| Titel: | Bleientsilberungsverfahren von Flack und Guillem. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 67 | 
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                        Bleientsilberungsverfahren von Flack und Guillem.
                        Flack und Guillem's Bleientsilberungsverfahren.
                        
                     
                        
                           Die vor etwa 20 Jahren von Parkes erfundene Methode zur
                              									Entsilberung von Reichblei durch Zink, welches wegen der mit der vollständigen
                              									Abscheidung des letztern von Silber verbundenen Schwierigkeiten wieder aufgegeben
                              									werden mußte, wurde später von Flack, einem Deutschen,
                              									dahin abgeändert, daß er die Zinksilberbleilegirung, mit Eisenschlacke beschickt, in
                              									einem eigenthümlich construirten Hohofen niederschmolz und dadurch das angereicherte
                              									Silberblei vom Zink befreite, während man sein Verfahren, denselben Ofen zur
                              									Entfernung der letzten Zinkspuren vom entsilberten Blei zu benutzen, wieder verließ.
                              									Der mühsame und in Folge des großen Zinkverlustes ökonomisch unvortheilhafte
                              									Hohofenproceß wurde durch Manes, vom Hause Guillem And Comp. in
                              									Marseille, welche Flack's Erfindung zuerst verwertheten,
                              									durch ein einfaches, auf den Clyde-Lead-Works in Glasgow ausgeführtes
                              									Verfahren, mittels dessen das Zink wiedergewonnen wird, ersetzt, welches nach einem
                              									Vortrage von J. E. Stoddart in der chemischen Abtheilung
                              									in der British Association (Engineering, September 1876
                              									S. 240) das nachstehende ist.
                           Etwa 18t Reichblei (mit 60 bis 70 Unzen =
                              									187 bis 218g Silber für 1t) werden in einem großen Gußeisenkessel
                              									eingeschmolzen und mit 1 Proc. Zink versetzt; das Metallbad wird 20 Minuten lang
                              									tüchtig umgerührt, worauf man das Feuer abgehen und das Bad erkalten läßt, bis das
                              									Zink an die Oberfläche steigt und eine das Silber und die andern fremden Metalle
                              									enthaltende Rinde bildet, die in einen kleinern Kessel gezogen wird, in welchem ein
                              									Theil des Bleies aussaigert, worauf man die Legirung „trocknen“
                              									läßt. Dann wird der das nunmehr theilweise entsilberte Blei enthaltende größere
                              									Kessel wiederum erhitzt und sein Inhalt auf dieselbe Weise behandelt, doch unter
                              									Zusatz von nur 0,5 Proc. Zink, welches nach seinem Aufsteigen an die Oberfläche
                              									ebenfalls abgezogen und ausgesaigert wird. Zur Entfernung des noch vorhandenen
                              									Silbers wird dieses Verfahren unter Zusatz von nur 0,25 Proc. Zink noch ein drittes
                              									Mal wiederholt, unter Beobachtung der Vorsichtsmaßregel, während des Erkaltens des
                              									Zinks sämmtliche Krystalle gehörig abtropfen zu lassen.
                           Beim Probiren des im größern Kessel zurückgebliebenen Bleies findet man fast stets
                              									einen Silbergehalt von weniger als 8g auf
                              										1t; sollte der letztere größer sein, so
                              									ist dies Folge einer Unachtsamkeit seitens der Arbeiter.
                           Hierauf wird das entsilberte Blei aus dem großen Kessel in einen Raffinirkessel (improving pan) abgestochen und im letztern beinahe 8
                              									Stunden hindurch auf einer hohen Temperatur erhalten, um den zurückgebliebenen
                              									geringen Zinkgehalt zu oxydiren, oder „wegzubrennen“; nach
                              									7- bis 8stündigem Feuern darf von demselben keine Spur zurückgeblieben sein.
                              									Dann wird das Blei (zu Kaufblei oder für Fabrikation von Bleipräparaten) in Formen
                              									abgestochen. Die ältern Raffinirkessel standen in Sandbädern, waren aus Gußeisen
                              									angefertigt und am obern Rande zur Verhütung einer Einwirkung des Bleioxydes auf das Eisen mit einer mit
                              									Knochenasche ausgeschlagenen Rinne versehen, wurden aber wegen ihrer Kostspieligkeit
                              									und geringen Dauer (in so fern sie selten länger als 6 bis höchstens 8 Monate
                              									hielten und häufiger Reparaturen bedurften) durch einen gußeisernen mit feuerfesten
                              									Steinen ausgekleideten, und über dem Herde frei hängend eingemauerten Kessel
                              									verdrängt, welcher sowohl auf dem Guillem'schen Werke in
                              									Marseille, als am Clyde ohne Ausbesserung jetzt seit bereits 18 Monaten im Gebrauche
                              									ist und nicht mehr Steinkohle zu seiner Heizung verbraucht als die ältern
                              									Gefäße.
                           Die Zinksilberlegirung wird in einem bedeckten, mit Thon gut lutirten Graphittiegel,
                              									der mittels eines Graphitrohres mit einer gußeisernen Vorlage verbunden und mit
                              									Kokes gefeuert wird, der Destillation unterworfen. Nachdem alles Zink übergegangen
                              									ist, wird Rohr und Deckel vom Tiegel abgenommen, die im letztern enthaltene flüssige
                              									Bleisilberlegirung in Formen geschöpft und der Treibarbeit unterworfen, das in der
                              									Vorlage condensirte Zink aber wiederum zum Entsilbern verwendet. Sämmtliche bei den
                              									verschiedenen Operationen gefallene Schlacken, Abstrich, Bleioxyd u.s.w. werden mit
                              									Kokesabfällen beschickt und im Reductionsofen behandelt; die im letztern fallenden,
                              									noch etwas bleihaltigen Schlacken werden im Schlackenherde, einem mit Kokes
                              									gefeuerten Gebläseofen, durchgesetzt und der demselben entweichende Bleirauch in
                              									Johnstone'schen Condensatoren aufgefangen.
                           Das im Schlackenherde erzeugte, sehr unreine (Kupfer, Antimon, Eisen, Schwefel
                              									enthaltende) Blei wird in dem „Raffinirofen“, der ganz dieselbe
                              									Einrichtung hat wie der Entzinkungskessel, in Chargen von je etwa 20t während 4 bis 5 Tagen einem oxydirenden
                              									Schmelzen unterworfen; die an die Oberfläche steigenden Oxyde werden fleißig
                              									abgezogen, so daß das Bleibad der Einwirkung der Flamme stets eine reine Oberfläche
                              									darbietet. Der Abstrich zeigt anfangs eine schwärzliche Färbung, wird aber mit
                              									vorschreitender Oxydirung immer lichter, bis er schließlich aus gelbem Bleioxyd
                              									besteht; zu diesem Zeitpunkt wird der Kesselinhalt in Formen oder aber unmittelbar
                              									in dem Entsilberungskessel abgestochen, und in diesem in der angegebenen Weise
                              									weiter behandelt.
                           In dieser Weise kann das Werkblei innerhalb 30 Stunden entsilbert und zu Kaufblei
                              									umgewandelt werden. Der Abgang beträgt nicht über 1 1/4 Proc. Daß das Silber
                              									vollständig extrahirt wird, erhellt aus der Thatsache, daß beim Betriebe im Großen
                              									das Silberausbringen um beinahe 2 Proc. höher ausfällt als beim Probiren. Das
                              									erzeugte Kaufblei hatte
                              									bei der Analyse einen Gehalt von 0,0015 Proc. Antimon und 0,0004 Silber, war jedoch
                              									frei von Zink und Eisen, also fast chemisch rein. (Vgl. 1876 222 351.)
                           
                              H. H.