| Titel: | Annäherungsweise Construction gewisser Spirallinien; von Prof. V. Thallmayer. | 
| Autor: | V. Thallmayer | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 157 | 
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                        Annäherungsweise Construction
                           								gewisser Spirallinien; von Prof. V. Thallmayer.
                        Mit Abbildungen auf Taf. V [c.d/1].
                        Thallmayer's Construction gewisser
                           								Spirallinien.
                        
                     
                        
                           Die Curven, nach welchen die Schneidekante der Messer einiger
                              									Häckselschneidemaschinen, die Kanten der Mühlstein-Haufurchen
                              									geformt werden, gehören, wie bekannt, den Spirallinien an. Wenn
                              									auch schon für die Verzeichnung speciell der Hauschlagcurven in
                              									den Werken über Mahlmühlen verschiedene Methoden angeführt
                              									erscheinen, so erlaube ich mir dennoch hier eine einfache
                              									Verzeichnungsweise für derartige Curven mitzutheilen, da sie in
                              									vielen Fällen angewendet werden kann.
                           Soll die Form der Kante eines rotirenden Schneidewerkzeuges,
                              									welches Schnitt oder Zertheilung des Materials an einer
                              									feststehenden Kante zu vollführen hat, unter der Bedingung
                              									construirt werden, daß der Schnitt stets unter demselben Winkel,
                              									oder unter nach einem bestimmten Gesetze sich
                              									ändernden Winkeln stattfinde, so verfahre man einfach, wie
                              									folgt: Man verzeichne sich die feststehende Schnittkante AB, die in Fig. 21,
                              									23, 28 und
                              									29 als Gerade, in Fig. 22
                              									und 25
                              									hingegen als Kreisbogen angenommen wurde, und ziehe vom Punkte
                              									A an in gleichen Entfernungen von
                              									einander concentrische Kreise aus dem Punkte O, um welchen die schneidende Kante
                              									rotirt. Diese Kreise schneiden die feststehende Kante in
                              									Punkten, die in den Figuren mit 1, 2, 3... bezeichnet
                              									erscheinen. An diese Punkte und die feststehende Kante
                              									verzeichne man die Schnitt- oder Kreuzungswinkel α, wodurch man an den Kreisen die
                              									Schnittpunkte s, s₁, s₂... erhält. Nun nehme man As als Anfangselement der Curve an
                              									und füge die Stücke 1 s₁, 2
                              									s₂, 3 s₃... successive an As an.
                           Das Aneinanderfügen der einzelnen die Curve bildenden Elemente
                              									kann am Zeichenbrete, wie man leicht einsehen wird, sehr einfach
                              									mit Zuhilfenahme von Pauspapier geschehen; auf einem Brete aber,
                              									um etwa eine Schablone in Naturgröße anzufertigen, kann
                              									dasselbe, wie es auch in den Figuren ersichtlich gemacht ist,
                              									nicht minder einfach mit Hilfe zweier scharnierartig
                              									zusammengefügten Lineale erfolgen.
                           Dadurch, daß man die Entfernung der concentrischen Kreise von
                              									einander klein annimmt, und daß man etwa noch am Ursprunge der
                              									Curve bei A, wo sie eine schärfere
                              									Krümmung besitzt als wie am Außenende, die Kreise dichter an
                              									einander wählt, kann man eine praktischen Zwecken genügend
                              									entsprechende Genauigkeit erreichen.
                           Fig. 24 und 26 zeigen
                              									(abgebrochen) je ein Paar Mühlsteine mit 12 Feldern, wo Haupt-
                              									sowie Nebenfurchen denselben Zug haben, und zwar sind die
                              									Haufurchen des Bodensteines in Figur 24
                              									Gerade, in Figur 26
                              									hingegen Kreisbogen. Die Haufurchen des Läufers sind so
                              									construirt, daß die Kreuzungswinkel vom Läuferauge an gegen die
                              									Peripherie hin continuirlich von 90° auf 30°
                              									abnehmen und zwar in dem Maße, als die Entfernung der Punkte 1,
                              									2, 3, 4... auf der Furche des Bodensteines vom Punkte A an zunehmen (Fig. 23
                              									und 25). Die
                              									Kreuzungswinkel, die in einem und demselben Kreise liegen, sind
                              									hierbei natürlicherweise constant.
                           Die Gestalt der Schneide oder Zertheilungskante hängt, wie dies
                              									auch aus den Figuren ersichtlich, von der Lage des
                              									Drehungspunktes und von der Gestalt der feststehenden Kante ab;
                              									sie kann entweder Convexität oder Concavität oder beides vereint
                              									gegen die feststehende Kante kehren.
                           Dab im Vorstehenden besprochene, unmittelbar
                              									aus den gestellten Anforderungen entspringende, annäherungsweise
                              									richtige Constructionsverfahren führt übrigens auch zur Bestimmung
                              									der Polargleichung dieser Curven. Nimmt man nämlich O als Ursprung des Coordinatensystemes
                              									und sind die Polarcoordinaten ρ und φ, ferner
                              									α der Kreuzungswinkel an
                              									irgend einer Stelle, γ der
                              									Winkel, den der Radiusvector mit der Tangente an die
                              									feststehende Schnittkante an jener Stelle einschließt, so ist
                              									(α + γ) der Winkel, den der Radiusvector mit der
                              									Tangente der zu verzeichnenden Curve an jener Stelle bildet. Aus
                              									der Analysis her ist die Richtigkeit der Gleichung dρ = ρdφ cotg (α + γ)
                              									bekannt.
                           Drückt man nun γ als Function von ρ oder φ aus, so
                              									z.B. nach Figur 21
                              									durch sin γ : sin ω = α : ρ, oder nach Figur 22
                              									durch b² = r² + ρ² 2rρ
                              									cos (90 – γ), und ist das Gesetz, nach
                              									welchem α sich verändern
                              									soll, in Abhängigkeit zu φ
                              									oder ρ zu bringen, so kann
                              									durch Integration die Gleichung der Curve gefunden werden.
                           In dem einfachen, der Figur 21
                              									entsprechenden Falle, wo α
                              									constant ist, erhält man nach Integration des Ausdruckes für dφ und Bestimmung der
                              									Constanten als Polargleichung der Curve:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 158
                              
                           Für ω = 0
                              									geht (1) in die Gleichung der logarithmischen Spirale über. Für
                              									α = 90° geht (1) über
                              									in die Gleichung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 158
                              
                           und die dieser Gleichung zukommende
                              									Curve Figur 27
                              									kann bei der Construction von Hebedaumen verwendet werden,
                              									umsomehr deshalb, weil die Berührungsfläche zwischen Daumen und
                              									Ansatz des Stempels stets rechtwinklig auf die Hubrichtung
                              									bleibt.
                           Für α =
                              									90° und gleichzeitig ω
                              									= 90° geht (1) in die Gleichung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 158
                              
                           der Polargleichung der gewöhnlichen
                              									Kreisevolvente über.
                           Das Anführen der Gleichungen von andern
                              									Annahmen entsprechenden Curven kann hier mit Anfügung der
                              									Bemerkung, daß sie cyclometrische und logarithmische Ausdrücke
                              									enthalten, umsomehr wegbleiben, als sie ihrer Complicirtheit
                              									wegen für den praktischen Gebrauch ohne Belang sind. Ist die
                              									feststehende Kante nach einem Kreisbogen geformt, der
                              									gleichzeitig auch durch den Drehungspunkt der schneidenden Kante
                              									geht, so bekommt man unter Annahme constanter Schneidewinkel als
                              									Gleichung der schneidenden Kante eine aus zwei Gliedern
                              									bestehende, der Gleichung 1 ähnliche Gleichung.
                           Ungarisch-Altenburg, Juli 1877.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
