| Titel: | Ueber de Fortschritte der Zündmittel für Feuerwaffen, mit besonderer Berücksichtigung der Fabrikation der Zündhütchen; von H. Josten in Barmen. | 
| Autor: | H. Josten | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 486 | 
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                        Ueber de Fortschritte der
                           								Zündmittel für Feuerwaffen, mit besonderer Berücksichtigung der
                           								Fabrikation der Zündhütchen; von H. Josten in Barmen.
                        (Fortsetzung von S. 342 Bd.
                           								225.)
                        Josten, über die Fortschritte in der
                           								Zündhütchenfabrikation.
                        
                     
                        
                           Die Fabrikation der ZündhütchenVgl. auch die kurzen Notizen von
                                    									Egestorff, 1864 173 311. zerfällt in drei Abtheilungen: 1) die Anfertigung der
                              									leeren Kapsel, 2) die Darstellung der Zündmasse und das
                              									Einbringen der letztern in die erstere, das sogen. Laden der
                              									Hütchen.
                           Die BlecheVgl. Fabrikation des Kapselbleches am Ural, *1862 164 94. zur Anfertigung der leeren Kapseln werden
                              									vor Allem zunächst einer gründlichen Reinigung unterworfen, und
                              									hierbei schon zeigt sich ein bedeutender Fortschritt in der
                              									Fabrikation gegen früher, wo diese mühsame und unangenehme
                              									Verrichtung der mehr oder minder geschickten Ausführung des
                              									Arbeiters – der Handarbeit – anheimfiel, während
                              									sie jetzt in der ausgezeichnetsten Weise von der Maschine
                              									ausgeführt wird. Die Bleche werden zu diesem Behufe zunächst
                              									– 25 bis 30 an der Zahl, welche ein Gewicht von 200 bis
                              									210k repräsentiren
                              									– in einen entsprechend großen Beiztrog gelegt, in welchem sich eine Beize,
                              									zusammengesetzt aus Wasser und Schwefelsäure, befindet, die
                              									hinreichend stark ist, um etwa fest anhaftende Unreinigkeiten
                              									von den Blechen zu lösen; letztere liegen im Troge auf einem
                              									Gestell, welches mit Leichtigkeit so hoch aus der Beize
                              									herausgehoben werden kann, daß es durch eine Drehung um
                              									90° die aufgelegten Bleche in Verticalstellung bringt.
                              									Hierbei gleiten die Bleche in einen nebenstehenden Kasten mit
                              									vielfach durchlöchertem Boden. Ein kräftiger Wasserstrahl
                              									ergießt sich nun durch Oeffnen eines Hahnes über die Bleche in
                              									den Kasten, füllt diesen sehr bald, trotz des durchlöcherten
                              									Bodens, und reinigt so in sehr kurzer Zeit nicht nur die Bleche
                              									von allem Oxyd, sondern entfernt auch die anhaftenden
                              									Säuretheilchen, die ihren Zweck erfüllt haben und jetzt nur von
                              									schädlicher Einwirkung auf die Bleche sein könnten. Eine
                              									seitwärts in entsprechender Höhe angebrachte Ausflußöffnung
                              									verhindert das Ueberlaufen des Wassers über den Rand des
                              									Kastens. Auch dieser Kasten hat ein bewegliches Gestell, um die
                              									Bleche herauszuheben und wieder horizontal zu legen. Ist dies
                              									geschehen, so passiren sie ihrer ganzen Länge nach ein
                              									eigenthümlich zusammengesetztes Walzwerk, welches aus zwei
                              									rotirenden Walzenpaaren, und einem Paar festliegender hohler Walzen
                              									besteht. Zunächst laufen die Bleche behufs Säuberung durch ein
                              									Paar Bürstenwalzen, dann durch ein Paar Metallwalzen, welche sie
                              									glätten, durch die Bürstenwalzen ziehen und zwischen den
                              									festliegenden Hohlwalzen durchschieben. Diese Hohlwalzen
                              									berühren sich nicht, lassen vielmehr eine Oeffnung von etwa
                              									20mm Höhe frei und
                              									dienen zum Abspülen der durchpassirenden Bleche mittels Wasser,
                              									welches durch Löcher an den einander zugekehrten Seiten der
                              									Hohlwalzen unter einem Druck von 4at ausströmt. Von hier
                              									gelangen die Bleche, um das Ablaufen des Wassers zu begünstigen,
                              									auf eine schiefe ansteigende Ebene, welche aus einem mit vielen
                              									Oeffnungen versehenen Rahmen gebildet ist, zu einem etwas höher
                              									gelegenem Walzwerke, welches ebenfalls drei verschiedene
                              									Walzenpaare besitzt. Das erste führt die Bleche einem größern
                              									hohlen Walzenpaare, den Trockencylindern zu, welche mit Dampf
                              									von 4at Spannung
                              									geheizt werden und mit Vorrichtungen zum Ablassen des
                              									Condensationswassers versehen sind. Sie sind, wie der Name schon
                              									andeutet, dazu bestimmt, die Bleche zu trocknen und verrichten
                              									dies in kürzester Zeit in der befriedigendsten Weise.
                              									Unterstützt werden sie außerdem noch durch einen von einem
                              									Roots-Blower erzeugten und auf seinem Wege zu den Blechen stark
                              									erwärmten Luftstrom, welchen die Bleche, indem sie die heißen
                              									Cylinder verlassen, passiren müssen. Zwei kleine Walzen führen
                              									sie während dessen in schräger Richtung nach unten, wo sie ein
                              									Kasten aufnimmt, der ihnen bis zur weitern Verarbeitung als
                              									Aufbewahrungsbehälter dient. In der Regel unterwirft man auf
                              									einmal eine ganze Lieferung von 2000 bis 3000k dieser Behandlung, da ein
                              									solches Quantum für den Betrieb mehrerer Tage ausreicht.
                           Die so vorbereiteten Bleche werden nun in Partien von 50 bis
                              									60k genau abgewogen;
                              									ein solcher „Posten“ wird mit einer
                              									laufenden Nummer versehen, die der Buchführung, sowie
                              									sämmtlichen Arbeitern, einschließlich des Controleurs, durch
                              									alle Stadien der weitern Verarbeitung, bei welcher das Princip
                              									der Arbeitstheilung streng durchgeführt ist, als Anhaltspunkt
                              									dient. Ein Posten Blech wird nun schön geordnet auf die Richtmaschine gelegt – ein genau
                              									abgehobelter gußeiserner Tisch mit einer gußeisernen Walze von
                              									entsprechenden Dimensionen und einem Gewicht von etwa 200k. Durch Maschinenbetrieb
                              									wird die Walze in rollender Bewegung über die Bleche – 15
                              									Stück, je nachdem sie dicker oder dünner sind, mehr oder minder
                              									– hin und her bewegt, wodurch dieselben in wenigen
                              									Minuten gerichtet und geebnet sind. Der Tisch ist so lang, daß
                              									die Walze noch neben den Blechen Platz findet; der sie bewegende
                              									Mechanismus ist theils unter, theils an der
                              									Seite des Tisches angebracht. Man kann dann bequem nach dem
                              									Richten die Bleche einzeln abnehmen, um dieselben unmittelbar
                              									durch die Einölmaschine – ein
                              									gepolstertes, mit Oel getränktes Walzenpaar – gehen zu
                              									lassen, welche jedes einzelne Blech an jeder Seite mit einer
                              									dünnen Schicht von Oel, dem etwas Petroleum beigemischt ist,
                              									überzieht. Es hat dies den Zweck die Schneidewalzen, welche die
                              									Bleche in Streifen schneiden, und diejenigen Walzen, die den
                              									geschnittenen Streifen die entsprechende Dicke zu geben bestimmt
                              									sind, sowie die Bleche selbst möglichst zu schonen. Von dieser
                              									Einölmaschine, deren Form wir im weitern Verfolg der
                              									Fabrikation, nur in kleinern Dimensionen, wieder begegnen
                              									werden, gelangt die Blechtafel direct zur Schneidemaschine, um von dieser selbstthätig in eine
                              									beliebige Anzahl Streifen geschnitten zu werden, deren Breite
                              									den daraus zu fertigenden Hütchen entsprechend gewählt werden
                              									muß. Schneide- und Walzmaschine sind für die Fabrikation der
                              									Kapseln von der größten Wichtigkeit. Sie werden deshalb mit
                              									vollem Recht „die Calculationsinstrumente der
                                 									Fabrikation“ genannt. Die Schneidemaschine gestattet
                              									allenfalls noch eine Toleranz von 0mm,1 Differenz in der
                              									Breite der Streifen; die Walzmaschine gibt dagegen kaum 0mm,01 in der Dicke als
                              									Toleranz.
                           Früher, und in einigen Zündhütchenfabriken auch jetzt noch,
                              									diente die einfache Kreisschere mit oder ohne Dampfbetrieb
                              									– wenn nicht gar noch eine ältere Form beliebter war
                              									– zum Schneiden der Streifen, wobei jedesmal nur ein
                              									oder, wenn man mehrere Bleche auf einander legen konnte, einige
                              									Streifen von den Blechen abgeschnitten wurden. Die Neuzeit hat
                              									auch auf diesem Gebiete Abhilfe geschaffen. Meine
                              									Multiplications-Streifenschneidemaschine hat sich im Betriebs
                              									vollkommen bewährt; sie zerschneidet die Bleche mit einem Male
                              									in so viel Streifen, als gewünscht wird, und zwar in sechs
                              									verschiedenen Breiten. Der Uebergang von der einen Breite zur
                              									andern, d. i. der Wechsel dieser Systeme, erfordert nur 1/6
                              									Umdrehung einer Kreisscheibe, in welcher die 6 verschiedenen
                              									Schneidewalzen gelagert sind, was in einer Minute ausführbar
                              									ist. Die Streifen werden in einen Kasten, der mit Rädern
                              									versehen ist, aufgefangen und der Walzmaschine zugeführt.
                           Die Walzmaschine, welche die Streifen
                              									jetzt zu passiren haben, ist ein System von Walzen, deren
                              									Gesammtzahl sich nach den verschiedenen Sorten der Kapseln
                              									richtet. Man hat deren 2 bis 8 Walzenpaare. Sie haben alle den
                              									gemeinschaftlichen Zweck, den Streifen in seiner ganzen Länge
                              									die größte Gleichheit bezüglich seiner Dicke zu geben. Dies
                              									beschränkt sich jedoch nicht blos auf den einzelnen Streifen,
                              									sondern selbstredend auf alle Streifen, aus welchen eine
                              									bestimmte Sorte Hütchen hergestellt werden soll. Es ist
                              									dies keine kleine Aufgabe, und es gehört dazu, außer
                              									ausgezeichneten Walzen, eine fortwährende gewissenhafte
                              									Aufmerksamkeit, öftere Prüfung durch fleißige Handhabung der
                              									Meßinstrumente und ein feines Gefühl. Erleichtert wird dies
                              									durch genaue Meßinstrumente, von denen neben jedem Walzenpaar
                              									eines angebracht ist, und welche bis zu 0mm,01 genau angeben, welche
                              									Dicke der Streifen beim Durchgang des betreffenden Walzenpaares
                              									haben muß, damit dieses Walzenpaar selbst das entsprechende
                              									leistet und die nachfolgenden nicht überbürdet werden. Material
                              									und Maschine sind trotz enormer Leistungen möglichst zu schonen.
                              									Behufs Regulirung der Walzen an sich ist in jedem Etablissement
                              									eine eigens zu diesem Zwecke construirte Schleifmaschine
                              									vorhanden, welche 0mm,01 Ungenauigkeit in unzweifelhafter Weise in
                              									hundertfacher Vergrößerung anzeigt. Das Originalmeßinstrument,
                              									wonach alle Maße normirt werden, gestattet 0mm,05 genau zu messen und
                              									sicher abzulesen. Die auf richtige Dicke gewalzten Streifen
                              									müssen das letzte Walzenpaar in möglichst gerader Richtung
                              									verlassen und dürfen ihre Geschmeidigkeit noch nicht ganz
                              									eingebüßt haben.
                           Die die Walzmaschine verlassenden Streifen wurden früher entweder
                              									von Hand oder durch eine geeignete Vorrichtung aufgerollt, bis
                              									die Rolle einen gewissen Durchmesser erlangt hatte, dann
                              									entweder fest gebunden oder in einen Ring gesteckt, um das
                              									Wiederabrollen der einzelnen Streifen zu verhindern, und hierauf
                              									in einen Glühofen (Retorte oder
                              									ähnliche Form) gebracht, um die volle Geschmeidigkeit wieder zu
                              									erlangen. Jetzt führt man die von der Walzmaschine kommenden
                              									Streifen unmittelbar über ein System von Gasflammen, welche sie
                              									genugsam glühen, ohne Gefahr des Verbrennens. Der Glühapparat wird durch die Walze selbst
                              									regulirt, und der Streifen ist fast in demselben Moment, wo er
                              									die letzte Walze verläßt, bereits geglüht. Er wird bei dieser
                              									Operation in einen Kasten geleitet, der an beiden Enden und oben
                              									offen, dessen Boden einer Leiter nicht unähnlich ist, und
                              									welcher etwa 10 bis 15k
                              									Streifen faßt. Ist dieser Kasten gefüllt, so wird er über
                              									zweckmäßig angeordnete Rollen weiter befördert und gelangt sammt
                              									seinem Inhalt in einen Beiztrog, dessen Beize von der schon
                              									genannten Beschaffenheit ist. Hier verweilen die Streifen eine
                              									entsprechende Zeit, welche von deren Material und von der Stärke
                              									der Beize abhängig ist. Von hier aus gelangt der Kasten mit
                              									seinem Inhalt in einen andern mit Wasser halb gefüllten Kasten,
                              									dem beständig ein starker Strom reinen Wassers zufließt, das
                              									sich über die gebeizten Streifen ergießt, diese von Säure etc.
                              									befreit und am andern Ende des Kastens durch ein angebrachtes
                              									Rohr in ein Bassin abfließt, in welchem das abgelöste
                              									Kupfer sich ablagert. Der angesammelte Niederschlag wird zur
                              									gelegenen Zeit als werthvolles Material an chemische Fabriken
                              									verkauft. Auch die gesättigte Beize in den Beiztrögen wird auf
                              									ähnliche Weise verwerthet; ebenso die gesammelte Kupferasche,
                              									die aber meistens dem Schmelzproceß unterworfen wird. Die in dem
                              									Kasten befindlichen, jetzt genügend entsäuerten Streifen
                              									passiren neuerdings ein Walzwerk,
                              									welches der Form nach Aehnlichkeit mit der Putzmaschine für
                              									Bleche hat, nur in bedeutend kleinern Dimensionen ausgeführt ist
                              									und sich außerdem noch von dieser dadurch unterscheidet, daß es
                              									wohl die Bürstenwalzen und die Glätte- bezieh. die
                              									Durchzugwalzen aufzuweisen hat, nicht aber die dann noch
                              									folgenden hohlen Spülwalzen. Die Streifen werden nämlich von
                              									dieser Putzmaschine direct in einen mit Wasser gefülltes
                              									Behälter geleitet, in welchem etwas Weinstein aufgelöst wurde,
                              									um sie glänzend zu erhalten. Dieses Wasser wird nur nach
                              									Erforderniß von Zeit zu Zeit erneuert. Die aus diesem Wasser
                              									ausgehobenen Streifen werden abtropfen gelassen, dann mittels
                              									heißer (von einem Roots-Blower zugetriebenen) Luft rasch
                              									getrocknet und hierauf einzeln auf die Einöl- und Glättmaschine
                              									gelegt. Hier passirt der Streifen zuerst ein Paar gepolsteter
                              									Walzen, die mit Oel, welchem etwas Petroleum beigemischt wurde,
                              									getränkt sind, und dann ein Paar durch Spiralfedern gegen
                              									einander gedrückter Metallwalzen. Von den letztern kommend, wird
                              									der Streifen sofort durch eine sinnreiche Vorrichtung
                              									aufgerollt, bis die Rolle etwa 10k aufgenommen hat und nun
                              									verschlossen werden kann. So vorbereitet wird diese Rolle nun
                              									vor die Kapselmaschine gebracht. Es
                              									ist diese Maschine insofern von größter Wichtigkeit, weil sie es
                              									ist, wonach sich alle andern Maschinen zu richten haben, und
                              									wird demnach mit Recht „der Regulator der
                                 									Production“ genannt.
                           Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß bei all den vorhin
                              									angeführten Arbeiten, sofern eine eben nennenswerthe
                              									Kraftanwendung in Betracht kommt, die zweckmäßigsten technischen
                              									Hilfsmittel zur Anwendung gelangen. Ebenso stehen neben der
                              									Kapselmaschine eine Reihe von exact arbeitenden Hilfsmaschinen
                              									in Thätigkeit zur Anfertigung der Hohl- und Vollstempel, zum
                              									Bohren von Löchern, zum Schleifen und Poliren der Werkzeuge u.
                              									dgl.
                           Bis zur Kapselmaschine wanderten die Streifen den gemeinsamen
                              									Weg, d.h. sie wurden, zu was für einer Sorte Hütchen sie auch
                              									verwendet werden sollten, derselben Behandlung unterworfen. Hier
                              									gehen nun ihre Wege aus einander. Die einen werden in
                              									„Kreuze“ verwandelt, andere in
                              									„Sterne“ erster oder zweiter Größe, und nur
                              									diejenigen, die zu solchen Hütchen bestimmt sind, welche
                              									inwendig und auswendig annähernd noch die cylindrische Form
                              									beibehalten, finden auf der gewöhnlichen Kapselmaschine ihre
                              									Formvollendung. Ausgenommen hiervon sind jedoch solche Hütchen,
                              									deren Durchmesser zur Höhe in einem solchen Verhältniß steht,
                              									daß ihre Dimensionen mit einem Druck
                              									nicht zu erreichen sind, wie z.B. die Zünder für die
                              									Dynamitpatronen. Die gewöhnliche Kapselmaschine – hier im
                              									berechtigten Sinne „Zündhütchenmaschine“
                              									genannt – schneidet zunächst ein Scheibchen aus dem
                              									Streifen, formt es zum Hütchen und schneidet dieses auf Länge
                              									ab. Es gibt solche, die bei einer Umdrehung der Maschine nur ein
                              									Hütchen erzeugen, und vervollkommnete, die es bis zu 5 Hütchen
                              									gebracht haben. Ihre Leistungen variiren zwischen 20 bis 120
                              									Tausend im Tag (zu 10 Stunden) je nach Sorte und Größe der zu
                              									kapselnden Hütchen. Die Hütchen „Pavillon de Guerre“ und
                              									„Pavillon de
                                    									Chasse“, beides Hütchen mit Rand (Krampe), die
                              									sich nur durch ihre Größe hinsichtlich der Form und des Kalibers
                              									von einander unterscheiden, erfordern schon complicirtere
                              									Maschinen. Die vorgeschrittenste sah man auf der letzten
                              									Londoner Ausstellung 1862, die mit 6 Stempeln arbeitete und 35
                              									000 Stück Hütchen in der Stunde lieferte, wobei sie sogar noch
                              									die „Kreuze“ selbst aus dem Streifen
                              									schnitt und sie den Stempeln in untadelhafter Form zuführte.
                           Eine ganze Reihe von Maschinen, mehr oder weniger complicirt,
                              									dient noch dazu, die verschiedensten Formen von Kapseln
                              									herzustellen; wir können sie hier aber nicht weiter
                              									berücksichtigen; nur diejenige für die Patronenhütchen M/71
                              									(vgl. * 1875 216 230) sei noch kurz erwähnt.
                              									Sie wird von den Arbeitern nicht mit Unrecht „Non plus ultra“ genannt und
                              									unterscheidet sich von der gewöhnlichen Kapselmaschine
                              									hauptsächlich dadurch, daß sie das Hütchen nicht abschneidet,
                              									sondern das ausgeschnittene Scheibchen (aus Messing) ganz zu
                              									einem Hütchen verwandelt. Auch diese Maschine hat trotz ihrer
                              									Jugend schon die verschiedensten Abänderungen erfahren.
                           Neben der KapselmaschineUeber Maschinen zur
                                    									Kapselfabrikation vgl. 1856 * 139
                                    									102. * 141 161. 164. sind
                              									noch zwei interessante Maschinen zu erwähnen, zunächst die Plättchenausschneidemaschine, welche in
                              									durchaus selbstthätiger Weise aus den dünnsten Kupfer-, Messing-
                              									oder Staniolstreifen runde Scheibchen ausschneidet und diesen
                              									die Form einer Halbkugel gibt. Dieselben werden später (von
                              									Hand) auf die Zündmasse in den Patenthütchen gelegt und mit
                              									derselben in den Hütchen festgepreßt, um die Zündmasse vor der
                              									Einwirkung äußerer Einflüsse, feuchter Luft
                              									etc. zu schützen. Die Maschine hat sich lange auf der Höhe der
                              									Zeit erhalten und noch immer leistet sie gute Dienste; indessen
                              									ist sie doch in der neuesten Zeit von der „Plättcheneinlegemaschine“
                              									überflügelt worden, welche das Vollendetste in dieser Branche
                              									leistet. Sie schneidet mit größter Sauberkeit hundert Plättchen
                              									auf einmal aus und legt diese zugleich untadelhaft in die mit
                              									Zündmasse versehenen Hütchen, ohne die geringste Beihilfe der
                              									menschlichen Hand. Die zweite Maschine heißt „Flobert-Maschine“, welche an den Bd. 225 S. 341
                              									erwähnten Floberthütchen (Kugelhütchen), nachdem diese den
                              									Zündsatz, der zugleich als Treibsatz dient, in sich aufgenommen,
                              									zunächst die Wulst (Kopf) anpressen, wodurch zu gleicher Zeit
                              									die Zündmasse im Boden des Hütchen festgepreßt und außen, am
                              									Boden des Hütchens, die Schutzmarke aufgedrückt wird. Dann legt
                              									sie eine Kugel auf die Oeffnung des Hütchens, drückt diese bis
                              									auf eine bestimmte Tiefe in dasselbe hinein und bringt das
                              									fertige Hütchen aus der Maschine in einen Kasten, der von Zeit
                              									zu Zeit geleert wird.
                           Eine Operation wird nun noch mit den Hütchen, sobald sie von der
                              									Maschine kommen, vorgenommen, nämlich der Grath entfernt, der
                              									sich an dem offenen Ende des Hütchens beim Kapseln gebildet hat.
                              									Es war dies lange Zeit ein ungelöstes Problem, welches zu sehr
                              									sinnreich construirten Maschinen Veranlassung gab, die aber alle
                              									den Erwartungen nicht entsprachen, bis man auf den Gedanken kam,
                              									eine ovale eiserne Trommel
                              									herzustellen, deren äußere Begrenzung aus eng zusammen
                              									gestellten runden Stahlstäben gebildet ist. In diese Trommel
                              									werden die Hütchen, etwa 25 bis 30k – soviel an
                              									Gewicht beträgt in der Regel ein Posten Hütchen –
                              									geschüttet und nach Verschluß der Trommel diese in Rotation
                              									gesetzt. Die Hütchen rollen auf den Stäben, der Grath reibt sich
                              									dadurch völlig ab und fällt durch die Zwischenräume, die so eng
                              									sind, daß sie keine Hütchen hindurch lassen, in einen
                              									untergestellten Kasten. In sehr kurzer Zeit ist der Zweck
                              									erreicht und somit der technische Theil, in Bezug auf die Form
                              									des Hütchens, zum Abschluß gebracht. Was jetzt noch mit den
                              									leeren Kapseln vorgenommen wird, dient lediglich dazu, ihnen
                              									einen schönen bleibenden Glanz zu geben, und es geschieht dies
                              									durch rein mechanische Mittel. Zu dem Ende werden sie zunächst
                              									in einer hölzernen Trommel durch Sägemehl von dem anhaftenden
                              									Oel befreit und dann „verlesen“, d.h. die
                              									schlechten, fehlerhaften Hütchen von den guten gesondert. Für
                              									diese Manipulation hat man wohl Hilfsmittel, aber keine
                              									Maschine. Es ist diese (Frauen-) Arbeit der Geschicklichkeit der
                              									Hand und dem Scharfblick des Auges anheimgegeben; sie wird ihnen
                              									verbleiben, so lange Hütchen fabricirt
                              									werden. Nach dem „Verlesen“ werden die
                              									Hütchen der genauen Controle und der Calculation unterworfen,
                              									wobei die feinsten Wagen, die genauesten Meßinstrumente, Gläser
                              									mit 20facher Vergrößerung Anwendung finden. Was nicht die
                              									Prüfung besteht, wird sofort verworfen. Die als gut erkannten
                              									Hütchen (Kapseln) werden nun, um jede Spur etwa noch anhaftender
                              									Fett- oder Säuretheilchen zu entfernen – beide könnten
                              									der Zündmasse gefährlich werden – in Wasser, in welchem
                              									etwas Weinstein aufgelöst wurde, durch Dampf gekocht, darauf mit
                              									reinem Wasser abgespült, dieses in der Schleudermaschine
                              									möglichst aus dem Hütchen wieder entfernt, und dann in einer
                              									hölzernen Trommel mit trocknem Sägemehl polirt. Behufs
                              									Entfernens dieses Sägmehles aus und von den Hütchen nach
                              									erfolgter Politur werden die Hütchen von der Polirtrommel in ein
                              									rotirendes Sieb geschüttet. Die fertigen Hütchen werden in Säcke
                              									verpackt, mit den entsprechenden Marken versehen und bis zur
                              									weitern Verarbeitung im Magazin aufbewahrt.