaser und zur Thonerde. Nach diesem Verhalten können sie in drei
                              									Gruppen eingetheilt werden, nämlich in solche,
                           1) welche sich unmittelbar mit der Wollfaser verbinden:
                              									Fuchsin, Indigo;
                           2) welche dazu einer Beize bedürfen: Farbstoffe von Blauholz,
                              									Rothholz, Cochenille;
                           3) deren Verbindungsfähigkeit mit der reinen sowohl, als mit
                              									der gebeizten Faser nur sehr schwach ist, während sie sich leicht mit Thonerde (auch
                              									Bleioxyd und andern Metalloxyden) verbinden: die Farbstoffe des Weines, der Kirschen
                              										Der Farbstoff der Kirschen scheint sich, vielleicht je nach der Varietät,
                                    											verschieden zu verhalten, denn Vogel gibt an, daß
                                    											der von ihm geprüfte durch Bleiessig bei Gegenwart von Alkohol nicht
                                    											vollständig ausgefällt worden sei, was für den meinigen nicht zutreffend
                                    											ist., Heidelbeeren, Hollunderbeeren, Ligusterbeeren,
                              									Malvenblüthen.
                           Die Glieder der ersten und zweiten Gruppe lassen sich leicht und sicher durch
                              									Ausfärben auf Wolle einzeln nachweisen und von denen der dritten Gruppe trennen,
                              									folglich auch in Gemischen mit Weinroth erkennen. Ich benutzte dazu das sehr weiße
                              									Wollengarn, wie es zu Stickereien verwendet wird. Dasselbe mußte jedoch zuvor
                              									wiederholt mit Wasser ausgewaschen werden, weil es sehr merkliche Mengen von
                              									schwefliger Säure enthielt.
                           Von den Gliedern der dritten Gruppe kann ich das Gleiche nicht sagen. Sie besitzen
                              									ein so ähnliches Verhalten gegen alle von mir angewendeten Reagentien, daß es mir
                              									nicht gelungen ist, jedes einzelne, selbst im unvermischten Zustande, von allen
                              									übrigen, das reine Weinroth und Malvenroth ausgenommen, mit Sicherheit zu
                              									unterscheiden. Dies scheint mir aber auch gar nicht nothwendig; vielmehr genügt es
                              									im gegebenen  Falle, die
                              									künstliche Färbung des Weines mit diesen Surrogaten überhaupt festzustellen, da
                              									keines derselben in sanitärer Beziehung Bedenken erregen kann. Die Lösung der so
                              									vereinfachten Aufgabe wird durch den Umstand ermöglicht, daß alle Surrogate der
                              									dritten Gruppe sich vom Weinroth durch einen größern Gehalt an Blau unterscheiden.
                              									Es kommt nur darauf an, eine Versuchsmodalität zu finden, bei welcher diese
                              									Verschiedenheit am deutlichsten erkennbar ist. Hierbei kommt es auf die Wahl des
                              									Reagens und auf die Art seiner Anwendung an. Nach meinen Erfahrungen ist das beste
                              									Reagens eisenfreie Thonerde in Form von. essigsaurem Salz oder Alaun. Ein
                              									Eisengehalt würde wegen des Gerbstoffgehaltes der Weine störend sein. Vor allen
                              									übrigen Reagentien, deren Basen sich mit den in Rede stehenden Farbstoffen
                              									verbinden, hat die Thonerde den Vorzug, daß sie, wenn auch im Ueberschuß angewendet,
                              									den — ich will sagen — normalen Farbenton des Weines nicht wesentlich
                              									verändert. Insbesondere ist sie dem Bleioxyd aus diesem Grunde vorzuziehen, was ich
                              									als Bleizucker, als salpetersaures Blei und als Bleiessig geprüft habe. Der letztere
                              									ist wegen seiner alkalischen Reaction am wenigsten geeignet, und grade damit ist das
                              									Papier getränkt, welches als „Oenokrine“ von Paris aus in den Handel gebracht wird. Man kann
                              									sich denn auch leicht überzeugen, das es für Gemische von Rothwein und künstlich
                              									gefärbten nicht zu brauchen ist.
                           Was die Art der Anwendung betrifft, so habe ich gefunden, daß das Ausfärben mit
                              									gebeizter Wolle keine befriedigenden Resultate liefert, weil die Oberfläche der
                              									Wolle, auch bei feinem Gewebe, zu uneben ist, um geringe Farbenverschiedenheiten,
                              									auf welche es hier ankommt, sicher erkennen zu lassen. Es bietet aber die
                              									Möglichkeit, einige Surrogate, wenn sie ohne Rothwein vorkommen, von einander zu
                              									unterscheiden. Wenn nämlich das Ausfärben so vorgenommen wird, daß man ungebeizte
                              									Wolle anwendet und einen Ueberschuß von schwefelsaurer Thonerde zur Flüssigkeit
                              									setzt (z. B. 1/5 Vol. von dem des Weines), so lassen sich die Farben von Kirschen,
                              									Hollunderbeeren und Malven auswaschen, daß nur noch ein Hauch von Farbe
                              									zurückbleibt. Die Heidelbeerfarbe bleibt blaßlila, die des echten Weines blaßrosa
                              									zurück. Man muß aus dem oben angeführten Grunde eine möglichst ebene, weiße Fläche
                              									benutzen. Ich habe weißes Schreibpapier, ungeleimtes Papier und endlich einen
                              									weißen, dünnen Carton, von dem ich mich überzeugt hatte, daß er nur eine Spur Eisen
                              									enthielt, benutzt, wie er als Fließblatt gebraucht wird. Dieser saugt eine genügende
                              									Menge des Reagens, wie des Weines in einer gleichmäßigen Vertheilung auf, während
                              									auf dem Schreibpapier die Vertheilung ungleichmäßig ist und im ungeleimten Papier
                              									(schwedischen 
                              									Filtrirpapier) die Tropfen oder Striche sich zu sehr ausbreiten. Ich verfahre
                              									nämlich in einer der folgenden Weisen:
                           1) Der Carton wird mit der mäßig concentrirten Lösung des Reagens getränkt und bei
                              									100° ausgetrocknet; da hierbei die essigsaure Thonerde Säure verliert und
                              									dadurch die Farbenerscheinungen ein wenig verändert werden, so ist Alaun
                              									vorzuziehen. Auf die so vorbereitete Unterlage wird ein Tropfen des Weines
                              									aufgetropft oder ein Strich damit gemacht, wieder getrocknet und dann in
                              									destillirtes Wasser gelegt. Die Farben werden in dem Wasser liegend beurtheilt.
                           2) Der Wein wird in der angegebenen Weise auf die Unterlage gebracht, eingetrocknet
                              									und dann in eine Lösung von essigsaurer Thonerde gelegt. Nach kurzem Verweilen wird
                              									die Farbe beurtheilt. Da auch hierbei die Farben in der Mitte eines Tropfens weniger
                              									kräftig als an der Peripherie sind, so ist es rathsam, die letztern vorzugsweise dem
                              									Urtheile zu Grunde zu legen.
                           Um mit Erfolg arbeiten zu können, ist es nöthig, einen echten Wein jedesmal zum
                              									Vergleich zu benutzen, oder doch die Reaction von echtem Weine vorher genau kennen
                              									gelernt und dem Gedächtniß eingeprägt zu haben. Man wird nun finden, daß, wenn auf
                              									die erste Weise gearbeitet worden ist, die Farben sich nach dem Einlegen in Wasser
                              									besser unterscheiden als unmittelbar nach dem Eintrocknen. Deswegen ist das zweite
                              									Verfahren vorzuziehen, wenn man im Laboratorium die Prüfung vornehmen kann.
                           Durch diese Behandlung erscheint die reine Weinfarbe schmutzig rosa, bei Burgunder
                              									mit einem bräunlichen, bei Elbwein und andern Rothweinen mit schwach bläulichem
                              									Tone. Die Farbe des unvermischten Weines eines der Surrogate der dritten Gruppe
                              									dagegen erscheint violett bis entschieden blau (letzteres bei Malvenwein). Bei
                              									Gemischen von 10 bis 20 Proc. der letzteren mit echtem Weine ist die Farbe roth mit
                              										deutlich blauem Tone.
                           Man kann die Prüfung auch mit dem Weine ohne Weiteres vornehmen, indem man ihm
                              									essigsaure Thonerde zumischt und zum Kochen erhitzt. Die Thonerde zerlegt sich unter
                              									Ausscheidung eines basischen Salzes, welches sich färbt. Die Beurtheilung der Farbe
                              									ist jedoch viel weniger leicht, weil der Niederschlag sich langsam absetzt und
                              									manchmal beim Erkalten wieder löst. Man kann aber nur nach dem vollständigen
                              									Absitzen die Farbe richtig beurtheilen. Etwas besser geht es, wenn man auf 1 Vol.
                              									essigsaure Thonerde (1 : 10), 5 Vol. Wein und 10 Vol. Alkohol mischt. Der
                              									Niederschlag setzt sich rascher ab und läßt dann die oben angegebenen
                              									Farbenverschiedenheiten gut erkennen. Ueberdies hat  die über demselben stehende
                              									Flüssigkeit beim Vorhandensein von Malvenfarbstoff einen deutlich violetten Ton,
                              									wodurch sich jener von dem sehr ähnlichen der Ligusterbeeren unterscheiden läßt.
                           Die Erkennung der künstlichen Färbung des Weines gelingt endlich auch ohne Anwendung
                              									irgend eines besondern Reagens, durch blose Mischung desselben mit dem doppelten bis
                              									dreifachen Volum Alkohol. Schüttelt man diese Mischung während einiger Zeit kräftig
                              									und läßt dann stehen, so setzt sich innerhalb einiger Stunden ein Niederschlag ab,
                              									welcher in der Hauptsache aus Weinstein besteht, gefärbt durch den Farbstoff des
                              									Weines. Der stark blaue Ton der Farbe läßt auch hier die künstliche Färbung
                              									erkennen, jedoch ebenfalls am sichersten nur nach vollständigem Absitzen. Wenn bei
                              									diesem und dem vorhergehenden Versuche Zweifel entstehen sollten, ob nicht
                              									vielleicht nur die sehr tiefe Färbung eines Weines den blauen Ton so stark
                              									hervortreten lasse, so braucht man den erstern nur vor dem Versuche mit dem gleichen
                              									Volum Wasser zu verdünnen. Dies empfiehlt sich in Zweifelsfällen auch bei Benutzung
                              									des Thonerdepapieres.
                           Es würde von hohem Werthe für den vorliegenden Zweck sein, wenn es ein Mittel gäbe,
                              									das Weinroth von den Surrogaten, wenn auch nur unvollständig zu trennen. Ich habe
                              									ein solches vergeblich gesucht und auch weder den Leim, noch das von Gautier vorgeschlagene Eiweiß dazu geeignet gefunden. Man
                              									überzeugt sich leicht, daß der Leim an sich die künstlichen Farbstoffe aus
                              									gerbstofffreien Lösungen nicht ausfällt, im Verein mit Gerbstoff aber als Coagulum
                              									durch Flächenanziehung wirkt. Wenn man durch beide Mittel den künstlichen Farbstoff
                              									portionenweise ausfällt, so bleibt allerdings zuletzt ein wenig Farbstoff in Lösung,
                              									der durch weitere Behandlung mit Leim und Gerbstoff nicht fällbar ist. Aber ebenso
                              									fand ich auch das Verhalten des reinen Weinfarbstoffes, und bei Versuchen mit einem
                              									Gemische von reinem Rothwein und Malvenwein konnte ich mich überzeugen, daß schon in
                              									dem ersten Niederschlage Malvenroth vorhanden war. Wer jedoch durch diese Behandlung
                              									wenn auch eine sehr unvollkommene Trennung des Weinfarbstoffes vom künstlichen
                              									bewirken zu können glaubt, kann nach angemessener Behandlung mit Leim das Filtrat zu
                              									den Versuchen mit essigsaurer Thonerde oder Thonerdepapier benutzen.
                           Nach dem Vorstehenden ist nun der Gang der Untersuchung, wie ich ihn einhalte,
                              									folgender:
                           1) Man bringt einige Wollfäden in den Wein und läßt ihn in der
                                 										Kälte etwa ¼ Stunde stehen, gießt dann ab und wäscht aus.
                           
                           Die Wolle ist bläulich gefärbt: Indigo; — sie ist
                              									deutlich rosa bis carmoisin gefärbt, und die rothe Farbe verschwindet durch
                              									verdünntes Ammoniak, ebenso wie durch verdünnte Salzsäure: FuchsinNachträglich bin ich durch andere Versuche auf ein Mittel gekommen, das
                                    											Fuchsin im Weine nachzuweisen, was noch einfacher als das oben von mir
                                    											angegebene ist. Man erhitzt die Weinprobe mit wenig weißem Baumwollengarn
                                    											oder Baumwollengewebe zum Kochen, läßt erkalten und wäscht aus. Reiner Wein
                                    											färbt so wenig, dass nach kurzem Stehen unter Wasser die Baumwolle farblos
                                    											erscheint. War Fuchsin vorhanden, so bleibt sie dauernd roth (rosa bis
                                    											carmoisin) gefärbt.W. Wäre Indigo neben Fuchsin vorhanden,
                              									so färbt sich das verdünnte Ammoniak bläulich. Im Zweifelsfalle wird die Flüssigkeit
                              									im Wasserbade eingetrocknet und mit einigen Tropfen Wasser übergössen, worin sich
                              									der Indigo löst.
                           2) Ist kein Fuchsin erkannt worden (die Gegenwart von Indigo schließt eine künstliche
                              									Rothfärbung nicht aus), so erhitzt man etwa 10cc
                              									des Weines mit Wolle unter Zusatz einiger Tropfen Alaunlösung
                                 										zum Kochen und läßt etwa 1 Stunde stehen. Nach
                              									dem Auswaschen gießt man reichlich Kalkwasser auf und läßt ungefähr ¼ Stunde
                              									stehen. Die Farbe des Weines und der Surrogate der dritten Gruppe wird dadurch
                              									schmutzig bräunlich; wird sie fleischroth oder carmoisin, so sind Rothholz oder
                              									Cochenille vorhanden. Man wäscht aus und übergießt mit wässeriger schwefliger Säure;
                              									sie wird zu Gelb entfärbt: Rothholz; sie wird nicht
                              									entfärbt, sondern nur roth mit gelbem Ton: Cochenille. War dagegen die Farbe durch
                              									Kalkwasser graublau bis blau geworden, so ist Blauholz
                              									vorhanden.
                           3) Ist weder das eine noch das andere gefunden, so trocknet man einen Tropfen des
                              									Weines, wie oben angegeben, auf weißem Fließcarton ein und bringt ihn dann auf einer
                              									Porzellanschale in eine Lösung von essigsaurer Thonerde. Die Farbe geht von Blauroth
                              									oder Violett in Blau über: Malven oder Ligusterbeeren.
                              									Man mischt 1cc essigsaure Thonerde mit 5cc Wein und 10cc
                              									Alkohol, wie oben angegeben. Die Farbe der geklärten Flüssigkeit ist violett: Malven; sie ist nur blauroth: Ligusterbeeren. Ist dagegen die Farbe des eingetrockneten Tropfens nach
                              									dem Einlegen in essigsaure Thonerde nur roth mit deutlich blauem Ton, so deutet dies
                              									auf eines der andern Surrogate der dritten Gruppe.
                           
                        
                           II. Weißwein.
                           Durch meine S. 329 dieses Bandes veröffentlichte Untersuchung der Weinfarbe
                              										„Moselgrün“ bin ich veranlaßt worden, zu prüfen, wie im
                              									gegebenen Falle diese Farbe in einem Weißweine nachgewiesen werden könne. Durch
                              									Ausfärben ist mir dies nicht gelungen. Dagegen waren, wenn der mit Pikrinsäure
                              									versetzte, mit Moselgrün gefärbte Wein im  Wasserbade bis zur Extractconsistenz abgedampft wurde, in
                              									dem Rückstände einzelne grüne Körner sehr deutlich zu erkennen.
                           
                        
                           III. Nachweis des Alauns im
                                 									Weine.
                           Die Erkennung des absichtlich zugesetzten Alauns im Weine ist bekanntlich nur deshalb
                              									unsicher, weil sich häufig durch die von Crasso zuerst
                              									nachgewiesene Ursache Thonerde im normalen Weine findet. Die Menge derselben ist
                              									jedoch erfahrungsmäßig nur gering und die im Weine vorhandene Weinsäure reicht hin,
                              									um nicht blos die Fällung derselben durch Ammoniak, sondern auch ihre Aufnahme durch
                              									Wolle zu verhindern, wie ich wenigstens bei meinem oben bezeichneten Normalweine
                              									gefunden habe. In der Asche dieses Weines konnte ich deutlich die Gegenwart der
                              									Thonerde feststellen, die weder in einem durch Ausfällen des Weines mit Ammoniak
                              									erhaltenen Niederschlage, noch in der Asche der mit dem Weine gebeizten Wolle
                              									aufzufinden war. Setzte ich dagegen dem Weine mit Thonerdelösung versetzten
                              									Cochenillewein zu, so befand sich Thonerde im Ammoniakniederschlage, wie in der
                              									Asche der mit dem Weine gefärbten Wolle in nachweisbarer Menge.
                           Dresden, April 1877.