| Titel: | Gaskraftmaschine von F. W. Gilles in Kalk bei Deutz. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 322 | 
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                        Gaskraftmaschine von F. W. Gilles in Kalk bei Deutz.
                        Mit Abbildungen im Text und auf Taf. IV [c.d/4].
                        Gilles' Gaskraftmaschine.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 225, S. 322
                              Diese neue patentirte Gaskraftmaschine, welche von der
                                 											„Maschinenbau-Actiengesellschaft Humboldt“ in
                                 										Kalk bei Deutz bereits in größerer Zahl ausgeführt wurde, wirkt –
                                 										übereinstimmend mit der bekannten Otto und Langen'schen Maschine –
                                 										wesentlich durch den Ueberdruck der äußern Luft über das hinter dem Kolben in
                                 										Folge der Gasexplosion entstandene Vacuum. Während jedoch letztere Maschine (*
                                 										1877 223 557) nur einen
                                 										Kolben benutzt, um sowohl bei der Explosion des Gasgemisches als Flugkolben, beim Rückgange als Arbeitskolben zu dienen, hat Gilles diese
                                 										beiden Functionen an zwei getrennte Organe vertheilt und damit insofern
                                 										jedenfalls einen Fortschritt erzielt, als nun die bekannte auslösbare Kupplung
                                 										mit ihrem lästigen Geräusch wegfallen konnte. (Vgl. S. 229 d. Bd.)
                              
                           Eine weitere Folge dieser Abänderung ist die Anordnung der
                              									Schungradwelle unterhalb des Gascylinders, während
                              									dieselbe bei der Otto und Langen'sche Maschine nothwendig oberhalb des Cylinders angebracht sein muß.
                           Die Skizzen Fig.
                                 										6 und 7 zeigen in zwei auf einander senkrechten Schnitten der Gilles'schen
                              									Maschine den Arbeitskolben A und Flugkolben F in zwei verschiedenen Stellungen, Fig. 6 am Schlusse und
                              										Fig. 7
                              									beim Beginn der Arbeitsperiode. In letzterer ist der Flugkolben F bereits in seiner tiefsten Stellung angelangt, indem
                              									er an weiterm Sinken dadurch verhindert wird, daß sich das mit Stellmuttern
                              									versehene Ende seiner vierkantigen Kolbenstange auf einem festen Bügel aufgesetzt
                              									hat. Der Arbeitskolben A dagegen, welcher gleichzeitig
                              									als Kreuzkopf dient und durch eine Stange mit der gekröpften Schwungradwelle
                              									verbunden ist (Fig.
                                 										7), hat noch nicht seinen tiefsten Punkt erreicht. In Folge dessen hat die
                              									Schwungradwelle, und mit ihr die darauf gekeilte Kammscheibe k, welche den Steuerschieber S bewegt, noch
                              									das Wegstück βδ (Fig. 6) zurückzulegen, ehe
                              									sie von der Stellung der Figur 7 in die untere
                              									todte Punktstellung gelangt. In diesen Zeitraum fällt die Explosion des
                              									Gasgemisches, welche durch den Schieber S in ähnlicher
                              									Weise besorgt zu werden scheint, wie bei der Otto und Langen'schen Maschine. Gehen
                              									wir nämlich noch einen Moment vor die Stellung der Figur 7 zurück, so sehen
                              									wir Flugkolben und Arbeitskolben in dem Niveau des Gaseinströmcanals grade beisammen
                              									stehen und den Punkt α der Kammscheibe k in Figur 6 die
                              									Schieberstellung bestimmen. Dabei steht der Schieber im tiefsten Punkte. Bei der
                              									Drehung im Sinne des Pfeiles der Figur 6 kommt nun die
                              									Kammscheibe in der Strecke βα zur
                              									Wirksamkeit, hebt den Schieber und gestattet Einströmung des Gasgemenges.
                              									Gleichzeitig ist der Arbeitskolben in die Stellung der Figur 7 gelangt und hat
                              									auf dem Wege dahin den Raum zwischen F und A mit Gas angesaugt. Bei der Weiterdrehung kommt die
                              									Kammscheibe von β nach γ, bringt den Steuerschieber in die höchste Stellung, setzt dabei
                              									einen Augenblick lang das im Cylinder eingeschlossene Gas mit einer ununterbrochen
                              									brennenden Flamme in Verbindung, und die Explosion erfolgt. Dabei finden folgende
                              									Vorgänge statt.
                           Der Schieber S ist in die höchste Stellung gerückt, in
                              									welcher er nun während der Arbeitsperiode bleibt und die Eintrittcanäle verschlossen
                              									hält. Der Arbeitskolben A wird durch die Explosion nach
                              									abwärts gedrückt um das kurze Wegstück bis zum todten Punkt, welches dem Bogen γδ der Steuerscheibe (Fig. 6)
                              									entspricht. Der Flugkolben dagegen nimmt das Hauptmoment der Explosion auf und wird
                              									bis aus obere Ende des Cylinders geschleudert, wo er dadurch einen Luftbuffer
                              									findet, daß ein Ansatz desselben die obere Deckelöffnung schließt und so ein Quantum
                              									atmosphärische Luft in dem ringförmigen Raum zwischen Kolbenkörper und
                              									Cylinderdeckel eingeschlossen bleibt. Nun steht einen Augenblick der Flugkolben in
                              									seiner höchsten, der Arbeitskolben in der tiefsten Stellung, zwischen beiden hat
                              									sich in Folge der Explosion ein Vacuum gebildet, und die Arbeitsperiode beginnt. Bei
                              									derselben gelangt der Arbeitskolben A durch den Druck
                              									der äußern Luft aus seiner untersten in die höchste Stellung und gibt dabei die
                              									entsprechende Arbeitsleistung an die Schwungradwelle ab; der Flugkolben dagegen
                              									bleibt während dieser Periode constant in seiner höchsten Stellung erhalten, durch
                              									eine Klemmkupplung p, bei welcher, wie aus der Figur 6
                              									ersichtlich, vier Klemmbacken mittels Federn so an die viereckige Flugkolbenstange
                              									angepreßt sind, daß dieselbe zwar frei nach aufwärts gehen kann, da sie hierbei die
                              									Kupplung löst, jedoch nicht nach abwärts, da dann die Kupplung automatisch immer
                              									fester gespannt wird.
                           So erreicht der Arbeitskolben seine höchste Stellung (Fig. 6); es beginnt der
                              									Niedergang und gleichzeitig die Vorbereitung für eine neue Explosion. Darum ist nun
                              									der Flugkolben wieder herabgesunken – und zwar dadurch, daß kurz vor dem
                              									obern todten Punkt eine zweite Kammscheibe l (Fig. 7) zwei
                              									Hebel m bewegt hat, welche die Backen der Kupplung p aufwärts schieben und so die Flugkolbenstange von dem
                              									Drucke der Federn befreien. Bei dem Niedergange des Flugkolbens entweichen die
                              									Verbrennungsproducte durch die in Figur 6 ersichtliche
                              									Klappe, welche zwei Oeffnungen verschließt, von denen die untere mittels
                              									Stellschraube regulirbar ist, um den weitern Niedergang des Flugkolbens zu
                              									verzögern. Von der Stellung Figur 6 gelangen nun beide
                              									Kolben endlich wieder in die Stellung der Figur 7, und ein neuer
                              									Ausflug beginnt.
                           Bemerkenswerth ist schließlich noch die Regulirung der Maschine auf gleichmäßigen
                              									Gang. Der Schieber S ist, wie aus den Zeichnungen
                              									ersichtlich, nicht fest mit der Kammscheibe k verbunden,
                              									sondern liegt nur, von einem Hebel h (Fig. 6) geführt, mittels
                              									einer Rolle auf derselben auf; die stete Berührung wird jedoch für gewöhnlich
                              									dadurch erhalten, daß eine Spiralfeder auf die Oberkante des Schiebers wirkt (Fig. 7) und
                              									denselben nach abwärts drückt. Gleichzeitig bewegt die Schieberstange eine kleine
                              									Kataraktpumpe P, indem sie den Kolben derselben durch
                              									die aus Figur
                                 										7 ersichtliche Hebelverbindung mitnimmt und das darin enthaltene Wasser
                              									oder Oel abwechselnd von der einen auf die andere Seite des Kolbens preßt. Dazu ist
                              									eine ganz bestimmte Zeit erforderlich, welche durch eine Stellschraube regulirt
                              									werden kann. Wenn somit die Maschine einen raschern Gang einschlägt, kann die Pumpe nicht mehr folgen
                              									und erhält, der Wirkung der Spiralfeder Widerstand leistend, den Steuerschieber
                              									oben, während die Maschine durch den untern todten Punkt fortrotirt. Es bleiben
                              									somit eine oder mehrere Explosionen aus, bis wieder die normale Geschwindigkeit
                              									erreicht ist. Die Skizze Fig. 7 zeigt noch eine
                              									federnde Aufhängung des Mitnehmerbügels zur Oelpumpe, welche durch den Kreuzkopf
                              									heraus, dagegen durch eine Feder nach einwärts gepreßt wird. Der Grund dieser
                              									Anordnung ist wohl darin zu suchen, daß durch das abwechselnd größer und kleiner
                              									werdende Hebelverhältniß ein rascher Anhub und langsames Niedersinken des Oelkolbens
                              									bewerkstelligt werden soll.
                           
                              M.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
