| Titel: | Ueber die Gesehwindigkeitsverhältnisse der Werkzeugmaschinen; von Prof. Josef Pechan. | 
| Autor: | R. | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 23 | 
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                        Ueber die Gesehwindigkeitsverhältnisse der
                           								Werkzeugmaschinen; von Prof. Josef
                              									Pechan.
                        Mit Abbildungen.
                        Pechan, über Geschwindigkeitsverhältnisse der
                           								Werkzeugmaschinen.
                        
                     
                        
                           Eine der wichtigsten Fragen des gesammten Werkzeugmaschinenbaues, und zwar sowohl
                              									hinsichtlich des Baues neuer Maschinen, als auch hinsichtlich der Beurtheilung
                              									bereits bestehender, ist die Frage der günstigsten Antriebsverhältnisse, welche Hand
                              									in Hand geht mit jener der günstigsten Geschwindigkeitsverhältnisse. Diesbezüglich
                              									erschien von Prof. Josef Pechan eine Schrift: „Ueber Geschwindigkeitsdiagramme und deren Anwendung zur
                                    											Beurtheilung der Geschwindigkeits-Verhältnisse der
                                    										Werkzeugmaschinen“ (Wien 1877, Lehmann und
                              										Wentzel), welche als werthvoller Beitrag zur Lösung
                              									genannter Frage zu betrachten ist. Bei Drehbänken, Hobelmaschinen und sonstigen
                              									Werkzeugmaschinen zur Bearbeitung des Holzes und der Metalle soll die Lostrennung
                              									eines Spanes möglichst rasch geschehen, damit die Bearbeitung einer Fläche von
                              									bestimmten Dimensionen möglichst kurze Zeit in Anspruch nimmt. Die Beschaffenheit
                              									der Materialien bedingt maximale Schnittgeschwindigkeiten, bei deren Ueberschreitung
                              									die schneidenden Werkzeuge nicht mehr gehörig Stand halten. Diese maximalen
                              									Schnittgeschwindigkeiten sind aber noch nicht die vortheilhaftesten, sondern sie
                              									sind nur die oberen Grenzen der zulässigen. Mit Rücksicht auf die Abnutzung des
                              									schneidenden Werkzeuges und aas damit im Zusammenhange stehende Ansehen der
                              									bearbeiteten Fläche entspricht jedem Material eine bestimmte vortheilhafteste
                              									Schnittgeschwindigkeit, welche geringer ist als die vorgenannte maximale und
                              									gewöhnlich die mittlere Schnittgeschwindigkeit heisst. Bei rationeller Bearbeitung
                              									sollte immer die mittlere Schnittgeschwindigkeit in Anwendung kommen können, und es
                              									sollte demnach jede Werkzeugmaschine so eingerichtet sein, dass sie für alle darauf
                              									zur Bearbeitung kommenden Materialien und alle Dimensionen derselben die passenden mittleren
                              									Geschwindigkeiten gibt. Geschwindigkeitsveränderungen, die sich bei einer Maschine,
                              									wie z.B. bei einer Kreissäge, durch den immer kleiner werdenden Durchmesser des
                              									Sägeblattes bei constanter Tourenzahl desselben, von selbst aufdrängen, sind bei
                              									anderen Maschinen eine Nothwendigkeit. So sind z.B. bei einer Holzdrehbank
                              									verschiedene Tourenzahlen der Drehbankspindel erforderlich, um für verschiedene
                              									darauf abzudrehende Durchmesser die bestimmte passende Umfangsgeschwindigkeit zu
                              									erzielen.
                           Ein klares Bild der jeweilig vorhandenen Geschwindigkeit gibt die graphische
                              									Darstellung. Ist D der Durchmesser eines
                              									Kreissägeblattes, n die minutliche Tourenzahl desselben
                              									und u die Umfangsgeschwindigkeit in der Secunde, so ist
                              									bekanntlich u = \frac{D\pi n}{60}. Bei constanter Tourenzahl n ist aber \left(\frac{\pi
                                 										n}{60}\right) ebenfalls constant, und es stellt daher die Gleichung
                              										u=\left(\frac{\pi n}{60}\right)D eine durch den Anfangspunkt
                              									des Coordinatensystems (dessen Ordinaten u und
                              									Abscissen D sind) gehende gerade Linie vor, welche
                              									gegen die Achse der D unter dem durch die Gleichung
                              										tang\ \varphi=\frac{\pi n}{60} bestimmten Winkel φ geneigt ist, der um so grösser wird, je grösser n ist und dessen Grenzen \varphi=0
                              									für n=0 und \varphi=90° für
                              										n=\infty sind. Diejenige Strecke dieser Geraden, welche den
                              									Durchmessern der in der Kreissäge bei der Tourenzahl n
                              									verwendeten Sägeblätter entspricht, stellt das Geschwindigkeitsdiagramm dieser. Kreissäge vor; die Gerade selbst aber
                              									gibt die Reihe der dieser Maschine eigenthümlichen Schnittgeschwindigkeiten an und
                              									wird deshalb passend die Geschwindigkeitsreihe
                              									genannt.
                           Zur Erlangung der bei der erwähnten Holzdrehbank erforderlichen verschiedenen
                              									Tourenzahlen der Spindel befindet sich eine Stufenscheibe auf derselben und eine
                              									ganz gleiche auf dem Deckenvorgelege. Hat diese Stufenscheibe fünf Stufen, so erhält
                              									die Drehbankspindel bei constanter Tourenzahl des Deckenvorgeleges fünf verschiedene
                              									minutliche Tourenzahlen und diesen entsprechend fünf Geschwindigkeitsreihen (OI bis OV Fig. 1). Schneidet man diese fünf
                              									Geschwindigkeitsreihen durch eine Gerade AB parallel
                              									zur D-Achse und in der Entfernung
                              										OA=u_1 von dieser, so ergeben die Abscissen der
                              									Durchschnittspunkte (ON1 bis ON5)
                              									der Reihe nach diejenigen Durchmesser, welche mit der Geschwindigkeit u1 abgedreht werden
                              									können. Diese zur D-Achse parallele Gerade AB repräsentirt die Geschwindigkeitsreihe absolut veränderlicher Tourenzahl n in der Minute,
                              									und zwar jene für die Geschwindigkeit u=u_1 in der Secunde. Ist
                              									nämlich in der Gleichung u = \frac{D\pi n}{60} die Zahl n absolut veränderlich, so lässt sich für jeden Durchmesser D eine Tourenzahl n
                              									finden, welche die Gleichung Dn = Constante erfüllt. Hiermit geht aber die durch erstere
                              									Gleichung dargestellte Gerade in jene u = Constante über, d. i. in eine zur D-Achse parallele gerade Linie AB in der Entfernung u = u1, von der D-Achse.
                              									Bei Anwendung einer Stufenscheibe ist jedoch die Tourenzahl nicht absolut
                              									veränderlich, sondern es ist nur eine bestimmte beschränkte Anzahl von minutlichen
                              									Tourenzahlen vorhanden, weshalb man auch nur eine bestimmte beschränkte Anzahl von
                              									Durchmessern mit der verlangten Schnittgeschwindigkeit u = u1 in der
                              									Secunde abzudrehen in der Lage ist. Folglich ergeben sich diese Durchmesser aus den
                              									Schnittpunkten der Geschwindigkeitsreihe absolut veränderlicher Tourenzahl mit den
                              									den wirklich vorhandenen Tourenzahlen entsprechenden Geschwindigkeitsreihen.
                           Fig. 1., Bd. 237, S. 25Man könnte nun alle Durchmesser von D=0 bis
                              										D=ON_5 in der Geschwindigkeitsreihe OV drehen. Es müsste dies geschehen, wenn in der Maschine nur diese eine
                              									Geschwindigkeitsreihe vorhanden wäre. Hierbei würde die Schnittgeschwindigkeit eine
                              									veränderliche sein und für D=0 selbst u=0
                              									werden. Nachdem aber fünf Geschwindigkeitsreihen vorhanden sind, so wird man jede
                              									nur soweit nach abwärts gehend benutzen, so lange die vorhergehende
                              									Geschwindigkeitsreihe das Drehen mit der Schnittgeschwindigkeit
                              										u=u_1 noch nicht gestattet. Es stellt somit in Fig. 1 die gebrochene Linie
                              										OM_1M_1'...M_4'M_5 das Geschwindigkeitsdiagramm dieser
                              									Holzdrehbank, oder überhaupt einer Maschine mit fünf Geschwindigkeitsreihen für die
                              									maximale Geschwindigkeit u=u_1 dar.
                           Bei einer Eisen- und Metalldrehbank, welche ausser der Stufenscheibe noch ein
                              									ausrückbares Rädervorgelege besitzt, ergeben sich zunächst bei ausgerücktem
                              									Rädervorgelege so viele Geschwindigkeitsreihen, als die Stufenscheibe Abstufungen
                              									besitzt. Wird das Rädervorgelege eingerückt, so ergeben sich nochmals eben so viele
                              									Geschwindigkeitsreihen mit der Räderübersetzung entsprechend verringerten
                              									Tourenzahlen. Mit Hilfe des Geschwindigkeitsdiagrammes ist nun leicht zu ersehen,
                              									welchen Einfluss die Grösse der Räderübersetzung auf die
                              									Geschwindigkeitsverhältnisse der Maschine ausübt. Eine grosse Räderübersetzung
                              									rückt nämlich die Geschwindigkeitsreihen bei eingerücktem Rädervorgelege von jenen
                              									bei ausgerücktem weiter ab, wie Fig. 2 zeigt, eine
                              									kleinere Räderübersetzung dagegen rückt sie näher hinzu, wie aus Fig. 3 ersichtlich.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 237, S. 26
                              
                           Im ersten Falle bestreichen die Geschwindigkeitsreihen ein
                              									viel weiteres Feld, man ist so in der Lage grössere Durchmesser auf einer Drehbank
                              									abzudrehen, dafür aber werden eine grosse Zahl von Durchmessern in der Reihe O IV (Fig. 2) mit sehr
                              									geringer und daher unvortheilhafter Geschwindigkeit bearbeitet werden müssen.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 237, S. 26
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 237, S. 26
                              
                           Im zweiten Falle sind die Reihen O III und O IV (Fig. 3) nicht gleich ausgenutzt und
                              									daher eine oder die andere nahezu zwecklos vorhanden. Ein normales Geschwindigkeitsdiagramm wird jedenfalls nur dasjenige sein, in
                              									welchem alle Reihen gleich ausgenutzt sind, wie es in Fig.
                                 										4 dargestellt ist.
                           Mit Hilfe der Geschwindigkeitsdiagramme ist man, wie hier nur kurz angedeutet und in
                              									der genannten Schrift ausführlich und an vielen Beispielen gezeigt wird, in der
                              									Lage, ein sehr deutliches Bild der Geschwindigkeitsverhältnisse der
                              									Werkzeugmaschinen zu gewinnen und bei gegebenen Bedingungen die richtigen, denselben
                              									entsprechenden Verhältnisse zu ermitteln.
                           
                              R.