| Titel: | Continuirlicher Brennapparat von GebrüderSiemens und Comp. in Charlottenburg; nach Ed. Siegl. | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 613 | 
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                        Continuirlicher Brennapparat von GebrüderSiemens
                           								 und Comp. in
                           								Charlottenburg; nach Ed. Siegl.
                        Mit einer Abbildung auf Taf. XIII [d/1]
                        Siegl, über Siemens' continuirlichen Brennapparat.
                        
                     
                        
                           Der in Figur
                                 										21 dargestellte Apparat besteht aus dem Schlangenkühler A, der Entgeistungscolonne B, der Rectificationscolonne C, dem  Wärmerohr D mit dem Dampfeinspritzungsrohre E, dem Heberrohre F, dem Prober G, dem Kühlgefäß H und, wo
                              									es sich als nothwendig herausstellt, aus einem Vorwärmer.
                           Die zu entgeistende Maische tritt bei a in den
                              									Schlangen- oder Schlempekühler, steigt durch die Gefäße b desselben schraubenförmig in die Höhe, gelangt, bis
                              									auf etwa 60° erwärmt, bei d in das Wärmerohr D, wird beim Passiren desselben durch Einspritzung von
                              									Wasserdampf beinahe bis zur Siedetemperatur erhitzt und ergießt sich so bei e in die Entgeistungscolonne B. In dieser unterliegt sie, langsam von oben nach unten sich bewegend,
                              									der entgeistenden Wirkung der bei f einströmenden
                              									Wasserdämpfe und fließt als vollständig alkoholfreie Schlempe in den Schlangenkühler
                              										A, passirt dessen Gefäße c und tritt bei g in das Heberrohr F, in welchem sie aufsteigt, um vom obern Ende desselben
                              									durch die Leitung L zum Schlempereservoir abzufließen.
                              									Die in der Entgeistungscolonne sich entbindenden Spiritusdämpfe hingegen steigen in
                              									die Rectificationscolonne C, werden in derselben mit
                              									Hilfe des Kühlgefäßes H und der eingesetzten
                              									Kupferteller rectificirt und gelangen als 90- bis 92 proc. Dämpfe durch die
                              									Röhren h in den Kühler zur Verdichtung. Die
                              									Entgeistungscolonne B bildet mit der
                              									Rectificationscolonne C einen einheitlichen Behälter mit
                              									oft wechselnden Querschnitten. Die Entgeistungscolonne steht beim Betriebe des
                              									Apparates bis zum Maischstandglase M voll Maische.
                           Die Rectification der Spiritusdämpfe wird dadurch erreicht, daß das kupferen
                              									Kühlgefäß H auf einer Temperatur erhalten wird, welche
                              									nur etwa 90 proc. Dämpfen den Durchgang gestattet. Schwächer ankommende Dämpfe
                              									werden zu Flüssigkeit verdichtet, welche auf den sanft geneigten, ganz benetzten
                              									Flächen der Kupferteller langsam niederläuft. Gleichzeitig drängen aber von unten
                              									die aus der Maische entbundenen heißern Dämpfe nach oben, geben, unter den
                              									Kupfertellern langsam hinstreichend, ihren Wärmeüberschuß an den auf denselben
                              									befindlichen Spiritus ab und bringen denselben wieder zur Verdampfung. Auf diese
                              									Weise erhält die Rectificationscolonne eine von oben nach unten zunehmende
                              									Temperatur und wirkt an jedem Theile rectificirend. Dieser Rectificator ermöglicht
                              									schon bei geringer Höhe der Colonne eine Erstarkung der Spiritusdämpfe bis auf
                              									andauernd 90 bis 92 Proc. und dabei geht die Wärmeentziehung dergestalt vortheilhaft
                              									vor sich, daß nur etwa 25 Proc. mehr Wärme entzogen wird, als der Theorie gemäß
                              									entzogen werden muß. Dieser Umstand, in Verbindung mit der Erwärmung der Maische
                              									durch die abgehende, heiße Schlempe, erklärt denn auch den außerordentlich geringen
                              									Wärmeaufwand, welchen der Apparat erfordert.
                           
                           Der Schlangenkühler A dient zur Anwärmung der Maische
                              									durch die aus der Entgeistungscolonne abfließende heiße Schlempe und besteht aus
                              									einer Anzahl gußeiserner Gefäße, welche im Innern derartig mit einander in
                              									Verbindung stehen, daß sich die Gefäße c, welche
                              									Schlempe enthalten, immer zwischen den Gefäßen b, die
                              									mit Maische gefüllt sind, befinden. Zwischen der heißen Schlempe und der
                              									benachbarten kalten Maische findet daher durch die Zwischenwände ein Wärmeaustausch
                              									statt, der um so erheblicher ist, als beim Uebertritt der beiden Flüssigkeiten von
                              									einem Gefäß in das andere in Folge des Querschnittwechsels jedes Mal andere
                              									Massentheilchen in die Wirkungssphäre gelangen. Bei dicken Maischen, welche die
                              									Wärme schlecht leiten, fällt dies sehr in Betracht.
                           In Ländern, wo die Steuer nach dem Maischraume in Abfindung erhoben wird, tritt noch
                              									ein Gefäß als Vorwärmer hinzu, wodurch es ermöglicht wird, die reife Maische in
                              									Uebereinstimmung mit der Vergährung in gleichmäßigen, größern Partien aus dem
                              									Gährraume zu entfernen. In solchen Fällen wird der Apparat mit einer Speisepumpe
                              									bespeist, welche ihr Saugrohr an dem so eben erwähnten Vorwärmer angebracht hat;
                              									während in Ländern, wo die Productensteuer eingehoben wird, dieses Gefäß entfällt
                              									und die Maischpumpe direct an den Gährbottichen saugen kann.
                           Das Wärmerohr D mit dem Dampfeinspritzungsrohre E bezweckt die weitere Erwärmung der Maische bis nahe
                              									zum Siedepunkte. Man erlangt dadurch einen außerordentlich ruhigen Verlauf der
                              									Destillation in der Entgeistungscolonne und hat ein einfaches Mittel, die Temperatur
                              									des Kühlgefäßes H erforderlichen Falles schnell
                              									reguliren zu können.
                           Das Rohr F, welches sich mit Schlempe füllt, hält mit
                              									seinem Inhalt der Flüssigkeit in den Gefäßen c des
                              									Vorwärmers, sowie derjenigen in der Entgeistungscolonne das Gleichgewicht; es
                              									ermöglicht mithin die gleichbleibende Füllung dieser Colonne und den ruhigen,
                              									continuirlichen Abfluß der Schlempe in demselben Maße, als frische Maische in die
                              									Entgeistungscolonne tritt.
                           Der Prober G dient zur Controlirung der vollkommenen
                              									Entgeistung.
                           Der Apparat besteht, bis auf die innere Einrichtung der Rectificationscolonne und des
                              									Kühlgefäßes, lediglich aus Gußeisen; die Maische kommt mithin nicht mit Kupfer in
                              									Berührung, liefert daher eine von giftigen Kupfersalzen freie Schlempe, desgleichen
                              									ein von üblen Gerüchen freies Product, da die kupfernen Rectificationsteller kein
                              									Stehenbleiben der Flüssigkeit während des Stillstandes des Apparates gestatten.
                           Die Vortheile des Apparates lassen sich, wie folgt, zusammenfassen: 1. Derselbe ist
                              									hinsichtlich seiner ganzen Construction außerordentlich  einfach; die Zusammenfügung
                              									seiner einzelnen Theile ist praktisch, solid und sind Reparaturen und
                              									Reinigungsarbeiten, wenn selbe nöthig sein sollten, in der kürzesten Frist
                              									durchzuführen. — 2. Die Entgeistung ist eine vollkommene, weil dieselbe unter
                              									gleichmäßigem, stark belastendem Drucke der Maischesäule, also bei höherer
                              									Temperatur, vor sich geht. — 3. Sein Wärmeverbrauch ist ein sehr geringer,
                              									weil eine rationelle Wärmeausnutzung stattfindet und jede zwecklose Dephlegmation
                              									vermieden ist. — 4. Er liefert eine gesunde, von giftigen Kupfersalzen freie
                              									Schlempe, ein Umstand, welcher wegen der allseitigen Verwendung der Schlempe als
                              									Viehfutter für die Landwirthschaft von der höchsten Bedeutung ist. — 5. Es
                              									können sowohl dicke als dünne Maischen mit gleicher Sicherheit abdestillirt werden,
                              									und gestattet der Apparat daher die Verwendung jedes Rohmateriales zur
                              									Spirituserzeugung. — 6. Der gewonnene Spiritus ist hochgrädig, 90 procentig
                              									und rein, wobei die quantitative Leistung des Apparates gleichzeitig eine sehr
                              									bedeutende ist. — 7. Das Reservoir für die Schlempe kann hochgelegt werden,
                              									was den Transport derselben begünstigt und sowohl Anlage als Betrieb dieser oft
                              									lästigen und kostspieligen Manipulation meist wesentlich erleichtert.
                           Wenn es mir nun gestattet ist, aus obigem meine Schlüsse zu ziehen, so stelle ich den
                              									neuen continuirlichen Apparat von Gebrüder Siemens und
                              										Comp. in jeder Richtung den übrigen in Deutschland
                              									und Oesterreich gebräuchlichen Apparaten weitaus voran; und obgleich ich, als großer
                              									Verehrer der Savalle'schen Apparate (*1877 223 615), insbesondere mit dessen Rectificationscolonnen
                              									— welch letztere an Gleichmäßigkeit des Betriebes, massiger Leistung und
                              									Reinheit des Productes bisher wohl unerreicht dastehen — zur Genüge bekannt
                              									bin, nehme ich keinen Anstand, zu erklären, daß der neue Siemens'sche
                              									Destillirapparat, jenen Savalle's nicht nur erreicht, sondern in mancher Beziehung
                              									übertrifft. Denn, läßt Savalle's Destillircolonne durch ihre selbstthätige Speisung,
                              									geniale Dampfregulirung und massenhafte Production nur wenig zu wünschen übrig, so
                              									werden diese Vortheile durch vorsichtige Handhabung der Speisepumpe, des
                              									Dampf- und Wasserhahnes beim Siemens'schen Apparate in ähnlicher Weise
                              									erreicht; wogegen derselbe in Sicherheit der Arbeit, völliger Entgeistung, solider
                              									Zusammensetzung der einzelnen Theile und besserer Anpassung an unsere
                              									Productionsverhältnisse den Savalle'schen Destillirapparat zweifellos überflügelt.
                              									(Auszugsweise aus der Wiener landwirthschaftlichen Zeitung, 1877 S. 78.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
