| Titel: | Aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 71 | 
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                        Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
                           								des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell.
                        Ebell, über die Krystallisation von Metalloxyden aus dem
                           								Glase.
                        
                     
                        
                           In den in diesem Journal bereits veröffentlichten Studien über die Natur des Glases
                              									ist eine Reihe von Thatsachen niedergelegt, welche den Beweis liefern, daß dasselbe
                              									im glühenden Fluß ein kräftiges Lösungsmittel ist für viele Körper, die in der
                              									Glasfabrikation eine Rolle spielen, sowie daß diese im Zustande der Lösung vom Glase
                              									aufgenommenen Körper beim Erkalten unter günstigen Umständen sich in mancherlei
                              									Formen wieder ausscheiden und so eigenthümliche, zum Theil technisch wichtige
                              									Erscheinungen bewirken.
                           In erster Linie (vgl. 1874 213 53) handelte es sich um die
                              									wichtige Thatsache von der Löslichkeit von Metallen als solchen im feuerigflüssigen
                              									Glas und deren Ausscheidung durch Erkalten, womit das Färben des Glases mit Silber,
                              									mit Gold, mit Kupfer, die Entstehung von Aventurin und Hämatinon zusammenhängen. In
                              									zweiter Linie (vgl. 1876 220 64) galt es der Löslichkeit
                              									von Metalloxyden, Thonerde, Eisenoxyd, Manganoxyd, Chromoxyd, Zinnoxyd und deren
                              									Ausscheidung in krystallinischer Form. Die vorliegende dritte Mittheilung,
                              									unmittelbar an den Inhalt der vorigen anknüpfend, verfolgt das Verhalten des Glases
                              									als Auflösungsmittel gegen einige weitere Oxyde (Kieselerde, Kalk, Baryt), dann
                              									gegen Schwefelmetalle (Schwefelnatrium), endlich gegen Salze (Natriumsulfat,
                              									Calciumphosphat und Kryolith). Obwohl die Untersuchung mit diesem Schritt den Boden
                              									des zwingenden Beweises verläßt – in sofern die mit den genannten Körpern
                              									erzielten Ausscheidungen sich nicht mehr isoliren und analytisch bestimmen lassen
                              									– so sind nichts destoweniger die Ergebnisse doch von der Art, daß sie
                              									eingehendere Mittheilungen rechtfertigen.
                           
                        
                           
                           1. Verhalten des Glases mit
                                 										überschüssiger Kieselerde.
                           Man schmolz den auch in den frühern Versuchen (Bd. 220 S. 65) benutzten Satz für
                              									weißes Glas von Hautefeuille
                              									Dieser Satz enthält:gSand150,0Kreide  35,5Calcinirte Soda  80,0Potasche  14,0Salpeter  20,0––––––299,5. mit steigendem Zusatz von reinem gewaschenem Quarzsand in drei Stufen. Die
                              									drei mit überschüssigem Quarz vermischten Glassätze wurden im hessischen Tiegel bei
                              									strengstem Kokesfeuer im gemauerten Windofen niedergeschmolzen, öfter umgerührt und
                              									nach der in völliger Weißglut eingetretenen vollständigen Läuterung einer möglichst
                              									langsamen Abkühlung – durch Schließen des Zuges und Bedecken des Tiegels und
                              									Feuers mit Asche – unterworfen. Die drei Mischungen bestanden aus:
                           
                              
                                   I.
                                 350g
                                 Satz nach Hautefeuille oder
                                 100 G.
                                 Th.
                                 
                              
                                 
                                 150
                                 Quarzsand
                                 42,86
                                 „
                                 
                              
                                  II.
                                 250g
                                 Satz nach Hautefeuille oder
                                 100 G.
                                 Th.
                                 
                              
                                 
                                 170
                                 Sand
                                 66,67
                                 „
                                 
                              
                                 III.
                                 135g
                                 Satz nach Hautefeuille oder
                                 100 G.
                                 Th.
                                 
                              
                                 
                                 160
                                 Sand
                                 118,67
                                 „
                                 
                              
                           Durch den erhöhten Versatz an Kieselerde nimmt der an sich so gut und
                              									leichtschmelzende Hautefeuille'sche Satz abweichende Eigenschaften an: Schon die
                              									erste Mischung verlangte eine bedeutend höhere Temperatur zum vollständigen Fluß. Es
                              									erfolgte ein schwach gefärbtes, in seinem Aussehen äußerst ansprechendes Glas. Beim
                              									Probenziehen gab es lange feine Fäden; es war augenscheinlich sehr zäh, spinnbar und
                              									unterschied sich wesentlich in dieser Richtung von dem aus dem Hautefeuille'schen
                              									Satze für sich geschmolzenen Glase. Trotz sehr langsamer Abkühlung fand keinerlei
                              									Ausscheidung durch Krystallisation statt, das Glas war vollkommen blank und lauter
                              									geblieben. Ebenso verhielt sich die zweite Mischung, nur daß sie noch um einen Grad
                              									zähflüssiger erschien. Erst bei der dritten Mischung traten bei der verlangsamten
                              									Abkühlung krystallinische Ausscheidungen auf. Das aus dieser Mischung erschmolzene
                              									Glas kam zwar noch vollkommen in Fluß, war aber derart strengflüssig und in lange
                              									weiße seidenglänzende Fäden spinnbar, daß man eher geschmolzenen Quarz als Glas vor
                              									sich zu haben meinte. Gezogene Proben erstarrten vollkommen durchsichtig, nur mit
                              									einem schwachen Stich ins
                              									Grüne. Die bei langsamer Abkühlung erfolgte Krystallisation ging von der Oberfläche
                              									aus vor sich; eine große Zahl von mehr oder weniger deutlichen krystallinischen
                              									Bildungen schied sich aus, von wachsartigem Ansehen, strahlig, milchglasartig,
                              									undurchsichtig, an der Oberfläche des erstarrten Glases etwas stumpfe regelmäßige
                              									Sechsecke bildend und in hohem Grade dem in Hohöfen sich mitunter absetzenden
                              									Tridymit ähnlich. Es gelang trotz wiederholter Versuche nicht, diese Krystalle zu
                              									isoliren, die Analyse mußte daher unterbleiben. Hingegen ergab die Analyse einer
                              									Probe der Glasmasse, einschließlich der krystallinischen Ausscheidungen, die
                              									folgenden Zahlen:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                   88,3
                                 
                              
                                 Thonerde
                                     2,8
                                 
                              
                                 Kalk
                                     3,4
                                 
                              
                                 Rest (Natron)
                                     5,5
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0,
                                 
                              
                           wonach auf 54 Atome Kieselerde (SiO₂) 1 At. Thonerde, 2
                              									At. Kalk und 3 At. Natron, zusammengenommen 6 At. Basen kommen; dabei ist noch zu
                              									bemerken, daß der Kieselsäuregehalt eher zu gering gefunden ist. Betrachten wir nun
                              									diesen überwiegend großen Gehalt des Glases an Kieselsäure, so erscheint es nicht
                              									grade wahrscheinlich, daß sie von der so geringen Menge an Basen ihrem ganzen
                              									Umfange nach chemisch gebunden sei; nach dem hohen Betrage der Kieselerde und
                              									Verhalten des Glases im Fluß ist es wohl gerechtfertigter anzunehmen, daß ein großer
                              									Theil Kieselerde einfach aufgelöst in dem Glase vorhanden ist. Von verschiedenen
                              									Seiten ist hervorgehoben, besonders von Benrath, daß bei
                              									den Entglasungen hauptsächlich die Kieselsäure sich in Krystallen ausschiede. Wie
                              									die obigen Schmelzungen ergaben, ist dies nur bis zu einem gewissen Grade der Fall.
                              									Gläser mit hohem Kieselsäuregehalt entglasen im Gegentheil verhältnißmäßig schwer
                              									– eine Thatsache, auf die auch Otto Schott (vgl. 1875 218 151) bereits hingewiesen hat.
                           
                        
                           2. Verhalten des Glases mit
                                 										überschüssigem Kalk.
                           Auch von Kalk wie von der Kieselerde und anderen Metalloxyden verträgt das Glas
                              									bedeutende Zusätze, ohne seine allgemeinen Eigenschaften einzubüßen. Folgende
                              									Mischungen wurden versucht:
                           
                              
                                 a)
                                 100
                                 Th.
                                 Satz nach Hautefeuille
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 „
                                 Kalkhydrat,
                                 
                              
                                 b)
                                 100
                                 Th.
                                 Satz nach Hautefeuille
                                 
                              
                                 
                                 200
                                 „
                                 Kalkhydrat.
                                 
                              
                           Beide Mischungen geben bei höherer Temperatur vollständig
                              									geläuterte Gläser. Die Schmelze a erstarrt bei schneller
                              									Abkühlung durchsichtig, bei langsamer nimmt sie dagegen ein steinartiges Ansehen an. Dünnschliffe lassen
                              									unter dem Mikroskop in durchscheinender Grundmasse weiße Ausscheidungen von lang
                              									gestreckten Formen erkennen. Die Schmelze b verhält sich
                              									ganz ähnlich, nur sind die Ausscheidungen massenhafter und das geschmolzene Glas ist
                              									wie Wasser dünnflüssig, kurz; es zieht keine Fäden mehr.
                           Bei dem völlig gleichen Verhalten von Grundmasse und Krystallen lag auch hier eine
                              									Trennung und nähere Untersuchung der Ausscheidungen außer dem Bereiche der
                              									Möglichkeit.
                           
                        
                           3. Verhalten des Glases mit
                                 										überschüssigem phosphorsaurem Kalk.
                           Der phosphorsaure Kalk ist in Form von gebrannten Knochen seit langem zur Darstellung
                              									von emailartigen Gläsern in der Glasmacherkunst benutzt. Das sogen.
                              										„Beinglas“, ein durchscheinendes milchweißes, die
                              									verschiedenste Verwendung findendes Product, ist das bekannteste. Ein Zusatz von 10
                              									bis 20 Proc. gebrannter Knochen zu einem gewöhnlichen Hohlglase führen es bereits in
                              									Milchglas oder Weinglas über. Beim schnellen Erkalten erstarrt es farblos
                              									durchsichtig; beim Anwärmen läuft das Glas dann plötzlich milchig an und hat somit
                              									eine gewisse Analogie mit dem Kupferrubin und den verwandten Gattungen von Glas.
                           Ein Schmelzversuch mit 30 Th. gebrannten Knochen auf 100 Th. Glas ließ erkennen, daß
                              									die Beinasche nur schwierig von dem schmelzenden Glase aufgenommen wird; diese
                              									Schwierigkeit liegt hauptsächlich in der verhältnißmäßig großen Leichtigkeit der
                              									Beinasche, vermöge welcher sie auf dem geschmolzenen Glase schwimmt und sich daher
                              									erst nach längerem Rühren auflöst.
                           O. Schür (1863 167 27) schlägt
                              									vor, die Knochenasche durch Guano zu ersetzen – den von ihm angeführten
                              									Resultaten nach, mit gutem Erfolg. Im vorliegenden Falle erschien es jedoch
                              									vortheilhafter, ein Product von bestimmter Zusammensetzung zu verwenden; man wählte
                              									daher phosphorsauren Kalk, aus einer ammoniakalischen Chlorcalciumlösung mit
                              									phosphorsaurem Natrium ausgefällt, und setzte dieses bei der Schmelzung in folgendem
                              									Verhältniß zu:
                           
                              
                                 300
                                 Th.
                                 Glasbrocken von weißem Glase
                                 
                              
                                   40
                                 „
                                 phosphorsaurer Kalk.
                                 
                              
                           Das Gemisch schmolz leicht und vollständig nieder; rasch
                              									gezogene Proben erscheinen farblos durchsichtig, beim Anwärmen wurden sie plötzlich
                              									durch die ganze Masse milchweiß, in Folge der Bildung einer seinen weißen Trübung. Sehr langsam
                              									erkaltete Proben erschienen ebenfalls getrübt, aber von weniger milchigen Ansehen,
                              									die Ausscheidungen sind gröber, unter dem Mikroskop deutlich in der Grundmasse
                              									sichtbar, von geringerer Wirkung in Bezug auf die Lichtzerstreuung, weil zugleich
                              									weniger zahlreich.
                           In einer zweiten Schmelzung wurde der Gehalt an phosphorsaurem Kalk erhöht im
                              									Verhältniß von
                           
                              
                                 300
                                 Th.
                                 Glasbrocken von weißem Glase auf
                                 
                              
                                   60
                                 „
                                 phosphorsauren Kalk.
                                 
                              
                           Das gut geläuterte Glas wurde zu einem Antheil aus dem Tiegel
                              									gegossen, so daß die Abkühlung aus dem hochglühenden Zustande eine sehr plötzliche
                              									war; es war farblos klar und lief dann beim nochmaligen Erwärmen milchweiß mit sehr
                              									feiner mikroskopischer Trübung an.
                           Der größere Antheil blieb im Tiegel zurück und erkaltete mit diesem sehr langsam. Er
                              									nahm ein wesentlich anderes Aussehen an, als der vorige. Wenngleich das Glas
                              									immerhin noch einigermaßen milchig erschien, so war die Trübung doch weniger dicht
                              									und geschlossen; man konnte schon mit blosen Augen deutlich in einer wenig getrübten
                              									Grundmasse gröbere Ausscheidungen wahrnehmen. Sehr bestimmt trat dies im Dünnschliff
                              									unter dem Mikroskop hervor: In einer fast durchsichtigen Grundmasse sieht man
                              									zahllose eingebettete Krystalle, theils lang gestreckt, theils rundlich, die ohne
                              									Zweifel bei größern Dimensionen durchsichtig erscheinen würden.
                           Ueber die Natur dieser Ausscheidungen hat von jeher wenig Zweifel bestanden. Man hat
                              									diese Ausscheidungen aus derartigen Gläsern stets für phosphorsauren Kalk erklärt,
                              									ohne jedoch meines Wissens einen positiven Beweis dafür zu erbringen. Daß es mit
                              									dieser Anschauung in der That seine Richtigkeit hat, ist in folgender Weise
                              									experimentell nachgewiesen. Ein Dünnschliff mit deutlich wahrnehmbaren Krystallen
                              									wurde mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure digerirt und nach längerer Einwirkung
                              									unter das Mikroskop gebracht. Die Krystalle waren bis auf unbedeutende Neste (wohl
                              									die nicht hinreichend blos gelegten) vollständig verschwunden, während die umgebende
                              									Glasmasse nur wenig von der Säure angegriffen erschien. In der verdünnten
                              									Chlorwasserstoffsäure ließ sich Phosphorsäure und Kalk mit Bestimmtheit nachweisen.
                              									Aus diesem Verhalten nahm man Anlaß zu einem Versuch, den chemischen Bestand der
                              									krystallinischen Ausscheidungen quantitativ zu bestimmen – nur im umgekehrten
                              									Sinn, wie dies mit den Metalloxyden der vorigen Abhandlung geschehen. Während dort
                              									die Glasmasse mit Flußsäure entfernt wurde und die Krystalle ungelöst zurückblieben,
                              									bleibt hier die Glasmasse
                              									und die Krystalle werden gelöst: 6g,682
                              									feingepulvertes Glas wurden mit verdünnter Salzsäure in der Kälte längere Zeit
                              									digerirt, dann filtrirt, das Filtrat verdampft, um die etwa vorhandene, aus dem
                              									Glase stammende, geringe Menge von Kieselsäure unlöslich zu machen. In der nach
                              									Abscheidung der Kieselerde erhaltenen Lösung ist die Thonerde als phosphorsaure
                              									Thonerde gefällt und die darin vorhandene Menge Phosphorsäure der direct bestimmten
                              									Phosphorsäure zugezählt. Der Kalk wurde in der essigsauren Lösung mit oxalsaurem
                              									Ammoniak von der Phosphorsäure getrennt und als Aetzkalk gewogen. Im Filtrat ist die
                              									Phosphorsäure (mit Magnesiamixtur) als Pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt. 6g,682 Glas lieferten mit Salzsäure
                              									behandelt:
                           
                              
                                 
                                    g
                                    
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 0,113
                                 phosphorsaure Thonerde
                                 =
                                 0g,0655
                                 Phosphorsäure
                                 
                              
                                 0,009
                                 Kieselsäure
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 0,180
                                 Kalk und
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 0,2595
                                 pyrophosphorsaure Magnesia
                                 =
                                 0g,1659
                                 Phosphorsäure.
                                 
                              
                           Es waren demnach in der Lösung enthalten 0,0655 + 0,1659 =
                              										0g,2314 Phosphorsäure, und man hat in
                              									Procenten:
                           
                              
                                 PhosphorsäureKalkKieselerde
                                 3,4572,6940,135
                                 
                                    
                                    
                                 in der Lösung enthalten.
                                 
                              
                                 Alkali, ungelöster Rückstand etc.
                                 93,714
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die von der verdünnten Chlorwasserstoffsäure gelösten Quantitäten Phosphorsäure (0g,2314) und Kalk (0g,180) stehen nicht in dem Verhältniß wie
                              									in dem beim Schmelzen zugesetzten Phosphat Ca₃ (PO₄)₂, sondern
                              									im Verhältniß von 1,97 CaO: P₂O₅. Wenn man erwägt, daß ein wenn auch
                              									kleiner Theil des Kalkes von mit aufgeschlossenem Glase herrührt, so scheint
                              									– so weit die gefundenen Zahlenwerthe als Anhaltspunkt gelten können –
                              									die Ausscheidung nicht mehr dreibasischer phosphorsaurer Kalk zu sein, sondern ein
                              									Salz mit weniger Basis. Soviel geht jedoch unwiderleglich daraus hervor, daß die
                              									Krystalle phosphorsaurer Kalk sind, welcher als solcher vom Glase bei hoher
                              									Temperatur gelöst wird und beim Erkalten je nach den Umständen in verschiedener Form
                              									auskrystallisirt.
                           Es sei hier noch einer Beobachtung erwähnt, welche gelegentlich der Schmelzung des
                              									Beinglases gemacht wurde. Während die Phosphorsäure im Allgemeinen schwer reducirbar
                              									ist, scheint sie doch als Bestandtheil des Glases im feurigen Flusse weniger
                              									Widerstand zu bieten. Theile eines mit Kohle in Berührung gekommenen Milchglases
                              									färbten sich intensiv
                              									schwarz – eine Veränderung, die wohl auf eine Bildung von Phosphorcalcium
                              									zurückzuführen ist. Ein directer Versuch bestätigte in der That diese Auffassung.
                              									Als man in geschmolzenes weißes Glas (Satz von Hautefeuille) Phosphorcalcium in Stücken eintrug und so lange umrührte,
                              									bis alles gleichmäßig geflossen war, so entstand – obwohl ein Theil des
                              									Zusatzes verbrannte – ein Glas von demselben Ansehen, wie das erwähnte,
                              									zufällig erhaltene. Die mikroskopische Untersuchung ließ darin einen dichten
                              									Schleier von intensiv schwarzen Ausscheidungen in einer fast farblosen Grundmasse
                              									erkennen.
                           
                        
                           4. Mit Kryolith geschmolzenes
                                 									Glas.
                           Der phosphorsaure Kalk (gebrannte Knochen) werden in neuerer Zeit zur Darstellung von
                              									emailartig getrübten Gläsern oft durch Kryolith ersetzt. Nach den Angaben von Benrath (1869 192 239) wird
                              									ein solches Glas erhalten beim Zusammenschmelzen von 1 Th. Kryolith mit 2 Th. Sand;
                              									es entsteht unter Entweichen von Fluorsilicium ein Milchglas, worin Benrath fand:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 70,01
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 10,78
                                 
                              
                                 Natron
                                 19,21
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Es gelang ihm nicht, darin Fluor nachzuweisen. Nach seiner
                              									Ansicht ist dasselbe in Verbindung mit Silicium entwichen; die Ausscheidungen in dem
                              									Glase rühren nach ihm von Thonerde her; er betrachtet sie als krystallisirte
                              									Thonerde. Richters (1869 191
                              									301) dagegen findet einen beträchtlichen Fluorgehalt in dem Kryolithglase und hält
                              									die Anwesenheit des Fluors für eine Bedingung der milchigen Beschaffenheit.
                           Es ist bereits früher gezeigt, in welcher bedeutenden Menge die Thonerde (60,2 Proc.
                              									vom Glase) gelöst werden kann, ohne daß ein derartiges Verhalten wie des
                              									Kryolithmilchglases eingetreten wäre. Im Gegentheil, die Thonerde ist sehr schwer
                              									zur Ausscheidung zu bringen, so schwer, daß ich selbst die von O. Schott (gelegentlich seiner Arbeiten über die
                              									Krystallisationen des Glases, 1875 218 151) als Thonerde
                              									angeführten Krystalle, da eine Analyse derselben nicht vorliegt, auf ihr bloses
                              									optisches Verhalten hin nicht für Thonerde anerkennen kann. Immerhin blieb die Frage
                              									noch eine offene, ob ein Fluorgehalt die weißen Ausscheidungen bedingt, und woraus
                              									diese bestehen.
                           Folgendes Gemisch nach den Angaben von Benrath wurde bei
                              									Gelbrothglut niedergeschmolzen:
                              1 Th. Kryolith
                           2   „  Sand.
                           
                           Die Gemengtheile schmolzen schon bei verhältnißmäßig niederer
                              									Temperatur zusammen. Große Mengen von Fluorsilicium entwichen unter starkem
                              									Blasenwerfen des geschmolzenen Glases. Nach 2stündigem Schmelzen und fleißigem
                              									Umrühren wurden einige Proben gezogen. Sie erstarrten farblos durchsichtig,
                              									wenigstens bei rascher Abkühlung; durch Anwärmen bis zur Erweichung wurden sie
                              									plötzlich durch die ganze Masse trübe durch äußerst feine weißliche, selbst unter
                              									dem Mikroskop kaum erkennbare Ausscheidungen. Der im Tiegel äußerst langsam
                              									erkaltete Rest des Glases zeigte ein verschiedenes Aussehen. Das Glas war, wenn auch
                              									noch milchig, immerhin nicht so intensiv weiß wie die gezogenen und nachher
                              									erhitzten, also zum Anlaufen gebrachten Proben. Im Dünnschliff unter dem Mikroskop
                              									löst sich das Glas in eine wenig getrübte Grundmasse mit rundlichen wavellitartigen
                              									Ausscheidungen einer krystallisirten weißen Substanz auf. Die qualitative Analyse
                              									dieses Glases ergab mit Bestimmtheit einen Fluorgehalt. Bei Behandlung des
                              									feingeriebenen Glases mit Schwefelsäure entwich Kieselfluorwasserstoffsäure. Die
                              									quantitative Bestimmung ergab 1,74 Proc. Fluor.
                           Es ist bereits erwähnt, daß beim Niederschmelzen Ströme von Fluorsilicium entweichen;
                              									der größere Antheil des Fluors im Kryolith mußte nach den Ergebnissen der
                              									quantitativen Bestimmung abgeschieden und konnte nur ein kleiner Rest noch
                              									zurückgeblieben sein. Dieser kleine Rückstand an Fluor läßt sich jedoch ebenfalls
                              									noch entfernen. Das oben beschriebene milchige Glas wurde mit Quarzmehl gemengt und
                              									abermals niedergeschmolzen. Es entwich aufs Neue Fluorsilicium gasförmig, aber erst
                              									nach mehrstündigem Schmelzen bei hoher Temperatur gelangte das bis dahin Blasen
                              									werfende Glas zu völlig ruhigem Fluß. Gezogene Proben erstarrten durchsichtig mit
                              									einem geringen Stich ins Grüne; zum Anlaufen waren sie in keiner Weise mehr zu
                              									bringen; selbst der im Tiegel gebliebene, sehr langsam erkaltete Rückstand blieb
                              									vollständig klar. Die qualitative Prüfung des so gewonnenen Glases ergab die
                              									Abwesenheit von Fluor; der letzte Antheil desselben mußte in Verbindung mit Silicium
                              									als Fluorsilicium entwichen sein. Es ist damit nachgewiesen, daß der Fluorgehalt für
                              									die Bildung des Kryolithmilchglases eine entscheidende Bedingung ist, und es handelt
                              									sich nur noch darum zu untersuchen, in Verbindung mit welchen Metallen das Fluor
                              									sich befindet. In Verbindung, mit Calcium als Fluorcalcium kann es wohl nicht
                              									vorhanden sein; denn als Flußspath wird dieses seit Langem in der Glastechnik als
                              									Flußmittel benutzt, ohne daß beim Verschmelzen mit diesem Stoffe die Entstehung von
                              									Milchglas beobachtet wäre. In gleicher Weise ist vom Fluornatrium abzusehen; dieses
                              									Salz ist in Wasser
                              									löslich, während die krystallinischen Ausscheidungen im Kryolithmilchglase darin
                              									unlöslich, nur von kochenden Säuren aufgenommen werden. Ferner ließe sich annehmen,
                              									daß die Fluorwasserstoffsäure zunächst in Verbindung mit Kieselsäure getreten sei
                              									und damit Kieselfluorwasserstoffsäure gebildet habe, die dann als Natrium-
                              									oder Calciumsalz diese Ausscheidungen veranlasse; aber auch diese Möglichkeit ist
                              									durch den folgenden Versuch ausgeschlossen. Man schmolz
                                       100
                              									Glasbrocken (Kalkglas) und
                           10 Kieselfluornatrium
                           zusammen; es erfolgt ein gut geschmolzenes Glas mit grünlichem
                              									Schein; aber es konnte in keiner Weise zum Anlaufen gebracht werden. Es bleibt somit
                              									nur die Annahme übrig, daß die Ausscheidungen eine Verbindung sind, in welcher Fluor
                              									und Aluminium die hauptsächlichsten Bestandtheile ausmachen, ob mit Fluornatrium
                              									verbunden, oder nicht, ist kaum zu entscheiden. Jedenfalls ist wiederum
                              									festzuhalten, daß das Glas im feurigen Fluß ein Lösungsmittel ist für eine
                              									Fluoraluminiumverbindung. Aus der Lösung wird je nach dem Sättigungsgrade und der
                              									Art des Erkaltens der feuerflüssigen Lösung die gelöste Verbindung in den
                              									verschiedensten Formen von milchweißem mikroskopischem Nebel bis zu deutlich
                              									erkennbaren Krystallgruppen erhalten.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)