| Titel: | Ellipsograph von Prof. V. Thallmayer in Ungarisch-Altenburg. | 
| Autor: | V. Thallmayer | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 238 | 
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                        Ellipsograph von Prof.
                           								V.
                              								Thallmayer in Ungarisch-Altenburg.
                        Mit Abbildungen aus Taf. VI [c.d/1].
                        Thallmayer's Ellipsograph.
                        
                     
                        
                           Nachfolgend erlaube ich mir, angeregt durch Delabar's Aufsatz über Ellipsographen (1877 * 223 461. 224
                              									374), einen von mir entworfenen Apparat bekannt zu machen, der
                              									wohl nicht die Bestimmung hat, Ellipsen auf dem Reißbrete zu
                              									verzeichnen, welcher aber vermöge seiner Einfachheit und
                              									leichten Einstellbarkeit ganz gut verwendet werden kann, wenn
                              									auf Holz-, Blech- oder sonstigen Tafeln behufs Aussägen,
                              									Ausstanzen, Bemalen u. dgl. zu gegebenen Halbachsen, oder auch
                              									zu gegebenen conjugirten Durchmessern Ellipsen verzeichnet
                              									werden sollen. Der Apparat kann wohl auch Ellipsenzirkel genannt
                              									werden, indem ein Stangenzirkel während seiner Drehung auf einer
                              									unter ihm hin- und hergleitenden Fläche die Ellipse
                              									beschreibt.
                           Mit einem solchen Ellipsographen, obwohl er nur aus der Hand
                              									eines mit den einfachsten Werkzeugen arbeitenden Drechslers
                              									hervorging, somit bei weitem nicht jene Vollkommenheit der
                              									Ausführung besaß, mit welcher ihn ein Maschinenbauer oder
                              									Mechaniker ausgestattet hätte, habe ich sowohl mit Bleistift,
                              									als auch mit Reißfeder und Pinsel über Erwarten reine und scharf
                              									ausgezogene Ellipsen verzeichnet; dabei waren weder Bleistift
                              									noch Reißfeder mit den sonst bei regelrechter Ausführung
                              									angewendeten Spiralfedern versehen. Es ist anzunehmen, daß
                              									dieser Apparat, wenn statt des Stiftes
                              									entsprechend geformte Einsatzspitzen zur Verwendung kommen, zur
                              									Herstellung von elliptischen Formen in weichem Material (Thon,
                              									Gyps, Formsand) geeignet sein dürfte.
                           Der Ellipsograph (Fig. 10
                              									bis 12)
                              									besteht aus einem die Zirkelschiene Z und die Kurbelschiene K
                              									aufnehmenden Bügel B, welcher in
                              									einen horizontalen Arm ausläuft und auf den Führungsschienen M festgemacht ist. Zwischen den
                              									Führungsschienen befindet sich der Schlitten S, in dessen auf die Führungsrichtung
                              									senkrechtem Schlitze n die Warze w der Kurbelschiene einspielt, und
                              									welcher die Tafel, auf der die Ellipse verzeichnet werden soll,
                              									aufnimmt. Zirkel- und Kurbelschiene lassen sich in den
                              									zugehörigen Verticalzapfen verschieben und können mit einer
                              									Klemmschraube in der gewünschten Einstellung festgehalten
                              									werden. Die erwähnten zwei Verticalzapfen werden durch zwei
                              									Scheiben R von gleich großem
                              									Durchmesser und durch eine auf sie entweder offen oder gekreuzt
                              									aufgelegte Schnur in Umdrehung versetzt, so daß nothwendiger
                              									Weise gleichzeitig die Drehung des Zirkels und die geradlinige
                              									Bewegung des Schlittens eintreten muß. Will man von der
                              									Anwendung einer Schnur oder eines Riemens behufs Bewegung des
                              									Zirkels Umgang nehmen, so kann man statt ihrer auch zwei mit
                              									einer Schiene verbundene Kurbeln von gleicher Armlänge
                              									verwenden, wie dies in Figur 11
                              									angedeutet ist.
                           Die Lage und Form der vom Zirkel beschriebenen Ellipse hängt
                              									einestheils ab von der zur Wirkung kommenden Kurbelschienenlänge
                              									r₁ und Zirkelschienenlänge
                              									r (Fig. 14);
                              									anderntheils aber haben auf Lage und Form der Ellipse auch
                              									Einfluß der Winkel, unter welchem die zwei Schienen anfänglich
                              									eingestellt wurden, und der Umstand, ob eine offen oder gekreuzt
                              									aufgelegte Schnur verwendet wird. Die Einstellung auf ein
                              									gegebenes r und r₁ geschieht einfach durch
                              									Verschieben der betreffenden Schienen in ihren Verticalzapfen;
                              									der Schlitten ist hierbei nicht hinderlich, indem auch er beim
                              									Verschieben der Kurbelschiene in den Führungsbacken sich
                              									verrückt. Es können Zirkel- und Kurbelschiene leicht so
                              									angebracht werden, daß man mit r und
                              									r₁ auf beliebig kleine
                              									Einstellungen herabgehen kann.
                           Die Figuren 1
                              									bis 10
                              									bringen Ellipsen zur Ansicht, wie sie bei den angedeuteten
                              									Anfangsstellungen von r₁ und
                              									r beschrieben werden, und zwar
                              									resultiren die voll ausgezogenen Ellipsen bei Anwendung einer
                              									offenen, die punktirt gezeichneten hingegen bei Anwendung einer
                              									gekreuzten Schnur. Wo keine punktirt gezeichnete Ellipse
                              									vorhanden ist, bringen sowohl offene, als auch gekreuzte Schnur
                              									eine und dieselbe Ellipse zu Stande. Für gewöhnlich wird man, da
                              									es nicht häufig vorkommen dürfte, gegebenen conjugirten
                              									Durchmessern entsprechende Ellipsen verzeichnen zu müssen,
                              									selten andere als die den Figuren 1
                              									bis 3
                              									entsprechenden Einstellungen anzuwenden haben. Diese
                              									Einstellungen geben Ellipsen, deren Halbachsen beziehungsweise
                              									r + r₁, und r, sowie r – r₁ und r sind.
                           Der die Entstehung der Ellipse in Figur 1
                              									veranlassende Vorgang in den Bewegungsverhältnissen ist von
                              									Viertel zu Viertel fortschreitend dargestellt. Steht nämlich bei
                              									Anwendung einer offenen Schnur der Stift bei A und die Kurbelwarze bei a, so wird nach einer Drehung um den
                              									Winkel γ jeder Punkt der
                              									Schlittenfläche um das Stück r₁ , (1 – cos γ) nach vorwärts verschoben;
                              									es kann also der Stift nicht auf den Punkt A₁ treffen, auf den er treffen
                              									müßte, wenn die Schlittenfläche unbeweglich wäre, sondern er
                              									wird auf einen Punkt c₁
                              									treffen, der um das Stück r₁
                              									(1 – cos γ) vor dem
                              									Punkte A₁ liegt. Aehnliches
                              									gilt auch bezüglich der Punkte A₂, A₃, so daß
                              									vom Stifte statt der durch Schraffirung angedeuteten
                              									Viertelkreise Viertelellipsen beschrieben werden, was leicht
                              									nachgewiesen werden kann; speciell Figur 1
                              									betreffend, kann auf das bekannte und dort auch angedeutete
                              									Verfahren, eine Ellipse aus den zwei über ihre große und kleine
                              									Halbachse beschriebenen Kreisen zu construiren, hingewiesen
                              									werden.
                           Bezeichnet man mit α den
                              									Winkel, um welchen die Schiene r₁ von der Führungsrichtung des Schlittens absteht,
                              									mit β hingegen den im Sinne
                              									der Umdrehungsrichtung der Zirkelschiene gemessenen Winkel, den
                              									diese Schiene mit der Führungsrichtung des Schlittens
                              									einschließt, so findet man, wenn A
                              									und B die Hälften eines Paares
                              									conjugirter Durchmesser sind, von denen A mit, der Führungsrichtung zusammenfällt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 239
                              
                           und für den Winkel Δ, den diese zwei conjugirten Durchmesser
                              									einschließen,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 239
                              
                           Bezeichnet man ferner der Kürze halber den
                              									Ausdruck
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 239
                              
                           mit M und de
                              									Ausdruck [r – r₁ cos (α + β)]² r₂ mit N, so ergibt sich zur Bestimmung der zwei Halbachsen der
                              									Ellipse:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 239
                              
                           und
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 239
                              
                           Aus diesen Gleichungen ergeben sich die
                              									betreffenden Werthe für specielle Annahmen durch Substitution.
                              									Bei Verwendung einer offenen Schnur kann, wenn der Winkel, den
                              									die zwei Halbmesser r und r₁ mit einander einschließen, mit
                              									φ bezeichnet wird, statt α + β der während der Drehung constant bleibende Winkel
                              									φ benutzt werden.
                           
                           Zieht man, wie in Figur 15,
                              									von den einzelnen Punkten der Ellipse die Richtungen, welche der
                              									Zirkelschiene in den betreffenden Punkten zukommen, so läßt sich
                              									nachweisen, daß die zwischen den zwei Halbachsen liegenden
                              									Stücke dieser Richtungslinien constant und dem Unterschiede der
                              									beiden Halbachsen gleich sind; somit kann man sagen, daß bei
                              									diesem Ellipsographen die Kreuzführung der ältern Ellipsographen
                              									durch den Schlitz und die Kurbelschiene ersetzt ist. In Figur 15 sind auch die Abweichungen der Richtungen der
                              									Zirkelschiene von den Normalen zu den betreffenden Punkten
                              									angedeutet.
                           Zum Schlusse noch einige Bemerkungen. Sind die zwei Scheiben R ungleich groß, so erhält man von der
                              									Ellipse abweichende Curven, die aber mehr interessant als
                              									praktisch wichtig sind. Wird die Unterlagsfläche S von zwei Kurbeln r₁ getragen, wie in Figur 13, und wird in die Verbindungsschiene der obern
                              									zwei Kurbeln r ein Stift A eingesetzt, so beschreibt er bei der
                              									Bewegung Kreise, deren Halbmesser ρ von der Größe r und
                              									r₁ sowie von dem Winkel φ, unter welchem die untere
                              									Kurbel zur obern gestellt ist, abhängt. Man findet leicht für
                              									den Halbmesser den Werth φ =
                              									√(r₂ + r₁²
                              									– 2rr₁ cos φ) und für den Winkel δ, welchen derjenige Halbmesser
                              									des erzeugten Kreises, der durch die Anfangsstellung des Stiftes
                              									geht, mit der Richtung der untern Kurbel r₁ bildet,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 240
                              
                           Dreht sich, wie in Figur 14,
                              									die Unterlagsfläche mit dem Zapfen der Kurbelschiene um, so
                              									beschreibt der Stift der Zirkelschiene eine Epicycloïde,
                              									wenn eine offene Schnur, und eine Hypocycloïde, wenn eine
                              									gekreuzte Schnur zum Betriebe der zwei Scheiben verwendet wird.
                              									Bewegt sich die Schlittenfläche mit gleichförmiger
                              									Geschwindigkeit, während der Zirkel mit gleichförmiger
                              									Winkelgeschwindigkeit sich dreht, so beschreibt sein Stift
                              									gemeine Cycloïden. Wird die Schlittenfläche durch die
                              									Kurbelwarze bewegt, während der Stift sich mit gleichförmiger
                              									Geschwindigkeit in auf die Führungsrichtung senkrechter Richtung
                              									bewegt, so beschreibt er eine Sinuslinie.
                           Wird, wie in Figur 16,
                              									nicht nur die Fläche F, sondern auch
                              									der Stift S durch eine in einem
                              									Schlitze spielende Kurbelwarze bewegt und zwar so, daß sich die
                              									Bewegungsrichtungen kreuzen, so beschreibt, wenn sich die zwei
                              									Kurbeln mit gleicher Winkelgeschwindigkeit drehen, der Stift in
                              									Folge der zwei oscillatorischen Bewegungen, wie leicht
                              									nachzuweisen, eine Ellipse. Kreuzen sich die beiden
                              									Bewegungsrichtungen unter rechtem Winkel, so sind die zur
                              									Wirkung kommenden Längen der Kurbelschienen die Halbachsen
                              									der entstehenden Ellipse; ist der Kreuzungswinkel hingegen ein
                              									beliebiger, beispielsweise (φ), so entsprechen die Längen der beiden
                              									Kurbelschienen den diesen Winkel φ einschließenden conjugirten Halbmessern der
                              									entstehenden Ellipse.
                           Dieser Art der Zusammenstellung eines Ellipsographen, welche der
                              									praktischen Ausführung – unter Voraussetzung, daß man
                              									sich mit Verwendung eines Stiftes zum Verzeichnen der Ellipse
                              									begnügt – keine namhaften Schwierigkeiten entgegensetzt,
                              									könnte übrigens gegenüber den vorher besprochenen Ellipsographen
                              									nur das als Vortheil angerechnet werden, daß bei letzterem die
                              									Kurbelschienenlängen gleichzeitig auch die Längen der
                              									betreffenden Halbachsen oder conjugirten Durchmesser sind, also
                              									die Einstellung der Kurbelschienen auf gegebene Halbachsen oder
                              									conjugirte Halbmesser eine directe ist.
                           Würde statt des Schlittens S (Fig.
                                 									10) der Stift die durch eine Kurbelschiene und Schlitz
                              									hervorgerufene oscillalorische Bewegung erhalten und um die
                              									Achse der Zirkelschiene statt eines Stiftes eine Fläche rotiren,
                              									so beschreibt der durch die Kurbelschiene bewegte Stift Curven,
                              									die ihrem Charakter nach zu den Herzlinien gehören, und welche
                              									die gemeine Cardioïde und den Kreis als specielle Fälle
                              									in sich schließen. Bewegt sich der Stift mit gleichförmiger
                              									Geschwindigkeit und wirkt auf eine unter ihm mit gleichförmiger
                              									Winkelgeschwindigkeit rotirende Fläche, so beschreibt er
                              									archimedische Spiralen.
                           
                        
                     
                  
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