| Titel: | Ueber russisches und amerikanisches Kerosin und über die Beleuchtung mit schweren Mineralölen; von K. Lissenko, Professor an dem Berg-Institut zu St. Petersburg. | 
| Autor: | K. Lissenko | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 78 | 
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                        Ueber russisches und amerikanisches Kerosin und
                           								über die Beleuchtung mit schweren Mineralölen; von K. Lissenko, Professor an dem Berg-Institut
                              									zu St. Petersburg.
                        Mit einer Abbildung auf Tafel 8.
                        Lissenko, über russisches und amerikanisches Kerosin.
                        
                     
                        
                           Die sich von Jahr zu Jahr mehr ausbreitende russische Petroleum-Industrie und die
                              									ungemein grossen Reichthümer an Petroleum am Kaukasus müssen jedenfalls die
                              									Aufmerksamkeit der Techniker in Anspruch nehmen. Die Umgegend der Stadt Baku am
                              									südlichen Ufer der Halbinsel Apscheron bilden den Mittelpunkt der
                              									Petroleum-Industrie des Kaukasus. Die regelmässige Ausbeute datirt hier erst vom J.
                              									1872 und liefert gegenwärtig jährlich 65000t
                              									Kerosin, was annähernd 200000t Rohpetroleum
                              									entspricht. Diese Production könnte noch bedeutend vergrössert werden, wenn das
                              									kaukasische Kerosin bei obwaltenden nachtheiligen Bedingungen des Transportes in
                              									Russland nicht mit dem amerikanischen Producte zu concurriren hätte. Dieser Umstand
                              									ist jedoch nicht wesentlich wichtig, da er jetzt in Folge der Organisation der
                              									Transportgesellschaft beseitigt wird. Eine weit grössere Schwierigkeit für die
                              									genannte Concurrenz bietet die Beschaffenheit des kaukasischen Kerosins oder
                              									Photonaphtils, wie es örtlich genannt wird.
                           Es darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass das Petroleum gegenwärtig in der
                              									Umgegend von Baku aus Brunnen, die nicht tiefer als 90 bis 120m sindTiefer wird nicht gebohrt, da sehen die aus dieser Tiefe gewonnene Menge Oel
                                    											vollkommen hinreichend ist für die in der Nähe von Baku befindlichen
                                    											Destillationen, deren Zahl 140 beträgt. Der Preis des Petroleums ist einem
                                    											beständigen Schwanken unterworfen, dessen Normalgrenze 3 bis 10 Kopeken das
                                    											Pud angenommen werden kann, d.h. 10 bis 16 Pf. für je 16k,38., zu Tage gefördert wird,
                              									und dass es ein bedeutendes specifisches Gewicht hat, nämlich 0,860 bis 0,875. Das
                              									leichtere (wie z.B. die weisse Naphta unweit Durachane) kommt selten und in geringer Menge vor; das
                              									schwerere dagegen findet sich in grösserer Menge, wird aber nicht gewonnen.
                           In engem Zusammenhang mit dem bedeutenden specifischen Gewichte des Petroleums steht
                              									der Umstand, dass es nur wenig (33 bis 35 Proc.) Leuchtöle liefert. Die bei der
                              									Destillation übrig bleibenden 60 bis 65 Proc. Naphtarückstände haben in der lezten
                              									Zeit eine Absatzquelle am Kaspischen Meere und dem unteren Lauf der Wolga gefunden,
                              									wo sie zur Heizung von Dampfbooten verwendet werden. Es muss hier eingeschaltet
                              									werden, dass die Petroleumheizung, nach dem etwas umgeänderten System von Wais, Field und Eddon,
                              									jezt im allgemeinen Gebrauche am Kaspischen Meere ist und sich des besten Erfolges
                              									erfreut. (Vgl. *1877 225 131.)
                           Das Leuchtöl von Baku unterscheidet sich von dem amerikanischen durch sein hohes
                              									specifisches Gewicht, welches bei 14° 0,820 ist, während es bei dem amerikanischen
                              									Normalöl bei derselben Temperatur ungefähr 0,800 beträgt. Die Temperatur des
                              									Dampfpunktes für kaukasisches Kerosin bei erwähntem specifischem Gewicht ist fast
                              									27°. Die Versuche, ein leichteres Leuchtöl darzustellen, misslingen, da ein solches
                              									Oel schon bei 23 bis 24° Dämpfe entwickelt. Das hohe specifische Gewicht des
                              									kaukasischen Kerosins an und für sich würde ihm nicht sehr nachtheilig sein, wenn es
                              									nicht das schlechte Brennen zur Folge hätte; denn trotz der sorgfältigen Reinigung
                              									und trotz der wasserhellen Farbe brennt es nicht mit weisser, sondern mit rother
                              									russender Flamme. Hieraus wird ersichtlich, weshalb man voriges Jahr in Petersburg
                              									das russische Kerosin billiger verkaufte als das amerikanische, und weshalb nicht
                              									selten ganze Partien desselben untauglich erklärt werden. Alle diese Umstände
                              									veranlassten mich, nach meiner Rückkehr aus dem Kaukasus im Herbste 1876
                              									vergleichende Untersuchungen mit russischem und amerikanischem Leuchtöle
                              									vorzunehmen, deren Resultate in der weiter unten folgenden Tabelle enthalten
                              									sind.
                           Meinen Prüfungen unterwarf ich drei Sorten Kerosin, die mir von der Bakinschen
                              									Gesellschaft (Kokoreff und Comp.) vorgelegt wurden. Die
                              									dritte Sorte ist schweres Kerosin, gewöhnlich zur Ausfuhr nach Persien bestimmt und
                              									persisches genannt. Nr. 2 ist ein normales Handelsproduct; dagegen wird Nr. 1 nur in
                              									geringer Menge dargestellt.Die Condensation der leichten Kohlenwasserstoffe wird in Baku zuweilen
                                    											erschwert aus Mangel an Wasser, weshalb man sie gewöhnlich in die Luft
                                    											lasst. Nr. 2 stellte eine wasserhelle, schwach fluorescirende
                              									Flüssigkeit dar, mit nicht unangenehmem Geruch und enthielt in der von mir geprüften
                              									Menge weder Schwefelsäure noch Laugensalze. Amerikanisches zum Vergleich genommenes
                              									Kerosin war von zweierlei Quantität: gewöhnliches, von gelblicher Farbe, und höchste
                              									Sorte, sogen. High-Test. Letzeres ist im Detailhandel
                              									in Petersburg unter zwei verschiedenen Namen bekannt; bei Stohl und Schmidt als „Australöl“, bei
                              										Kumberg als 
                              									„Oleophin“. Folgende Zahlen des specifischen Gewichtes der beiden Sorten
                              									zeigen, dass sie identisch sind:
                           
                              
                                 Spec. Gew. bei
                                 Australöl.
                                 Oleophin.
                                 
                              
                                 14°
                                 0,786
                                 0,788
                                 
                              
                                 2,5
                                 0,794
                                 0,794.
                                 
                              
                           Die von mir angestellte Untersuchung bestand in fractionirter Destillation und in
                              									Bestimmung des specifischen Gewichtes der erhaltenen Producte. Um die Resultate der
                              									fractionirten Destillation vergleichbar zu machen, beobachtete ich folgende
                              									Vorsichtsmassregeln: 1) Bei jeder Prüfung wurde immer eine gleiche Menge (500g) des Oeles destillirt; 2) jede Destillation
                              									wurde in einer und derselben Retorte vorgenommen, welche in einem gusseisernen
                              									Kessel eingesetzt und bis auf gleiche Höhe mit Sand beschüttet war; 3) die
                              									Temperatur wurde mit einem und demselben Thermometer bestimmt, welches stets gleich
                              									in die Retorte und zwar derart eingesenkt war, dass die Kugel von der
                              									Flüssigkeitsoberfläche um 1cm abstand; 4) Die
                              									Erwärmung wurde immer mittels desselben Gasbrenners erzeugt. Die von mir erhaltenen
                              									Resultate sind in nachfolgender Tabelle gegeben und ausserdem in der beigefügten
                              									Zeichnung Fig.
                                 										1 Taf. 8 graphisch dargestellt.
                           Dass die erhaltenen Resultate wirklich vergleichbar sind, ergibt sich aus der
                              									Zusammenstellung der zweiten und vierten Spalte. Die darin angegebenen Zahlen
                              									beziehen sich unzweifelhaft auf eine und dieselbe Substanz, obgleich die eine
                              									Flüssigkeit mir von der Bakinschen Petroleumgesellschaft vorgelegt wurde und die
                              									andere ein gewöhnliches Handelsproduct aus Baku war.
                           Wenn wir die Zahlen dieser Tabelle vergleichen, so kommen wir zu unerwarteten
                              									Resultaten; wir sehen, dass alle Sorten Kerosin aus Baku, sogar Nr. 1, schwerer als
                              									amerikanisches sind, und dessen ungeachtet enthalten sie eine grössere oder gleiche
                              									Menge niedrig siedender Kohlenwasserstoffe. Dies wird besonders klar aus der
                              									Zusammenstellung der Zahlen für Kerosin Nr. 1 der Bakinschen Petroleumgesellschaft
                              									und für beide amerikanische Sorten, Das erste ist schwerer, aber von ihm destilliren
                              									85,6 Proc. bis 200° und 92,6 Proc. bis 280°. Die zweiten haben geringeres
                              									specifisches Gewicht und von ihnen destilliren 37,8 und 25 Proc. bis 200° und 85 und
                              									52,8 Proc. bis 280°. Ferner ist aus Vergleichung des specifischen Gewichtes der bei
                              									gleicher Temperatur gesammelten Fractionen ersichtlich, dass das Destillat bis 200°
                              									aus dem bakinschen Kerosin schwerer (0,787 bis 0,790) als das aus dem amerikanischen
                              									ist (0,753 bis 0,766). Dasselbe gilt auch für das Destillat bis 280°, dessen
                              									specifisches Gewicht aus bakinschem Kerosin 0,822 bis 0,835, aus amerikanischem
                              									0,785 bis 0,786 ist. Es lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass die Gemenge der
                              									Kohlenwasserstoffe, welche kaukasisches Kerosin bilden, ein höheres specifisches
                              									Gewicht haben als die amerikanischen bei gleichem Siedepunkte, oder dass bei
                              										gleicher Dichte sie
                              									einen niedrigem Siedepunkt haben müssen, mit anderen Worten flüchtiger sind. Die
                              									Ursache dieses Unterschiedes bleibt mir unerklärlich, und alle Versuche aus
                              									bakinschem Kerosin auch nur einen der Kohlenwasserstoffe in reinem Zustande
                              									auszuscheiden, sind mir bis jetzt misslungen.
                           
                              
                                 
                                 III. SorteBaku
                                 II. SorteBaku
                                 I. SorteBaku
                                 GewöhnlichesKerosinBaku
                                 Australöl
                                 Gewöhnlichesamerikani-sches Kerosin
                                 
                              
                                 Spec. Gew.
                                 bei 16,5°0,842bei 2,5°0,854
                                 bei 14°0,822bei 2,5°0,831
                                 bei 19°0,801bei 2,5°0,815
                                 bei 14°0,822bei 2,5°0,832
                                 bei 14°0,788bei 2,5°0,794
                                 bei 16°0,795bei 2,5°0,804
                                 
                              
                                 Proc. Destillat bis 200°
                                 –
                                 33,4
                                 65,6
                                 31,2
                                 37,8
                                 25,0
                                 
                              
                                   „      „     „     bis 280
                                 76,4
                                 80,4
                                 92,6
                                 80,4
                                 85,0
                                 52,8
                                 
                              
                                 Spec. Gew. des Destillats   bis 200°
                                 –
                                 bei 20°0,787
                                 bei 20°0,790
                                 bei 18°0,789
                                 bei 20°0,766
                                 bei 19°0,753
                                 
                              
                                    von 200 bis 280°
                                 bei 19°0,835
                                 bei 20°0,831
                                 bei 19°0,822
                                 bei 18°0,832
                                 bei 20°0,785
                                 bei 19°0,786
                                 
                              
                                 Es destillirt über (in Proc.)   bis 100°
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 von 100 bis 120°
                                 –
                                 Kochpunkt
                                 0,1 (Kochp.)
                                 Kochpunkt
                                 –
                                 Kochpunkt
                                 
                              
                                   „   120   „  140
                                 –
                                   0,8
                                   0,6
                                   0,8
                                 –
                                 0,8
                                 
                              
                                   „   140   „  160
                                 –
                                   7,8
                                 24,9
                                   8,8
                                 0,2 (Kochp.)
                                 6,6
                                 
                              
                                   „   160   „  180
                                 –
                                 21,2
                                 48,0
                                 20,8
                                 3,0
                                 16,0
                                 
                              
                                   „   180   „  200
                                 Kochpunkt
                                 33,4
                                 65,6
                                 31,2
                                 27,8
                                 25,0
                                 
                              
                                   „   200   „  220
                                 13,6
                                 45,0
                                 76,6
                                 44,0
                                 48,0
                                 30,2
                                 
                              
                                   „   220   „  240
                                 38,8 (gelb)
                                 57,8
                                 84,2
                                 56,2
                                 63,8
                                 34,8
                                 
                              
                                   „   240   „  260
                                 62,0(gelb)
                                 70,0(farblos)
                                 88,8(farblos)
                                 69,6(farblos)
                                 75,2
                                 44,2(gelblich)
                                 
                              
                                   „   260   „  280
                                 76,4(gelb)
                                 80,4(gelblich)
                                 92,6(farblos)
                                 80,4(gelblich)
                                 85,0
                                 52,8(gelb)
                                 
                              
                                 Rückstand
                                 20,8(braun)
                                 15,6(goldgelb)
                                   2,6(goldgelb)
                                 14,8(goldgelb)
                                 11,8
                                 41,8(braun)
                                 
                              
                                 Verlust
                                 3,0
                                   3,0
                                   4,8
                                   4,8
                                 3,2
                                 5,4
                                 
                              
                                 Dampfpunkt
                                 unbestimmt
                                 28°
                                 25,5°
                                 unbestimmt
                                 52,2°
                                 28,5°
                                 
                              
                           Ich halte es für nützlich, hierbei die Thatsache hervorzuheben, dass, obgleich
                              									amerikanisches Kerosin ein geringeres specifisches Gewicht hat, es doch einige
                              									feste Paraffine in Lösung enthält, während deren Anwesenheit im bakinschen Kerosin,
                              									sowie auch im Petroleum von Baku bis jetzt nicht festgestellt worden ist. Noch muss
                              									hervorgehoben werden, dass beim Durchlassen von Dämpfen des bakinschen Petroleums
                              									durch ein mit glühenden Kohlen gefülltes Rohr man im Condensator Theer erhält,
                              									welches Benzol, sowie seine Homologen und ausserdem Naphthalin, Anthracen u.s.w.
                              									enthält – eine Thatsache, welche auch von J. Letnyi
                              									Journal der russischen chemischen Gesellschaft,
                                    											1877 S. 269. bewiesen wurde. Das Theer der Petroleumgasfabrik in
                              									Kasan, welches als Nebenproduct erhalten und für einen Spottpreiss verkauft wird,
                              									enthält eine so bedeutende Menge Benzol und andere aromatische Kohlenwasserstoffe,
                              									dass man dieselben mit Vortheil gewinnen konnte, um sie auf Farben weiter zu
                              									verarbeiten. Es ist mir unbekannt, ob die aromatischen Kohlenwasserstoffe unter
                              									gleichen Bedingungen auch aus amerikanischem Petroleum gewonnen werden können.
                           Wie dem auch sei, aus den von mir erhaltenen Resultaten folgt, dass kaukasisches
                              									Kerosin sich wesentlich vom amerikanischen unterscheidet, folglich nicht zu erwarten
                              									steht, aus kaukasischem Petroleum ein dem amerikanischem ähnliches Product zu
                              									gewinnen. Kaukasisches Kerosin, bei derselben Temperaturgrenze wie das amerikanische
                              									destillirt, wird dichter sein, und um einen erfolgreichen Abgang des selben zu
                              									haben, muss man bemüht sein, nicht die Beschaffenheit des Kerosins zu ändern,
                              									sondern die zum Brennen dieses Oeles verwendeten Lampen zu verbessern suchen, sie
                              									dem Oele so zu sagen anzupassen.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
