| Titel: | Aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 168 | 
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                        Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
                           								des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die
                           								Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell.
                        (Schluß von S. 78 dieses Bandes.)
                        Ebell, über die Krystallisation von Metalloxyden aus dem
                           								Glase.
                        
                     
                        
                           5. Mit schwefelsauren Salzen
                                 										geschmolzene Gläser.
                           Pelouze hat bereits dargethan, daß aus Sulfat
                              									geschmolzenes Spiegelglas unter Umständen bis zu 3 Proc. schwefelsaures Natrium
                              									enthalten könne (vgl. 1865 178 134) 1867 184 310). Zur Prüfung dieser Angabe und um überhaupt
                              									festzustellen, wie viel Sulfat vom Glase bei hoher Temperatur gelöst werden könne,
                              									wurden Glasbrocken mit überschüssigem schwefelsaurem Natrium niedergeschmolzen. Ein
                              									Theil des Glases ging verloren, weil das Sulfat als kräftig aufschließend wirkendes
                              									Mittel den Tiegel durchlöcherte; der Rest jedoch, einer langsamen Abkühlung
                              									unterworfen, gab ein klar geläutertes Glas, worin keine Ausscheidungen zu bemerken
                              									waren. Dennoch wies die Analyse einen Gehalt an Schwefelsäure nach, der nur an
                              									irgend eine Basis gebunden, vom Glase gelöst, darin enthalten sein kann:
                           1g,737 Glas lieferten 0g,1026 schwefelsaures Barium = 0g,0427 Schwefelsäure, entsprechend = 2,46
                              									Proc.
                           Es sind demnach 2,46 Proc. Schwefelsäure in Verbindung mit einer Basis vom Glase
                              									gelöst; angenommen, die Schwefelsäure sei an Natrium gebunden, so ergibt sich ein
                              									Gehalt von 3,6 Proc. schwefelsaurem Natrium im Glase.
                           
                        
                           6. Mit Schwefelmetallen geschmolzene
                                 										Gläser.
                           Schwefelnatrium und Schwefelkalium ertheilten den Glasflüssen, selbst in geringer
                              									Menge zugesetzt, eine intensive, ins Braune gehende rothe Farbe. In der Glastechnik
                              									hat man sie meines Wissens nie direct, wohl aber indirect bei der Färbung des
                              									(Natriumsulfat enthaltenden) Glases mit Kohle verwendet; den damit erzeugten Farben
                              									gebricht es an dem bei Glasfarben sonst gewöhnlichen Feuer. Bei Behandlung mit
                              									Sulfüren ist die Farbennüance je nach der Schwefelungsstufe des Alkalis eine
                              									verschiedene; recht schön rothe Töne sind zu erzielen mit mehrfach geschwefelten
                              									Alkalimetallen.
                           Beim Niederschmelzen eines Glases mit Schwefelleber entstand ein homogenes Glas, in
                              									dünnen rasch erkalteten Fäden durchsichtig, tiefroth; langsam erkaltet dagegen voll
                              									von Ausscheidungen in verschiedenen Größen, von der feinsten mit dem Mikroskop nicht
                              									auflösbaren Trübung bis zu deutlich wahrnehmbaren krystallinischen Punkten.
                           Die Analyse ergab einen Gehalt an Schwefel; es war demnach das Schwefelalkali vom
                              									Glase gelöst und hatte sich zum Theil wieder daraus abgeschieden. Anstatt die
                              									Schwefelmetalle dem Glassatze beizumischen, genügt auch ein bloser Zusatz von
                              									Schwefel, vorausgesetzt, daß das Glas Soda (Kali) enthält. Auf diese Weise gefärbte
                              									Gläser geben jedoch, in sofern sich keine Polysulfurete bilden können, nie ein so
                              									schönes, sondern ein mehr ins Braune gehendes Roth.
                           Bei Gelegenheit der Versuche des Färbens durch Eintragen von Schwefelstücken in ein
                              									fertig geläutertes Glas (in der Voraussetzung, einer dabei stattfindenden Bildung
                              									von Schwefelnatrium) wurde die Beobachtung gemacht, daß sich nicht alle Gläser
                              									gleich gegen den Schwefel verhalten. In der That nahmen einige eine intensiv
                              									braunrothe Farbe an, andere veränderten sich gar nicht und blieben farblos
                              									durchsichtig. Wie die Analyse der Gläser ergab, kommt allen durch Schwefel nicht
                              									gefärbten, ein höherer Kieselsäuregehalt zu, als den mit Schwefel braunroth
                              									gewordenen. Damit war darauf hingewiesen, die Ursache hiervon in der chemischen
                              									Zusammensetzung des Glases zu suchen. Um diese Frage zu entscheiden, wurde eine
                              									Reihe von Schmelzungen angestellt mit wechselnden Mengen an Kieselsäure. Nach der
                              									vollständigen Läuterung der Schmelzproducte trug man bei voller Glut Schwefel in
                              									Stücken ein und tauchte dieselben mittels eines langen Glasstabes unter. Der
                              									entstehende stark aufpuddelnde Schwefeldampf förderte die innige Mischung. Folgendes
                              									sind die dem Versuch unterworfenen Sätze:
                           
                              
                                 
                                 I. Reihe.
                                 
                                 II. Reihe.
                                 
                              
                                 a)
                                 300
                                 Sand
                                 a)
                                 150
                                 Sand
                                 
                              
                                 
                                   35,5
                                 Kreide
                                 
                                   35,5
                                 Kreide
                                 
                              
                                 
                                   80
                                 calc. Soda
                                 
                                   80
                                 Soda
                                 
                              
                                 
                                   40
                                 Salpeter
                                 
                                   40
                                 Salpeter
                                 
                              
                                 b)
                                 200
                                 Sand
                                 b)
                                 160
                                 Sand
                                 
                              
                                 
                                   35,5
                                 Kreide
                                 
                                   35,5
                                 Kreide
                                 
                              
                                 
                                   80
                                 Soda
                                 
                                   80
                                 Soda
                                 
                              
                                 
                                   40
                                 Salpeter
                                 
                                   40
                                 Salpeter.
                                 
                              
                                 c)
                                 180
                                 Sand
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   35,5
                                 Kreide
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   80
                                 Soda
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   40
                                 Salpeter
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           An Kieselerde reiche Sätze der ersten Reihe blieben mit dem Eintragen von Schwefel
                              									unverändert und farblos, während die an Kieselerde armen Sätze der zweiten Reihe
                              									intensiv gefärbt erschienen. Der Gehalt an Kieselsäure ist demnach für die Annahme
                              									oder Nichtannahme der Färbung entscheidend. Es ist schon früher dargethan, daß diese
                              									Färbung des Glases von nichts anderm als gelöstem Schwefelnatrium herrühren kann.
                              									Nur da kann sich Schwefelnatrium bilden, wo der Schwefel mit disponiblem Alkali
                              									zusammentrifft. Es erscheint danach der Schluß einigermaßen gerechtfertigt, daß ein
                              									Glas, welches die Fähigkeit besitzt, nach vollständiger Läuterung mit Schwefel sich
                              									braun zu färben, freies, nicht an Kieselsäure oder andere Säuren gebundenes Alkali
                              									gelöst enthält.
                           Vielleicht könnte eingewendet werden, der Schwefel sei im Stande, der Kieselsäure die
                              									Basen zu entziehen und sie zu schwefeln; die Braunfärbung beweise also nicht die
                              									Anwesenheit von freiem Alkali. Dem entgegen ist noch zu bemerken, daß die
                              									Kieselsäure bei hoher Temperatur eine sehr starke Säure ist und die Verwandtschaft
                              									des Schwefels zu den Metallen bei diesen Temperaturen dazu kaum hinreichen dürfte.
                              									Ferner ist die Grenze zwischen den durch Schwefel färbbaren und den damit nicht
                              									färbbaren Gläsern eine sehr eng gezogene, und genügt in der Nähe dieser Grenze eine
                              									geringe Menge Kieselsäure, um das Glas aus der einen Kategorie in die andere zu
                              									verweisen. Der Schwefel ist in der That ein scharfes Reagens für das Verhältniß
                              									zwischen Kieselerde und Alkali in dem Glase, d.h. für das Vorhandensein von
                              									disponiblem (im Glase wohl als frei anzunehmendem) Alkali. Wie die Lackmustinctur in
                              									Flüssigkeiten angibt, ob Säure oder Basen im Ueberschuß vorhanden sind, thut es der
                              									Schwefel in feurigflüssigen Lösungen. Der neutrale Punkt kann angenähert gefunden
                              									und die überwiegende Säure damit zu gleicher Zeit nachgewiesen werden.
                           Die Schwefelreaction scheidet alle Gläser und ähnliche Schmelzproducte in zwei
                              									Reihen, in saure Gläser und in basische Gläser; der neutrale Punkt liegt zwischen
                              									beiden Reihen und kann durch Versuche ermittelt werden.
                           Benrath hat bereits in seinen Arbeiten über die
                              									Constitution der Gläser zwei Reihen von Gläsern angenommen und durch ausgedehnte
                              									Versuche das dem neutralen Glase entsprechende Verhältniß von Kieselsäure zu den
                              									Basen festzustellen gesucht. Er nimmt für dasselbe die Formel (RO₂ +
                              									SiO₂) an. Die schon oben beschriebenen, nach ihrem Verhalten gegen Schwefel
                              									dem Grenzverhältniß zunächst stehenden Gläser können zur Entscheidung dieser Frage
                              									benutzt werden. Es sind dies die den Sätzen II b und I
                              										c entsprechenden Schmelzproducte. Die beiden Sätze
                              									waren: 
                              								
                           
                              
                                 I b (verändert
                                    											sich nicht mit Schwefel).
                                 II a (wird mit Schwefel
                                    											braun).
                                 
                              
                                 Sand
                                 150
                                 180
                                 
                              
                                 Kreide
                                     35,5
                                      35,5
                                 
                              
                                 Soda
                                   80
                                   80
                                 
                              
                                 Salpeter
                                   40
                                    40.
                                 
                              
                           Die daraus geschmolzenen Gläser wurden zur Feststellung ihrer Zusammensetzung der
                              									Analyse unterworfen. Mit kohlensaurem Natrium aufgeschlossen, konnte die Kieselsäure
                              									nach der gebräuchlichen Methode durch Eindampfen abgeschieden werden. Ebenso die
                              									Thonerde mit Ammoniak, der Kalk mit oxalsaurem Ammoniak. Die Alkalien wurden in
                              									einer zweiten mit Fluorammonium aufgeschlossenen Probe bestimmt und Kali und Natron
                              									durch indirecte Analyse ermittelt.
                           Analyse von II b: In Arbeit 1g,282 Glas mit kohlensaurem Natrium
                              									aufgeschlossen, ergab 0g,855 Kieselsäure,
                              										0g,100 Kalk und 0g,026 Thonerde.
                           Eine zweite Probe = 0g,487, mit Fluorammonium aufgeschlossen, ergab 0g,1915 Chlornatrium und Chlorkalium mit
                              										0g,428 Chlorsilber = 0g,106 Chlor.
                           Daraus berechnet sich die folgende procentische Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 66,69
                                 
                              
                                 Aetzkalk
                                   7,89
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   2,03
                                 
                              
                                 Kali
                                 10,20
                                 
                              
                                 Natron
                                 11,91
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 98,72.
                                 
                              
                           Analyse von I c: 1g,9036 des Glases mit kohlensaurem Natrium
                              									aufgeschlossen und wie oben analysirt, ergaben 1g,3047 Kieselsäure. Eine zweite Probe von 2g,2685 lieferte 0g,090 Thonerde und 0g,1117 Kalk. Bei der Bestimmung der
                              									Alkalien erhielt man aus 1g,0737 Glas 0g,3893 Chlorkalium + Chlornatrium mit 0g,2187 Chlor.
                           Aus diesen Daten berechnet sich die Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 68,60
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   3,96
                                 
                              
                                 Kalk
                                   4,92
                                 
                              
                                 Kali
                                   7,84
                                 
                              
                                 Natron
                                 12,54
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 97,86.
                                 
                              
                           Berechnet man nun aus der procentischen Zusammensetzung das Atomverhältniß zwischen
                              									Säuren und Basen, so ergeben sich folgende Verhältnisse: In dem mit Schwefel noch
                              									gelb gewordenen, nach der Voraussetzung also basischen Glase kommen auf 1 At. Basen
                              									2,33 At. Kieselsäure; in dem zweiten mit Schwefel nicht mehr gelb gewordenen, also
                              									nach der Voraussetzung sauren Gase dagegen auf 1 At. Basen 2,73 At. Kieselerde. Das
                              									Verhältniß von Säure zur Basis im neutralen Glase muß nun zwischen den gefundenen
                              									Werthen in der Mitte liegen. Wegen der bei der Analyse unvermeidlichen Fehler, und
                              									weil nicht anzunehmen ist, daß die analysirten Gläser von der Neutralität genau
                              									gleich weit abstehen, kann das gesuchte Verhältniß zwar nicht mathematisch genau dem
                              									Mittelwerthe gleichkommen, aber es wird sich von demselben nur sehr wenig entfernen.
                              									Der Mittelwerth zwischen beiden in Rede stehenden Gläsern ist nun auf 1 Atom
                              									Kieselerde 1/2 (2,33 + 2,73) = 2,53 At. Basis. Nimmt man dafür 1 : 2,5 = 2 : 5, so
                              									wäre die Formel des neutralen Glases RO + 2,5 SiO₂ oder 2 RO + 5 SiO₂.
                              									Der gefundene Sättigungsgrad für das neutrale Glas würde erst zur vollen Geltung
                              									gelangen, wenn er sich auch bei andern im chemischen Bestande vollständig
                              									verschiedenen Gläsern der oben gefundenen Formel entsprechend herausstellt.
                           Zur Prüfung der Frage in dieser Richtung stellte man anders zusammengesetzte Gläser
                              									her. Sie enthalten an Stelle des Kalkes Baryt, während zugleich das Kalium durchaus
                              									durch Natrium ersetzt ist. Die Behandlung beim Schmelzen ist vollständig dieselbe
                              									wie bei den vorigen Gläsern. Die beiden Sätze sind nun:
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                              
                                 Sand
                                 160
                                 150
                                 
                              
                                 Kohlensaurer Baryt
                                   73,48
                                   73,48
                                 
                              
                                 Soda
                                   80
                                   80
                                 
                              
                                 Natronsalpeter
                                   33,6
                                   33,6.
                                 
                              
                           Das Glas aus der Mischung a nahm
                              									beim Eintragen von Schwefel nicht die geringste Färbung an, während das Glas aus
                              									Mischung b unter denselben Bedingungen deutlich
                              									gelbbraun wurde. Die quantitative Analyse der beiden Gläser führte zu folgenden
                              									Resultaten:
                           a) 1g,5277 Glas
                              									ergaben 0g,9869 Kieselsäure = 64,6 Proc.;
                              										0g,3290 schwefelsaures Barium = 14,1
                              									Proc. Baryt; 0g,039 Thonerde = 2,55 Proc.
                              									und Natron als Rest.
                           b) 1g,162 Glas
                              									ergaben 0g,735 Kieselerde = 63,26 Proc.;
                              										0g,0205 Thonerde = 1,76 Proc.; 0g,278 schwefelsaures Barium = 15,71 Proc.
                              									Baryt; 0g,8615 Glas lieferten 0g,3837 schwefelsaures Natrium = 19,45 Proc.
                              									Natron.
                           Zusammenstellung in Procenten:
                           
                              
                                 
                                 
                                    a.
                                    
                                 
                                    b.
                                    
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                   64,60
                                   63,26
                                 
                              
                                 Thonerde
                                     2,55
                                     1,76
                                 
                              
                                 Baryt
                                   14,10
                                   15,71
                                 
                              
                                 Natron
                                   18,75
                                   19,45
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,18.
                                 
                              
                           
                           Aus den Resultaten der Analyse berechnet sich für a ein Verhältniß der Basen zu der Kieselsäure für a wie 1 : 2,57 At., für b
                              									wie 1 : 2,44 At. und aus beiden Verhältnissen der mittlere Werth = 1 : 1/2 (2,57 +
                              									2,44) = 1 : 2,50. Also auch für das neutrale Barytglas ergibt sich die Formel RO +
                              									2,5 SiO₂ = 2 RO + 5 SiO₂.
                           
                        
                           Schlußfolgerungen.
                           Aus den bis dahin mitgetheilten Untersuchungen über die Natur des Glases ergeben sich
                              									im Ganzen folgende Wahrheiten.
                           Die Verbindungen der Kieselerde mit den Erden, Alkalien etc. sind im feurigen Flusse
                              									kräftige Auflösungsmittel für Metalle als solche, für Metalloxyde und Salze.
                           Die im feurigen Fluß aufgelösten Stoffe nehmen beim Erkalten je nach den dabei
                              									obwaltenden Bedingungen verschiedene Zustände an. Ist die Erkaltung rasch, so
                              									erstarrt die Lösung als solche; es entsteht eine homogene amorphe Masse; ist die
                              									Erstarrung langsam, so scheiden sich die gelösten Körper aus, entweder amorph
                              									(Kupfer in Hämatinon) oder in Krystallen (Kupfer in Aventurin, Thonerde,
                              									Magneteisen, Chromoxyd, Zinnoxyd etc.).
                           Das gemeine, hüttenmäßig erzeugte Glas (Hohl-, Tafel-, Spiegelglas
                              									etc.) ist eine im feurigen Fluß hervorgebrachte Lösung von Metalloxyden und Salzen
                              									in geschmolzenen Silicaten, als Lösung erstarrt. Ebenso die mit Gold, Silber und
                              									Kupfer gefärbten durchsichtigen Gläser. Die undurchsichtigen Erzeugnisse der
                              									Glasmacherkunst dagegen – wie Hämatinon, Kupfer- und Chromaventurin,
                              									Milchglas u.a. – sind Geschmelze, bei denen im Erstarren Ausscheidungen statt
                              									gefunden.
                           Die Ansicht, daß Metalle als solche von schmelzendem Glasfluß aufgenommen werden,
                              									findet in der Thatsache eine besondere Stütze, daß Metalle wie Gold im feurigen Fluß
                              									nur regulinisch gedacht werden können. Nicht minder stehen der Ansicht, daß auch
                              									Metalloxyde im feurig flüssigen Glasfluß gelöst (nicht chemisch gebunden) vorhanden
                              									sein können, bedeutsame Thatsachen zur Seite. Dahin gehört die ungeheure Menge, in
                              									der sie aufgenommen werden, und zwar im Widerspruch zu einfachen stöchiometrischen
                              									Verhältnissen (z.B. 54 SiO₂ + R₂O₃ + 5 RO). Ferner die
                              									Thatsache, daß die Ausscheidungen der dem Glase einverleibten Metalloxyde wesentlich
                              									von der Art der Abkühlung abhängen, ganz wie bei Lösungen sonst, namentlich aber von
                              									der Dauer der Langsamkeit der Abkühlung. Endlich gehört die Thatsache hierher, daß
                              									die Quantität an Metalloxyden, welche daran reiche Gläser nach der durch Erkalten stattgehabten
                              									Ausscheidung noch unausgeschieden enthalten, gewöhnlich kleiner ist als der Gehalt
                              									an Metalloxyd armer Gläser, die unter keinen Umständen Ausscheidungen liefern.
                           Daß Salze der Schwefelsäure (Natriumsulfat), der Phosphorsäure (Beinasche) als solche
                              									von schmelzenden Silicaten aufgenommen werden, ist außer allem Zweifel. Sie können
                              									nicht wohl anders als einfach gelöst im Glase enthalten sein, wenn man nicht
                              									Verbindungen von Natriumphosphaten mit Kieselerde, von Sulfaten mit Kieselerde
                              									u.s.w. annehmen will.
                           Von Kieselerde, in größerm Betrage dem schmelzenden Glase zugesetzt, ist es
                              									mindestens höchst wahrscheinlich, daß sie nur theilweise chemisch gebunden, der Rest
                              									aber einfach gelöst wird.Die inzwischen gepflogenen, noch nicht beendigten Untersuchungen über die
                                    											ausschließlich mit Alkali geschmolzenen Gläser haben den experimentellen
                                    											Beweis zu dieser Annahme geliefert. Die Form der Ausscheidungen weist darauf hin; ebenso die dem geschmolzenen
                              									Quarz so nahekommende Beschaffenheit des Glases. Aehnliches gilt vom Kalk.
                           Von den Alkalien ist gewiß, daß sie, wenn ihr Betrag eine gewisse Höhe erreicht,
                              									nicht in einerlei Zustande im Glase enthalten sein können; nur ein gewisser
                              									Ueberschuß ist disponibel für die Färbung des Glases durch Schwefel. Es dürfte auch
                              									hier der Schluß nicht allzu kühn sein, daß dann ein Theil des Alkalis nur gelöst im
                              									Glase enthalten und mit demselben erstarrt ist. Kalium- oder Natriumoxyd in
                              									glasiger Lösung fest geworden, kann sich wohl – wie Jedermann zugeben wird
                              									– nicht ebenso verhalten, wie blos geschmolzenes Hydrat.