| Titel: | Deutsches Patentgesetz. | 
| Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 645 | 
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                        Deutsches Patentgesetz.
                        Deutsches Patentgesetz.
                        
                     
                        
                           Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
                              									Preußen etc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
                              									Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
                           Erster Abschnitt.
                           Patentrecht.
                           § 1. Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche
                              									Verwerthung gestatten.
                           Ausgenommen sind:
                           1. Erfindungen, deren Verwerthung den Gesetzen oder guten
                              									Sitten zuwiderlaufen würde;
                           2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuß- und
                              									Arzneimitteln, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden,
                              									soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der
                              									Gegenstände betreffen.
                           § 2. Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses
                              									Gesetzes erfolgten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften bereits derart
                              									beschrieben oder im Inlande bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die
                              									Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint.
                           § 3. Auf die Ertheilung des Patentes hat derjenige Anspruch, welcher die
                              									Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesetzes angemeldet hat.
                           Ein Anspruch des Patentsuchers auf Ertheilung des Patentes findet nicht statt, wenn
                              									der wesentliche Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen,
                              									Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem  angewendeten Verfahren ohne
                              									Einwilligung desselben entnommen und von dem letztern aus diesem Grunde Einspruch
                              									erhoben ist.
                           § 4. Das Patent hat die Wirkung, daß Niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des
                              									Patentinhabers den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu
                              									bringen oder feilzuhalten.
                           Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein
                              									Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand der Erfindung, so hat das
                              									Patent außerdem die Wirkung, daß Niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des
                              									Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu
                              									gebrauchen.
                           § 5. Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher
                              									bereits zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers im Inlande die Erfindung in
                              									Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen
                              									hatte.
                           Die Wirkung des Patentes tritt ferner insoweit nicht ein, als die Erfindung nach
                              									Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im
                              									Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Doch hat der Patentinhaber
                              									in diesem Falle gegenüber dem Reiche oder dem Staate, welcher in seinem besondern
                              									Interesse die Beschränkung des Patentes beantragt hat, Anspruch auf angemessene
                              									Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt
                              									wird.
                           Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen,
                              									erstreckt sich die Wirkung des Patentes nicht.
                           § 6. Der Anspruch auf Ertheilung des Patentes und das Recht aus dem Patente
                              									gehen auf die Erben über. Der Anspruch und das Recht können beschränkt oder
                              									unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf Andere übertragen
                              									werden.
                           § 7. Die Dauer des Patentes ist fünfzehn Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt
                              									mit dem auf die Anmeldung der Erfindung folgenden Tage. Bezweckt eine Erfindung die
                              									Verbesserung einer andern zu Gunsten des Patentsuchers durch ein Patent geschützten
                              									Erfindung, so kann dieser die Ertheilung eines Zusatzpatentes nachsuchen, welches
                              									mit dem Patente für die ältere Erfindung sein Ende erreicht.
                           § 8. Für jedes Patent ist bei der Ertheilung eine Gebühr von 30 Mark zu
                              									entrichten.
                           Mit Ausnahme der Zusatzpatente (§ 7) ist außerdem für jedes Patent mit Beginn
                              									des zweiten und jeden folgenden Jahres der Dauer eine Gebühr zu entrichten, welche
                              									das erste Mal 50 Mark beträgt und weiterhin jedes Jahr um 50 Mark steigt.
                           Einem Patentinhaber, welcher seine Bedürftigkeit nachweist, können die Gebühren für
                              									das erste und zweite Jahr der Dauer des Patentes bis zum dritten Jahre gestundet
                              									und, wenn das Patent im dritten Jahre erlischt, erlassen werden.
                           § 9. Das Patent erlischt, wenn der Patentinhaber auf dasselbe verzichtet, oder
                              									wenn die Gebühren nicht spätestens drei Monate nach der Fälligkeit gezahlt
                              									werden.
                           § 10. Das Patent wird für nichtig erklärt, wenn sich ergibt:
                           1. daß die Erfindung nach §§ 1 und 2 nicht
                              									patentfähig war;
                           2. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Beschreibungen,
                              									Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Andern oder einem von
                              									diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen war.
                           § 11. Das Patent kann nach Ablauf von drei Jahren
                              									zurückgenommen werden:
                           1. wenn der Patentinhaber es unterläßt, im Inlande die
                              									Erfindung in angemessenem Umfange zur Ausführung zu bringen, oder doch Alles zu
                              									thun, was erforderlich ist, um diese Ausführung zu sichern;
                           
                           2. wenn im öffentlichen Interesse die Ertheilung der Erlaubniß
                              									zur Benutzung der Erfindung an Andere geboten erscheint, der Patentinhaber aber
                              									gleichwohl sich weigert, diese Erlaubniß gegen angemessene Vergütung und genügende
                              									Sicherstellung zu ertheilen.
                           § 12. Wer nicht im Inlande wohnt, kann den Anspruch auf die Ertheilung eines
                              									Patentes und die Rechte aus dem letztern nur geltend machen, wenn er im Inlande
                              									einen Vertreter bestellt hat. Der letztere ist zur Vertretung in dem nach Maßgabe
                              									dieses Gesetzes stattfindenden Verfahren, sowie in den das Patent betreffenden
                              									bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten befugt. Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten
                              									gegen den Patentinhaber anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen
                              									Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen das Gericht,
                              									in dessen Bezirk das Patentamt seinen Sitz hat.
                           Zweiter Abschnitt.
                           Patentamt.
                           § 13. Die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der
                              									Patente erfolgt durch das Patentamt.
                           Das Patentamt hat seinen Sitz in Berlin. Es besteht aus mindestens drei ständigen
                              									Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, und aus nicht ständigen Mitgliedern.
                              									Die Mitglieder werden vom Kaiser, die übrigen Beamten vom Reichskanzler ernannt. die
                              									Ernennung der ständigen Mitglieder erfolgt auf Vorschlag des Bundesraths, und zwar,
                              									wenn sie im Reichs- oder Staatsdienste ein Amt bekleiden, auf die Dauer
                              									dieses Amtes, andern Falls auf Lebenszeit; die Ernennung der nicht ständigen
                              									Mitglieder erfolgt auf fünf Jahre. Von den ständigen Mitgliedern müssen mindestens
                              									drei die Befähigung zum Richteramte oder zum höhern Verwaltungsdienste besitzen, die
                              									nicht ständigen Mitglieder müssen in einem Zweige der Technik sachverständig sein.
                              									Auf die nicht ständigen Mitglieder finden die Bestimmungen in § 16 des
                              									Gesetzes betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873 keine
                              									Anwendung.
                           § 14. Das Patentamt besteht aus mehrern Abtheilungen. Dieselben werden im
                              									Voraus auf mindestens ein Jahr gebildet. Ein Mitglied kann mehrern Abtheilungen
                              									angehören.
                           Die Beschlußfähigkeit der Abtheilungen ist, wenn es sich um die Ertheilung eines
                              									Patentes handelt, durch die Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern bedingt,
                              									unter welchen sich zwei nicht ständige Mitglieder befinden müssen.
                           Für die Entscheidungen über die Erklärung der Nichtigkeit und über die Zurücknahme
                              									von Patenten wird eine besondere Abtheilung gebildet. Die Entscheidungen derselben
                              									erfolgen in der Besetzung von zwei Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden,
                              									welche die Befähigung zum Richteramt oder zum höhern Verwaltungsdienst besitzen, und
                              									drei sonstigen Mitgliedern. Zu andern Beschlüssen genügt die Anwesenheit von drei
                              									Mitgliedern.
                           Die Bestimmungen der Civilproceßordnung über Ausschließung und Ablehnung der
                              									Gerichtspersonen finden entsprechende Anwendung.
                           Zu den Berathungen können Sachverständige, welche nicht Mitglieder sind, zugezogen
                              									werden; dieselben dürfen an den Abstimmungen nicht theilnehmen.
                           § 15. Die Beschlüsse und die Entscheidungen der Abtheilungen erfolgen im Namen
                              									des Patentamtes; sie sind mit Gründen zu versehen, schriftlich auszufertigen und
                              									allen Betheiligten von Amtswegen zuzustellen.
                           
                           Zustellungen, welche den Lauf von Fristen bedingen, erfolgen durch die Post mittels
                              									eingeschriebenen Briefes gegen Empfangschein. Kann eine Zustellung im Inlande nicht
                              									erfolgen, so wird sie von den damit beauftragten Beamten des Patentamtes durch
                              									Aufgabe zur Post nach Maßgabe der §§ 161, 175 der Civilproceßordnung
                              									bewirkt.
                           Gegen die Beschlüsse des Patentamtes findet die Beschwerde statt.
                           Wird der Beschluß einer Abtheilung des Patentamtes im Wege der Beschwerde
                              									angefochten, so erfolgt die Beschlußfassung über diese Beschwerde durch eine andere
                              									Abtheilung oder durch mehrere Abtheilungen gemeinsam.
                           An der Beschlußfassung darf kein Mitglied theilnehmen, welches bei dem angefochtenen
                              									Beschlusse mitgewirkt hat.
                           § 17. Die Bildung der Abtheilungen, die Bestimmung ihres Geschäftskreises, die
                              									Formen des Verfahrens und der Geschäftsgang des Patentamtes werden, insoweit dieses
                              									Gesetz nicht Bestimmungen darüber trifft, durch Kaiserliche Verordnung unter
                              									Zustimmung des Bundesraths geregelt.
                           § 18. Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte über Fragen,
                              									welche Patente betreffen, Gutachten abzugeben. Im Uebrigen ist dasselbe nicht
                              									befugt, ohne Genehmigung des Reichskanzlers außerhalb seines gesetzlichen
                              									Geschäftskreises Beschlüsse zu fassen oder Gutachten abzugeben.
                           § 19. Bei dem Patentamte wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand und
                              									die Dauer der ertheilten Patente, sowie den Namen und Wohnort der Patentinhaber und
                              									ihrer bei Anmeldung der Erfindung etwa bestellten Vertreter angibt. Der Anfang, der
                              									Ablauf, das Erlöschen, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente
                              									sind, unter gleichzeitiger Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger, in der Rolle zu
                              									vermerken.
                           Tritt in der Person des Patentinhabers oder seines Vertreters eine Aenderung ein, so
                              									wird dieselbe, wenn sie in beweisender Form zur Kenntniß des Patentamtes gebracht
                              									ist, ebenfalls in der Rolle vermerkt und durch den Reichsanzeiger veröffentlicht. So
                              									lange dieses nicht geschehen ist, bleiben der frühere Patentinhaber und sein
                              									früherer Vertreter nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet.
                           Die Einsicht der Rolle, der Beschreibungen, Zeichnungen, Modelle und Probestücke, auf
                              									Grund deren die Ertheilung der Patente erfolgt ist, steht, soweit es sich nicht um
                              									ein im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecke des Heeres oder der Flotte
                              									genommenes Patent handelt, jedermann frei.
                           Das Patentamt veröffentlicht die Beschreibungen und Zeichnungen, soweit deren
                              									Einsicht jedermann freisteht, in ihren wesentlichen Theilen durch ein amtliches
                              									Blatt. In dasselbe sind auch die Bekanntmachungen aufzunehmen, welche durch den
                              									Reichsanzeiger nach Maßgabe dieses Gesetzes erfolgen müssen.
                           Dritter Abschnitt.
                           Verfahren in Patentsachen.
                           § 20. Die Anmeldung einer Erfindung behufs Ertheilung eines Patentes geschieht
                              									schriftlich bei dem Patentamte. Für jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung
                              									erforderlich. Die Anmeldung muß den Antrag auf Ertheilung des Patentes enthalten und
                              									in dem Antrage den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau
                              									bezeichnen. In einer Anlage ist die Erfindung dergestalt zu beschreiben, daß danach
                              									die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint. Auch sind
                              									die erforderlichen Zeichnungen, bildlichen Darstellungen, Modelle und Probestücke
                              									beizufügen.
                           
                           Das Patentamt erläßt Bestimmungen über die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung.
                           Bis zu der Bekanntmachung der Anmeldung sind Abänderungen der darin enthaltenen
                              									Angaben zulässig. Gleichzeitig mit der Anmeldung sind für die Kosten des Verfahrens
                              									20 Mark zu zahlen.
                           § 21. Ist durch die Anmeldung den vorgeschriebenen Anforderungen nicht genügt,
                              									so verlangt das Patentamt von dem Patentsucher unter Bezeichnung der Mängel deren
                              									Beseitigung innerhalb einer bestimmten Frist. Wird dieser Aufforderung innerhalb der
                              									Frist nicht genügt, so ist die Anmeldung zurückzuweisen.
                           § 22. Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die
                              									Ertheilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen, so verfügt es die Bekanntmachung
                              									der Anmeldung. Mit der Bekanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu
                              									Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patentes ein
                              									(§§ 4, 5).
                           Ist das Patentamt der Ansicht, daß eine nach §§ 1 und 2 patentfähige
                              									Erfindung nicht vorliegt, so weist es die Anmeldung zurück.
                           § 23. Die Bekanntmachung der Anmeldung geschieht in der Weise, daß der Name
                              									des Patentsuchers und der wesentliche Inhalt des in seiner Anmeldung enthaltenen
                              									Autrages durch den Reichsanzeiger einmal veröffentlicht wird. Gleichzeitig ist die
                              									Anmeldung mit sämmtlichen Beilagen bei dem Patentamte zur Einsicht für jedermann
                              									auszulegen. Mit der Veröffentlichung ist die Anzeige zu verbinden, daß der
                              									Gegenstand der Anmeldung einstweilen gegen unbefugte Benutzung geschützt sei.
                           Handelt es sich um ein im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecke des Heeres oder
                              									der Flotte nachgesuchtes Patent, so unterbleibt die Auslegung der Anmeldung und
                              									ihrer Beilagen.
                           § 24. Nach Ablauf von acht Wochen, seit dem Tage der Veröffentlichung
                              									(§ 23), hat das Patentamt über die Ertheilung des Patentes Beschluß zu
                              									fassen. Bis dahin kann gegen die Ertheilung bei dem Patentamte Einspruch erhoben
                              									werden. Der Einspruch muß schriftlich erfolgen und mit Gründen versehen sein. Er
                              									kann nur auf die Behauptung, daß die Erfindung nicht neu sei, oder daß die
                              									Voraussetzung des § 3 Absatz 2 vorliege, gestützt werden.
                           Vor der Beschlußfassung kann das Patentamt die Ladung und Anhörung der Betheiligten,
                              									sowie die Begutachtung des Antrages durch geeignete, in einem Zweige der Technik
                              									sachverständige Personen und sonstige zur Aufklärung der Sache erforderliche
                              									Ermittelungen anordnen.
                           § 25. Gegen den Beschluß, durch welchen die Anmeldung zurückgewiesen wird,
                              									kann der Patentsucher, und gegen den Beschluß, durch welchen über die Ertheilung des
                              									Patentes entschieden wird, der Patentsucher oder der Einsprechende binnen vier
                              									Wochen nach der Zustellung Beschwerde einlegen. Mit der Einlegung der Beschwerde
                              									sind für die Kosten des Beschwerdeverfahrens 20 Mark zu zahlen; erfolgt die Zahlung
                              									nicht, so gilt die Beschwerde als nicht erhoben.
                           Auf das Verfahren findet § 24 Absatz 2 Anwendung.
                           § 26. Ist die Ertheilung des Patentes endgiltig beschlossen, so erläßt das
                              									Patentamt darüber durch den Reichsanzeiger eine Bekanntmachung und fertigt demnächst
                              									für den Patentinhaber eine Urkunde aus.
                           Wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. Mit der Versagung
                              									gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten.
                           
                           § 27. Die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit oder wegen
                              									Zurücknahme des Patentes erfolgt nur auf Antrag. Im Falle des § 10 Nr. 2 ist
                              									nur der Verletzte zu dem Antrage berechtigt. Der Antrag ist schriftlich an das
                              									Patentamt zu richten und hat die Thatsachen anzugeben, auf welche er gestützt
                              									wird.
                           § 28. Nachdem die Einleitung des Verfahrens verfügt ist, fordert das Patentamt
                              									den Patentinhaber unter Mittheilung des Antrages auf, sich über denselben binnen
                              									vier Wochen zu erklären.
                           Erklärt der Patentinhaber binnen der Frist sich nicht, so kann ohne Ladung und
                              									Anhörung der Betheiligten sofort nach dem Antrage entschieden und bei dieser
                              									Entscheidung jede von dem Antragsteller behauptete Thatsache für erwiesen angenommen
                              									werden.
                           § 29. Widerspricht der Patentinhaber rechtzeitig, oder wird im Falle des
                              									§ 28 Absatz 2 nicht sofort nach dem Antrage entschieden, so trifft das
                              									Patentamt, und zwar im erstern Falle unter Mittheilung des Widerspruchs an den
                              									Antragsteller, die zur Aufklärung der Sache erforderlichen Verfügungen. Es kann die
                              									Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnen. Auf dieselben finden die
                              									Vorschriften der Civilproceßordnung entsprechende Anwendung. Die Beweisverhandlungen
                              									sind unter Zuziehung eines beeidigten Protokollführers aufzunehmen.
                           Die Entscheidung erfolgt nach Ladung und Anhörung der Betheiligten.
                           Wird die Zurücknahme des Patentes auf Grund des § 11 Nr. 2 beantragt, so muß
                              									der diesem Antrag entsprechenden Entscheidung eine Androhung der Zurücknahme unter
                              									Angabe von Gründen und unter Festsetzung einer angemessenen Frist vorausgehen.
                           § 30. In der Entscheidung (§§ 28, 29) hat das Patentamt nach
                              									freiem Ermessen zu bestimmen, zu welchen Antheilen die Kosten des Verfahrens den
                              									Betheiligten zur Last fallen.
                           § 31. Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamte Rechtshilfe zu leisten.
                              									Die Festsetzung einer Strafe gegen Zeugen und Sachverständige, welche nicht
                              									erscheinen oder ihre Aussage oder deren Beeidigung verweigern, sowie die Vorführung
                              									eines nicht erschienenen Zeugen, erfolgt auf Ersuchen durch die Gerichte.
                           § 32. Gegen die Entscheidung des Patentamtes (§§ 28, 29) ist die
                              									Berufung zulässig. Die Berufung geht an das Reichs-Oberhandelsgericht. Sie
                              									ist binnen sechs Wochen nach der Zustellung bei dem Patentamte schriftlich
                              									anzumelden und zu begründen.
                           Durch das Urtheil des Gerichtshofes ist nach Maßgabe des § 30 auch über die
                              									Kosten des Verfahrens zu bestimmen.
                           Im Uebrigen wird das Verfahren vor dem Gerichtshofe durch ein Regulativ bestimmt,
                              									welches von dem Gerichtshofe zu entwerfen ist und durch Kaiserliche Verordnung unter
                              									Zustimmung des Bundesraths festgestellt wird.
                           § 33. In Betreff der Geschäftssprache vor dem Patentamte finden die
                              									Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Gerichtssprache entsprechende
                              									Anwendung. Eingaben, welche nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht
                              									berücksichtigt.
                           Vierter Abschnitt.
                           Strafen und Entschädigung.
                           § 34. Wer wissentlich den Bestimmungen der §§ 4 und 5 zuwider
                              									eine Erfindung in Benutzung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder
                              									mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft und ist dem Verletzten zur Entschädigung
                              									verpflichtet.
                           Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein.
                           
                           § 35. Erfolgt die Verurtheilung im Strafverfahren, so ist dem Verletzten die
                              									Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Verurtheilten öffentlich
                              									bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben ist im
                              									Urtheil zu bestimmen.
                           § 36. Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf
                              									Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis
                              									zum Betrage von zehntausend Mark erkannt werden. Für diese Buße haften die zu
                              									derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner.
                           Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weitern Entschädigungsanspruchs
                              									aus.
                           § 37. Die im § 12 des Gesetzes, betreffend die Errichtung eines
                              									obersten Gerichtshofes für Handelssachen, vom 12. Juni 1869 geregelte Zuständigkeit
                              									des Reichs-Oberhandelsgerichts wird auf diejenigen bürgerlichen
                              									Rechtsstreitigkeiten ausgedehnt, in welchen durch die Klage ein Anspruch auf Grund
                              									der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht wird.
                           § 38. Die Klagen wegen Verletzung des Patentrechtes verjähren rücksichtlich
                              									jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren.
                           § 39. Darüber, ob ein Schaden entstanden ist, und wie hoch sich derselbe
                              									beläuft, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier
                              									Ueberzeugung.
                           § 40.Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird
                              									bestraft:
                           1. wer Gegenstände oder deren Verpackung mit einer Bezeichnung
                              									versieht, welche geeignet ist, den Irrthum zu erregen, daß die Gegenstände durch ein
                              									Patent nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt seien;
                           2. wer in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern, auf
                              									Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bezeichnung anwendet, welche
                              									geeignet ist, den Irrthum zu erregen, daß die darin erwähnten Gegenstände durch ein
                              									Patent nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt seien.
                           Fünfter Abschnitt.
                           Uebergangsbestimmungen.
                           § 41. Die auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen zur Zeit bestehenden
                              									Patente bleiben nach Maßgabe dieser Bestimmungen bis zu ihrem Ablauf in Kraft; eine
                              									Verlängerung ihrer Dauer ist unzulässig.
                           § 42. Der Inhaber eines bestehenden Patentes (§ 41) kann für die
                              									dadurch geschützte Erfindung die Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe dieses
                              									Gesetzes beanspruchen. Die Prüfung der Erfindung unterliegt dann dem durch dieses
                              									Gesetz vorgeschriebenen Verfahren. Die Ertheilung des Patentes ist zu versagen, wenn
                              									vor der Beschlußfassung über die Ertheilung der Inhaber eines andern für dieselbe
                              									Erfindung bestehenden Patentes (§ 41) die Ertheilung des Patentes beansprucht
                              									oder gegen die Ertheilung Einspruch erhebt. Wegen mangelnder Neuheit ist die
                              									Ertheilung des Patentes nur dann zu versagen, wenn die Erfindung zur Zeit, als sie
                              									im Inlande zuerst einen Schutz erlangte, im Sinne des § 2 nicht mehr neu
                              									war.
                           Mit der Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe dieses Gesetzes erlöschen die für
                              									dieselbe Erfindung bestehenden Patente (§ 41), soweit der Inhaber des nenen
                              									Patentes deren Inhaber ist. Soweit dieses nicht der Fall ist, treten die
                              									gesetzlichen  Wirkungen
                              									des neuen Patentes in dem Geltungsbereiche der bestehenden Patente erst mit dem
                              									Ablaufe der letztern ein.
                           § 43. Auf die gesetzliche Dauer eines nach Maßgabe des § 42 ertheilten
                              									Patentes wird die Zeit in Anrechnung gebracht, während deren die Erfindung nach dem
                              									ältesten der bestehenden Patente im Inlande bereits geschützt gewesen ist. Der
                              									Patentinhaber ist für die noch übrige Dauer des Patentes zur Zahlung der
                              									gesetzlichen Gebühren (§ 8) verpflichtet; der Fälligkeitstag und der
                              									Jahresbetrag der Gebühren wird nach dem Zeitpunkte bestimmt, mit welchem die
                              									Erfindung im Inlande zuerst einen Schutz erlangt hat.
                           § 44. Durch die Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe des § 42 werden
                              									diejenigen, welche die Erfindung zur Zeit der Anmeldung derselben ohne Verletzung
                              									eines Patentrechtes bereits in Benutzung genommen oder die zur Benutzung
                              									erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatten, in dieser Benutzung nicht
                              									beschränkt.
                           § 45. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1877 in Kraft.