| Titel: | Ueber die beste Benutzung des Abflusswassers aus Kartoffelstärkefabriken. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 394 | 
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                        Ueber die beste Benutzung des Abflusswassers aus
                           								Kartoffelstärkefabriken.
                        Märker, über die beste Benutzung des Abflusswassers aus
                           								Kartoffelstärkefabriken.
                        
                     
                        
                           Das Abflußwasser der Kartoffelstärkefabriken – und ebenso auch der
                              									Weizenstärkefabriken (vgl. 1866 182 326) – wird in
                              									den meisten Fällen unbenutzt abgeleitet und bildet sehr häufig den Grund zu
                              									Beschwerden und Klagen gegen die betreffenden Fabriken, da die in dem Abflußwasser
                              									in reichlichen Mengen enthaltenen fäulnißfähigen Stoffe in eine intensive Fäulniß
                              									übergehen und hierdurch nicht allein die Umgegend verpesten, sondern auch der
                              									Fischzucht in den Gewässern, die schließlich das Abflußwasser aufnehmen, einen
                              									erheblichen Schaden zufügen. Eine Reinigung des Abflußwassers ist daher als eine
                              									durchaus billige Forderung der Anwohner und der Fischereibesitzer zu bezeichnen.
                              									(Vgl. 1844 92 123.)
                           Gaultier de Claubry (1837 63
                              									465) 1841 80 399) fällt die Abwässer der Stärkefabriken
                              									mit einer Lohabkochung und Kalkmilch und verwendet den Niederschlag zum Düngen; Markt (1874 214 225) fällt nur
                              									mit Kalk. Von anderer Seite (1838 68 406) wurde
                              									vorgeschlagen, diese Abwässer mit Soda zu neutralisiren und abzudampfen, oder mit
                              									Kalk, oder aber mit Soda und Alaun zu fällen. Besser würde noch die Anwendung der
                              									Süvern'schen Masse (1874 211 212) sein; doch muß dieselbe
                              									sorgfältig gehandhabt werden und ist außerdem ziemlich theuer.
                           
                           Burggraf (1835 56 464) machte
                              									bereits erfolgreiche Versuche über die Verwendung dieser Wässer zum Berieseln von
                              									Wiesen und Ackerland (vgl. 1875 218 277). M. Märcker (Zeitschrift des landwirthschaftlichen
                              									Centralvereins der Provinz Sachsen, 1876 Nr. 7) berichtet jetzt über umfassende
                              									Versuche zur Verwerthung dieser Wässer zur Wiesenberieselung.
                           Nach Schulze und Märcker
                              									enthalten die Kartoffeln:
                           
                              
                                 
                                 
                                 davon in Wasser löslich
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                 76,69
                                 
                                 
                              
                                 Stärkemehl
                                 15,40
                                 
                                 
                              
                                 Stickstoffhaltige Bestandtheile
                                 1,63
                                 1,02
                                 
                              
                                 Holzfaser
                                 0,90
                                 –
                                 
                              
                                 Sonstige organische Bestandtheile
                                 4,51
                                 –
                                 
                              
                                 Mineralstoffe
                                 0,87
                                 0,84
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                                 
                              
                           Gute Kartoffeln enthalten sogar im Mittel 1,20 Proc. in Wasser
                              									lösliche stickstoffhaltige Bestandtheile und 1,08 Proc. Mineralstoffe. Weitere
                              									Berechnungen ergeben, daß 1000k Kartoffeln
                              									in löslicher Form
                           
                              
                                 
                                    k
                                    
                                 
                                 
                              
                                 6,52
                                 Kali
                                 
                              
                                 1,87
                                 Phosphorsäure
                                 
                              
                                 1,90
                                 Stickstoff
                                 
                              
                           enthalten, welche für gewöhnlich ungenutzt fortfließen.
                           Die Stärkefabrik zu Hohenziatz verarbeitete vom 4. October 1874 bis 6. Februar 1875
                              										1216t Kartoffeln. Das Abflußwasser,
                              									welches zunächst zwei Absetzbassins zu durchfließen hatte, um die noch suspendirten
                              									feineren Stärkekügelchen niederfallen zu lassen, wurde 170m weit durch einen Strang von 15cm Weite mit einem Fall von 33mm auf 1m laufend geführt; alsdann nahm ein offener Graben von 1m Breite und 80m Länge das durch den Drainstrang
                              									zugeleitete Wasser auf und führte dasselbe in einen kleinen Sammelteich. Hier wurde
                              									es mit reinem Quellwasser vermischt, um die ziemlich starke Concentration des
                              									Fabrikwassers zu vermeiden und größere Wassermengen zur gleichmäßigen Vertheilung
                              									auf der Rieselfläche zu gewinnen. Alsdann wurde das mit dem reinen Quellwasser
                              									vermischte Abflußwasser auf eine 7ha,5
                              									große Wiese geleitet, hier durch ein System von größern und kleinern Gräben
                              									vertheilt und durch eine Stauvorrichtung aufgehalten. Die Abführung geschah durch
                              									eine Drainage, welche durch eine Schützenvorrichtung beliebig in und außer
                              									Wirksamkeit gesetzt werden konnte. Das abfließende Wasser wurde auf eine zweite
                              									Wiese von 2ha und von hier auf eine 2ha,5 große dritte Wiese geleitet. Da jeden
                              									6. Tag das Abwasser auf andere Ländereien geleitet wurde, so erhielten die 12ha Wiesen das Abwasser von 1014t Kartoffeln oder für 1ha in löslicher Form:
                           
                              
                                 
                                    k
                                    
                                 
                                 
                              
                                 550,94
                                 Kali,
                                 
                              
                                 158,03
                                 Phosphorsäure,
                                 
                              
                                 160,56
                                 Stickstoff.
                                 
                              
                           Nachfolgende Analysen zeigen die Zusammensetzung des unvermischten Abflußwassers (I),
                              									des mit Quellwasser vermischten (II), des von der ersten (III) und von der zweiten
                              									(IV) Wiese abfließenden Wassers. 1l
                              									enthielt:
                           
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 
                                 
                                    mg
                                    
                                 
                                    mg
                                    
                                 
                                    mg
                                    
                                 
                                    mg
                                    
                                 
                              
                                 Feste Bestandtheile im Ganzen
                                 1857,8
                                 323,8
                                 322,8
                                 262,0
                                 
                              
                                 Organische Stoffe
                                 1134,2
                                 101,8
                                   38,0
                                   78,8
                                 
                              
                                 Anorganische Stoffe
                                   723,8
                                 222,0
                                 384,8
                                 183,2
                                 
                              
                                 Kali
                                   212,5
                                   55,0
                                   41,2
                                     8,2
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                     56,6
                                     5,5
                                 Spur
                                 Spur
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   140,7
                                   12,0
                                     4,0
                                     9,1
                                 
                              
                                 Ammoniak
                                     37,4
                                  0
                                   0
                                   0
                                 
                              
                                 Salpetersäure
                                       3,8
                                 Spur
                                 Spur
                                 Spur.
                                 
                              
                           Das völlige Verschwinden des Ammoniaks beim Verdünnen mit dem Quellwasser wird durch
                              									Bildung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia zu erklären sein, veranlaßt
                              									durch den Magnesiumgehalt des Wassers. Schon bei der Berieselung der ersten Wiese
                              									wird, wie Analyse III zeigt, die Phosphorsäure fast völlig, der Stickstoff
                              									größtentheils zurückgehalten; es würde sich daher empfehlen, auch den folgenden
                              									Wiesen direct Abwasser zuzuführen. Auf der zweiten Wiese wurde namentlich das Kali
                              									absorbirt; der größere Stickstoffgehalt bedarf noch der weitern Untersuchung.
                           Die Ernteergebnisse waren glänzend; auf 1ha
                              									der ersten Wiese waren vor der Rieselung 2400k, nach der Berieselung aber 4000k Heu geerntet, obgleich der erste Schnitt durch zu langes Ueberstauen mit
                              									dem Rieselwasser verdorben war. Dazu kommt noch, daß die Qualität des erhaltenen
                              									Heues wesentlich besser geworden war, wie nachfolgende Analysen desselben vor (I)
                              									und nach (II) der Berieselung zeigen.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                   15,00
                                   15,00
                                 
                              
                                 Holzfaser
                                   22,67
                                   22,82
                                 
                              
                                 Mineralstoffe
                                     7,64
                                     8,69
                                 
                              
                                 Aetherextract
                                     2,00
                                     2,30
                                 
                              
                                 Eiweißstoffe
                                   10,79
                                   15,85
                                 
                              
                                 Stickstofffreie Extractstoffe
                                   41,81
                                   35,34
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00.
                                 
                              
                           Märcker berechnet hieraus, daß die 7ha,5 große Wiese durch die Berieselung
                              									jährlich für 1332 M. an verdaulichen Eiweißstoffen mehr liefert, und betrachtet
                              									schließlich als feststehend, daß die Verwendung des Abflußwassers von Stärkefabriken
                              									für die Rieselung von Wiesenflächen mit dem höchsten Vortheil geschieht, weil nicht
                              									allein eine Erhöhung im Ertrage, sondern auch eine wesentliche Verbesserung in der
                              									Zusammensetzung des Heues hierdurch bewirkt wird.