| Titel: | Das unmittelbare Hebertragen von federzeichnungen u. dgl. auf Stein mittels Kohledruck; von Dr. J. Schnauss. | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 545 | 
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                        Das unmittelbare Hebertragen von federzeichnungen
                           								u. dgl. auf Stein mittels Kohledruck; von Dr. J. Schnauss.
                        Schnauß, Uebertragen von Federzeichnungen etc. auf Stein mittels
                           								Kohledruck.
                        
                     
                        
                           Durch die schönen Resultate der photographischen, hochgeätzten Zinkdruckplatten,
                              									welche sich mittels der Buchdruckpresse ganz wie Typensatz drucken lassen, ist die
                              									Photolithographie etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Doch verdient sie ihrer
                              									im Verhältniß zu den übrigen heliographischen Druckverfahren leichten Ausführbarkeit
                              									wegen, wenn auch auf die Wiedergabe linearer Originalzeichnungen und Drucke
                              									beschränkt, nicht in Vergessenheit zu gerathen, sondern für die Praxis zu möglichst
                              									vielfacher Anwendung vervollkommnet zu werden.
                           Man hat zweierlei Methoden der Photolithographie zu unterscheiden: 1) Die directe
                              									Präparation des Steins selbst mit der empfindlichen Schicht, theils durch
                              									Kalibichromat und Gummi oder Albumin, theils durch Asphalt, und 2) die
                              									Photolithographie mittels Ueberdruck von Lichtdruckplatten oder chromirtem
                              									Gelatinepapier. Die erste Methode erlaubt allein die allenfallsige Wiedergabe von
                              									Halbschatten auf gekörntem Stein, obgleich nie in der Vollkommenheit, wie der
                              									Lichtdruck es vermag, hat aber den Nachtheil, für solche Photographen wenigstens,
                              									die nicht zugleich Lithographen sind und sich also fremder Hilfe bedienen müssen,
                              									daß die Behandlung des Steins meist bei Abschluß des Tageslichtes geschehen muß
                              									— auch das erste Einschwärzen — wozu die Localitäten einer
                              									lithographischen Anstalt selten geeignet sind. Dagegen erlaubt die Uebertragung des
                              									photographischen Bildes vom präparirten Papier auf den Stein die völlige Herstellung
                              									des erstern bis zum Ueberdruck, welcher bei Tageslicht erfolgen kann, in der
                              									photographischen Dunkelkammer, wobei indessen vorausgesetzt wird, daß die mit
                              									Terpentinöl genügend verdünnte Ueberdruckschwärze vom Photographen selbst mittels
                              									eines Pinsels auf das Chrombild aufgetragen worden und nicht durch Ueberwalzen und
                              									Nässen durch den Lithographen. Leider geht durch das Ueberdrucken manche Feinheit
                              									des Originals verloren. Eine directe Herstellung des photographischen Bildes auf den
                              									Stein besitzt dagegen den Vorzug, seine Linien besser zu conserviren; der Kohledruck
                              									läßt sich recht vortheilhaft hierzu verwenden, so daß gleichfalls wie beim
                              									Ueberdruck die nachfolgende Arbeit des Lithographen in vollem Tageslicht geschehen
                              									kann.
                           Dieses interessante Verfahren möge als ein Nachtrag zu den in dem trefflichen
                              									Schriftchen „Der Kohledruck“ von Dr. Liesegang angeführten praktischen Verwendungen
                              									des Kohledruckes angesehen werden. Es wird hierbei ein Glaspositiv (Diapositiv) auf
                              									chromirtem Kohlepapier copirt, nur ganz kurze Zeit, kaum einen ganzen Grad des
                              									kleinen Büchsenphotometers mit Chlorsilberpapier. Der Stein wird horizontal gestellt
                              									und mit kaltem Wasser Übergossen, das in kaltem Wasser aufgeweichte Kohlepapier
                              									aufgelegt, mit dem Kautschuklineal angestrichen und eine kurze Zeit angepreßt,
                              									danach mit warmem Wasser abgeweicht und das Bild auf die gewöhnliche Weise ganz klar
                              									entwickelt. Es darf nur ein ganz schwaches Negativ sichtbar sein. Dasselbe wird mit
                              									Alaunlösung behandelt, diese wieder gut abgewaschen und der Stein freiwillig, aber
                              									vollständig trocknen gelassen. In der heißen Sonne das Bild zu trocknen, ist nicht
                              									zu rathen, denn es springt sonst leicht vom Stein ab. Letzteres wird nun dünn mit
                              									gewöhnlicher lithographischer Farbe eingewalzt und eine Zeit lang hingestellt, um
                              									der fetten Farbe Zeit zu geben, überall da auf dem Stein fest zu haften, wo das
                              									Gelatine- resp. Kohlebild sich nicht befindet. Da nun letzteres ein  Negativ vorstellt, so
                              									muß nach Entfernung desselben die zurückbleibende fette Schwärze die Schattirungen
                              									eines genau entsprechenden Positivs vorstellen, dessen Lichter durch den Stein
                              									selbst gebildet werden. Dieses Beseitigen des Gelatine-Kohlebildes vom Stein,
                              									so zu sagen zwischen der lithographischen Schwärze heraus, geschieht einfach durch
                              									längeres Reiben der anfangs ganz gleichmäßig schwarzen Fläche mit einem in dünne
                              									Gummilösung getauchten Flanellläppchen. Ich kann nicht mit Window voraussetzen, daß das Gelatinebild gar keine Schwärze annimmt; dies
                              									würde ja der Theorie des Lichtdruckes gradezu widersprechen, denn hier wie dort sind
                              									es belichtete Chromgelatinetheilchen, die das Wasser abstoßen, dagegen die fette
                              									Farbe annehmen. Auch würde es sonst keinen Sinn haben, daß man, anderer Angabe
                              									zufolge, auch ein Kohlepositiv auf Stein übertragen und als Grundlage des Bildes in
                              									fetter Farbe benutzen kann, welches dann jedoch nicht weggerieben werden darf,
                              									sondern auf dem Stein verbleibt. Das negative dünne Gelatinebild schützt nach meiner
                              									Ansicht den Stein auf rein mechanische Weise vor dem Einschwärzen, wird aber selbst
                              									eingeschwärzt, was nichts ausmacht, da diese Schwärze mit der darunter befindlichen
                              									Gelatine sich wieder mit abwischen läßt. Das Gummi dient dazu, daß nicht auch die
                              									auf dem Stein befindliche Schwärze mit abgeht, indem alsdann jede Adhäsion zwischen
                              									dem reibenden Lappen und der fetten Schwärze aufgehoben wird, während letztere am
                              									Stein fest adhärirt.
                           Durch diese vielfach von mir praktisch angewendete Methode der Photolithographie kam
                              									ich auf den Gedanken, ob sich nicht eine Federzeichnung, ein Holzschnitt oder
                              									Kupferstich direct als Matrize benutzen ließe, da doch ein Positiv als solche dient?
                              									Versuche, in dieser Absicht angestellt, lieferten immerhin befriedigende Resultate,
                              									wenn man auch nicht verlangen kann, daß dieselben von derselben Feinheit ausfallen
                              									wie die Copien nach einem Glasdiapositiv. Ein wenig Nachhilfe mit lithographischer
                              									Kreide auf dem Stein wird die etwaigen Unebenheiten leicht ausgleichen. Das Original
                              									kann auch transparent gemacht werden; das Copiren geht dann viel schneller, jedoch
                              									fehlt es den daraus erzielten Drucken manchmal an der nöthigen Kraft, weshalb ich
                              									vorziehe, selbst starkes Papier nicht transparent zu machen, sondern lieber länger
                              									zu copiren (7 bis 8° des Büchsenphotometers mit Chlorsilberpapier). Nach
                              									dieses Methode, direct Kohlebilder auf Stein zu übertragen und zum Druck fertig zu
                              									machen, bietet zwei große Vortheile für Nichtphotographen: Erstlich, die
                              									Lithographie in Originalgröße zu erhalten und sodann durchaus keines
                              									photographischen Apparates, noch eines andern photographischen Processes zu bedürfen
                              									als des leicht zu erlernenden Kohledruckes; höchstens wird für das Copiren großer
                              									Bilder ein Copirrahmen erforderlich sein. (Photographisches Archiv, 1876 S.
                                 									193.)