| Titel: | Ueber einen neuen Farbstoff; von A. W. Hofmann. | 
| Autor: | August Wilhelm Hofmann [GND] | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 503 | 
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                        Ueber einen neuen Farbstoff; von A. W. Hofmann.
                        Hofmann, über einen neuen Farbstoff.
                        
                     
                        
                           Im Handel kommt seit kurzer Zeit ein neuer Farbstoff vor, welcher ein dem
                              									Jodquecksilber ähnlich hellroth gefärbtes, schwach krystallinisches Pulver
                              									darstellt. Nach den Versuchen von A. W. Hofmann (Berichte
                              									der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1378) ist derselbe das Natronsalz
                              									einer organischen Säure, welchem nicht unerhebliche Mengen von Thonerde beigemischt
                              									sind. Er löst sich ziemlich reichlich in heißem Wasser, weniger leicht in heißem
                              									Alkohol, mit tief braunrother Farbe; die Lösungen, welche ein schönes, ins Rothe
                              									spielendes Orange färben, krystallisiren beim Erkalten. In Aether ist das Salz
                              									unlöslich. Das Salz verträgt eine ziemlich hohe Temperatur, ohne sich zu zersetzen.
                              									Beim stärkern Erhitzen bläht es sich gewaltig auf, fast wie die Pharaoschlangen, und
                              									hinterläßt schließlich eine äußerst schwer verbrennliche Kohle.
                           Um die Säure zu gewinnen, wurde das Handelsproduct in siedendem Alkohol gelöst und
                              									die Flüssigkeit mit concentrirter Salzsäure versetzt. Aus der tief violett gefärbten
                              									Lösung schieden sich beim Erkalten haarfeine, rothe Nadeln ab, denen hartnäckig eine
                              									Quantität Mineralsubstanz anhaftete. Nur durch oftmaliges Umkrystallisiren aus
                              									Alkohol und Salzsäure gelang es schließlich, die letzte Spur von feuerbeständiger
                              									Materie hinwegzuschaffen.
                           Der reine Farbstoff stellt schön braunrothe Nadeln dar, welche sich in Wasser
                              									ziemlich leicht, noch leichter in Alkohol lösen; in Aether ist er unlöslich. Die
                              									freien Alkalien sowohl wie das Ammoniak lösen ihn leicht mit brauner Farbe. Aus der
                              									letztgenannten Lösung wird der Farbstoff durch Säuren wieder in krystallinischem
                              									Zustande ausgeschieden. Die Flüssigkeit nimmt in diesem Falle eine tief violette
                              									Färbung an. Die Zusammensetzung des bei 100° getrockneten Farbstoffes
                              									entspricht der Formel C₁₆H₁₂N₂SO₄, des
                              									Silbersalzes C₁₆H₁₁AgN₂SO₄.
                           Ein solcher Körper konnte entstanden sein durch Vereinigung von 1 Mol.
                              									Naphtolsulfosäure mit 1 Mol. Diazobenzol:
                           C₁₀H₈SO₄ +
                              									C₆H₄N₂ =
                              									C₁₆H₁₂N₂SO₄.
                           In der That wurde bei der Einwirkung des Diazobenzols auf die
                              									Alphanaphtolsulfosäure das neue Orange erhalten. Die Alphanaphtolsulfosäure wurde
                              									durch Digestion von Naphtol mit Schwefelsäure auf dem Wasserbade dargestellt. Die
                              									Lösung des zunächst gebildeten Bleisalzes wurde mit Schwefelwasserstoff entbleit und
                              									die Lösung der freien Säure nach dem Concentriren mit Natriumcarbonat gesättigt. Als
                              									die Lösung dieses Salzes
                              									mit einer Lösung von Anilinnitrat und von Kaliumnitrit vermischt wurde, entstand
                              									alsbald ein tiefrother Niederschlag von bemerkenswerthem Färbevermögen, aber noch
                              									unrein. Er wurde nun in Ammoniak gelöst, wobei harzige Stoffe zurückblieben. Mit
                              									Säuren wurde bereits eine reinere Substanz gefällt und, nachdem man dieselbe
                              									mehrmals aus einer siedenden Mischung von Salzsäure und Alkohol umkrystallisirt
                              									hatte, wurden schließlich die schönen haarfeinen Nadeln erhalten, welche aus dem
                              									Handelsproducte dargestellt worden waren.