| Titel: | Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr. Karl Heumann. | 
| Autor: | Karl Heumann | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 589 | 
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                        Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr.
                           									Karl Heumann.
                        (Schluß von S. 463 dieses Bandes.)
                        Heumann, zur Theorie leuchtender Flammen.
                        
                     
                        
                           Zur Erklärung der mannigfachen Erscheinungen, welche an leuchtenden
                              									Kohlenwasserstoffflammen beobachtet wurden, diente in den früheren Abhandlungen
                              									stets die Ansicht als Ausgangspunkt, daß in den Flammen fester Kohlenstoff
                              									ausgeschieden werde. Wir fanden, daß sich diese Theorie den Thatsachen immer in
                              									bester Weise anschloß und hierdurch selbst an Wahrscheinlichkeit gewann. Da jedoch
                              										Frankland das Vorhandensein festen Kohlenstoffes in
                              									den Leuchtflammen bestritt und die Leuchtkraft speciell dichten dampfförmigen
                              									Kohlenwasserstoffen zuschrieb, so ist es geboten, die Richtigkeit der frühern, von
                              										Davy aufgestellten Theorie auch noch in anderer
                              									Hinsicht, und zwar vom mehr chemischen Standpunkt aus, zu prüfen. Hierzu zeigen uns
                              									die in der vorigen Abhandlung besprochenen Versuche den Weg.
                           Die bedeutende Vergrößerung des gesammten „Leuchteffectes“ einer
                              									Gasflamme durch Erhitzen der Brennerröhre war als Folge einer doppelten Wirkung der
                              									zugeführten Wärme erkannt worden: der leuchtende Flammenmantel wurde glänzender und größer. Die
                              									Steigerung der „Lichtintensität“ kann nun selbst wieder in
                              									zweierlei Umständen begründet sein, wenn wir von unserer Theorie ausgehen; entweder
                              									werden die ausgeschiedenen Kohletheilchen durch höhere Flammentemperatur zu stärkerm
                              									Glühen erhitzt, oder die Anzahl der in ein und dem nämlichen Volum des
                              									Flammenmantels vorhandenen, suspendirten Kohletheilchen wird vermehrt. Ob bei dem
                              									erwähnten Versuche beide Umstände eintreten, läßt sich nicht ohne weiteres
                              									entscheiden.
                           Die Vergrößerung des Leuchtmantels beim Erhitzen der Brennerröhre wurde durch ein
                              									frühzeitigeres Ausscheiden des Kohlenstoffes im untern Theil der Flamme erklärt,
                              									welcher durch die zugeführte Wärme eine zu jener Zersetzung des Kohlenwasserstoffes
                              									genügend hohe Temperatur erhalte. Ist diese Erklärung richtig, so muß statt der
                              									Wärme auch jedes andere Agens, welches im Stande ist, Kohlenwasserstoffe bei der
                              									niedern Temperatur des untern Flammentheiles unter Kohleabscheidung zu zersetzen,
                              									eine Vergrößerung des Leuchtmantels zur Folge haben, wenn es in geeigneter Weise zur
                              									Wirkung gelangt. Als solche Agentien sind offenbar Chlor und Brom anzusehen, und in
                              									der That entspricht der Versuch jener Voraussetzung.
                           Aus einer horizontalen, etwas engen Röhre austretendes Leuchtgas lieferte bei der
                              									Entzündung eine langgestreckte Flamme, deren Leuchtmantel erst 1 bis 2cm von der Mündung begann. Wurde nun
                              									Chlorgas aus einer Röhre gegen jenen blauen, dicht am Brenner beginnenden Theil der
                              									Flamme geleitet, so wurde letzterer sofort gleichfalls hellleuchtend, d.h. der
                              									Leuchtmantel begann bereits direct an der Mündung; außerdem zeigte er viel stärkeren
                              									Glanz. Letztere Erscheinung kann ihren Grund nur darin haben, daß die
                              									Lichtintensität durch Vermehrung der Anzahl leuchtender Kohletheilchen erhöht wird,
                              									da das Chlor eine erhebliche Steigerung der Flammentemperatur nicht bewirkt. Statt
                              									des Chlores läßt sich Bromdampf mit ganz demselben Effect anwenden; bei einem
                              									Uebermaß dieser Agentien wird die Kohleabscheidung so massenhaft, daß die Flamme zu
                              									rußen beginnt, da das Chlor resp. Brom theilweise die Stelle des eintretenden
                              									Sauerstoffes vertritt, ohne jedoch wie dieser im Stande zu sein, den Kohlenstoff in
                              									eine gasförmige Verbindung überzuführen.
                           Kohlenwasserstoffflammen von geringer Lichtintensität können diese Eigenschaft
                              									verschiedenen Umständen verdanken, und es fragt sich nun, ob in allen diesen Fällen
                              									Zuführung von Chlorgas den von der Theorie vorausgesagten Effect gibt.
                           Kohlenwasserstoffflammen können schwach leuchtend sein, 1) wenn der Lichtmantel nur
                              									wenig feste Kohletheilchen enthält.
                           Dieses Verhältniß findet sich bei allen kohlenstoffarmen Materialien, z.B. dem
                              									Grubengas CH₄. Eine solche Flamme wird durch Chlor hellleuchtend, sowohl wenn
                              									dasselbe dem Material selbst vor der Verbrennung beigemischt wird, als auch wenn es
                              									der von außen zutretenden Luft beigefügt ist. Im erstern Fall findet bereits im
                              									innersten Theil der Flamme eine partielle Verbrennung statt, indem der Wasserstoff
                              									sich theilweise mit Chlor vereinigt und der hierdurch frei gewordene Kohlenstoff
                              									sich ausscheidet und so zunächst das Leuchten der Chlor-Wasserstoffflamme im
                              									Innern der Hauptflamme bewirkt. Weiter nach außen verbrennt dann sämmtlicher
                              									Kohlenstoff und der noch nicht an Chlor gebundene Wasserstoff; da bei dieser äußern
                              									Verbrennung das Material nunmehr ein relativ wasserstoffarmes, dagegen sehr
                              									kohlereiches ist, so muß hier gleichfalls bedeutende Lichtentwicklung eintreten.
                              									Leitet man das Chlorgas durch eine Röhre ins Innere einer etwas großen
                              									Grubengasflamme, so lassen sich beide Flammen deutlich unterscheiden.
                           Wird Chlor der äußern Luft beigemischt, in welcher die Verbrennung stattfindet, so
                              									ersetzt es nicht blos einen Theil des inerten Stickstoffes, sondern auch des
                              									Sauerstoffes und verbindet sich wie dieser mit Wasserstoff, nicht aber mit
                              									Kohlenstoff. Letzterer wird daher in größerer Menge abgeschieden und muß so lange
                              									glühend in der Flamme verweilen, bis er an deren äußern Saum mit genügendem Sauerstoff
                              									zusammentrifft, um verbrannt zu werden.
                           Kohlenstoffarme Gase können auch dann hellleuchtend verbrennen, wenn sie bereits in
                              									ihrem Molecül solche Elemente in genügender Menge enthalten, welche bei Glühhitze
                              									den Wasserstoff sofort theilweise oder ganz in Beschlag nehmen und dadurch entweder
                              									zunächst einen kohlenstoffreichen Kohlenwasserstoff oder sogleich reinen Kohlenstoff
                              									in Freiheit setzen; derartige Verbindungen sind z.B. die Chlorsubstitutionsproducte
                              									des Grubengases: Metylchlorid CH₃Cl und Chloroform CHCl₃. In der That
                              									liefern diese Körper eine hellleuchtende, Chloroform sogar eine rußende Flamme.
                              									(Letzteres brennt nur in der Nähe einer andern Flamme von selbst weiter, oder wenn
                              									sein Dampf mit Wasserstoff gemischt ist.)
                           2) Kohlenwasserstoffflammen können schwach leuchtend resp. nicht leuchtend (blau)
                              									sein, wenn sie zwar kohlenstoffreiche Gase enthalten, jedoch nicht genügend hohe
                              									Temperatur besitzen, um aus dem vorhandenen Material Kohlenstoff in fester Form
                              									auszuscheiden. Hier sind Zwei Fälle zu bedenken. Entweder ist die allzu niedrige
                              									Flammentemperatur durch Wärmeentziehung von außen veranlaßt, oder die Temperatur,
                              									bei welcher sich das Material unter Kohleabscheidung zersetzt, liegt sehr hoch. Der
                              									erstgenannte Fall tritt ein, wenn eine leuchtende Flamme durch abkühlende Körper
                              									berührt wird; der letztere, wenn die Verbrennungsgase durch andere Luftarten
                              									verdünnt sind, welche indeß, insofern sie nicht selbst an der Verbrennung Theil
                              									nehmen (wie dies z.B. bei Kohlenoxyd, Sauerstoff oder Luft der Fall ist), auch
                              									gleichzeitig die ursprüngliche vorhandene Flammentemperatur durch Wärmebindung
                              									erniedrigen.
                           Die Temperatur aller derartigen Flammen liegt hoch genug, um einen dünnen Platindraht
                              									oder eingeführte Kohlensplitter zum Glühen zu bringen, reicht aber nicht aus, um das
                              									betreffende Material unter Kohleabscheidung zu zersetzen; bewirkt man letzteres
                              									indeß durch andere Mittel, so muß der Kohlenstoff glühend und somit die Flamme
                              									leuchtend werden. Ist diese Voraussetzung richtig, so wird Chlorgas in beiden Fällen
                              									die entleuchteten Flammen wieder hellleuchtend machen. Zur Prüfung des ersten Falles
                              									wurde eine kleine leuchtende Gasflamme durch Berührung mit einer Porzellanschale
                              									entleuchtet (ich habe früher bewiesen, daß hierbei nur die Wärmeentziehung als
                              									Ursache der Entleuchtung anzusehen ist); sobald nun unter die blaue Flamme etwas
                              									Chlorgas oder Bromdampf gebracht wurde, erhielt sie sofort wieder bedeutende
                              									Leuchtkraft und überzog die Porzellanfläche mit Ruß.
                           Hiermit ist bewiesen, daß, wie vorausgesetzt war, die durch Abkühlung entleuchtete Flamme nur darum
                              									kein Licht ausstrahlt, weil ihre Temperatur nicht ausreicht, Kohlenstoff
                              									abzuscheiden; sie genügt aber, um den auf andere Weise ausgeschiedenen Kohlenstoff
                              									zum Leuchten zu bringen.
                           Die durch Beimischung indifferenter Gase entleuchteten Kohlenwasserstoffflammen
                              									finden sich in einer ähnlichen Lage. Das verdünnte Material bedarf nun einer höheren
                              									Temperatur, um unter Kohleabscheidung zersetzt zu werden; aber auch hier reicht die
                              									vorhandene Hitze aus, auf andere Art abgeschiedenen Kohlenstoff zum Glühen zu
                              									bringen.
                           Zu den Versuchen dienten die blauen Flammen, welche das zuvor mit Kohlensäure, mit
                              									Luft oder mit Kohlenoxyd vermischte Leuchtgas lieferte. Diese Flammen wurden durch
                              									Zuführung von etwas Chlorgas sofort hellleuchtend.
                           3) Als dritte Möglichkeit für die Existenz schwach leuchtender
                              									Kohlenwasserstoffflammen ist der Fall anzusehen, daß die Temperatur der Flamme zwar
                              									hinreicht, um aus dem leicht zersetzbaren Material eine Masse Kohletheilchen
                              									auszuscheiden, jedoch nicht hoch genug ist, um diese zum hellen Glühen zu bringen. Als Beispiel sei die Terpentinölflamme genannt.
                              									Derartige Flammen bedürfen nur eine beträchtliche Erhöhung ihrer Temperatur, um ein
                              									brillantes Licht auszustrahlen, und werden daher durch Zuleitung von Sauerstoff oder
                              									durch Einblasen von Luft äußerst hellleuchtend. Da die Einführung von Chlor die
                              									Temperatur der Flamme nicht steigert und an ausgeschiedenem Kohlenstoff kein Mangel
                              									ist, so darf durch Zuleiten jenes Gases in die Terpentinölflamme keine Erhöhung
                              									ihrer Leuchtkraft eintreten.
                           Der Versuch bestätigt die Richtigkeit dieses Schlusses.
                           Seither diente die Annahme, daß Chlor aus den glühenden Flammengasen festen
                              									Kohlenstoff abscheide, als Ausgangspunkt für die Erklärung. Jene Annahme ist jedoch
                              									nicht etwa nur eine nützliche Hypothese, sondern eine bewiesene Thatsache, insofern
                              									Chlor mit glühenden Kohlenwasserstoffen zusammengebracht stets massenhafte
                              									Abscheidung fester Kohle veranlaßt, welche mit dem auf
                              									sonstige Weise gebildeten Ruß ganz identisch erscheint. Daß der Ruß als (mehr oder
                              									weniger reiner) Kohlenstoff angesehen werden muß, hat bis jetzt nur Frankland zu leugnen versucht. Sein Wunsch, den
                              									Lichtträger im Flammenmantel als dichten Kohlenwasserstoffdampf betrachten zu dürfen, hat ihn zur Bemerkung
                              									veranlaßt, der Ruß sei stets wasserstoffhaltig und darum wahrscheinlich weiter
                              									Nichts als ein Conglomerat der dichtesten lichtgebenden Kohlenwasserstoffe, deren
                              									Dämpfe sich an dem kalten Körper condensiren. Hiergegen erwähnte W. Stein, daß sich dann der Ruß durch Erhitzen auch
                              									wieder in Dampf verwandeln lassen müsse, was nicht der Fall ist, und theilte eine
                              									Analyse von Leuchtgasruß mit, welcher neben 99,1 Proc. Kohlenstoff nur 0,9 Proc.
                              									Wasserstoff enthielt.
                           Hiernach ist man also nicht berechtigt, den Ruß einen Kohlenwasserstoff zu nennen; er
                              									ist nur Kohlenstoff, welcher geringe Mengen anderer Körper aufgenommen hat. Mir
                              									scheint es ganz undenkbar, daß sich überhaupt chemisch reiner Kohlenstoff aus einer
                              									Flamme ablagern könnte, weil bekanntlich die Kohle ein so bedeutendes Bestreben
                              									zeigt, Dämpfe und Gase zu absorbiren, daß sie sofort nach der Abkühlung am berußten
                              									Gegenstand nicht blos Gase und Wasserdampf, sondern auch unverbrannt hier
                              									austretende Kohlenwasserstoffdämpfe aufnehmen wird.
                           Ich habe nun gezeigt, daß Chlorgas alle Flammen leuchtend und rußend macht, welche
                              									zersetzbare Kohlenwasserstoffe enthalten; kann Frankland
                              									entgegnen: auch hier ist es nicht der feste Kohlenstoff, der ausgeschieden das
                              									Leuchten bedingt, sondern dichte Dämpfe, welche durch die Wirkung des Chlores
                              									erzeugt werden? Frankland führt selbst an, daß man, um
                              									aus Ruß reinen Kohlenstoff zu erhalten, diesen in Chlorgas ausglühen müsse. Wenn
                              									folglich das Chlor in der Glühhitze die Kohlenwasserstoffs unter Zurücklassung
                              									reinen Kohlenstoffes zerstört, so wird auch diese Reaction inmitten der Flamme
                              									stattfinden.
                           Auf die größere oder geringere Reinheit des Kohlenstoffes kommt es überhaupt im
                              									vorliegenden Fall gar nicht an, es fragt sich nur, ob das ausgeschiedene Product ein
                              									fester oder ein dampfförmiger Körper ist, und hierüber kann keinerlei Zweifel
                              									bestehen; schon bei dunkler Rothglühhitze scheidet sich aus einem Gemenge von
                              									Chlorgas und Leuchtgas Ruß als fester Staub in Menge ab.
                           Die bedeutende Lichtentwicklung, welche durch Einführung von Chlor bei den
                              									beschriebenen Versuchen beobachtet wurde, verdankt also ohne Frage der Abscheidung
                              									festen Kohlenstoffes ihr Entstehen. Der Charakter der so erhaltenen Leuchtflamme ist
                              									ganz der normale, d.h. das durch die Wirkung des Chlores veranlaßte Leuchten ist in
                              									Nichts verschieden von dem durch hohe Temperatur bewirkten, und es liegt nicht der
                              									geringste Grund vor, daran zu zweifeln, daß wenn in jenem Fall fester Kohlenstoff
                              									der Lichtträger ist, er es auch in diesem sein wird.
                           Es gilt nun noch directere Beweise aufzufinden, welche das Vorhandensein festen
                              									Kohlenstaubes in den Leuchtflammen über alle Zweifel erheben und gleichzeitig die
                              									Unmöglichkeit der Frankland'schen Hypothese darthun. Ein
                              									früher besprochener Versuch ergab, daß ein Weißes Porzellanstäbchen, welches in eine
                              									leuchtende Flamme eingeführt wurde, sich nur an der untern, dem Gasstrom
                              									entgegenstehenden Seite mit Ruß bedeckte. Erst nach viel längerer Zeit bildete sich auch
                              									an der obern Fläche ein ganz dünner schwärzlicher Hauch. Wäre der Ruß als
                              									leuchtender Dampf in der Flamme enthalten, so müßte die Ablagerung an einem kalten
                              									Gegenstand eine Condensation jenes Dampfes sein, wie Frankland selbst sagt; wenn nun der Gegenstand rings von der leuchtenden
                              									Flamme umgeben ist, so muß auch ringsum Condensation, d. i. Berußung eintreten. Der
                              									Versuch zeigt jedoch, daß sich nur die untere Fläche berußt. Also kann der Ruß nicht
                              									als Dampf, sondern muß als fester Körper in dem leuchtenden Flammenmantel vorhanden
                              									sein; die Berußung ist darum keine Condensation, sondern ein rein mechanischer
                              									Vorgang, ganz analog dem Ansetzen des Staubes an die Wände eines Zimmers oder des
                              									Ofenrußes an die Kaminwände.Daß nach längerer Zeit auch an der obern Fläche des in die Flamme gebrachten
                                    											Stabes eine dünne, hauchartige Schwärzung eintritt, hat seinen Grund
                                    											jedenfalls in den verschiedenartigen Gasströmen, welche längs dieser obern
                                    											Fläche ihre Richtung nehmen. Ferner widerspricht der Auffassung Frankland's,
                              									die Berußung erfolge durch Condensation dichter Dämpfe, die bereits früher
                              									mitgetheilte Thatsache, daß auch stark glühende Flächen
                              									berußt werden. Wäre die Berußung eine Condensation, so könnte sie nur an relativ
                              									kalten Gegenständen erfolgen.
                           Die bis jetzt gegebenen Beweise für die Anwesenheit festen Kohlenstaubes in den
                              									Leuchtflammen sind mehr indirecter Natur; alle irgend denkbaren Zweifel würden aber
                              									alsbald gehoben sein, wenn es gelänge, die ausgeschiedenen Kohletheilchen in der
                              									Flamme selbst sichtbar zu machen.
                           In einer leuchtenden Gas- oder Kerzenflamme, ja selbst in der stark rußenden
                              									Terpentinölflamme, vermag das Auge keinerlei glühende Punkte zu erkennen; bei
                              									Anwendung der Loupe oder des Mikroskops ist das Resultat nicht besser, der raschen
                              									Bewegung und großen Zahl der Stäubchen wegen. Auch mit Hilfe einer stroboskopischen
                              									Scheibe oder eines rotirenden Spiegels waren keine gesonderten Kohletheilchen
                              									wahrzunehmen; offenbar ist ihre Zahl sehr groß und ihr Durchmesser äußerst klein.
                              									Ebenso wenig läßt jedoch auch die Rußsäule, welche einer Terpentinölflamme
                              									entsteigt, direct über der letztern einzelne Partikelchen erkennen, während in etwas
                              									größerer Höhe sich Rußflöckchen bilden, die beim Aufsteigen noch mehr an Größe
                              									zunehmen. Eine ganz analoge Erscheinung bildet das brennende Zink, dessen Oxyd sich
                              									erst beim Aufsteigen über der Flamme zu den bekannten Flocken zusammenballt. Die
                              									Ursache dieser Flockenbildung erkläre ich mir in folgender Weise. Durch die ruhende
                              									Luftschicht werden die ersten, äußerst kleinen Stäubchen in ihrer aufsteigenden Bewegung
                              									gehemmt oder abgelenkt, die nachfolgenden stoßen dann mit mehr oder weniger
                              									Heftigkeit wider die ruhenden oder in anderer Richtung bewegten Stäubchen und
                              									vereinigen sich mit diesen in Folge des Druckes zu größern Massen.
                           Um inmitten der Flamme eine ähnliche Zusammenhäufung der kleinen Stäubchen zu
                              									veranlassen, war es also nur nöthig, auch hier eine solche Stoßwirkung
                              									herbeizuführen. Durch Entgegenblasen von Luft hätte eine derartige Wirkung
                              									vielleicht erreicht werden können, wenn nicht hiermit auch eine intensivere
                              									Verbrennung, resp. sogar Entleuchtung, verbunden wäre; es lag also nahe, eine
                              									leuchtende Gasflamme gegen eine zweite stoßen zu lassen. Treffen die kleinen
                              									Kohlestäubchen mit entgegengesetzter Bewegungsrichtung auf einander, so müssen
                              									nothgedrungen größere Kohleaggregate entstehen, welche auch darum noch leichter
                              									sichtbar sein werden, als sie in viel geringerer Zahl vorhanden und weit langsamer
                              									bewegt sind, wie vorher die kleinen Stäubchen.
                           Von dieser Erwartung ausgehend, stellte ich viele vergebliche Versuche an, deren
                              									Nichterfolg hauptsächlich in zu bedeutender Größe der angewendeten Flammen bestand,
                              									deren Spitzen sich stets nach oben zu aufbogen und darum nicht direct gegen einander
                              									gerichtet werden konnten. Augenscheinlich waren stoßkräftigere Flammen nöthig.
                              									Solche erhielt ich beim Ausströmen des Gases durch wagrechte, conisch gebohrte, enge
                              									Röhren, aus welchen die Flammen fast völlig horizontal brannten. Letztere wurden nun
                              									vorsichtig gegen einander geschoben, wobei sich die Spitzen gegenseitig abplatteten.
                              									Ein ähnlicher Vorgang findet bei den bekannten Zweilochbrennern statt, indeß treffen
                              									hier die Gasströme unter einem Winkel zusammen und breiten sich zur sogen.
                              									Fischschwanzflamme aus.
                           Bei jenem Versuch wurde bei gehöriger Sorgfalt eine vollkommen kreisrunde
                              									Flammenscheibe von mehreren Centimeter Durchmesser und blendendem Glanze erhalten;
                              									aber bei noch etwas größerer Annäherung der Brennerröhren und geringer Excentricität
                              									schlug die Scheibe um und verwandelte sich in einen nach unten ausgebogenen
                              									Flammenhalbmond, welcher übersäet war mit glühenden Punkten. In Folge des etwas
                              									excentrischen Stoßes der beiden Flammen befanden sich die jenen Halbmond bildenden
                              									Gase in wirbelnder Bewegung, so daß die glühenden Punkte bei ihrem Aufsteigen
                              									Schraubenlinien beschreiben mußten. In solcher Weise wurden sie den beiden Hörnern
                              									des Halbmondes zugeführt und verließen hier die Flamme als Funken. Wurden diese auf
                              									einem Porzellanteller aufgefangen, so erwiesen sie sich als lauter vereinzelte
                              									Rußkörner; während die wirbelnde Flamme selbst einen grobkörnigen Ruß absetzte. Die Ausführung des
                              									Experimentes ist nicht schwer, erfordert aber etwas Geduld und hinsichtlich des
                              									Einstellens der Flammen und der Regulirung der Hähne eine nur durch Ausprobiren zu
                              									erlangende Uebung. Läßt man das Leuchtgas unter höherem Druck, z.B. aus den
                              									gewöhnlichen Laboratoriumsgasometern ausströmen, so wird die Erscheinung noch
                              									glänzender, doch erheblich schwieriger ist dann die Regulirung.
                           Schließlich gelang es mir auch, den Kohlenstaub bei Anwendung einer einzigen
                              									Leuchtgasflamme sichtbar zu machen, indem ich letztere etwas schief gegen die
                              									Wölbung einer vertical befestigten, glühenden Platinschale anstoßen ließ. Die
                              									reflectirte Flamme prellt seitlich gegen einen Theil der auffallenden, und es
                              									entsteht auch hier wiederum ein mit glühenden Punkten übersäeter und in Rotation
                              									begriffener Flammenkörper, welcher die Gestalt eines nach unten gewölbten Halbmondes
                              									besitzt.
                           Durch diese Versuche, welche einen interessanten Anblick bieten, ist es also
                              									gelungen, unter Anwendung eines kleinen Kunstgriffes die Ausscheidung festen Rußes innerhalb der Leuchtgasflamme selbst auch dem Auge
                                 										direct sichtbar zu machen. Die Erscheinung beweist aufs Ueberzeugendste,
                              									daß die normal leuchtenden Flammen nur dadurch von jenem Funkenheer verschieden
                              									sind, daß bei ihnen die Kohletheilchen kleiner und zahlreicher sind; denn der
                              									Versuch zeigt in den einzelnen Theilen der Flamme sämmtliche Uebergangsstadien von Funkenheer zum continuirlichen Leuchtmantel in der
                              									allerdeutlichsten Weise.
                           Darmstadt. Chemisches Laboratorium des Polytechnicums.