| Titel: | Zwei Methoden zur Gewinnung von Zucker aus Melasse; Kalkosmose und Kalk-Kalisulfat-Verfahren; von Dr. H. Schwarz, Professor an der technischen Hochschule in Graz. | 
| Autor: | H. Schwarz | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 405 | 
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                        Zwei Methoden zur Gewinnung
                           								von Zucker aus Melasse; Kalkosmose und Kalk-Kalisulfat-Verfahren;
                           								von Dr. H.
                              								Schwarz, Professor an der technischen Hochschule in
                           								Graz.
                        (Schluß von S. 193 dieses
                           								Bandes.)
                        Schwarz, über Gewinnung von Zucker aus
                           								Melasse.
                        
                     
                        
                           Schon vor etwa 15 Jahren, als ich noch Professor in Breslau war,
                              									hatte ich auf Veranlassung eines befreundeten Zuckertechnikers
                              									Versuche angestellt, das Kali aus der Melasse zu fällen. Als
                              									Fällungsmittel hatte ich Weinsäure und Schwefelsäure verwendet.
                              									Um die Absonderung des Weinsteins resp. Kalisulfates zu
                              									vollenden, wurde Alkohol zugesetzt. Während die Melasse im
                              									neutralen Zustande beim Zusatz von Alkohol zur wässerigen Lösung
                              									als dickes ölartiges Magma unverändert herausfällt, schlagen
                              									sich aus der mit obigen Säuren versetzten Melasse nur die Salze
                              									nieder. Die abfiltrirte, stark saure Lösung sollte nun mit Kalk
                              									neutralisirt, der Alkohol abdestillirt, die Melasse eingedickt
                              									und dann mit nahezu absolutem Alkohol versetzt werden. Wenn eine
                              									reine concentrirte Zuckerlösung allmälig mit absolutem Alkohol
                              									versetzt wird, trübt sie sich; es setzen sich käsig erscheinende
                              									Massen zu Boden, die aber beim Stehenlassen, besonders an einem
                              									warmen Ort, in schöne, durchsichtige, regelmäßige
                              									Kandiskrystalle übergehen. Bei der nach Obigem behandelten
                              									Melasse trat auch die käsige Fällung ein, welche aber beim
                              									Stehen nicht in Krystalle, sondern in denselben öligen Syrup
                              									überging, wie ihn die rohe Melasse unter diesen Umständen
                              									liefert. Es lag demnach der Schluß nahe, daß die freigemachte
                              									Melassensäure, nunmehr an Kalk – statt wie früher an Kali
                              									– gebunden, ein genau dem Kalisalze als Melassenbildner
                              									gleichstehendes Kalksalz gebildet habe.
                           Dies war, wie es sich jetzt herausgestellt hat, ein Irrthum. Bei
                              									den in neuerer Zeit von mir wieder aufgenommenen Untersuchungen
                              									zeigte es sich in der That, daß das Kalk- resp. Magnesiasalz der
                              									Melassensäure die Krystallisation des Zuckers in viel
                              									geringerem Maße behindert als das Kalisalz.
                           Vor der Hand ging indessen mein Bestreben dahin, die Menge des
                              									melassensaurenIch weiß sehr wohl, daß hier mehrere noch nicht genügend
                                    									untersuchte Säuren vorliegen; Melassensäure ist daher nur ein
                                    									der Einfachheit halber gewählter Collectivbegriff.
                              									Kalkes dadurch zu vermindern, daß man vor der Sättigung
                              									möglichst viel der freigemachten Säure eliminirte. Dies kann, da
                              									die Säuren, darunter Essigsäure, zum Theil flüchtig sind, durch
                              									Einkochen der sauren Melasse geschehen. Die Inversion soll
                              									dabei, falls nur das Einkochen im Vacuum bei niederer Temperatur
                              									geschieht und blos organische Säuren vorhanden sind, nur in
                              									begrenztem Maße zu fürchten sein. Da mir indessen kein
                              									hinreichend wirksames Vacuum zu Gebote stand, und es sich bei
                              									einem Versuche, wobei der Siedepunkt auf etwa 65°
                              									gehalten wurde, zeigte, daß die Rechtspolarisation rasch abnahm,
                              									ging ich zu Versuchen über, die Säuren durch Ausschütteln mit
                              									Aether, auch mit Fuselöl, zu entfernen. Es gelang hierdurch in
                              									der That etwa 40 Proc. der freigemachten Säuren zu beseitigen.
                              									Es wurde zuerst der Gehalt an freier Säure in der mit
                              									Schwefelsäure und Alkohol versetzten, von dem schwefelsauren
                              									Kali abfiltrirten Flüssigkeit maßanalytisch bestimmt. Fügte man
                              									nunmehr zu der alkoholischen Flüssigkeit Aether und schüttelte
                              									tüchtig, so setzte sich beim Stehen die Melasse als
                              									dickflüssige, braun gefärbte Schicht zu Boden. Das darüber
                              									stehende, wenig gefärbte Alkohol-Aethergemisch wurde durch einen
                              									Scheidetrichter abgeschieden, mit überschüssigem Normalalkali
                              									geschüttelt und nach dem Abdestilliren der Rest des Alkalis
                              									maßanalytisch bestimmt. Diese Bestimmung, sowie die
                              									acidimetrische Prüfung der niedergeschlagenen Melasse zeigten in
                              									der That, daß ein gewisser Antheil Säure vom
                              									Alkohol-Aethergemisch aufgenommen war – eine Entsäuerung,
                              									die sich durch Wiederholung der Operation noch vergrößern ließ.
                              									Als die erhaltenen Natronsalze dann mit überschüssiger
                              									Schwefelsäure destillirt und das saure Destillat mit Barytwasser
                              									neutralisirt wurde, erhielt ich aus dieser Lösung Schüppchen
                              									eines Barytsalzes, dessen Gehalt an Baryt durch Glühen mit
                              									Schwefelsäure ermittelt wurde. Das Gewicht des entstandenen
                              									schwefelsauren Baryts entsprach dem essigsauren Baryt. Wurde die
                              									partiell entsäuerte Melasse nun mit Kalk neutralisirt, der
                              									Ueberschuß an Kalk durch Kohlensäure und Aufkochen beseitigt und
                              									im Oelbade genügend abgedampft, so krystallisirte im
                              									Trockenschranke nach etwa 8 Tagen eine reichliche Menge Zucker
                              									heraus.
                           Das beste Resultat, eine schon nach 24 Stunden erfolgende
                              									Krystallisation, welche der eines ersten Productes
                              									gleichkam, erhielt ich auf folgendem freilich sehr umständlichen
                              									Wege. Der braune Farbstoff, wie die gummiartige Substanz, die so
                              									charakteristisch für Melasse sind, waren weder durch die
                              									Kalifällung, noch durch das Ausschütteln mit Aether zu
                              									beseitigen. Ich griff daher zu dem so vortrefflich entfärbend
                              									wirkenden basisch essigsauren Bleioxyd. Melasse, mit gleichviel
                              									Wasser verdünnt, wurde so lange mit der zur Polarisation
                              									verwendeten Bleiessiglösung versetzt, bis keine Fällung mehr
                              									erfolgte und das Filtrat hellgelb erschien. Dasselbe wurde, um
                              									das noch gelöste Bleioxyd zum größten Theil zu beseitigen, mit
                              									Kalkmilch versetzt, mit Kohlensäure behandelt und aufgekocht.
                              									Nach dem Abfiltriren von kohlensaurem Kalk und Bleioxyd wurde
                              									die stark entfärbte Lösung wieder auf die ursprüngliche
                              									Concentration gebracht. Sie enthielt den Zucker, die
                              									Melassensäuren und die Essigsäure des Bleisalzes – theils
                              									an Kali, theils an Kalk gebunden. Direct wäre sie natürlich
                              									nicht krystallisirt, da der Gehalt an organischen Salzen sich
                              									noch bedeuterd gesteigert hatte. Es wurde daher Schwefelsäure so
                              									lange zugesetzt, als noch ein Niederschlag von schwefelsaurem
                              									Kali und schwefelsaurem Kalk sich bildete. Durch Alkoholzusatz
                              									wurde die Fällung vervollständigt, und aufs neue abfiltrirt.
                              									Durch das Schütteln mit Aether wurden dann die freigemachten
                              									Säuren zum größten Theile beseitigt, und endlich die
                              									abgeschiedene, unter dem Alkohol-Aethergemisch stehende
                              									Zuckerlösung mit Kalk übersättigt, der Ueberschuß des Kalkes
                              									durch Kohlensäure beseitigt und nach der Filtration zur
                              									Krystallisation eingedampft, die dann auch sehr bald und sehr
                              									vollkommen eintrat.
                           Ich empfehle den Proceß als ein sehr instructives Beispiel für
                              									die Erläuterung der Melassenzusammensetzung. Es kann natürlich
                              									keine Rede davon sein, diese umständliche und mit theuren
                              									Reagentien arbeitende Methode in die Praxis einzuführen.
                              									Bleisalze sind giftig, Alkohol und noch mehr Aether theuer,
                              									flüchtig und entzündlich. Jede Methode, die z.B. mit starkem
                              									Alkohol experimentirt, muß schon an der nicht zu vermeidenden
                              									Verflüchtigung scheitern.
                           Ein Gleiches gilt von der Anwendung der Weinsäure zur
                              									Kalifällung, die hier und da vorgeschlagen wurde. Es bleibt für
                              									diese nur die Schwefelsäure übrig. Das schwefelsaure Kali aber
                              									ist für sich immer noch zu löslich, 1 Th. in 10 Th. kaltem
                              									Wasser. Es scheidet sich selbst aus ziemlich concentrirter
                              									Melassenlösung nur sehr unvollkommen aus und gibt überdies einen
                              									so schleimigen Niederschlag, daß man es nur schwer durch
                              									Filtration beseitigen kann. Man wollte es mit schwefelsaurer
                              									Thonerde verbinden und als Alaun fällen, der indessen ebenfalls
                              									noch
                              									zu löslich ist, auch Thonerde in die Melasse bringt, die aus
                              									solchen organischen Verbindungen nicht zu entfernen ist. Endlich
                              									würde man auch zu beträchtliche Mengen schwefelsaure Thonerde
                              									zur Fällung brauchen.5 Proc. KO in der Melasse
                                    									erfordern zur Fällung als Alaun etwa 5 Proc. SO₃HO
                                    									und 36 Proc. krystallisirte schwefelsaure Thonerde. 
                           Unter diesen Umständen erinnerte ich mich an die Verbindung von
                              									schwefelsaurem Kalk und schwefelsaurem Kali CaO, SO₃ + KO, SO₃ + HO, welche
                              									sich bekanntlich unmittelbar beim Zusammenbringen von Gyps mit
                              									einer Lösung von schwefelsaurem Kali bildet. Diese Verbindung
                              									ist einmal sehr unlöslich im Wasser, ferner neutral und führt
                              									höchstens Gyps als Verunreinigung ein, welcher, obwohl er in
                              									reineren Syrupen natürlich zu vermeiden ist, bei der so wie so
                              									schon stark verunreinigten Melasse nicht viel schaden kann,
                              									außerdem aber den Vortheil großer Billigkeit darbietet.
                           Der Gang der Operationen gestaltete sich unter diesen Umständen
                              									folgendermaßen: Die Melasse wurde mit 50 bis 60 Proc. Wasser
                              									verdünnt, was unter schwachem Erwärmen geschah. Nach dem
                              									Abkühlen setzte man eine dem Kali äquivalente Menge Aetzkalk und
                              									endlich die zur Fällung sowohl des Kalis, als des Kalkes nöthige
                              									Menge Schwefelsäure zu. Auch diese wurde, um nicht zu zerstörend
                              									am Punkte des Einfallens zu wirken, mit der 2 bis 3 fachen Menge
                              									Wasser verdünnt und gleichfalls die Abkühlung des Gemisches
                              									abgewartet. Zur Ermittlung der nöthigen Menge der Reagentien
                              									ging eine Aschenanalyse der Melassenprobe voraus, welche in der
                              									oben angeführten Art durch Verkohlung u.s.w. durchgeführt wurde.
                              									Es trat dann aber noch eine Analyse des Salzrückstandes hinzu,
                              									bei der es vor allem auf eine genaue Bestimmung des an
                              									Kohlensäure gebundenen Kalis ankam. Auch das an Schwefelsäure
                              									gebundene Kali kann wichtig sein. Es addirt sich zu dem aus dem
                              									organischsauren Kali durch den Zusatz der Schwefelsäure
                              									entstandenen Sulfat.
                           Im Allgemeinen kann man in der Melasse einen Gehalt von 10 Proc.
                              									an löslichen Salzen annehmen. Wenn man darin etwa 69 Proc.
                              									kohlensaures Kali voraussetzt, geht man im Allgemeinen nicht
                              									irre und kann dann den an organische Säuren gebundenen
                              									Kaligehalt der Melasse mit 4,7 Proc. in Anschlag bringen. Im
                              									Ganzen ging ich von dieser Annahme aus. Das Aequivalent der zur
                              									Sättigung dieses Kalis nöthigen Schwefelsäure wäre 49; da die
                              									käufliche concentrirte Schwefelsäure immer noch etwas Wasser
                              									enthält, so kann man 10 Proc. dieses Hydrates (= 2 Aequivalente)
                              									als die richtige Menge annehmen. Man könnte natürlich auch die
                              									Asche direct mit Normalsäure sättigen und annehmen, daß man zur
                              									Austreibung der organischen Säuren genau so viel Säure braucht
                              									als zur Austreibung der Kohlensäure. Dabei würde aber auch das
                              									Natronsalz mitgerechnet, und da dieses als Sulfat nicht von Gyps
                              									gebunden wird, so ist die Zersetzung des organischsauren
                              									Natronsalzes ohne Werth. Von Kalk benutzte man wieder 1 Aeq. =
                              									2,8 Proc. oder, da er meistens unrein, 3 Proc.
                           Statt der hier angewendeten 2 Aeq. Schwefelsäure kann man auch
                              									der neutralen Melasse nur 1 Aeq. zur Bildung des Kalisulfates
                              									zusetzen und dann 1 Aeq. fertig gebildeten Gyps zufügen. Ich
                              									schlug den erstern Weg ein, um durch die Bildung des Gypses
                              									gleichzeitig mit dem Kalisulfate innerhalb der Flüssigkeit die
                              									Bildung des Doppelsalzes sicher zu stellen. Man spart indessen
                              									durch den directen Gypszusatz die Hälfte der Schwefelsäure und
                              									vermeidet auch leichter eine locale stärkere Anhäufung der
                              									Schwefelsäure, die zur partiellen Inversion führen könnte.
                           Der Niederschlag von Kalitalksulfat ist sehr reichlich. Die
                              									Melasse verdickt sich dabei stark und erst nach längerem Stehen
                              									setzt sich etwa 1/3 bis 1/2 der Flüssigkeit klar ab. Man braucht
                              									darauf aber nicht zu warten, da sich der Rest sehr leicht durch
                              									Abfiltriren und Abpressen gewinnen läßt. Es ist ein günstiger
                              									Umstand, daß dieses Doppelsulfat stark krystallinisch ist. Die
                              									abgepreßte Flüssigkeit ist stark sauer; sie wird durch Kalkmilch
                              									neutralisirt, der etwaige Ueberschuß von Kalk durch Kohlensäure
                              									und Aufkochen beseitigt. Bei dem nun folgenden Abdampfen setzte
                              									sich noch etwas Gyps oder vielmehr etwas des Doppelsalzes ab,
                              									was ein nochmaliges Abgießen in eine neue Schale nöthig machte.
                              									Schließlich wurde im Oelbade bis zur starken Fadenprobe
                              									abgedampft. Das eintretende Schäumen ließ sich durch einen
                              									Tropfen Oel leicht in Schranken halten. Die bis zur Fadenprobe
                              									eingedickte Masse, in einem auf 40° erwärmten
                              									Trockenschranke sich selbst überlassen, höchstens von Zeit zu
                              									Zeit etwas umgerührt, ergab nach etwa 8 bis 10 Tagen eine
                              									reichliche Krystallisation, welche schließlich bis zur
                              									dickbreiigen Consistenz fortschritt. Ließ die Krystallisation
                              									allzu lange auf sich warten, so wurde sie bald durch Einrühren
                              									einer Prise Rohrzucker hervorgerufen.
                           Im Laboratorium war es leicht, die Erwärmung der Melasse durch
                              									die Reaction in Schranken zu halten. Im Großen erschien dies
                              									besonders in den heißen Räumen einer Zuckerfabrik schwieriger,
                              									wenn man nicht umständliche Kühlvorrichtungen anwenden wollte.
                              									Aus diesen Gründen ging ich schließlich zu einer neuen
                              									verbesserten Methode über, welche zwar vielleicht etwas mehr
                              									Chemikalien erfordert, die aber dafür wenigstens in Sachsen,
                              									Schlesien und der Marksehr billig zu stehen kommen. Diese
                              									Modification beruht nämlich auf der Anwendung der schwefelsauren
                              									Magnesia, die ja jetzt in Staßfurt aus dem Kieserit sich so
                              									äußerst wohlfeil herstellen läßt. Ich habe bisher nur mit
                              									krystallisirtem Bittersalz gearbeitet, glaube aber, daß die
                              									Zuckerfabriken wohl thun würden, sich die schwefelsaure Magnesia
                              									aus dem geschlämmten Kieserit durch Auflösen in warmem Wasser
                              									und Abklären herzustellen, vorausgesetzt, daß der Kieserit
                              									hinreichend frei von Kochsalz zu erhalten ist.
                           Das bei der Zerlegung entstandene schwefelsaure Kali wird durch
                              									Gyps hinweggenommen. Die Flüssigkeit kann hierbei keinen
                              									Augenblick eine saure Reaction annehmen. Man hat nach der
                              									Zerlegung einfach eine Magnesia-, statt einer Kalimelasse; die
                              									melassensaure Magnesia hindert aber die Krystallisation
                              									bedeutend weniger, als das melassensaure Kali. Das Aequivalent
                              									des Bittersalzes ist 123; 12,3 Proc. der Melasse an Bittersalz
                              									fällen 4,7 Proc. KO.
                           Es tauchte auch der Gedanke auf, statt 1 Aeq. Bittersalz 2 Aeq.
                              									anzuwenden. Auch mit der schwefelsauren Magnesia bildet ja das
                              									schwefelsaure Kali ein Doppelsalz, den bekannten Schönit oder
                              									Pikromerit, der gut ausgebildete Krystalle darstellt. Das erste
                              									Aequivalent schwefelsaure Magnesia sollte das melassensaure Kali
                              									umsetzen, das zweite sollte mit dem entstandenen schwefelsauren
                              									Kali Pikromerit ergeben, den man durch vorsichtiges Abdampfen
                              									oder Anwendung sehr concentrirter Lösungen vor dem Zucker zur
                              									Krystallisation zu bringen hoffte. Bei der relativ hohen
                              									Löslichkeit des Pikromerits blieben diese Versuche indessen ohne
                              									Resultat.
                           Der Gyps zur Bindung des schwefelsauren Kalis kann entweder in
                              									der Form, wie ihn die Natur liefert, als feinst gemahlener
                              									krystallisirter Gyps, oder auch im gebrannten Zustande, indem
                              									man eine daraus frisch bereitete Gypsmilch in die Melasse
                              									einrührt, oder endlich als fein gepulverter Gußgyps verwendet
                              									werden. Ein wesentlicher Unterschied in der Fähigkeit,
                              									Kalisulfat anzuziehen, stellt sich dabei nicht heraus. Selbst
                              									bei möglichst fein vertheiltem Gyps ist der erhaltene
                              									Niederschlag nicht ganz mit Kalisulfat gesättigt, was
                              									begreiflich ist, da die Aufnahme nur an der Außenfläche der
                              									Gypskrystalle stattfindet. Es erscheint überhaupt unmöglich,
                              									alles Kali auf eine der angegebenen Arten zu eliminiren,
                              									vielleicht weil sich bei Anwendung freier Schwefelsäure saures
                              									schwefelsaures Kali neben unzersetztem melassensaurem Kali
                              									bildet (nach Analogie der Zersetzung des Kochsalzes und des
                              									Salpeters durch Schwefelsäure), oder weil bei Anwendung des
                              									Bittersalzes das melassensaure Kali nur zum Theil
                              									schwefelsaures Kali bildet, das den Rest des Bittersalzes zu
                              									Pikromerit bindet.
                           Die Resultate einiger im größern Laboratoriums-Maßstabe
                              									ausgeführten Versuche zeigen, wie weit man das Kali entfernen
                              									kann.
                           1) 400g Melasse wurden mit 1508 Wasser verdünnt, 128 (3 Proc.)
                              									Kalk, mit 508 Wasser gelöscht, zugegeben, endlich 408 (10 Proc.)
                              									Schwefelsäure, mit 808 Wasser vermischt, nach dem Abkühlen
                              									zugesetzt. Durch Abpressen in einer hydraulischen Presse erhielt
                              									ich 1008 feuchten Preßkuchen, welcher durch Austrocknen 15g Wasser verlor, durch
                              									Glühen schwarz wurde und bei directer Analyse 16 Proc. Kali
                              									ergab. Dies macht 4 Proc. der Melasse.
                           2) Bei einem ganz gleichen Versuche, bei
                              									welchem nur der Kalk in Form einer dünnen, vorher alkalimetrisch
                              									zu 15 Proc. CaO bestimmten Kalkmilch
                              									zugegeben und 60 Proc. der Melasse im Ganzen als Wasser zugefügt
                              									wurde, betrug die Gesammtmenge der Mischung 692g; davon erhielt man durch
                              									Abpressen 575g
                              									Flüssigkeit, 1003 feuchten Preßkuchen und 178 Verlust am Tuch
                              									etc., zusammen 692g.
                              									Die 1003 Preßkuchen verloren durch Glühen bis zum Weißwerden und
                              									SchmelzenDieses Kalikalksulfat schmilzt sehr leicht, schon bei
                                    									Rothglut. 33,8 Proc. Es blieben 663,2 oder 16,55
                              									Proc. der Melasse.
                           Bei der Analyse enthielt dieser Rückstand
                              									57,12 Proc. CaO, SO₃ und
                              									42,88 Proc. KO, SO₃ Es wurden
                              									also 7,096 Proc. der Melasse an schwefelsaurem Kali
                              									abgeschieden, oder 3,83 Proc. Kali, während nach der
                              									angewendeten Schwefelsäure 4,70 Proc. hätten abgeschieden werden
                              									müssen. Die reine Verbindung sollte 56,13 Proc. KO, SO₃ und 43,87 Proc. CaO, SO₃ enthalten.
                           3) Versuche der Fällung mit Bittersalz. Es
                              									wurden 300g Melasse (=
                              									100 Proc.) gelöst in 90g Wasser (= 30 Proc.), dazu 39g Bittersalz (= 13 Proc.)
                              									gelöst in 60g heißem
                              									Wasser (= 20 Proc.), dazu 25g,8 natürlichen Gyps (= 8,6 Proc.). Es wurde erhalten
                              									71g feuchter Preßling
                              									(= 23,6 Proc. der Melasse); derselbe verlor durch Glühen 44,6
                              									Proc. Im Rückstand blieben 53,4 Proc., welche 28,8 Proc. KO
                              									enthielten; also sind (23,6 × 53,4 × 28,8) : (100
                              									× 100 × 100) = 3,63 Proc. Kali der Melasse
                              									entfernt worden.
                           4) 300g Melasse (= 100 Proc.), 150g Wasser (= 50 Proc.), 393
                              									Bittersalz (= 13 Proc.) und 308 gepulverter Gußgyps ergaben 908
                              									feuchten Preßling (= 30 Proc. der Melasse), 48 Proc. des
                              									Preßlings Glührückstand, darin 29,03 Proc. Kali, somit (30
                              									× 48 × 29,03) : (100 × 100 × 100) =
                              									4,18 Proc. Kali der Melasse ausgeschieden.
                           Ich habe einen Versuch im Großen mit der
                              									Schwefelsäure-Kalk-Methode in der Grazer Actienzuckerfabrik,
                              									einen andern freilich überstürzten in der Halle'schen Raffinerie
                              									durchgeführt. Beide Versuche ergaben eine sehr reichliche
                              									Ausscheidung des Kalis; da es aber unmöglich war, die Temperatur
                              									hinreichend niedrig zu halten, so trat Inversion, in Folge davon
                              									schlechtes Kochen und keine Krystallisation ein. Es zeigte sich
                              									bei der Analyse, daß die bearbeitete Melasse, die ursprünglich
                              									13 Proc. lösliche Salze ergeben hatte, nur noch 4,65 Proc. im
                              									Wasser lösliche Aschenbestandtheile enthielt.
                           
                           Weit günstiger stellte sich ein auf der Zuckerfabrik
                              									Klein-Kletschkau bei Schweidnitz ausgeführter Versuch mit der
                              									zweiten Methode heraus. Ich bin dem Eigenthümer dieser Fabrik,
                              									vor allem aber dem dirigirenden Techniker Hrn. Inspector Beling, für die vorzügliche
                              									Unterstützung, die ich dort gefunden, zu ganz besonderem Danke
                              									verpflichtet.
                           Es wurden hierbei jedesmal 50 Ctr. Melasse in Arbeit genommen,
                              									welche 44,2 Proc. polarisirte und durch Verkohlen, Auslaugen und
                              									Eindampfen 9,13 Proc. lösliche Salze ergab, die nach der Analyse
                              									zerfielen in
                           
                              
                                         KO, CO₂
                                 6,86
                                 Proc.
                                 der
                                 Melasse
                                 
                              
                                         NaO, CO₂
                                 1,07
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                         KCl
                                 0,33
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                         KO, SO₃
                                 0,87
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 Die 6,86 Proc. KO, CO₂ entsprechen 4,67
                                    											Proc. KO.
                                 
                              
                           Hiernach wurden an Bittersalz erfordert 12,3 Proc. Eine kleine
                              									Verunreinigung des Bittersalzes annehmend, wendete ich 12,6
                              									Proc. oder 6,30 Ctr. und aus demselben Grunde beim gemahlenen
                              									Gyps statt 6,8 8,6 Proc. oder 4,85 Ctr. an. Die Melasse wurde in
                              									eine Scheidepfanne gebracht, mit 10 Ctr. Wasser verdünnt und
                              									schwach erwärmt, bis sie vollkommen dünnflüssig geworden war. In
                              									gleicher Art wurde das Bittersalz mit 10 Ctr. Wasser in einer
                              									andern Scheidepfanne gelöst und zur Melasse übergeschöpft. Der
                              									Gyps war etwas stückig, er wurde durch Sieben gleichmäßig in der
                              									Melasse vertheilt und gut umgerührt; die Mischung blieb nun über
                              									Nacht stehen. Am andern Morgen wurde sie in einen Montejus
                              									abgelassen und dann mittels Hochdruckdampf in die Filterpresse
                              									gedrückt. Es liefen etwa 80 Proc. der Flüssigkeit klar ab, die
                              									Kuchen waren zusammenhängend, hielten aber noch so viel Syrup,
                              									daß man etwa 18 Ctr. feuchten Preßling erhielt. Wäre eine
                              									hydraulische Presse montirt gewesen, so hätte man diesen Syrup
                              									wohl noch größtentheils gewinnen können. Ein Ausdecken mit Dampf
                              									erschien nicht räthlich, da man eine Ausscheidung von
                              									schwefelsaurem Kali aus dem Doppelsalze fürchten mußte. In der
                              									Praxis wäre wenigstens ein Gesonderthalten des beim Ausdämpfen
                              									erhaltenen Syrups zu empfehlen, der beim Erkalten reichliche
                              									Mengen schwefelsaures Kali ergeben würde. Die ablaufende
                              									Magnesiamelasse wurde nun in einer offenen Pfanne mit Heizröhren
                              									vorläufig etwas abgedampft, um etwa noch gelösten Gyps
                              									abzuscheiden, dann durch ein Tuch filtrirt und ins Vacuum
                              									eingesogen. Das Kochen darin ging nicht schlechter vor sich als
                              									wie bei gewöhnlicher Melasse. Bei dem ersten Versuch wurde
                              									indessen das Kochen etwas zu zeitig eingestellt, weshalb diese
                              									Portion nur wenig Krystalle ergab. Leider war es nicht
                              									möglich, die eingedickte Masse in einem genügend warmen Raume
                              									krystallisiren zu lassen; dies erscheint durchaus nöthig, um
                              									hinreichend grobe Krystallisation zu erzielen, die sich
                              									natürlich nicht ausbilden kann, wenn der dicke, etwas zähe Syrup
                              									zu frühzeitig erkaltet. Trotz letzteren Uebelstandes wurden aus
                              									der zweiten, etwas stärker eingedickten Melasse etwa 6 Ctr.
                              									Zucker krystallisirt erhalten.
                           Ich gebe diese letztere Methode der weiteren Prüfung durch
                              									Praktiker anheim.