| Titel: | Ueber die Bestimmung der salpetrigen Säure und Salpetersäure; von G. Lunge. | 
| Autor: | Georg Lunge [GND] | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 285 | 
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                        Ueber die Bestimmung der salpetrigen Säure und
                           								Salpetersäure; von G.
                              								Lunge.
                        (Schluß von S. 189 dieses Bandes.)
                        Lunge, über Bestimmung der salpetrigen Säure und
                           								Salpetersäure.
                        
                     
                        
                           II. Bestimmung der salpetrigen
                                 										Säure.
                           Die wichtigsten hier in Betracht kommenden Methoden, namentlich soweit sie bei der
                              									Prüfung von „Nitrose“ angewendet worden, sind die mit
                              									Chamäleon, mit Kaliumbichromat, mit Harnstoff und durch Reduction zu Ammoniak (nach
                              										Sievert u.a.).
                           Die Angaben verschiedener Chemiker weichen hier noch weiter ab als für die Bestimmung
                              									der Salpetersäure; es kann aber dies darauf zurückgeführt werden, daß wohl die
                              									allerwenigsten derselben die von ihnen angewendeten Methoden mit einem
                              									Ausgangsmateriale von absolut sicherer Zusammensetzung controlirt haben, welches
                              									freilich in diesem Falle nicht so leicht wie für Prüfung von Salpetersäure zu
                              									beschaffen ist.
                           Für meine Versuche diente als Ausgangsmaterial reines Silbernitrit, erhalten durch
                              									Fällung einer Lösung von Silbernitrat mit Natriumnitrit und zweimaliges
                              									Umkrystallisiren; die erhaltenen, hellgelben, nadelförmigen Krystalle wurden ohne
                              									Anwendung von Fließpapier in einer Porzellanschale über Schwefelsäure in der Luftleere
                              									getrocknet, weil beim Erhitzen im Wasserbad oder im Luftbad bei 80° schon
                              									theilweise Bräunung und Geruch nach salpetriger Säure bemerkt wurde. Das getrocknete
                              									Salz war so gut wie völlig reines Ag NO₂ (0g,478 ergaben nach dem Glühen: 0g,3357 Ag, berechnet 0,3352; 0g,5057 geglüht = 0,3532, berechnet 0,3546).
                              									Wo thunlich, wurde das Salz direct angewendet, meist aber in einer Lösung in der
                              									oben erwähnten reinen Schwefelsäure von 1,842 spec. Gew., welche freilich durch
                              									einen kleinen Kunstgriff so dargestellt werden mußte, daß bei der Vermischung nicht
                              									salpetrige Säure frei werden und unabsorbirt durch Schwefelsäure entweichen konnte.
                              									Es wurden nämlich immer 5g Silbernitrit
                              									(genau abgewogen) in ein kleines Bechergläschen gebracht, ein großes umgekehrtes
                              									Becherglas darüber gedeckt und das Ganze, unter Andrücken des kleinen Becherglases
                              									an den Boden des großen, so umgekehrt, daß sämmtliches Silbernitrit unter dem jetzt
                              									umgedrehten kleinen Becherglase sich am Boden des großen befand. Indem nun das
                              									kleine Becherglas mit einem Glasstabe niedergedrückt wurde, goß man concentrirte
                              									Schwefelsäure in das große ein, bis sie über dem kleinen Becherglas stand und
                              									lüftete das letztere ganz allmälig, um die Säure zu dem Silbernitrit gelangen zu
                              									lassen. Da nun beim Zusammentreffen der beiden die freigewordene salpetrige Säure
                              									eine hohe Schicht concentrirter Schwefelsäure über sich hatte, so wurde sie sofort
                              									vollständig absorbirt, und nur eine oder zwei Blasen Gas entwickelt. Das Ganze wurde
                              									dann durch Zusatz von mehr Schwefelsäure auf 500cc gebracht; es waren also dann in 100cc dieser „Silbernitrose“, wie ich sie nennen will,
                              									je 1g Silbernitrit aufgelöst, entsprechend
                              										0g,2467 N₂O₃. Die
                              									Flüssigkeit war vollständig klar, indem sich das erst ausgeschiedene Silbersulfat
                              									beim Umrühren auflöste, wahrscheinlich zu einem sauren Salze, und zeigte ein spec.
                              									Gew. von 1,851. Ob darin die salpetrige Säure in der Form von Nitrosulfonsäure
                              									 oder in irgend welcher andern Form vorhanden ist, bleibt für unsern Zweck
                              									gleichgiltig, da sie gegen Oxydationsmittel sich immer so verhält, als sei sie in
                              									der Flüssigkeit frei, als NO₂H, vorhanden.
                           a) Titriren mit Chamäleon
                              									(Methode von Feldhaus), wobei die salpetrige Säure zu Salpetersäure oxydirt wird.
                              									Man kann entweder das Chamäleon zur Nitrose setzen oder umgekehrt. Ersteres soll man
                              									nach C. A. Winkler thun können, ohne Verlust an NO
                              									befürchten zu müssen, wenn man eine gewöhnliche Nitrose (welche freilich die
                              									zehn- und mehrfache Stärke unserer „Silbernitrose“ hat)
                              									mit dem vierfachen Volum einer concentrirten Schwefelsäure versetzt und dann in eine große Menge Wasser
                              									gießt. Im umgekehrten Falle aber kommt jeder Tropfen Nitrose sofort mit einem
                              									Ueberschusse von Chamäleon in Berührung und muß sofort oxydirt werden; man wird
                              									daher schon von vornherein diesem Verfahren größere Genauigkeit als dem erstem
                              									zuschreiben können, was auch durch den Versuch bestätigt worden ist. Die Oxydation
                              									der salpetrigen Säure durch Chamäleon findet bei sehr großer Verdünnung in der Kälte
                              									nicht augenblicklich, sondern erst nach etwa einer Minute statt, bei mäßiger
                              									Erwärmung fast augenblicklich.
                           1. Versuch. 10cc
                              									Halbnormal-Chamäleonlösung, entsprechend 0,095 N₂O₃, verdünnt
                              									mit 200cc Wasser, Silbernitrose aus einer
                              									Gay-Lussac'schen Bürette mit Blasrohr einfließen gelassen, bis das Chamäleon
                              									grade entfärbt war, wobei die Temperatur auf 50 bis 60° stieg. Verbraucht
                              										40cc,4, angezeigt 0,95 : 40,4 = 0,235
                              									statt 0g,246 N₂O₃ auf 100cc Nitrose.
                           2. Versuch. 9cc
                              									Chamäleon, wie oben, brauchen 36,4 Silbernitrose; gefunden 0,235
                              									N₂O₃.
                           3. Versuch. 5cc
                              									Chamäleon mit 200cc Wasser brauchen 20,1
                              									Nitrose = 0,236 N₂O₃.
                           4. und 5. Versuch. Genau dasselbe Resultat.
                           Bei weniger Wasserzusatz stieg die Temperatur höher nämlich:
                           
                              
                                 
                                 
                                    cc
                                    
                                 
                              
                                   6. Versuch.
                                 5 Chamäleon
                                   20 H₂O
                                 Temperatur 87°
                                 brauchen 18,6 Nitrose
                                 
                              
                                   7.      „
                                 5          „
                                   20 H₂O
                                         
                                    											„       85°
                                       „      
                                    											18,7      „
                                 
                              
                                   8.      „
                                 5          „
                                   30 H₂O
                                         
                                    											„       83°
                                       „      
                                    											19,7      „
                                 
                              
                                   9.      „
                                 5          „
                                   30 H₂O
                                         
                                    											„        „
                                       „      
                                    											19,7      „
                                 
                              
                                 10.      „
                                 5          „
                                   50 H₂O
                                         
                                    											„       75°
                                       „      
                                    											20,1      „
                                 
                              
                                 11.      „
                                 5          „
                                   50 H₂O 
                                 
                                       „      
                                    											20,1      „
                                 
                              
                                 12.      „
                                 5          „
                                 100 H₂O
                                 
                                       „      
                                    											20,1      „
                                 
                              
                           Es scheint also erst bei einer gewissen Verdünnung (dem Zehnfachen der
                              									Chamäleonlösung) ein constantes Resultat erhalten zu werden; jedoch dürfte die
                              									Verdünnung nur darum wesentlich gewesen sein, weil bei meiner
                              										„Silbernitrose“ aus stärkster Schwefelsäure die
                              									Temperaturerhöhung beim Mischen mit Chamäleon ungemein groß war; bei Anwendung
                              									gewöhnlicher Nitrose von 60 bis 62° B. kann dies lange nicht in dem Maße
                              									eintreten, wie bei meiner Silbernitrose von 67°, und wird daher Verdünnung
                              									des Chamäleons kaum nöthig sein. Eine Reihe späterer Versuche hat dies vollkommen
                              									bestätigt (s.u.).
                           13. Versuch. Umgekehrt 20cc Silbernitrose mit 100cc Wasser verdünnt (Temperatur etwa
                              									40°), keine merkliche Gasentwicklung, verbrauchen nur 4,5 Chamäleon bis zur
                              									eintretender Rosafärbung, statt 5,2.
                           14. Versuch. Genau wie 13, Resultat identisch damit.
                           
                           15. Versuch. 10cc
                              									Nitrose + 100cc Wasser, erwärmt auf
                              									60°, brauchen 2,2, statt 2,6 Chamäleon.
                           16. Versuch. 20cc
                              									Nitrose mit 200cc Wasser, titrirt bei
                              									80°, brauchen 4,1 Chamäleon statt 5cc,2.
                           17. Versuch. 20 Nitrose mit 40 reiner concentrirter
                              									Schwefelsäure versetzt, dann in 250 Wasser gegossen (Temperatur 62°),
                              									brauchen 4,1 Chamäleon, statt 5,2.
                           18. Versuch. 20 Nitrose ebenfalls mit 40 concentrirter
                              									Schwefelsäure, dann mit 250 Wasser verdünnt und erst auf 40° abgekühlt,
                              									brauchen 4,0 Chamäleon, statt 5,2.
                           19. Versuch. 20 Nitrose mit 500 Wasser brauchen 4,4
                              									Chamäleon, statt 5,2.
                           Ich kann demnach C. A. Winkler's Angabe nicht bestätigen, daß
                                 										man durch Vertheilung von Nitrose in größern Mengen von concentrirter
                                 										Schwefelsäure und nachherige Verdünnung mit Wasser keinen Verlust an salpetriger
                                 										Säure erleidet, da bei den Versuchen 13 bis 16 schon die doppelte, bei 17
                              									und 18 die sechsfache Menge Schwefelsäure, und auf dieselbe Menge N₂O₃
                              									auch ebenso viel Wasser, vorhanden war, wie man nach Winkler braucht, ohne daß man damit einen großen Verlust an salpetriger
                              									Säure verhindern könnte; dagegen gibt das Einfließenlassen der
                                 										Nitrose in verdünntes Chamäleon bei mäßiger Wärme constante und hinreichend
                                 										genaue Resultate. Daß dieselben ein wenig, aber ganz gleichmäßig hinter der
                              									Berechnung zurückbleiben, kann leicht von dem Entweichen einer geringen Menge von
                              									N₂O₃ bei Herstellung der „Silbernitrose“
                              									herrühren (s. oben).Durch freundliche Privatmittheilung von Hrn. Prof. Winkler erfahre ich, daß derselbe jetzt in der Art arbeitet, daß
                                    											er 5 oder 10cc der Nitrose aus
                                    											einer Pipette auf den Boden eines mit etwa 0l,5 Wasser gefüllten Becherglases
                                    											auslaufen läßt, ohne zu mischen, und dann das
                                    											Chamäleon aus der Bürette zusetzt. Nach mehreren damit angestellten
                                    											Versuchen stehe ich nicht an, zuzugeben, daß diese Modification der Wahrheit
                                    											nähere und für die Fabrikpraxis schon ganz brauchbare Resultate ergibt; der
                                    											von mir angewendeten umgekehrten Methode kommt sie aber an Genauigkeit immer
                                    											noch nicht gleich.
                              								
                           b) Versuche mit der
                                 										Kaliumbichromatmethode. Durch die Güte des Hrn. P. Seybel zu Liesing bei Wien erhielt ich genaue Details über die Art und
                              									Weise, wie diese Methode nach Anleitung von Gerstenhöfer
                              									in verschiedenen Fabriken ausgeübt wird. Auch hier wird die Nitrose in eine Lösung
                              									von Kaliumbichromat von bestimmtem Gehalte einlaufen gelassen und das Ende der
                              									Reaction daran erkannt, daß die Farbe der Flüssigkeit von gelbgrün in blaugrün
                              									übergeht. Obwohl dieser
                              									Farbenwechsel bei einiger Uebung mit ziemlicher Schärfe zu erkennen ist und eine
                              									Reihe von Versuchen mir im Durchschnitt Resultate gaben, welche von denen der
                              									Chamäleonmethode nicht sehr abweichen, so ist es doch nie möglich, wie bei der
                              									Chamäleonmethode, mit völliger Sicherheit bis auf einen Tropfen genau zu arbeiten;
                              									man bleibt auf etwa 0cc,2 in Unsicherheit,
                              									was bei einer starken Nitrose, wie die von Uetikon, wo man nur wenige
                              									Cubikcentimeter im Ganzen verbraucht, einen ziemlich erheblichen Fehler geben kann.
                              									Jedenfalls kann die Methode an Sicherheit nicht der Chamäleonmethode gleichgestellt
                              									werden.
                           c) Versuch mit der Sievert'schen
                                 										Methode. Zwar war schon durch die oben beschriebenen Versuche die
                              									Ungenauigkeit dieser Methode für Salpetersäurebestimmung erwiesen worden; um jedoch
                              									zu ermitteln, ob etwa die Sievert'sche Methode für salpetrige Säure bessere
                              									Resultate gebe, wurde ein Experiment mit 1g
                              									Silbernitrose und 15g Aetznatron, 100cc Alkohol, 4g Eisen und 8g Zink gemacht, mit Vorschlagung von 20cc Normalsalzsäure. Versuchsdauer 3
                              									Stunden. Zurückgebraucht 29cc,7
                              									Halbnormal-Ammoniak, gefunden also 10,3 davon, statt 13,0, wie die Theorie es
                              									verlangt.
                           Weitere Versuche erschienen unnöthig, um zu constatiren, daß
                                 										auch in diesem Falle die Sievert'sche Methode nicht anwendbar, oder wenigstens
                                 										nicht verläßlich ist. Sei es, daß der Grund, warum einzelne Chemiker damit
                              									gute Resultate erhalten, während Finkener, ich selbst und
                              									Andere dies nicht thun, der von mir angegebene ist (Ueberspritzen oder
                              									salpeterhaltiges Aetzkali) oder irgend welcher andere, immerhin kann eine Methode,
                              									welche bei gewissenhafter Ausführung aller Cautelen so widersprechende Resultate
                              									gibt, nicht als zuverlässig gelten, und am allerwenigsten zur Controle anderer
                              									Methoden benutzt werden; es gilt darüber ganz dasselbe, was ich schon oben bei der
                              									Salpetersäurebestimmung über dieselbe Methode gesagt habe. Für die Titrirung von
                              									Nitrose, auf welche sich ja vorliegende Untersuchung im speciellen bezieht, hat die
                              									Methode noch den weitern Nachtheil, daß sie eine vorgängige Neutralisation der
                              									Nitrose durch Aetzalkalien erfordert, wobei trotz aller Vorsicht ein Verlust an
                              									Stickoxyd schwer zu vermeiden ist; derselbe zeigt sich selbst bei ziemlich
                              									bedeutender Höhe nicht in einer sichtbaren Gasentwicklung, weil das Stickoxyd in
                              									Wasser einigermaßen löslich ist; dies führt aber grade leicht zu der irrigen
                              									Meinung, daß kein Verlust eingetreten ist, während z.B. die Versuche mit Winkler's Verdünnungsmethode einen solchen
                              									nachweisen.
                           d) Versuche mit Harnstoff.
                              									Von englischen Chemikern wird namentlich auch zur Controle anderer Bestimmungsmethoden
                              									die bekannte Reaction zwischen salpetriger Säure und Harnstoff zur Bestimmung der
                              									erstern angewendet:
                           CON₂H₄ + N₂O₃ = CO₂ +
                              									2H₂O + 4N.
                           Zuerst scheint diese Methode von Peter Hart vorgeschlagen
                              									worden zu sein (Muspartt's Chemistry, vol. 2 p. 1040). Er löst salpetersauren Harnstoff in kochendem
                              									Wasser auf und setzt die Nitrose aus einer Bürette zu, bis ein Tropfen der Mischung
                              									durch Bläuung einer Jodkalium-Stärkelösung freie N₂O₃ anzeigt.
                              										1g,23 des salpetersauren Harnstoffes
                              									zeigen dabei 0g,760 N₂O₃
                              									an.
                           1. Versuch. 0g,123 salpetersauer Harnstoff in kochendem Wasser gelöst, welche 0g,076 N₂O₃, also 32cc,5 meiner Silbernitrose entsprechen,
                              									brauchten nur 18cc,0 davon.
                           2. Versuch. Dieselbe Quantität brauchte 17cc,5 Silbernitrose.
                           Schon lange vor diesem Punkte zeigte sich übrigens eine Bläuung der Tropfen von
                              									Jodkalium-Stärkelösung beim Zusatze von einem Tropfen der Mischung nach
                              									kurzer Zeit; eine scharfe Grenze ließ sich überhaupt nicht aufstellen; aber obige
                              									Zahlen beziehen sich auf den Punkt, wo die Bläuung sofort oder nach 2 bis 3 Secunden
                              									eintrat. Sie beweisen die völlige Unbrauchbarkeit der
                                 										Hart'schen Harnstoffmethode, was übrigens mit den Resultaten von Crowder (Chemical News, 1871
                              										vol. 24 p. 238) und Davis (ebenda 1872 vol. 25
                              										p. 124) stimmt; auch die Untersuchungen von Claus (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                              									1871 S. 140) über die Wirkungen der salpetrigen Säure auf den Harnstoff lassen
                              									dieses Resultat als sehr erklärlich erscheinen.
                           Das Hart'sche Verfahren ist nun von Crowder (a. a. O) in
                              									der Art abgeändert worden, daß die Harnstofflösung in einen Geißler'schen
                              									Kohlensäurebestimmungsapparat gebracht wird; die Nitrose kommt in den durch den
                              									Glashahn abgeschlossenen Behälter des Apparates, wird durch den Glashahn einlaufen
                              									gelassen, und nach Verjagung der Gase der Gewichtverlust bestimmt. Das Wasser wird
                              									durch die absperrende Schwefelsäure zurückgehalten; die CO₂ + 4N (= 100)
                              									zeigen die N₂O₃ (=76) an.
                           Dieses Verfahren erfordert drei sorgfältige Wägungen eines über 100g schweren Apparates auf einer feinen Wage,
                              									kostet auch wegen der nöthigen Abkühlung ziemliche Zeit und würde nur dann gelten
                              									können, wenn es genauer als das Chamäleonverfahren wäre. Dies ist aber nicht der
                              									Fall.
                           
                           1. Versuch. 25cc,8095 Nitrose von 1,851 spec. Gew., mit
                              										0g,0359 N₂O₃, geben
                              									0,0463 Gewichtsverlust = 0g,0357
                              									N₂O₃.
                           2. Versuch. 25cc,667 Nitrose, mit 0g,0341 N₂O₃, ergeben 0,0472
                              									Gewichtsverlust = 0g,0359
                              									N₂O₃.
                           3. Versuch. 25cc,2250 Nitrose, mit 0g,0336 N₂O₃, geben 0,0490
                              									Gewichtsverlust = 0g,0372
                              									N₂O₃.
                           4. Versuch. 26cc,2163 Nitrose mit Salpeter versetzt
                              									(siehe unten) von 1,859 spec. Gew., mit 0g,0347 N₂O₃, geben 0,0562 Gewichtsverlust = 0g,0427 N₂O₃.
                           Die Resultate von Crowder's Verfahren sind daher viel besser
                                 										als nach Hart, vermuthlich weil hier ein großer Ueberschuß von Harnstoff
                              									vorhanden ist (es wurden für jede Bestimmung 0g,5 salpetersaurer Harnstoff genommen; die Theorie erfordert für 0,036
                              									N₂O₃ nur 0g,0603 davon);
                              									immerhin aber sind sie zu ungleich und meist zu ungenau, als daß sie mit dem viel
                              									einfachern, schnellern und ganz gleichmäßige Resultate gebenden Chamäleonverfahren
                              									concurriren könnten.
                           Die von C. A. Winkler (Untersuchungen, S. 29) angegebene
                              									und für seine Analyse von Nitrose angewendete Bestimmungsmethode mit Bleisuperoxyd
                              									habe ich nicht geprüft, da Winkler sie selbst für nicht
                              									so zuverlässig wie die Chamäleonmethode erklärt, woneben sie auch noch ziemlich
                              									umständlich ist und höchst sorgfältige Manipulation verlangt.
                           
                        
                           III. Bestimmung von salpetriger und
                                 										Salpetersäure neben einander.
                           Es schien angemessen, zu untersuchen, ob die oben für geeignet befundenen Methoden
                              									zur Bestimmung dieser Säuren sich auch neben einander anwenden lassen. Als
                              									Ausgangsmaterial diente wiederum meine „Silbernitrose“, in
                              									welcher auf 100cc noch 1g reiner Kalisalpeter (genau gewogen)
                              									aufgelöst wurde. Es wurde nun in folgender Weise verfahren.
                           1. Versuch. 5cc
                              									Chamäleonlösung in dem oben beschriebenen Kochkolben mit Kautschukventil, verdünnt
                              									mit 50cc Wasser, verbrauchten 20cc,1 der Nitrose, also gefunden 0,236
                              									N₂O₃ auf 100 Volum. Jetzt werden dazu 50cc Eisenvitriollösung (entsprechend 31cc,7 Chamäleon) gefügt, der Stopfen mit
                              									Ventil eingesetzt, gekocht, bis alles NO vertrieben war (die Entwicklung derselben
                              									fing erst nach dem Kochen an) und nach dem Erkalten mit Chamäleon zurücktitrirt. Es
                              									mußte dabei also die durch die 5cc
                              									Chamäleon oxydirte salpetrige Säure als Salpetersäure bestimmt werden, zugleich mit
                              									der ursprünglich als Salpeter vorhandenen NO₃H, und letztere gefunden werden,
                              									wenn man für die 5cc Chamäleon jetzt 7cc,5 in Abzug brachte. (N₂O₃,
                              									das 5 Chamäleon braucht, um zu N₂O₅ oxydirt zu werden, entspricht 7,5 Chamäleon, wenn die
                              									N₂O₅ wieder durch Eisenvitriol zu NO reducirt wird.) Von den 31cc,7 Chamäleon, welche der
                              									Eisenvitriollösung entsprechen, wurden beim Zurücktitriren noch 12cc,25 gebraucht; also entsprechen der
                              									Salpetersäure 19,45. Davon gehen nach obigem ab 7,5 und verbleiben 11,95, welche
                              										0g,2012 NO₃K entsprechen;
                              									angewendet 20,1 × 0,01 = 0,201.
                           2. Versuch. 5 Chamäleon, 30 Wasser, verbrauchen 19,5
                              									Nitrose (= 0,2436 N₂O₃); in demselben Kolben mit 50 Eisensulfatlösung
                              									(= 31,6 Chamäleon) gekocht, zurückgebraucht 12,6 Chamäleon, also für Salpetersäure
                              									verbraucht 19,0; davon ab 7,5 für die salpetrige Säure, läßt 11,5 Chamäleon = 0,1936
                              									NO₃; angewendet 19,5 × 0,01 = 0,1950.
                           Es läßt sich also auf diesem Wege die neben der salpetrigen
                                 										Säure noch vorhandene Salpetersäure mit völliger Genauigkeit finden. Um
                              									diesem Schlusse durch einen Gegenversuch absolute Giltigkeit zu geben, wurde reine,
                              									nicht salpeterhaltige Silbernitrose in derselben Weise behandelt. 10cc,2 Chamäleon, verdünnt mit 100 Wasser,
                              									erforderten 39,8 Nitrose zur Entfärbung; versetzt mit 25 Eisenlösung (= 15,65
                              									Chamäleon), gekocht u.s.w.; zum Zurücktitriren verbraucht 0,5 Chamäleon. Nun
                              									entsprechen die zuerst angewendeten 10,2 Chamäleon 15,3 in der zweiten Titrirung; es
                              									hätten also 15,65 – 15,3 = 0cc,35
                              									zurückgebraucht werden sollen. Es wurden allerdings 0cc,15 mehr gebraucht; wenn man jedoch
                              									bedenkt, daß ein oder zwei Tropfen nöthig waren, um das ziemlich große
                              									Flüssigkeitsvolum deutlich zu färben, so wird man nicht anstehen können, das
                              									Resultat für völlig befriedigend zu erklären.
                           
                        
                           IV. Analysen einer Fabriknitrose
                              										(Gay-Lussac-Thurmsäure).Als solche diente eine von Gebrüder Schnorf zu
                                    											Uetikon am Zürichsee erhaltene Nitrose vom spec. Gew. 1,691 bei
                                    											15°.
                              								
                           Es empfiehlt sich hier die verdünnte Chamäleonlösung etwas zu erwärmen, weil die viel
                              									weniger concentrirte Fabriknitrose in der Flüssigkeit viel weniger Wärmeentwicklung
                              									hervorruft, als meine mit stärkster Schwefelsäure bereitete
                              										„Silbernitrose“. Wenn man indessen das Verdünnungswasser
                              									über 50° hinauserwärmt, ehe man die Chamäleonlösung zusetzt, und manchmal
                              									noch unter diesem Punkte, so trübt sich die Flüssigkeit beim Zusatz der Nitrose; es
                              									entsteht ein brauner flockiger Niederschlag (vermutlich MnO₂), welcher sich
                              									nur sehr träge löst, und die Titrirung etwas unsicher macht. Je weniger man
                              									verdünnt, bei desto niederer Temperatur findet diese Erscheinung statt. Am
                              									sichersten erwies es sich, 100° Wasser auf 40° bis höchstens
                              									45° zu erwärmen,
                              										20cc Halbnormal-Chamäleon
                              									zuzusetzen und Nitrose aus einer Bürette bis zur Entfärbung zuzusetzen; die Reaction
                              									tritt in der lauwarmen Flüssigkeit fast augenblicklich ein, während sie bei
                              									15° zuletzt nur träge eintritt und leicht zu übermäßigem Zusatz von Nitrose
                              									führen kann.
                           Die verbrauchten Quantitäten von Nitrose für 20cc Chamäleon waren in 11 Versuchen: 2 mal 4,5, 5 mal 4,6, 3 mal 4,7, 1 mal
                              									4,8; wenn bei 40° titrirt wurde, war das Resultat immer 4,6, nur einmal 4,5, also höchst gleichmäßig. Die 4cc,6 Nitrose mußten 20 × 0,095
                              									N₂O₃ enthalten, = 0,190, also 4g,13 N₂O₃ auf 100cc. Die Nitrose war daher fast völlig gesättigt; sie roch sehr stark nach
                              									salpetriger Säure.
                           Diese Nitrose wurde auch in der Art titrirt, daß 5cc derselben in einem kleinen Becherglase ohne Verdünnung vorsichtig mit
                              									etwa 3/4 der erforderlichen Chamäleonlösung (aus einer Bürette) überschichtet und
                              									ganz allmälig durch vorsichtiges Schwenken des Glases gemischt wurden; dann wurde
                              									mehr Chamäleon bis zur Rosafärbung zugesetzt und bei Anwendung eines trockenen
                              									Becherglases gefunden: 21,1, 21,5, 21,6, während den vorigen Bestimmungen auf dem
                              									umgekehrten Wege 21,7 entsprochen haben würde. Die Resultate sind also für
                              									technische Zwecke schon hinreichend genau, und jedenfalls genauer, als die nach der
                              										Winkler'schen Methode (Verdünnung von 5cc Nitrose mit 20cc reiner concentrirter Schwefelsäure,
                              									darauf mit 250cc Wasser), welche bei zwei
                              									Versuchen 20,3 und 20,8 statt 21cc,7
                              									Chamäleon erforderten.
                           Um auf Salpetersäure zu prüfen, wurden beim 1. Versuch 20
                              									Chamäleon mit Nitrose genau neutralisirt (verbraucht 4cc,6) dann 75cc Eisenvitriollösung (= 47,1 Chamäleon)
                              									und 30cc concentrirter Schwefelsäure
                              									zugesetzt, auch etwas Natriumbicarbonat vor dem Umschütteln in den Kolben geworfen.
                              									Gekocht bis zur völligen Austreibung der NO, zurücktitrirt, verbraucht 17cc,0 Chamäleon. Die den 20cc Chamäleon entsprechende
                              									N₂O₃ mußte jetzt 30 Chamäleon erfordern, und da dem Eisen 47,1
                              									entsprachen und 17,0 zurückgebraucht wurden, die 0,1 Chamäleon aber wohl auf die
                              									Färbung der Flüssigkeit gerechnet werden können, so bleibt für Salpetersäure
                              									eigentlich gar nichts.
                           2. Versuch. 5cc
                              									Nitrose brauchen 21,7 Chamäleon; dazu jetzt 75 Eisen (= 47,1 Chamäleon), 20
                              									Schwefelsäure, Natriumbicarbonat wie oben. Zurückgebraucht 14,5 Chamäleon, dazu 1,5
                              									× 21,7 = 32,55, im Ganzen 47,05; das Eisen zeigt 47,1 an, bleiben also nur
                              										0cc,05 Chamäleon oder ein Tropfen,
                              									welcher eben zur Rosafärbung der Flüssigkeit erforderlich war. Es ist also ganz sicher keine oder nur
                              									unsichere Spuren von Salpetersäure in der Nitrose aus Uetikon
                                 									vorhanden.
                           Dieses Resultat, welches um so bemerkenswerther ist, als die betreffende Nitrose ganz
                              									ungewöhnlich stark, in der That ganz gesättigt war, steht in starkem Contrast mit
                              									den Nitrose-Analysen von Kolb (Bulletin de la Société de Mulhouse, 1872
                              										p. 235) und C. A. Winkler
                              									(Untersuchungen über die chemischen Vorgänge in den Gay-Lussac'schen
                              									Condensationsapparaten, S. 34), welche darin, der Erstere 0,9 und 1,14, der Zweite
                              									0,256 Salpetersäure (als N₂O₅ berechnet) fanden. Es ist eigentlich
                              									nicht abzusehen, wie Salpetersäure in die Nitrose kommen soll, da sie doch nicht
                              									leicht den Weg quer durch das ganze Kammersystem durchmachen kann, und eine
                              									Wiederbildung von Salpetersäure aus dem Stickoxyd durch den Luftsauerstoff grade
                              									nach den Untersuchungen von Winkler (a. a. O) bei
                              									Gegenwart von Schwefelsäure nicht stattfindet. Man wird also wohl den Schluß wagen
                              									dürfen, daß auch mit diesem Widerspruche die analytischen Methoden etwas zu thun
                              									haben mögen. Sowohl Kolb als Winkler wenden Chamäleon an, jedoch Letzterer nach Verdünnung der Nitrose,
                              									was eben trotz seiner Vorsichtsmaßregeln zu Verlusten an salpetriger Säure und
                              									Bildung von Salpetersäure führt. Winkler sagt
                              									ausdrücklich (S. 34): „der bei der Analyse gefundene Salpetersäuregehalt
                                 										beträgt so überaus wenig“ (0,256 Proc. N₂O₅ kann man
                              									eigentlich nicht „überaus wenig“ gegenüber 2,55 Proc.
                              									N₂O₃ nennen), „daß ich weitere Untersuchungen für nutzlos
                                 										hielt und es dahin gestellt sein ließ, ob dieselbe von Haus aus darin vorhanden
                                 										gewesen sei, oder ob sie sich beim Zusammentreffen der Nitrosen Schwefelsäure
                                 										mit Wasser gebildet habe.“ Man sollte also eigentlich die, nach Winkler selbst, nach unsichern Methoden gemachte Analyse
                              									der Halsbrücker Nitrose nicht als Beweis für das Vorhandensein von Salpetersäure in
                              									der Nitrose anführen. Um jedoch nicht auf eine blose Vermuthung beschränkt zu sein,
                              									stellte ich folgende Proben an:
                           a) 20cc reine
                              										„Silbernitrose“ in 100cc Wasser gegossen, auf 40° abgekühlt, brauchen 3,8 Chamäleon =
                              									0,0361 N₂O₃ = 0,18 G. Th. auf 100 Vol. der Nitrose. Dazu jetzt 25cc Eisenlösung (= 15,6 Chamäleon), gekocht,
                              									zurücktitrirt; verbraucht 8,9 Chamäleon, also für Salpetersäure 15,6 – 8,9 =
                              									6,7 Chamäleon. Nun entsprechen den ursprünglich gebrauchten 3,8 nur 1 1/2 mal so
                              									viel, also 5,7, und es bleibt 1,0 Chamäleon für fertig gebildete Salpetersäure,
                              									welche, da sie in der Silbernitrose nicht vorhanden war, sich erst beim Verdünnen
                              									derselben mit Wasser gebildet haben konnte. Diese 1,0 Chamäleon entsprechen 0,009
                              									N₂O₅ = 0,045 Gew. Th. auf 100 Vol. Nitrose, oder 0,027 ursprünglich vorhandener
                              									Nitrose. Diese zu den ursprünglichen 0,18 gerechnet, macht 0,207 N₂O₃,
                              									was (für einen direct ermittelten Gehalt derselben von 0,235) noch 0,028
                              									N₂O₃ als in Form von NO entwichen vermuthen läßt.
                           b) 20 Nitrose und 150 Wasser brauchen 4,2 Chamäleon =
                              									0,0399 N₂O₃ oder 0,199 Th. N₂O₃ auf 100 Vol. Dazu 25
                              									Eisenlösung (= 15,6 Chamäleon); zurückgebraucht 8,5, für Salpetersäure also 7,1.
                              									Davon für die oben gefundene N₂O₃ 4,2 × 1,5 = 6,3, bleiben 0,8
                              									Chamäleon für beim Verdünnen gebildete Salpetersäure, also 0,0072 N₂O₅
                              									= 0,036 auf 100 Vol., entsprechend 0,021 N₂O₃; diese zu obigen 0,199
                              									gesetzt, macht 0,220 und läßt noch 0,015 N₂O₃ übrig, als in Form von
                              									NO verloren gegangen.
                           Es ist hiermit wohl hinreichend erwiesen, woher die von Winkler gefundene Salpetersäure gestammt hat. Wie freilich Kolb zu seinen noch viel höhern Zahlen dafür gekommen
                              									ist, bleibt mir ganz unverständlich, um so mehr als auch er die Nitrose in das
                              									Chamäleon einfließen ließ; ich glaube aber, daß nach dem von mir beigebrachten
                              									Materiale es jetzt eines positiveren Beweises bedürfen wird, wenn behauptet werden
                              									soll, daß in der Nitrose Salpetersäure anders als vielleicht spurenweise
                              									vorkommt.
                           Auch in einer von mir selbst durch Einleiten von salpetriger Säure (aus Stärkemehl
                              									und Salpetersäure) bei Luftzutritt in reine concentrirte Schwefelsäure bereiteten
                              									Nitrose fand sich, nach obiger Methode analysirt, gar
                              									keine Salpetersäure vor.