| Titel: | Ueber russisches und amerikanisches Kerosin und über die Beleuchtung mit schweren Mineralölen; von K. Lissenko, Professor an dem Berg-Institut zu St. Petersburg. | 
| Autor: | K. Lissenko | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 162 | 
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                        Ueber russisches und amerikanisches Kerosin und
                           								über die Beleuchtung mit schweren Mineralölen; von K. Lissenko, Professor an dem Berg-Institut
                              									zu St. Petersburg.
                        (Schluss von S. 82 dieses Bandes.)
                        Lissenko, über russisches und amerikanisches Kerosin.
                        
                     
                        
                           Von dem Grundsatze ausgehend, dass die Helligkeit der Flamme hauptsächlich von der
                              									Anwesenheit glühender Kohlentheilchen abhängt, die Intensität des Lichtes aber von
                              									der Temperatur, bis zu welcher dieselben erglühen, muss man annehmen, dass schweres
                              									Kerosin und schwere Kohlenwasserstoffe theoretisch bessere Leuchtmateriale abgeben
                              									als leichtes Kerosin, denn sie enthalten etwas mehr Kohlenstoff als letzteres. Es
                              									wird indessen der Gebrauch des schweren Kerosins im Allgemeinen aus folgenden
                              									Gründen vermieden: 1) es brennt in Lampen gewöhnlicher Construction mit trüber,
                              									rother Flamme; 2) es wird schlecht eingesaugt, in Folge essen die Höhe der Flamme
                              									sich allmälig verjüngt; 3) es gibt eine grosse Schnuppe. In Anbetracht dieser
                              									Uebelstände suchte ich
                              									vorerst darzuthun, ob es möglich sei, durch eine einfache und billige Umänderung der
                              									gewöhnlichen Lampen dieselben zum Brennen des schweren Kerosins mit ganz weisser
                              									Flamme anzupassen, und bemühte mich bei meinen ersten Versuchen dies durch
                              									Vergrösserung des Luftzuges zu erreichen. Der Luftzug in Kerosinlampen wird durch
                              									den die Flamme umfassenden Glascylinder bedingt, und durch meine Versuche bestätigte
                              									es sich, dass gegenwärtig der Einfluss verschiedener Theile dieses Cylinders bei den
                              									Rundbrennern nicht hinreichend erklärt ist. Obgleich durch dessen Verlängerung der
                              									Zug vergrössert wird, so kann man dennoch dadurch nicht immer eine gute Flamme
                              									bekommen. Bei Brennern von 28mm ist die Höhe des
                              									Cylinders vom Einkniffe an gemessen gewöhnlich 21cm. Wenn wir diese Höhe des Cylinders in einer Lampe mit schwerem Kerosin
                              									verdoppeln, indem wir einen Cylinder dem andern aufsetzen, so sinkt die Flamme
                              									sogleich und wird blendend weiss; nehmen wir den obern Cylinder ab, so verlängert
                              									sich die Flamme augenblicklich und fängt an, stark zu russen. Jedermann ist im
                              									Stande, dieses einfache Experiment zu wiederholen. Ich bestellte mir eine Reihe von
                              									Cylindern von der Höhe 25, 30, 35 und 40cm, vom
                              									Einkniffe gemessen, und suchte mittels des Photometers zu bestimmen, in welchem
                              									Masse die Lichtmenge zunimmt bei der grösstmöglichen Höhe der Flamme, die mit diesen
                              									verschiedenen Cylindern hervorgebracht werden kann. Ich vermuthete, dass die
                              									Leuchtkraft verhältnissmässig zur Höhe des Cylinders zunehmen müsse; jedoch wurde
                              									meine Voraussetzung nicht durch den Versuch mit hohen Cylindern bestätigt, und zwar
                              									aus dem einfachen Grunde, weil diese Cylinder in ihren übrigen Theilen, wie z.B.
                              									Höhe und Durchmesser des Einkniffes, sehr ungleich waren. Demzufolge beschäftigte
                              									ich mich mit Untersuchung der Einwirkung der Höhe des Einkniffes auf die
                              									Beschaffenheit der Flamme. Aber bevor ich hier die von mir erreichten Resultate
                              									anführe, muss ich vorausschicken, dass ich sehr bald auf den Gebrauch hoher Cylinder
                              									verzichtete, da sie sich nicht bequem erwiesen;, sie sind theurer als die
                              									gewöhnlichen, zerspringen leicht und geben der Lampe ein hässliches Aussehen. Dazu
                              									kommt noch, dass bei Schuster und Baer's Brennern (1877
                              									*223 490. 224 552), die für stärkeren inneren Luftzug angepasst sind, die Höhe des
                              									Cylinders von keinem wesentlichen Einfluss ist, indem die russende Flamme bei
                              									verdoppelter Höhe des Cylinders nur sehr wenig sinkt und roth bleibt. Der Einfluss
                              									der Höhe des Einkniffes auf die Beschaffenheit der Flamme ist namentlich schon lange
                              									den Lampenhändlern bekannt; trotz alledem wurde dieser Umstand bis auf die letzte
                              									Zeit nur wenig beachtet. Die Lampenfabrikanten geben gewöhnlich denjenigen Cylindern
                              									den Vorzug, welche einen niedrigen Einkniff haben; dennoch aber wurde in vorigem
                              									Jahre kaukasisches Kerosin für untauglich erklärt, obgleich es bei niedrigerem
                              									Einkniff eine weisse, schöne, nicht russende Flamme liefert. In der That ergab es sich aus
                              									meinen Versuchen, dass mit der Abnahme des Abstandes zwischen dem Einkniffe und dem
                              									Rande des Brenners bis auf 2 bis 4mm gegen den
                              									gewöhnlichen Unterschied (18mm) es möglich ist,
                              									sogar die schwersten Petrolöle mit weisser und nicht russender Flamme zu verbrennen.
                              									Auf diese Weise brennt bei mir das Schmierpetrolöl von 0,887 spec. Gew. aus der
                              									Fabrik Ragosin zu Balachna (unweit Nischni-Nowgorod) in
                              									Argandlampen mit gewöhnlichen Cylindern, an denen ich unten 2mm abschneide; ebenso schön brennt in Argandlampen
                              									das Oel von 0,867 spec. Gew. (schweres Photogen) aus derselben Fabrik. Im
                              									Allgemeinen kann man annehmen, dass die schweren Petrolöle ganz gefahrlos in
                              									Argandlampen gebrannt werden können.
                           Um die gewöhnlichen Lampen zum Brennen der schweren Oele anzupassen, suchte ich
                              									vorigen Winter einige Veränderungen an dem Kosmos- und Jupiter-BrennerGewöhnlicher Construction und Schuster und
                                       												Baer's Brenner. anzubringen, durch welche die Einfassung
                              									nebst Cylinder mittels einer Schraube nach Belieben heruntergelassen und
                              									hinaufgehoben werden konnte. Diese für Kosmos-Brenner mit der meinigen buchstäblich
                              									gleiche Einrichtung ist diesen Sommer im Preisverzeichniss der Firma Wagner und Goldschmidt zu Berlin angeführt; aber am
                              									zweckmässigsten ist dieselbe von Tänzler zu Berlin in
                              									Ausführung gebracht, bei welcher der Mechanismus zum Herunterlassen des Cylinders
                              									sehr praktisch construirt ist. Wünschenswerth, wäre es jedoch, dass Tänzler's Lampen eher zum Niedrigerstellen des
                              									Einkniffes als zu dessen Erhöhen angepasst wären. Es wird kaum je das Bedürfniss
                              									eintreten, den Cylinder auf 7mm zu heben, wie an
                              									seinen Lampen die Möglichkeit geboten wird, während er hingegen nur um ein geringes
                              									heruntergelassen werden kann.
                           Es fragt sich nun, wie der Einfluss der Höhe des Einkniffes auf die Beschaffenheit
                              									der Flamme zu erklären sei? Es ist mir unmöglich, auf diese Frage eine sichere
                              									Antwort zu geben. Meiner Meinung nach wirken hier zwei Factoren: 1) Je niedriger der
                              									Eingriff ist, desto eher kann die Luft von aussen zur Flamme zuströmen; 2) die Luft
                              									wird stärker erhitzt, weil sie sich auf grösserer Strecke dicht neben der Flamme
                              									ausbreitet. Dieser letzte Umstand trägt aller Wahrscheinlichkeit nach am meisten zur
                              									Entwicklung einer hohen Temperatur bei, daher auch zur grössern Intensität des
                              									Glühens der Kohlentheile, wodurch eine weisse grelle Flamme folgt. Uebrigens gedenke
                              									ich nicht bei diesen Erklärungen stehen zu bleiben; doch habe ich keine Zeit, die
                              									theoretische Seite dieser Aufgabe zu erörtern.
                           Es ist unumgänglich zu beachten, dass die Abnahme der Höhe des Einkniffes nur bis zu
                              									einer gewissen Grenze vortheilhaft angewendet werden kann. Bei einem sehr niedrigen
                              									Einkniffe erhält man zwar eine weisse, aber dabei sehr kurze Flamme, und merkwürdig bleibt der Umstand, dass
                              									die Grösse einer derartigen Flamme nicht zunimmt, wenn wir den Docht
                              									herausschrauben, was jedoch eintritt, wenn wir den Cylinder von oben mit einer
                              									kupfernen Scheibe bedecken, in welcher ein Ausschnitt von kleinerem Durchmesser als
                              									der des Cylinders angebracht ist. Indem wir den Durchmesser in dem Ausschnitte nach
                              									und nach verengen, können wir leicht die allmälige Verlängerung der Flamme und dabei
                              									ihren allmäligen Uebergang von einer hellen, weissen zu einer rothen, russenden
                              									Flamme verfolgen. Dieselben Resultate werden durch eine Abnahme der Höhe des
                              									Cylinders erreicht; so z.B. erhält man bei einem sehr niedrigen Einkniffe eine
                              									ziemlich gute weisse Flamme, wenn man den Cylinder so abschneidet, dass dessen Höhe,
                              									vom Einkniffe gemessen, nicht weniger als 78mm
                              									beträgt. Diese Flamme gibt doch einen schwachen Geruch, und ich habe bis jetzt mit
                              									ihr keine befriedigende, für die Praxis tauglichen Resultate bekommen.
                           Aus dem Angeführten ist ersichtlich, dass man eine gute weisse Flamme bei
                              									gewöhnlichen Brennern und schwerem Petrolöle durch einen tiefer liegenden Einkniff
                              									erlangen kann. Damit aber schweres Kerosin eine allgemeine Verwendung finde, ist es
                              									unumgänglich, noch einen Fehler zu beseitigen, nämlich das schlechte Einsaugen durch
                              									den Docht desselben. Ich überzeugte mich durch zahlreiche Versuche, dass Kerosin von
                              									0,820 bis 0,827 und sogar 0,832 spec. Gew. ziemlich gut in gewöhnlichen Lampen
                              									brennt; dagegen Kerosin von bedeutenderem specifischem Gewichte (0,840 bis 0,852)
                              									eine Flamme liefert, deren Grösse sowie die von ihr erzeugte Lichtmenge in
                              									beständigem Abnehmen begriffen ist. Es ist wohl möglich, dass in den von Heumann neulich beschriebenen Möhringslampen (1877 224
                              									411) dieser Uebelstand in bedeutendem Grade beseitigt wird; doch vermuthe ich, dass
                              									Veränderungen in der Construction des Oelbehälters selbst zu noch befriedigenden
                              									Resultaten führen würden.
                           Heumann macht einen Unterschied zwischen der Helligkeit
                              									und der Lichtmenge des von der Flamme ausgesendeten Lichtes. Die von ihm angegebenen
                              									Zahlen zeugen deutlich, dass die Helligkeit der Flamme des Möhringsöles zwar grösser
                              									ist, dagegen die Leuchtkraft (Lichtmenge) desselben gleich und sogar geringer als
                              									die des Kerosins. Zahlreiche von mir gemachte photometrische Messungen haben
                              									erwiesen, dass, während die Helligkeit mit dem Tieferrücken des Einkniffes zunimmt,
                              									die Leuchtkraft nur gering oder gar nicht wächst. Der Grund davon ist meiner Meinung
                              									nach in folgendem zu suchen. Bei einem vollkommnerem Zuströmen der erwärmten Luft
                              									kann die Menge der glühenden Kohlentheile in einer kurzen weissen Flamme, in Folge
                              									des rascheren Verbrennens der Kohle, geringer sein als in der langen rothen Flamme.
                              									Hierdurch wird zwar jeder Theil der weissen Flamme ein weit grelleres Licht
                              									ausstrahlen; da aber die Menge dieser Kohlentheile geringer ist, so muss auch die ganze Lichtmenge,
                              									welche von einer solchen Flamme ausgesendet wird, entweder gleich oder geringer sein
                              									als diejenige von einer rothen Flamme in der gewöhnlichen Kerosinlampe mit hohem
                              									Einkniffe. Nehmen wir in der That an, dass eine rothe Flamme 100 glühende Theile
                              									enthält, deren Helligkeit 0,1 Stearinkerze beträgt, dann wird die ganze von der
                              									Flamme entsendete Lichtmenge 10 Stearinkerzen gleich sein. Wenn wir andererseits
                              									zugeben, dass in der kurzen weissen Flamme derselben Lampe sich nur 50 glühende
                              									Kohlentheilchen befinden, deren Helligkeit 0,2 ist, so wird die Leuchtkraft einer
                              									solchen Flamme auch gleich 10 Stearinkerzen sein. Wenn aber die Helligkeit sich
                              									nicht im Verhältniss zur Abnahme der Menge der Kohlentheile ändern sollte, sondern
                              									in geringerem Masse, wie es in der Wirklichkeit der Fall ist, so wird trotz der
                              									zunehmenden Helligkeit der Flamme die ganze ausgesendete Lichtmenge dennoch geringer
                              									sein. Auf diese Weise werden dieselben 50 Kohlentheile bei der Leuchtkraft von 0,17
                              									Kerzen nur 8,5 Stearinkerzen gleiches Licht geben. Ausserdem scheint es mir
                              									wahrscheinlich, dass die Dicke des leuchtenden Mantels bei der weissen kurzen und
                              									bei der rothen langen Flamme einer und derselben Lampe nicht gleich ist, und muss im
                              									Fall der Richtigkeit dieser Voraussetzung die Menge des dabei verloren gehenden
                              									Lichtes in Folge der innern Absorption auch verschieden sein. Heumann citirt in seiner Abhandlung über das Leuchten
                              									der Flamme Thatsachen, welche beweisen, dass das Licht theilweise durch die Flamme
                              									selbst absorpirt wird; daher je dicker der leuchtende Mantel ist, desto bedeutender
                              									die Absorption werden muss.
                           Was die von Heumann beschriebenen Möhringslampen
                              									betrifft, so vermuthe ich, obgleich ich dieselben noch nicht zu sehen Gelegenheit
                              									hatte, dass deren Construction den früheren Kerosinlampen von Kumberg zu Petersburg ähnlich ist. Der Cylinder hat
                              									conische Form ohne Einkniff, dessen Stelle durch eine Metallkappe mit Ausschnitten
                              									über dem Docht vertreten wird. Voriges Jahr erhielt ich durch Stange zu Petersburg eine gleiche Kerosinlampe mit
                              									Nickelkappe von ausserordentlich feiner französsischer Arbeit. Meiner Meinung nach
                              									müssen sich die Lampen mit Kappen zum Brennen des Kerosins unpraktisch erweisen,
                              									weil die Einfassung eines solchen Brenners sich allzu sehr erwärmt, was bei
                              									schlechter Beschaffenheit des Leuchtmaterials eine Explosion zur Folge haben kann.
                              									Bei Verwendung schwerer Oele ist dieser Umstand von geringer Bedeutung.
                           Die Construction der Lampen mit Metallkappen gründet sich auf die Thatsache, dass der
                              									untere Theil der Flamme fast kein Licht ausstrahlt, der leuchtende Theil dagegen nur
                              									einige Millimeter unter dem Einkniff beginnt, wovon sich Jeder mittels eines
                              									Photometers überzeugen kann, wenn man die untere Hälfte der Flamme durch ein
                              									Schirmchen verdeckt. Damit aber das Möhringsöl, sowie auch schweres Kerosin in Lampen mit Metallkappen
                              									mit cylindrischem oder conischem Glas ohne Russ und mit weisser Flamme verbrennen,
                              									muss der Abstand zwischen der Oeffnung in der Kappe und dem obern Rande des Brenners
                              									nothwendig kleiner sein als der Abstand zwischen dem Brenner und dem Einkniffe des
                              									Glascylinders in gewöhnlichen Kerosinlampen, d.h. annähernd kleiner sein als 18mm, indem man sonst eine russende Flamme, sogar
                              									bei grösstmöglicher Höhe des Glascylinders bekommt.
                           Zum Schluss muss ich noch hinzufügen, dass bei meinen Versuchen mit dem Brennen
                              									schwerer Oele in Kerosinlampen mit Flachbrennern sich keine bemerkenswerthen
                              									Resultate ergeben haben. Auffällig erwies sich dabei nur der wesentliche Nutzen
                              									einer Vergrösserung der Höhe des Glascylinders.
                           October 1877.