| Titel: | Ueber die Fortschritte der Zündmittel für Feuerwaffen, mit besonderer Berücksichtigung der Fabrikation der Zündhütchen; von H. Josten in Barmen. | 
| Autor: | H. Josten | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 336 | 
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                        Ueber die Fortschritte der Zündmittel für
                           								Feuerwaffen, mit besonderer Berücksichtigung der Fabrikation der Zündhütchen; von
                           									H. Josten in
                           								Barmen.
                        Josten, über die Fortschritte in der
                           								Zündhütchenfabrikation.
                        
                     
                        
                           Es dürfte kaum ein technologisches Werk geben, in welchem man vergeblich nach der
                              									Beschreibung eines Feuerwaffensystems suchen wird, sei es nun ein Jagdgewehr, eine
                              									Luxuswaffe, eine Infanterie-Feuerwaffe oder ein Geschütz älterer oder neuerer
                              									Construction; wir dürfen als gewiß voraussetzen unsere Durchsicht des Werkes mit
                              									Erfolg gekrönt zu sehen, wenn auch den Umständen nach mit mehr oder weniger
                              									Befriedigung für unsere speciellen Zwecke. Selten, ja wir dürfen wohl sagen
                              									höchstselten, werden aber die zum Abfeuern des Schusses unumgänglich nothwendigen
                              									Zündmittel, und von diesen wieder mit noch seltener Ausnahme die Zündhütchen und
                              									deren Fabrikation, beschrieben sein. Fragen wir nach den Gründen dieser
                              									eigenthümlichen Erscheinung, so sind diese von so mannigfacher Art, daß man mit
                              									einer gewissen Scheu an die Beantwortung dieser Frage herantritt, um dabei
                              									Interessirten nicht zu nahe zu treten und ihre – wenn auch oft genug nur
                              									vermeintlichen – Geheimnisse nicht preiszugeben. Es ist letzteres aber auch
                              									durchaus nicht der Zweck dieser Abhandlung, da wir sehr wohl wissen, wie berechtigt
                              									in dieser Beziehung die Forderung jener Fabrikanten ist, welche uns vertrauensvoll
                              									die Einsicht in ihre Werkstätten gestatteten; anderseits aber müssen wir bekennen,
                              									daß es der Fabrikation selbst nur von Nutzen sein kann, wenn deren Fortschritte von
                              									Zeit zu Zeit sachlich besprochen werden.
                           Da wir es uns hier nicht zur Aufgabe gestellt haben, die ganze Reihe der Zündmittel,
                              									welche zur Abfeuerung des Schusses der Feuerwaffen angewendet worden sind und zum
                              									Theil noch Anwendung finden, in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen, so erwähnen
                              									wir nur nebenbei die
                              									ältern Zündmittel, die in einer glühenden Kohle oder einer brennenden Lunte
                              									bestanden, und die theils von Hand, theils durch mehr oder weniger einfache oder
                              									complicirte mechanische Hilfsmittel zur Anwendung gelangten. Sie verdienen jedoch um
                              									so mehr genannt zu werden, weil sie Jahrhunderte lang ihre Existenz behauptet und so
                              									manchen genialen Kopf beschäftigt haben. Nächst diesen kam das Radschloß, welches
                              									sehr beliebt wurde, und mit welchem sehr viel Luxus getrieben worden ist. Dasselbe
                              									gilt von der Zündpfanne in Verbindung mit Stahl und Stein. Alle diese
                              									Zündungsmethoden sind aber so zu sagen rein mechanischer Natur, insofern, als sie
                              									keine Zwischenmittel enthalten, sondern direct in der einen oder andern Weise die
                              									Entzündung des Schießpulvers veranlassen. Anders verhält es sich dagegen mit den
                              									Zündpillen, welche in ihrer chemischen Zusammensetzung einen explosiven Stoff
                              									besitzen, der durch Reibung, Stoß oder Schlag die Entzündung des Pulvers vermittelt,
                              									weshalb sie auch mit Recht explosive Zündmittel genannt werden. Sie stammen
                              									größtentheils erst von der Erfindung des chlorsauren Kalis durch Bertholet im J. 1786 und gaben zu mancher sinnreichen
                              									Veränderung an den Handfeuerwaffen Veranlassung, waren aber ihrer Kleinheit wegen
                              									schwierig zu erfassen und umständlich so zu fixiren, daß sie die Entzündung des
                              									Schusses unter allen Umständen sicher herbeizuführen im Stande waren, und hatten
                              									überhaupt so viele Uebelstände aufzuweisen, daß man sehr bald auf Abhilfe derselben
                              									Bedacht nehmen mußte. Die Erfindung des Knallquecksilbers durch Ure – Andere schreiben auch diese Erfindung Bertholet, wieder Andere Howard zu – gab weitere Veranlassung zur Verbesserung der
                              									Zündpille, und in Bezug auf ihre Fassung leistete die Erfindung der
                              									Percussionszündhütchen durch Joseph Egg in England 1818
                              									die besten Dienste. Diese Zündhütchen gelangten noch in demselben Jahre durch den
                              									Büchsenmacher Deboubert nach Frankreich, wurden dort von
                              									ihm und Prélaz, der auch die nöthigen
                              									Veränderungen am Gewehr auf einfache Weise bewerkstelligte, verbessert und
                              									verbreiteten sich von dort in alle civilisirten Länder. Nicolaus Dreyse, welchen wir in den J. 1809 bis 1814 in Paris
                              									theilweise in Gewehrfabriken beschäftigt finden, errichtete 1824/25 in seiner
                              									Vaterstadt Sömmerda bei Erfurt eine Zündhütchenfabrik unter der Firma Dreyse und Collenbusch und
                              									erhielt ein Patent auf seine Kupferzündhütchen mit Metalldecke, welche ihrer
                              									Vorzüglichkeit wegen eine große Verbreitung erlangten. Dreyse wurde Lieferant nicht nur für sämmtliche deutsche, sondern auch für
                              									die meisten andern europäischen Staaten, und gewann sein Zündhütchengeschäft dadurch
                              									eine großartige Ausdehnung.
                           
                           Mit der Vorzüglichkeit der Zündhütchen wuchs naturgemäß ihre Anwendung, die sich
                              									bereis nicht mehr auf Handfeuerwaffen beschränkte; denn wir sehen Congrève 1823 Versuche mit Percussionszündhütchen
                              									an Geschützen mittels eines Ueberwurfhammers und eines kupfernen Zündhütchens
                              									anstellen, sowie andere hervorragende Militärs in Oesterreich, Rußland, Frankreich
                              									(vgl. Robert * 1834 54 15) und
                              									in der Schweiz darauf dringen, daß die Percussionszündung durch Zündhütchen eine
                              									allgemeine Einführung erhält. Mit der Einführung der Zündhütchen hielten in einem
                              									gewissen Verhältniß die sogen. Zünder bei den Geschützen gleichen Schritt zur
                              									Verbesserung derselben. So erzeugte 1835 der belgische Oberst Bormann einen Shrapnellzünder, welcher die genaue und richtige Regulirung
                              									der Brennzeit gestattet. Der belgische Artillerie-Capitän Splingard stellte diesem 1850 seinen zu gleichem Zwecke
                              									bestimmten Zünder an die Seite, dem noch eine ganze Reihe von andern Erfindern
                              									construirte sich anschließen. Durch die vielfache Anwendung der Zündhütchen zu den
                              									verschiedensten Zwecken mußte nothwendig ihre Form und Größe, sowie die in ihnen
                              									enthaltene Zündmasse entsprechende Aenderungen erleiden, und so kam man denn nach
                              									und nach dahin, daß man über 40 verschiedene Sorten unterscheiden konnte, die noch
                              									jetzt alle im Handel zu haben sind.
                           Konnte man schon bei Beginn der Erfindung der Zündhütchen hinsichtlich ihrer
                              									Fabrikation sagen, daß das Zündhütchen, um seinem Zwecke zu genügen, mehrfachen
                              									Bedingungen entsprechen müsse, so haben sich die gestellten Anforderungen im Laufe
                              									der Zeit so außerordentlich gesteigert, daß sie gegenwärtig trotz aller mechanischen
                              									Hilfsmittel eine der schwierigsten Fabrikationszweige ist, welche die Industrie
                              									aufzuweisen hat. Fügen wir noch hinzu, daß zur Etablirung und zum Betriebe einer
                              									Zündhütchenfabrik ein großes Capital, ein hoher Grad von Intelligenz und eine
                              									ausdauernde Arbeitskraft des Besitzers unbedingt erforderlich sind, so erklärt es
                              									sich leicht, aus welchem Grunde so wenig Fabriken dieser Art bestehen. Die
                              									betreffenden Staatsfabriken können wir füglich außer Betracht lassen, da diese in
                              									Bezug auf Massenfabrikation wenig Gewicht in die Wagschale zu legen haben. Aber auch
                              									gesetzt den Fall, letztere würden für diese Zwecke produciren, so ist dies doch
                              									verschwindend klein gegen die Quantitäten, welche der Handel speciell für
                              									Jagd- und Luxuswaffen erfordert. Allerdings hat durch die Hinterladung der
                              									Kriegsfeuerwaffe und die Selbstdichtungspatrone mit Metallhülse der
                              									Zündhütchenverbrauch für militärische Zwecke bedeutend zugenommen, namentlich
                              									dadurch, daß die Zündung jetzt durch Schlagbolzen gegenüber der früheren durch
                              									Nadelstich fast bei allen Hinterladern der Vorzug eingeräumt wird. Und in der That sind ihre
                              									Vortheile dabei unverkennbar; hat doch selbst Fr. von Dreyse sein neuestes, ihm von mehrern Staaten patentirtes Infanteriegewehr
                              									(* 1876 222 225), dessen Vorzüge gegenüber dem
                              									Mauser-Gewehr dem Kenner sofort klar vor Augen treten, für
                              									Selbstdichtungspatronen durch Schlagbolzenzündung eingerichtet. Indessen brauchen
                              									wir nicht weit zu gehen, um uns zu überzeugen, daß die Percussionszündung durch
                              									Zündhütchen auf allen Schützenständen noch in voller Blüthe steht und selten sich
                              									ein Hinterlader in den Händen des Schützen vor der Scheibe findet. Aber selbst, wenn
                              									dies der Fall – und wir möchten wünschen, daß dies bald allgemein würde
                              									– so ist doch an die Entbehrung des Zündhütchens nicht zu denken, die
                              									Einheitspatrone mit Selbstdichtung kann dasselbe nicht entbehren. Die
                              									Unentbehrlichkeit eines Artikels bedingt aber seine Erzeugung durch industrielle
                              									Anlagen und sichert ihm eine Zukunft. Seine Wichtigkeit für das Allgemeine dürfte
                              									uns indessen auch die Berechtigung geben, uns die Fabrikation etwas genauer
                              									anzusehen.
                           Das Material zu den Zündhütchen muß unter allen Umständen ein ganz vorzügliches sein.
                              									Meistentheils wird Kupfer dazu verwendet; doch ist auch das Messing nicht
                              									ausgeschlossen und findet in neuester Zeit namentlich für die Hütchen für
                              									Hinterlader vielfach Anwendung, andere Metalle dagegen in sehr beschränktem
                              									Maße.
                           Wenn in Bezug auf die Güte des Materials in frühern Zeiten die ersten
                              									Zündhütchenfabriken große Uebelstände zu beseitigen hatten und oft genöthigt waren,
                              									um ein möglichst gleichmäßiges Material zu erhalten, ihre Abfälle von Kupfer wieder
                              									einzuschmelzen und dann in starken Walzwerken für die verschiedenen Sorten passend
                              									zu machen, so liefern dagegen die heutigen Kupferwerke die erforderlichen Bleche so
                              									genau nach den vorgeschriebenen Dimensionen und von so ausgezeichneter Qualität, daß
                              									nur noch ein Egalisiren durch Feinwalzen erforderlich ist. Die deutschen
                              									Zündhütchenfabriken beziehen ausschließlich ihren Bedarf aus deutschen Fabriken und
                              									sind somit vom Auslande unabhängig. Leider können wir dies nicht von allen Sorten
                              									Stahl, welche bei der Fabrikation zur Verwendung kommen, sagen. Hier hat die
                              									deutsche Stahlindustrie noch eine dankbare Aufgabe zu lösen, trotz ihrer riesigen
                              									Entwicklung und der großen Resultate, welche dieselbe bereits aufzuweisen hat. Die
                              									andern Materialien, namentlich das unentbehrliche chlorsaure Kali, werden jetzt in
                              									Deutschland so gut hergestellt, daß jeder Wunsch in dieser Hinsicht befriedigt
                              									werden kann; hinsichtlich des Preises ist allerdings noch ein sehr fühlbarer
                              									Unterschied zu Gunsten Englands nachzuweisen. Was die Leistungsfähigkeit der
                              									deutschen Zündhütchenfabriken anbelangt, so können sie mit dem Ausland in jeder
                              									Beziehung die Concurrenz bestehen.
                           Zunächst kommt bei den Zündhütchen sehr viel auf die Form an, und es ist nicht grade
                              									die kleinste Aufgabe für den Techniker, diese in allen Fällen zweckentsprechend zu
                              									bestimmen und darzustellen. Ihre Gestaltungen sind so mannigfach wie die Art ihrer
                              									Verwendung, und was die Neuzeit in Folge der Hinterladung in dieser Richtung
                              									geschaffen hat, gereicht ihr nicht immer zur Bewunderung und keineswegs zur bequemen
                              									Fabrikation, vertheuert diese vielmehr bedeutend, ohne stichhaltige Gründe. Die
                              									innere Form des Hütchens, möge nun seine Verwendung sein, wie sie wolle, ist stets
                              									eine cylindrische, und es dürfte schon wegen des Zündsatzes schwer davon abgegangen
                              									werden können, da die Neuzeit nichts von feuchtem oder gar nassem Einbringen der
                              									Zündmasse in die Hütchen wissen will, und nur trockner und eingepreßter Zündsatz
                              									Anspruch auf Dauerhaftigkeit machen kann. Dagegen weichen die Hütchen in ihrer
                              									äußern Form, deren Motivirung den Erfindern öfters schwer fallen dürfte, welche aber
                              									bei den Lieferungen mit peinlichster Genauigkeit gewahrt werden muß, so zeitraubend
                              									und kostspielig dies auch sein mag, vielfältig von einander ab. Dadurch wurde zwar
                              									die Construction einer Menge sinnreicher Maschinen veranlaßt, sonst aber ein
                              									Fortschritt nicht bedingt.
                           Die bei weitem größte Menge der Zündhütchen dient der Jagd. Die Formen für diese sind
                              									zugleich die einfachsten und haben einen bestimmten Zweck. Anfänglich hatte man nur
                              									glatte Hütchen; man stanzte aus Kupferblech Scheiben und formte daraus Cylinder.
                              									Bald indessen versah man dieselben der Länge nach mit Riffeln (Cannelirung), um sie
                              									besser erfassen zu können. Das sogen. „Spritzen“ der Hütchen
                              									beim Abschießen derselben, welches davon herrührte, daß kleine Stückchen Kupfer von
                              									dem durch die Explosion zerrissenen Hütchen sich losrissen und Belästigungen, sogar
                              									Verletzungen veranlaßten, suchte man erfolgreich dadurch zu beseitigen, daß man die
                              									Wandung des Hütchens mit mehrern Einschnitten versah.Brooks (* 1849 114
                                    											405) verhütete das Spritzen durch eine eigenthümliche Festklemmung des
                                    											Hütchens am Piston. Die Form des Metallausschnittes, aus welchem solche Hütchen hergestellt
                              									wurden, konnte hierbei nicht mehr eine Scheibe sein, sondern hatte die Form eines
                              									Kreuzes, wenn das Hütchen 4spaltig sein sollte, oder eines sechseckigen Sternes,
                              									wenn es 6spaltig verlangt wurde. Bei der Formgebung dieser Kreuze oder Sterne zu
                              									Hütchen wurden durch Aneinanderpressen der einzelnen Zinken oder Läppchen die
                              									Schlitze dem Auge vollkommen unsichtbar, und nur die Wirkung der Explosion beim Abschießen der
                              									Hütchen zeigte dessen Vortheile; denn nun trennten sich keine Kupferpartikelchen
                              									mehr ab, die Wand des Hütchens konnte nachgeben und das abgeschossene Kupferhütchen
                              									saß lose auf dem Piston des Gewehres. Das gespaltene Hütchen hatte außerdem noch den
                              									Vortheil, daß es sich mit größerer Sicherheit aufsetzen ließ, indem es auf einem zu
                              									großen oder zu dicken Piston sich ausdehnte und es dadurch zuließ, daß sich die
                              									Zündpille fest auf die Oeffnung des Piston aufsetzen konnte. Zu vermehrter
                              									Sicherheit verstärkte man die Wandungen dieser gespaltenen Hütchen noch bedeutend,
                              									machte sie aus Messing und verkupferte sie dann. Sie gehören dem Fortschritt der
                              									neuern Zeit an und führen die Bezeichnung: Englische Hütchen.
                           Um den Zündsatz gegen Feuchtigkeit zu schützen, versah man die Hütchen, nachdem sie
                              									geladen waren, im Innern mit einem Firniß; derselbe war jedoch, wenn er wirksam
                              									gegen alle atmosphärische Einwirkungen schützte, der Empfindlichkeit nachtheilig,
                              									und man verwendete statt seiner später eine Metalldecke, die man luft- und
                              									wasserdicht auf die Zündpille festpreßte. (Vgl. Starkey's
                              									Percussionszündhütchen, * 1843 87 96.) N. Dreyse in Sömmerda ist der Erfinder dieser Hütchen, auf
                              									welche er ein Patent erhielt. In neuester Zeit wendet man vielfach statt der
                              									Kupfer- oder Messingplättchen als Schutz Zinnfolie in den Hütchen an,
                              									namentlich für diejenigen Zündhütchen, welche in den Selbstdichtungspatronen aus
                              									Metallblech Verwendung finden. Ihre Vorzüge sind noch nicht in jeder Hinsicht klar
                              									gestellt, und herrscht noch große Meinungsverschiedenheit unter den Fachmännern, die
                              									nur durch nachhaltige Beobachtung des Verhaltens bei der Lagerung und des
                              									Verbrauches nach längerer Zeit endgiltig erledigt werden kann. Ebenso ist es mit den
                              									gefirnißten Zündpillen. Während die eine Autorität den gefirnißten Hütchen unbedingt
                              									eine längere sichere Haltbarkeit bezüglich der Empfindlichkeit zuspricht, wirft
                              									ihnen eine andere vor, daß eben nur der Firniß das rasche Verderben bewirke und
                              									namentlich dann, wenn auf die Zündpille erst eine Metalldecke und auf dieser der
                              									Firniß sich befinde.
                           Man sollte es kaum glauben, daß auch die Zündhütchen der Mode huldigten. Um
                              									beispielsweise den Damen jede Furcht vor Verletzung beim Schießen zu nehmen,
                              									gestaltete man die Hütchen so, daß man das starkwandige gespaltene Hütchen noch mit
                              									einem Mantel in Gestalt einer Glocke von Metallblech umgab. Unseres Wissens sind
                              									dieselben nur von Gevelot in Paris fabricirt worden (vgl.
                              									dagegen W. W. Richards * 1837 63 56), dessen Fabrikat allgemeine Beliebtheit fand. Auch in Spielerei
                              									arten die Hütchen bezüglich ihrer Verwendung aus; denn so darf man doch wohl diejenigen
                              									Zündhütchen nennen, die auf den kleinen, an Uhrketten getragenen Pistölchen
                              									verschossen werden. Ihre Fabrikation wird aber stets die Bewunderung jedes
                              									Fachmannes erregen, da die Hütchen nur 1mm
                              									im Durchmesser und 1mm in der Höhe messen
                              									und so regelrecht gearbeitet sind, wie die Hütchen von den günstigsten Dimensionen
                              									nur sein können. Die dazu gehörenden Pistölchen sind übrigens, nebenbei bemerkt,
                              									eben so schön und zweckentsprechend hergestellt wie die erwähnten Hütchen.
                           Um das Aufsetzen der Zündhütchen bei Nacht oder bei kaltem Wetter besser
                              									bewerkstelligen zu können, versah man dieselben an ihrem offenen Ende mit mehr oder
                              									minder nach außen vorstehenden Rändern – eine Anordnung, die bei manchen
                              									Hütchen für militärische Zwecke sehr vielen Beifall gefunden hat. Diese Hütchen sind
                              									dann stets 6fach oder 4fach gespalten und in zwei Kalibergrößen vorhanden, von denen
                              									die kleinste Sorte die Bezeichnung „Pavillon de
                                    											Chasse“, die größere den Namen „Pavillon de Guerre“ erhalten hat.
                           Besonders erwähnenswerth sind die Flobert-Zündhütchen, da sie in ihrer weitern Entwicklung eine hohe
                              									Bedeutung erlangten, indem sie das Modell zu der Selbstdichtungspatrone mit
                              									Randzündung abgegeben haben. Das Flobert-Zündhütchen hat in seinem
                              									angepreßtem Wulste den Zündstoff, der zugleich als treibende Kraft dient, und vorn
                              									in seiner Oeffnung das Geschoß; in neuester Zeit werden sie durch Hinzufügen einer
                              									langen Messingröhre, welche einen besondern Satz enthält und in dem Hütchen so
                              									befestigt wird, daß derselbe beim Abschießen den Satz in der Röhre entzündet, zu
                              									Lustfeuerwerken vielfach angewendet. In vergrößertem Maße sind sie für Kriegswaffen,
                              									sowohl für Handfeuerwaffen wie auch für die Kugelspritze (Mitrailleuse) unter der
                              									Bezeichnung „Patronen mit Randzündung“ zur Anwendung gelangt.
                              									Die Flobert-Zündhütchen (auch Salonhütchen genannt) haben großes (9mm) und kleines (6mm) Kaliber. Beide sind sowohl für
                              									Kugel- wie für Schrotschuß anwendbar, und erfreuen sich beide Formen großer
                              									Beliebtheit. Ihr Zündsatz ist jetzt von so vorzüglicher Güte, daß eine große Zahl
                              									Schüsse abgegeben werden kann, ehe es erforderlich wird, das Gewehr zu reinigen.
                           Das Zündhütchen für die Lefaucheux-Patrone unterscheidet sich von den
                              									gewöhnlichen Jagdzündhütchen nur durch sein kleines Kaliber. Dagegen hat das für das
                              									Centralfeuer bestimmte Hütchen, welches in neuester Zeit entstanden ist und bei den
                              										„Selbstdichtungspatronen für Centralzündung“ Anwendung
                              									findet, unbestritten die ungünstigste Form für die Fabrikation. Dabei sind seine
                              									Abmessungen von so peinlicher Genauigkeit, daß die feinsten Meßinstrumente nicht
                              									hinreichen, dieselben zu
                              									controliren, daher für jede Operation eigens construirte Apparate erforderlich sind,
                              									um die Aufgabe so zu lösen, daß die Prüfungscommission – gegen deren
                              									Ausspruch keine Appellation zulässig – voll und ganz ihre Befriedigung
                              									aussprechen kann. Die Anforderungen an dieses Hütchen (* 1875 216 230) sind ganz außergewöhnliche. Von einer regelrechten Fabrikation,
                              									im gewöhnlichen Sinne des Wortes, ist hier eigentlich gar keine Rede mehr, da jedes
                              									Hütchen gewissermaßen ein Kunstproduct genannt zu werden verdient. Für die deutsche
                              									Armee werden dieselben ausschließlich in deutschen Zündhütchenfabriken erzeugt;
                              									ausländisches Fabrikat entsprach, wie zahllose angestellte Versuche und Proben
                              									dargethan haben, den gestellten Anforderungen gar nicht, sondern wurde als nicht
                              									kriegsbrauchbar verworfen und vernichtet.
                           Die ebenfalls erst in der neuesten Zeit in Aufnahme gekommene sogen.
                              										„Dynamitzünder“ bilden gewissermaßen, was ihre Form
                              									betrifft (es sind 15 bis 30mm lange
                              									Cylinder bei durchweg 6mm Durchmesser), das
                              									Verbindungsglied zwischen dem Zündhütchen und der Metallpatrone; sie sind so zu
                              									sagen Zündhütchen und Patrone zugleich. Je nach ihrer Größe enthalten sie am Boden,
                              									oft bis zur Hälfte ihrer Länge gefüllt, einen sehr kräftigen Zündsatz, welcher durch
                              									Zündschnur oder Elektricität entzündet zugleich als treibende Kraft dient und die
                              									Entzündung des Dynamites bewirkt. Ihre Anwendung ist so bedeutend, daß die Erzeugung
                              									derselben in manchen Zündhütchenfabriken eine Specialität bildet und in großen
                              									Massen erfolgt. (Vgl. * 1874 214 36.)
                           Die übrigen Formen der Zündhütchen, die eine große Zahl erreichen, dienen
                              									meistentheils speciellen, weniger wichtigen Zwecken, deren Anführung uns hier zu
                              									weit führen würde. Wir wenden uns deshalb den bereits genannten Sorten wieder zu, um
                              									deren Fabrikation etwas genauer zu verfolgen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)