| Titel: | Ueber die Controle der Verluste an schwefliger Säure in dem Bleikammerprocesse; von Professor Dr. G. Lunge. | 
| Autor: | Georg Lunge [GND] | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 167 | 
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                        Ueber die Controle der
                           								Verluste an schwefliger Säure in dem Bleikammerprocesse; von
                           								Professor Dr. G.
                              								Lunge.
                        Lunge, über die Verluste an schwefliger Säure
                           								in dem Bleikammerprocesse.
                        
                     
                        
                           Unter einem dem obigen ähnlichen Titel hat James Mactear, Director der weltberühmten
                              									Tennant'schen Fabrik zu St. Rollox und der technischen Welt
                              									bekannt durch mehrere wichtige Verbesserungen in der
                              									Sodafabrikation, einen Vortrag in der Newcastler chemischen
                              									Gesellschaft gehalten, welcher auch (aber nicht ganz
                              									vollständig) in den Chemical News
                              									vom 3. August 1877 (Bd. 36 S. 49) abgedruckt ist. Er kommt
                              									darauf hinaus, daß die Controle der Schwefelsäurefabrikation
                              									durch die Bestimmung des Ausbringens nicht genüge, weil die
                              									Berechnung desselben eine höchst unsichere sei. Er habe schon
                              									seit vielen Jahren das Princip aufgestellt, statt einer nur
                              									annähernden Bestimmung des wirklich Erhaltenen lieber eine
                              									genaue Bestimmung des Verlorenen zu machen; und er sei wohl der
                              									erste, welcher eine continuirliche Controle des Verlustes bei
                              									der Schwefelsäurefabrikation eingeführt habe. Seine Untersuchung
                              									begann schon im J. 1866; aber der vollkommene Apparat fungirt
                              									erst seit 1874. Er besteht aus einer Bunsen'schen Wasserluftpumpe
                              									zum Ansaugen der Gase, aus einem Absorptionsapparat und aus
                              									einer gewöhnlichen (nassen) Gasuhr zur Messung des nach der
                              									Absorption bleibenden Gasrückstandes. Der Apparat wird mit der
                              									Ausgangsröhre des Gay-Lussac-Thurmes oder Kammersystemes
                              									verbunden, und man erfährt so, wie viel
                              									„Schwefelgase“ pro Cubikfuß entweichen. Man
                              									muß aber jetzt wissen, was für ein Verhältniß diese Zahl zu dem
                              									Totalverlust an Schwefel ausmacht, und da es so gut wie
                              									unmöglich ist, die wirkliche Menge des entweichenden Gases in
                              									Cubikfuß etc. auf anemometrischem Wege zu bestimmen, so bedient
                              									sich Mactear, um die Quantität des
                              									entweichenden Gases zu ermitteln, der Sauerstoffbestimmung,
                              									welche ohnehin in jeder Fabrik vorgenommen werden sollte.
                           Ich sehe davon ab, hier eine Uebersetzung oder einen Auszug aus
                              									der von Mactear aufgestellten
                              									Berechnung zu geben, welche es zeigen soll, wie man die
                              									Sauerstoffbestimmung für den von ihm angestrebten Zweck
                              									dienstbar machen könne; denn schon im Originale ist die
                              									Ausführung so unklar und durch das Durcheinanderwürfeln von
                              									englischen Cubikfußen, Tonnen, Pfunden und Grains mit Liter und
                              									Gramm so complicirt, daß es eine ziemlich bedeutende und dabei
                              									ganz unnöthige Geistesanstrengung kostet, den Faden der
                              									Berechnung zu verfolgen; dann endet das Ganze nicht einmal in
                              									einer allgemeinen Formel oder bestimmten Anweisung, und man muß
                              									einen großen Theil der Arbeit doch wieder selbst machen, wenn
                              									man einen speciellen Fall vornehmen will. Ich werde es daher
                              									versuchen, das von Mactear
                              									angewendete Princip auf einem andern, wie ich glaube, weit
                              									einfachern und klareren Wege zu entwickeln. Auch meine
                              									Berechnungen sind auf ganz unabhängigem Wege angestellt, und zum
                              									Theil mit andern (neuern) Grundzahlen als diejenigen Mactear's.
                           In dem aus dem Kammersystem austretenden Gase ist nach völliger
                              									Absorption der Stickstoff- und Schwefelverbindungen wesentlich
                              									enthalten: A) der dem zur Oxydation
                              									des Schwefels consumirten Sauerstoff entsprechende Stickstoff,
                              									B) überschüssige atmosphärische
                              									Luft. (Vermuthlich sind auch kleine Mengen von Stickoxydul oder
                              									Stickstoff dabei, entstanden durch Reduction der Salpetergase an
                              									den Einströmungsstellen des Wasserdampfes etc.; aber die Menge
                              									derselben ist jedenfalls so unbedeutend, daß sie auf die hier
                              									anzustellende Berechnung keinen merklichen Einfluß ausüben kann.
                              									Mactear erwähnt ihrer gar nicht.) Die
                              									Größe A kann man berechnen, da man
                              									den Betrag des oxydirten Schwefels kennt; 4 Aeq. Schwefel
                              									brauchen 15 Aeq. Sauerstoff nach der Gleichung 2 FeS₂ +
                              									15 O = Fe₂O₃ + 4 SO₃. Je 64 Th. verbrannten
                              									Schwefels werden also 120 Th. Sauerstoff consumiren, also 1
                              									Th. Schwefel 1,875 Gew.-Th. Sauerstoff oder 1k Schwefel 1307l Sauerstoff, auf 0°
                              									und 760mm Druck
                              									reducirt. Diese entsprechen 6237l Luft oder 4930l Stickstoff.
                           Wie viel Kilogramm Schwefel man täglich verbrennt, kann man
                              									ermitteln, wenn man von der in dem chargirten Schwefelkies der
                              									Analyse noch enthaltenen Schwefelmenge diejenige Menge abzieht,
                              									welche man noch in den Abbränden vorfindet. Man muß dabei in
                              									Betracht ziehen, daß das Gewicht der Abbrände kleiner als
                              									dasjenige des aufgegebenen Pyrits ist, und muß daher den in den
                              									Abbränden gefundenen Schwefelgehalt auf den Pyrit reduciren, was
                              									nach Mactear nahe genug geschieht,
                              									wenn man denselben mit 0,7 multiplicirt. Auf der andern Seite
                              									ist aber zu bedenken (was Mactear
                              									ganz außer Acht läßt), daß der Schwefel in den Abbränden
                              									jedenfalls zum Theil nicht als Schwefeleisen, sondern als
                              									Eisensulfat vorhanden ist, also ebenfalls Sauerstoff consumirt,
                              									und es würde vermuthlich der Wahrheit näher kommen, wenn man
                              									überhaupt gar keinen Abzug für den in den Abbränden noch
                              									aufgefundenen Schwefel machte, als wenn man diesen voll
                              									berechnet. Wollte man diesen Gegenstand genau feststellen, so
                              									müßte man eben direct von Fall zu Fall bestimmen, wie viel
                              									Schwefel in den Pyritabbränden als Sulfat vorhanden ist, was
                              									natürlich die Arbeit sehr erschwert. Wir wollen also diesen
                              									Gegenstand vorläufig dahingestellt sein lassen und es dem Leser
                              									selbst anheimstellen, wie er den „consumirten
                                 									Schwefel“ berechnen will. Er würde also für jedes
                              									Kilogramm desselben 4930l Stickstoff, auf 0° und 760mm Quecksilberdruck
                              									reducirt, ansetzen müssen. Jedenfalls liegt übrigens in diesem
                              									Punkte schon eine kaum zu vermeidende Quelle von Ungenauigkeit
                              									in dem ganzen Verfahren.
                           Wie viel unveränderte Luft noch daneben vorhanden ist (die Größe
                              									B), ist ganz einfach aus der
                              									Sauerstoffbestimmung zu ermitteln. Wenn die gefundene
                              									Procentigkeit der Gase an Sauerstoff = a gesetzt wird, so beträgt der entsprechende Luftgehalt
                              									100 a : 20,95 = 4,773 a. (Mactear
                              									setzt den Sauerstoffgehalt der Luft nur = 20,8, jedenfalls
                              									fußend auf die – nach allen Autoritäten an Genauigkeit
                              									den volumetrischen nachstehenden – gravimetrischen
                              									Bestimmungen des Luftsauerstoffes; außerdem ist seine darauf
                              									gestützte Berechnung ebenfalls ungenau, obwohl er sie später bis
                              									auf die sechste Stelle ausführt.) Man findet jetzt das
                              									Gesammtvolum aus folgender Proportion:
                           (100 – 4,773 a) : 100 = A : x,
                           wo x das
                              									Gesammtvolum der entweichenden Gase bedeutet, oder
                           
                           x = 100 A/(100 – 4,773a).
                           Man ermittelt also die Gesammtmenge des in
                              									einer bestimmten Zeiteinheit aus dem Kamin entweichenden Gases,
                              									wenn man das Stickstoffvolum, welches dem in derselben
                              									Zeiteinheit verbrannten Schwefel entspricht, mit 100
                              									multiplicirt und das Product dividirt durch 100 weniger dem im
                              									Gase gefundenen Procentgehalt von Sauerstoff mal 4,773.
                           Nach Mactear's Vorschlag sollte man
                              									nun eine beliebige Menge des entweichenden Gases continuirlich
                              									Tag und Nacht mittels einer Wasserluftpumpe aus dem Rohre
                              									absaugen, die darin noch enthaltene schweflige Säure und
                              									Schwefelsäure absorbiren und das rückständige Gas durch einen
                              									gewöhnlichen nassen Gaszähler (Gasometer) messen. Man kann dann
                              									die gefundene Menge der Schwefelverbindungen aus der von dem
                              									Gaszähler angezeigten und auf 0° und 760mm Druck reducirten
                              									Gasmenge leicht auf die nach obiger Berechnung (diejenige von
                              									Mactear endigt überhaupt gar nicht
                              									mit einer einfachen Formel) gefundene Gesammtmenge des Gases
                              									umrechnen und erfährt so, nach Mactear, den Verlust an Schwefel und somit die wirkliche
                              									Production an Schwefelsäure viel genauer als durch directe
                              									Wägung oder Messung der producirten Säure. Ja in dem
                              									Enthusiasmus des Entdeckers geht er sogar so weit, zu sagen, daß
                              									man ohne seine „continuirliche Bestimmung der
                                 									Verluste“ Kammern überhaupt gar nicht ordentlich und
                              									regelmäßig führen könne.
                           Diese Ansicht kann ich nun nicht theilen, obwohl ich keinen
                              									Augenblick läugnen will, daß eine solche continuirliche
                              									Bestimmung des Verlustes an Schwefel in den Austrittsgasen, wenn
                              									sie sich in zuverlässiger und verhältnißmäßig einfacher Weise
                              									ausführen ließe, eine höchst lehrreiche und wünschenswerthe
                              									Sache für den Kammerbetrieb sein würde. Einmal scheint es Mactear ganz unbekannt zu sein, oder
                              									wenigstens sagt er kein Wort davon, daß man außer der Controle
                              									durch Farbe des Gases, Tropfsäure und Temperatur, welche er
                              									anführt, in Deutschland schon längst eine viel exactere und
                              									wissenschaftlichere Controle des Kammerganges eingeführt hat,
                              									nämlich diejenige durch Bestimmung der schwefligen Säure in den
                              									Eintrittsgasen neben der des Sauerstoffes in den Austrittsgasen.
                              									Namentlich die erstere ist durch das Reich'sche Verfahren zu
                              									einer außerordentlich einfachen, schnellen und dabei genauen
                              									Arbeit geworden, welche in Verbindung mit den früher
                              									gewöhnlichen Indicien eine regelmäßige Kammerführung schon fast
                              									allein für sich ermöglicht, selbst ohne Analyse des
                              									Austrittsgases. Aber auch dieses kann mit der Winkler'schen
                              									Gasbürette oder dem Liebig'schen Apparat leicht und schnell auf
                              									den Sauerstoffgehalt geprüft werden. Dieses letztere setzt auch
                              									Mactear voraus, obwohl er nicht sagt,
                              									was für einer Prüfungsmethode er sich dabei bedient. Jedenfalls
                              									aber kann man doch nur einzelne Proben des Gases auf Sauerstoff
                              									analysiren; von einer continuirlichen Absorption des
                              									Sauerstoffes, behufs einer Bestimmung über einen ganzen
                              									Zeitabschnitt hin, spricht Mactear
                              									nicht, und wüßte ich auch nicht, was für ein Mittel man zu
                              									diesem Zwecke anwenden sollte. Es handelt sich in diesem Falle
                              									darum, viele Liter der Gase täglich durch ein Absorptionsmittel
                              									zu saugen, welches beim blosen Durchstreichen den Sauerstoff
                              									schon absorbirt und sich nachher wieder in irgend welcher Weise
                              									zurückmessen läßt. Die gewöhnlichen Sauerstoff absorbirenden
                              									Mittel, welche man in der Gasanalyse braucht, sind dazu nicht
                              									activ genug, und die wirksameren, an welche man allenfalls
                              									denken könnte (Indigweiß u.a.), lassen sich doch kaum für
                              									quantitativ analytische Bestimmungen verwenden, grade weil man
                              									die Titerstellung und Rücktitrirung bei völliger Abwesenheit von
                              									Luft vornehmen müßte. Von glühendem Kupfer u. dgl. wird man doch
                              									auch absehen müssen, wo es sich um ein Absaugen Tag und Nacht
                              									und Messen durch eine Gasuhr, also jedenfalls um sehr große
                              									Quantitäten Luft handelt, und zwar jahraus, jahrein. Wie gesagt,
                              									Mactear erwähnt auch kein Wort von
                              									einer continuirlichen Absorption des Sauerstoffes und begnügt
                              									sich mit gelegentlichen, und, wie man sehen wird, viel zu
                              									seltenen Bestimmungen des letztern. Dabei scheint ihm aber
                              									wieder entgangen zu sein, wie sehr solche Bestimmungen variiren.
                              									So fand Scheurer-Kestner (1876 219 517) bei sechs an einem Tage gemachten
                              									Sauerstoffbestimmungen in Röstgasen 9, 8,5, 8,5, 7,0, 6,0 und
                              									7,3 Vol.-Proc. Sauerstoff; in den Austrittsgasen müssen die
                              									Differenzen noch größer sein. Welches soll man nun als die
                              									maßgebende Zahl annehmen? Da es sich hier um eine Controle von
                              									Verlusten handelt und Mactear grade
                              									hierbei eine ganz besondere Genauigkeit erzielen will, so ist
                              									gar nicht daran zu deuten, von vornherein eine Durchschnittszahl
                              									für den Sauerstoffgehalt der austretenden Luft anzunehmen, oder
                              									sich etwa mit der Untersuchung einer Gasprobe täglich zu
                              									begnügen, und wenn Mactear nichts als
                              									ein continuirliches Absaugen für den
                              									Verlust an SO₂ gelten lassen will, so müßte er mindestens
                              									eine ganze Reihe von Sauerstoffbestimmungen den ganzen Tag
                              									hindurch anstellen, um ein giltiges Mittel daraus zu ziehen, das
                              									man für Berechnung der abgehenden Gase benutzen kann. Dazu müßte
                              									man aber einen besondern Chemiker haben, und der daraus
                              									entstehende Nutzen dürfte dies kaum aufwiegen.
                           
                           Aus der dem Vortrage folgenden Discussion (welche in den
                              									Verhandlungen der Gesellschaft, aber nicht in den Chemical News abgedruckt ist) geht
                              									hervor, daß man in Mactear's Fabrik nur eine Sauerstoffbestimmung in der Woche ausführt und annimmt, der Sauerstoffgehalt der
                              									Austrittsgase sei für jedes Kammersystem eine unveränderliche
                              									Größe!
                           Grade über den wichtigsten Theil des Gegenstandes, nämlich über
                              									die Art und Weise der Absorption, geht Mactear mit ausnehmender Kürze hinweg. Vom Sauerstoff sagt
                              									er eben gar nichts. Von dem Absorptionsapparat für die
                              									Schwefelgase sagt er nur so viel, daß man „ihn auf so
                                 									viele verschiedene Arten einrichten könne, daß eine Beschreibung
                                 									hier nicht nöthig ist; in der That thut es wenig zur Sache, was
                                 									für einen Absorptionsapparat man anwendet, so lange als genug
                                 									Absorptionsflüssigkeit vorhanden ist, um sämmtliche entweichende
                                 									Gase absorbiren zu können.“ Dies ist doch sehr mager;
                              									es kommt im Gegentheil sehr viel darauf an, was für einen
                              									Apparat man anwendet, um aus einem großen Gasvolum minime Mengen
                              									absorbirbarer Gase beim continuirlichen Durchstreichen zu
                              									entfernen, und genauere Angaben über den von ihm benutzten
                              									Absorptionsapparat wären also sehr am Orte gewesen. Im Original
                              									findet sich hinten noch eine schematische Abbildung, aus welcher
                              									hervorzugehen scheint, daß das Gas durch eine größere Flasche
                              									und vier Reagensröhren hindurchgesaugt wird. Dimensionen, Höhe
                              									der Flüssigkeitssäulen etc. kann man daraus nicht entnehmen.
                           Entschieden fehlerhaft ist aber sein Absorptionsmittel, nämlich
                              									Natronlauge oder Ammoniak, frei von Schwefelverbindungen, mit
                              									einer hinten angebrachten Waschflasche mit Chamäleon als
                              									Indicator von Verlusten; man soll die Flüssigkeit aus den
                              									Absorptionsröhren dann mit Chamäleon titriren, um den Gehalt an
                              									absorbirter SO₂ zu erfahren. Mactear beachtet dabei nicht, daß ein Theil der SO₂
                              									sich in der wässerigen alkalischen Lösung durch den in großem
                              									Ueberschuß anwesenden Sauerstoff zu Schwefelsäure resp. Sulfaten
                              									oxydiren muß und dann durch das Chamäleon nicht mehr angezeigt
                              									wird. Ich würde als Absorptionsflüssigkeit hier Chamäleon selbst
                              									oder noch besser Jodlösung anwenden, deren nicht gebrauchten
                              									Ueberschuß man mit unterschwefligsaurem oder arsenigsaurem
                              									Natrium zurücktitriren würde. Etwa als solche entweichende
                              									Schwefelsäure müßte man in einem wie in dem andern Falle
                              									besonders bestimmen; ihre Menge kann aber nur sehr gering sein.
                              									Ob Mactear sie in seinen Bestimmungen
                              									einschließt, geht aus seiner ganz unklaren Beschreibung nicht
                              									hervor.
                           
                           Gesetzt aber nun auch, man könnte die sämmtliche entweichende
                              									Gasmenge sowohl, als wie die darin enthaltene Menge von
                              									Schwefelverbindungen mit viel größerer Genauigkeit bestimmen,
                              									als dies nach obigem der Fall ist, und wobei man jedenfalls ganz
                              									anders verfahren müßte, als Mactear
                              									es vorschreibt, so würde meiner Ansicht nach Mactear's Behauptung, daß dies eine
                              									genauere Ermittlung des Verlustes an Schwefel und somit des
                              									Ausbringens an Schwefelsäure ermöglicht als die directe Messung
                              									der letztern, noch immer auf höchst schwachen Füßen stehen.
                              									Dabei ist nämlich keine Rücksicht genommen auf die beim
                              									Chargiren der Oefen und häufig auch während des Ganges aus
                              									diesen entweichenden Schwefelgase, noch auf die durch Lecke aus
                              									den Verbindungsröhren und Kammern entweichenden Gase, noch auf
                              									flüssige ausleckende Schwefelsäure. Es ist ungemein
                              									wahrscheinlich, daß die Verluste aus diesen Quellen in den
                              									meisten mit Gay-Lussac-Thurm arbeitenden Fabriken bedeutend
                              									größer sind, als derjenige durch hinter dem Gay-Lussac
                              									entweichende Gase; denn bei Anwendung des Gay-Lussac kann und
                              									soll man die letzte Kammer ganz roth d.h. mit einem Ueberschusse
                              									von Salpetergasen beladen halten, und etwa doch noch
                              									entweichende schweflige Säure würde ja durch die sich im
                              									Gay-Lussac bildende Nitrose hindurch filtriren müssen und
                              									abermals Gelegenheit zur Condensation haben; schon dieses
                              									letztere ist ja bekanntlich ein sehr fehlerhafter Gang und kommt
                              									bei gut geleiteter Kammerarbeit nicht vor; noch viel weniger
                              									also, nach den allgemein über diesen Gegenstand herrschenden
                              									Annahmen, ein Durchpassiren von mehr als Spuren von SO₂
                              									durch den Gay-Lussac-Thurm.
                           Wenn also Mactear schließlich
                              									behauptet, daß durch die Anwendung des von ihm beschriebenen
                              									Apparates die Verluste bei den von ihm geleiteten,
                              									„schon früher nach den besten bekannten Methoden
                                 									arbeitenden“ Kammersystemen bedeutend reducirt worden
                              									seien, so muß man eines von beiden bezweifeln: entweder daß
                              									wirklich seitdem weniger Verluste eingetreten sind, oder daß
                              									vorher die Kammern in der That „nach den besten
                                 									bekannten Methoden“ geführt worden sind. Ich möchte
                              									lieber das erstere als – im Hinblick auf den Weltruhm der
                              									Tennant'schen Fabrik – das letztere annehmen, obwohl man
                              									dort in der That die Reich'sche Probe für die Röstgase nicht zu
                              									kennen scheint und annimmt, der Sauerstoffgehalt der
                              									austretenden Kammergase sei ein verläßliches Fixum bei
                              									„regulirtem Zuge“, d.h. weiter nichts als
                              									gewöhnlichem Kammerbetriebe.
                           Aus den im Original angehängten Tabellen geht hervor, daß nach
                              									Mactear's Bestimmungen der Verlust an
                              									Schwefel durch die entweichenden Gase auch nach
                              									Einführung seiner Verbesserungen etwa 1/2 Proc. des verbrannten
                              									Schwefels betrug; dies ist immerhin schon mehr als nach
                              									gewöhnlicher Annahme den Gay-Lussac-Thurm unverändert passiren
                              									sollte, und es wäre in der That sehr wünschenswerth, wenn dieser
                              									Punkt durch verläßlichere Versuche aufgeklärt würde.