| Titel: | Scharnberg's Vorrichtung zum Fräsen von sich verjüngenden Profilen; von Franz Quatram, Ingenieur zu Berlin. | 
| Autor: | Franz Quatram | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 468 | 
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                        Scharnberg's Vorrichtung zum
                           								Fräsen von sich verjüngenden Profilen; von Franz Quatram, Ingenieur zu
                           								Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Taf. X [a.c/1].
                        Scharnberg's Fräsvorrichtung für sich
                           								verjüngenden Profile.
                        
                     
                        
                           Unter den wenigen Werkzeugmaschinen, welche beim Kaiserlich
                              									Deutschen Patentamt bis jetzt zur Patentirung angemeldet sind
                              									und von denen Zeichnung und Beschreibung gegenwärtig zur
                              									Einsicht für Jedermann ausliegen, verdient die unter Nr. 125 am
                              									30. August d. J. vom Mechaniker C. Scharnberg angemeldete Vorrichtung zum Fräsen von sich
                              									verjüngenden Profilen wohl die meiste Aufmerksamkeit, sowie eine
                              									weiter gehende Betrachtung, als die spärlich bemessene
                              									Beschreibung des Patentsuchers enthält.
                           Die Scharnberg'sche Vorrichtung löst die gestellte Aufgabe, eine
                              									wirklich conische Fräsung in einer Operation herzustellen, an
                              									welcher schon viele Constructeure sich mit nur mangelhaftem
                              									Erfolg versucht haben, nicht nur ausreichend vollkommen, sondern
                              									erlaubt zugleich eine solche Menge mannigfaltig wechselnder
                              									Gebilde zu erzeugen, daß ihr wohl der Name einer
                              									Universal-Fräsevorrichtung zukommen dürfte. Vorliegende Arbeit,
                              									ein Auszug der Patentbeschreibung mit daran geknüpfter weiterer
                              									Erläuterung der Wirkungsweise, wird die Wahrheit des Gesagten
                              									darthun und wohl allgemein so viel Interesse erregen, daß die
                              									Veröffentlichung derselben gerechtfertigt erscheint.
                           Fig. 1 und 2 stellen
                              									die Vorrichtung ihrem wesentlichen Inhalte nach dar. In der
                              									hohlen Messerkopfwelle C, welche an
                              									dem einen Ende in eine Scheibe D mit
                              									dem Hohlradkranz F ausläuft,
                              									befindet sich eine massive Welle G
                              									mit dem excentrischen Zapfen g, um
                              									welchen ein Zahnrad H drehbar
                              									befestigt ist, dessen Zähne in das Hohlrad F eingreifen und dessen Nabe den
                              									Messerkopf K trägt. Durch ein
                              									passend gewähltes Rädervorgelege auf der dem Messerkopf
                              									abgewendeten Seite, dessen Einzelräder je nach Bedürfniß gegen
                              									solche mit andern Zähnezahlen ausgewechselt werden können, wird
                              									erreicht, daß die äußere hohle Welle 900 (= n₂) Umdrehungen macht, während
                              									die innere massive Welle deren nur 899 (= n₂ – 1) ausführt. Hierdurch wird erreicht,
                              									daß bei je 900 Umdrehungen des Messerkopfes die innere Welle um
                              									eine Umdrehung zurückbleibt, oder, was dasselbe ist, sich einmal
                              									relativ rückwärts dreht, wodurch das Zahnrad H mit dem daran befestigten Messerkopf
                              									sich in dem Hohlrad F abrollt. Der
                              									Messerkopf dreht sich daher um eine zur Welle C excentrische Achse, während er
                              									zugleich die Bewegung dieser Hauptwelle mitmacht.
                           
                           Bei einmaligem Abrollen des Messerkopfzahnrades im Hohlrad wird
                              									aber die Schneide irgend eines der eingespannten Messer sich
                              									einmal aus seiner äußersten Lage allmälig der Hauptachse um die
                              									doppelte Excentricität nähern und sich einmal ebenso allmälig um
                              									dieselbe Größe wieder von derselben entfernen; d.h. die
                              									Messerkreisdurchmesser werden bei fortschreitender Rotation des
                              									Systems periodisch ab- und zunehmen, also gewissermaßen
                              									schwingen. Die Schwingungsamplitude ist für die Kreise aller
                              									eingespannten Messer dieselbe und gleich der Excentricität, oder
                              									dem Abstand der Messerkopfnebenachse von der Hauptachse.
                           Soweit die Construction der Vorrichtung, deren Wirkungsweise aus
                              									dem Folgenden leicht zu ersehen sein wird.
                           Denkt man sich bei nur einem eingespanntem Messer das
                              									Arbeitsobject langsam in einer geraden Linie vorgeschoben,
                              									welche eine feste Lage gegen die Hauptdrehungsachse hat, so wird
                              									dem Vorstehenden gemäß, und wie Fig. 3
                              									zeigt, die Fräsung oder Kehlung keiner geraden, sondern einer
                              									wellenförmigen Linie folgen. Die Vorschubgeschwindigkeit des
                              									Werkstückes, sowie die Umsetzungsverhältnisse in dem
                              									Rädervorgelege und dem Hohlrade bedingen die Länge einer Welle.
                              									Ist das eingesetzte Messer von rechteckiger Grundform, so wird
                              									die Kehlung überall gleich breit sein; ist dasselbe jedoch unten
                              									schmäler wie oben am Wurzelende, so wird auch die Kehlung in
                              									Oberansicht scheinbar allmälig verjüngt, und zwar um so schmäler
                              									werden, je mehr die Messerwurzel sich von der geradlinigen
                              									Oberfläche des Werkstückes entfernt.
                           Setzt man zwei Messer von gleicher Form ein, welche sich
                              									diametral gegenüber stehen, jedoch so gegen einander verschoben
                              									sind, daß die beiden Kehlungen neben einander vollführt werden,
                              									so befinden sich die Messerkreisdurchmesser stets in
                              									entgegengesetzter Schwingungsphase, und es entstehen je nach der
                              									Entfernung des Arbeitsobjectes, sowie je nach der Messerform
                              									Muster wie die in Fig. 4 bis
                              									6 angedeuteten. Daß mit drei und mehr Messern, welche
                              									gleichmäßig oder ungleichmäßig auf dem Messerkopf vertheilt
                              									sind, und deren Formen congruent oder nicht congruent sind, sich
                              									die verschiedenartigsten Combinationen bilden und die
                              									mannigfaltigsten Muster herstellen lassen, braucht wohl blos
                              									erwähnt zu werden. Es ist hier der Erfindungsgabe des
                              									Constructeurs, sowie dem Geschmack des Fabrikanten das weiteste
                              									Feld eröffnet.
                           Wie mit dem vorbeschriebenen Messerkopf eine conische Fräsung,
                              									oder eine solche mit sich verjüngenden, doch geometrisch
                              									ähnlichen Profilen hergestellt werden kann, ergibt sich aus
                              									nachstehender Betrachtung. Setzt man zunächst zwei sich nach der
                              									Wurzel hin verbreiternde Messer, welche einander geometrisch
                              									ähnlich sind, und von denen das folgende etwas kleiner
                              									wie das vorhergehende ist, in den Messerkopf ein, so werden die
                              									beiden Messerkreisdurchmesser zwar in gleicher Weise periodisch
                              									zu- und abnehmen, doch wird der eine Kreis stets um die
                              									Differenz der Messerlängen größer sein als der andere, wenn
                              									dieser sich in derselben Schwingungsphase befindet wie jener.
                              									Setzt man ferner die beiden Messer nicht gegen einander
                              									verschoben, sondern so ein, daß die mittleren Messerkreisebenen
                              									in einander fallen, und bringt man dieselben außerdem in eine
                              									solche Winkelentfernung von einander, daß die Spitze des
                              									vorangehenden größeren Messers, dessen Kreisdurchmesser in der
                              									Abnahme begriffen sind, in dem Augenblick, in welchem das
                              									folgende kleinere seinen Maximaldurchmesser erreicht hat, in
                              									einem genau ebenso großen Kreise arbeitet, so lösen in diesem
                              									Augenblicke die beiden Messer einander in ihrer Thätigkeit ab,
                              									indem das größere zu schneiden aufhört, während das kleinere
                              									eben seinen Schnitt beginnt. Setzt man noch ein drittes, viertes
                              									u.s.w. Messer ein, welche alle geometrisch ähnlich sind und
                              									sich, immer kleiner werdend, in einander abstufen, so wird, wenn
                              									ihre Winkelentfernungen wie oben zweckmäßig bemessen sind, ein
                              									Messer nach dem andern zur Wirkung kommen und das Resultat wird,
                              									wenn der Messerkopf höchstens eine halbe Relativdrehung
                              									ausführt, eine conische Fräsung oder Kehlung sein, welche um so
                              									glatter ausfällt, je mehr Messer eingesetzt worden und je
                              									allmäliger deren Formen in einander übergehen. Fig. 7 bis
                              									11 veranschaulichen näher das vorstehend Gesagte.
                           Daß auch hier die Messerformen nicht geometrisch ähnlich zu sein
                              									brauchen, wenn dieselben nur allmälig abgestuft sind, daß man
                              									ferner den Kopf vor beendetem Fräsen mehrere Relativrotationen
                              									vollführen lassen kann, und daß auch hierdurch die
                              									mannigfaltigsten Muster erzielt werden können, alles dies wie
                              									ferner auch, daß bei gleichen Zähnezahlen der Räder des
                              									Messerkopfvorgeleges ganz gewöhnliche prismatische Fräsungen
                              									erzeugt werden können, sei hier blos angeführt. Es versteht sich
                              									von selbst, daß das Gewicht des einseitig sitzenden Messerkopfes
                              									gehörig abbalanirt werden muß. Ferner muß der Vorschub des
                              									Werkstückes ein gezwungener sein; er darf also an keiner Stelle
                              									Riemenübersetzungen zeigen, während er doch seine Bewegung von
                              									der Messerkopfwelle entlehnen muß. Daß dies einige
                              									Schwierigkeiten in der praktischen Ausführung der ganzen
                              									Maschine verursachen wird, darf man sich nicht verhehlen; doch
                              									ist wohl zu hoffen, daß dem Erfinder die Ueberwindung derselben
                              									bald gelingen wird. Endlich sei noch darauf aufmerksam gemacht,
                              									daß nicht jedes Profil, und insbesondere kein parallelflankiges,
                              									sich dazu eignet, eine conische Kehlung zu erzeugen.
                           Die Scharnberg'sche Maschine dürfte sich außer zur Herstellung
                              									von
                              									Zierleisten nicht nur zur Anfertigung von conischen Rädern,
                              									sondern auch zum Kehlen von Sargwänden, sowie ganz vorzüglich
                              									zur Fabrikation von Faßdauben eignen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
