| Titel: | Ueber dichte Stahlgüsse. | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 271 | 
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                        Ueber dichte Stahlgüsse.
                        Gautier, über dichte Stahlgüsse.
                        
                     
                        
                           In einem Vortrage bei der Versammlung des Iron and
                                    											Steel Institute begann Ferd. Gautier mit
                              									Bemerkungen über das gewöhnliche Vorkommen von Blasenräumen in Stahlgüssen, betreffs
                              									welcher H. Bessemer zuerst die Ansicht ausgesprochen
                              									hat, dass in denselben Kohlenoxydgas enthalten sei, was in der Folge vollständig
                              									bestätigt wurde.
                           Durch das Bearbeiten des Gussblockes mittels Hämmern oder Walzen verschwinden diese
                              									Blasenräume, insofern sie nicht mit der äusseren Luft in Berührung gekommen sind; es
                              									ist jedoch noch unentschieden, ob hierbei das Kohlenoxydgas wieder von der
                              									Stahlmasse aufgenommen und die Vereinigung zu einer dichten Masse eine vollkommene
                              									wird, oder ob die Trennungsflächen nur für das Auge unkennbar gemacht worden sind.
                              									Jene Blasenräume dagegen, welche mit der Aussenfläche (der äusseren Luft) in
                              									Verbindung stehen, werden oxydirt, deren Flächen mit Eisenoxydul überzogen und
                              									dadurch eine vollkommene Schweissung der Stahlmasse verhindert, in Folge dessen an
                              									der Oberfläche der ausgereckten Stahlstäbe dunkle, oft 2mm tiefe Streifen erscheinen. Diesen Uebelstand zu beseitigen, müssen die
                              									Stahlstäbe zu einer höheren Temperatur erhitzt, mit Quarzsand bedeckt und sofort
                              									wieder gehämmert werden, wobei der Sand mit dem Eisenoxydul ein leichtflüssiges
                              									Silicat bildet, welches durch die Hammerschläge ausgepresst wird.
                           In der Regel wird der Stahl bei dem Giesen um so besser fliessen und desto weniger
                              									Neigung zur Bildung von Blasenräumen besitzen, je mehr Kohlenstoff er enthält. Unter
                              									Bezugnahme auf die bekannten Krupp'schen
                              									Gussstahlblöcke von 2 bis 52t Gewicht auf den
                              									Ausstellungen von 1851 bis 1873 ist zu bemerken, dass die Fabrikation dieser grossen
                              									Gussstücke ohne Blasenräume als Geheimniss streng gewahrt wurde, dass jedoch die
                              									Besitzer der Stahlwerke von Terre-Noire diese Fabrikation studirten und schon vor 6
                              									Jahren die dabei zu befolgende Lehre herausfanden, welche sich seither durch ihre
                              									erzielten Verbesserungen als richtig erwiesen hat. Demnach scheint es erprobt zu
                              									sein, dass zu Essen und zu Bochum die dichten Stahlblöcke dadurch erzeugt werden, dass knapp vor
                              									dem Gusse eine gewisse Menge eines sehr siliciumreichen Roheisens hinzugegeben wird;
                              									bei der Annahme, dass die Blasenräume mit Kohlenoxyd erfüllt sind, tritt bei Zusatz
                              									von Silicium die Reaction ein: 2 CO + Si = SiO2 + 2
                              									C. Der abgeschiedene Kohlenstoff wird von dem Stahl aufgenommen, während die
                              									gebildete Kieselsäure, wenigstens theilweise, als Silicate bei der Bearbeitung
                              									entfernt wird. Zur Bestätigung der Richtigkeit dieser Auffassung führt Gautier diesbezüglich eigens durchgeführte Proben
                              									an.
                           Die in solcher Art und Weise erzeugten dichten Stahlgüsse sind jedoch nicht immer von
                              									der besten Qualität, weil: 1) der Stahl sehr kohlenreich ausfällt, da von dem
                              									zuletzt hinzugegebenen Roheisen eine grössere Menge genommen werden muss, damit
                              									sicher hinreichend Silicium in die ganze Masse gebracht wird; 2) ungeachtet die
                              									gebildete Kieselsäure gewöhnlich mit Eisenoxydul ein Silicat bildet, dieses letztere
                              									doch in der Regel zu wenig flüssig ist, um vollkommen abgeschieden zu werden, und 3)
                              									in dem Endproducte nebst dem bedeutenden Gehalt an Kohlenstoff eine ansehnliche
                              									Menge von Silicium zurückbleibt, wodurch die Qualität leidet.
                           Der Einfluss des Siliciums im Roheisen, wie im Stahl, ist lange Zeit sehr fraglich
                              									geblieben und selbst gegenwärtig immer noch nicht ganz klar gestellt. Karsten hat zuerst behauptet, dass Silicium im Eisen
                              									Faulbruch und ein erdartiges Aussehen der Bruchfläche bewirke; allein Prof. Mrazek hat gezeigt, dass dieser Einfluss nicht dem
                              									Silicium, sondern dem eingemengten Silicate zuzuschreiben ist, indem reines Silicium
                              									bis zu einer gewissen Menge auf reines Eisen nicht schädlich einwirkt. Obgleich nun
                              									ein gewisser Gehalt an Silicium im weichen Eisen unschädlich ist, so gestaltet sich
                              									dessen Einfluss in ähnlicher Weise, wie bei dem Phosphor, ganz anders bei
                              									gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlenstoff, in welchem Falle das Silicium, im
                              									heissen wie im kalten Zustande, Brüchigkeit verursacht (vgl. Gautier 1876 222 48). Soll demnach zur sicheren
                              									Erlangung blasenfreier Stahlgüsse ein nicht ganz unbedeutender Siliciumgehalt
                              									zulässig sein, so ist es für ein gutes Product nothwendig, dass der
                              									Kohlenstoffgehalt desselben nicht zu bedeutend wird.
                           Auf den Stahlwerken zu Terre-Noire wird die Darstellung blasenfreien Stahles durch
                              									Benutzung eigens und zwar im Hohofen dargestellter Silicide von Mangan und von
                              										EisenPourcel, Hohofenbetriebsführer zu Terre-Noire,
                                    											hat jüngst in der Société de l'industrie
                                       												minérale zu St. Etienne, unter Vorlegung einer Probe von 81proc.
                                    											Ferromangan, Mittheilungen über die Darstellung dieses Metalles gemacht,
                                    											denen wir Folgendes entnehmen.Der Hohofen, welcher diese Legirung erzeugt, lieferte vorher Bessemereisen,
                                    											bei einer Tagesproduction von 42t und
                                    											einem Kokesverbrauch von 0t,95 auf 1t Roheisen; die Koke hatte einen
                                    											Aschengehalt von 15 Proc., die Gebläseluft war bis auf 750° erhitzt.Am 20. August lieferte dieser Ofen bei 715° mittlerer Windtemperatur 72 bis
                                    											74proc. Ferromangan, aus theils kieseligen, theils kalkigen Erzen, mit einem
                                    											Mangangehalt von 36 bis 40 Proc. Die Tagesproduction betrug dabei 11 bis
                                    												12t. Von dem Mangangehalt der Erze
                                    											wurden mindestens 65 Proc. ins Eisen getrieben, bei einem Kokesverbrauch von
                                    												2t,75 für 1t des erzeugten Metalles. Vom 20. August
                                    											Abends 6 Uhr ab bis zum darauffolgenden Tag Nachmittags 2 Uhr wurden 30
                                    											Gichten gemacht, welche 81proc. Ferromangan liefern sollten. Die chemische
                                    											Formel desselben ist Mn8FeC3. Es gingen nur 60 Proc. vom Mangan ins
                                    											Eisen, und der Brennmaterialverbrauch stieg auf 3t für 1t
                                    											Metall.In der Betriebsführung des Ofens war übrigens nichts geändert worden.
                                    											Temperatur und Windpressung blieben dieselben. Der Abstich vom 21. August
                                    											Abends 10 Uhr lieferte 77proc., derjenige vom darauffolgenden Morgen 6 Uhr
                                    											79proc. und der vom 22. August Nachmittags 2 Uhr 3t,8 81proc. Ferromangan. Die
                                    											darauffolgenden Abstiche nahmen rasch an Mangangehalt ab, bis zu 74 Proc.
                                    											Die 81proc. Legirung scheint viel feuerbeständiger zu sein als die 74proc.
                                    											Es ist ein grosser Wärmenberschuss nothwendig, um zu verhindern, dass
                                    											dieselbe auf dem Boden des Gestelles erstarrt. Zur Production von 10 bis
                                    												11t dieser Mischung in 24 Stunden und
                                    											bei einer Nutzbarmachung von 65 bis 70 Proc. des Mangans waren auf 1t Metall mindestens 3t,3 Kokes erforderlich.Die Schlacke sowohl des 74- als des 81proc. Ferromangans besitzt ganz gleiche
                                    											Zusammensetzung. Sie fliesst leicht aus dem Ofen, hat eine hellgrüne Farbe
                                    											und steinigen Bruch. Es ist vollständig unmöglich, sie an der freien Luft
                                    											zum Schmelzen zu bringen.Das 81proc. Ferromangan zeigte folgende Zusammensetzung:Mangan81,242Eisen12,000Kohlenstoff6,600Silicium0,093Phosphor0,300––––––––100,235.Für die Pariser Ausstellung 1878 haben die Usines de
                                       												hauts fourneaux de Marseille ein Metall angekündigt, welches das
                                    											manganreichste aller bisher erzeugten Hohofenproducte sein wird und
                                    											folgendermassen zusammengesetzt ist:Eisen8,55Mangan84,96Kohlenstoff5,70Silicium0,66Schwefel0,035Phosphor0,005–––––––99,910. bewirkt, welche dem Endproducte merkwürdige Eigenschaften
                              									ertheilen. Das Silicium verhindert die Blasenbildung durch die Zerlegung des aufgelösten
                              									Kohlenoxydes und ist vor der Erstarrung bestrebt, zu entweichen. Das Mangan reducirt
                              									das Eisenoxydul und verhindert eine weitere Gaserzeugung durch neuerliches Einwirken
                              									des Eisenoxyduls auf den Kohlenstoff. Die gebildete Kieselsäure verbindet sich nicht
                              									allein mit etwas Eisenoxydul, sondern zugleich sehr rasch mit dem gebildeten
                              									Manganoxydul welches zweifache Silicat leicht- und dünnflüssiger ist als das
                              									Eisensilicat, daher sich vollkommen aus der Metallmasse ausscheidet.
                           Von mehr als 500 Chargen wurden in Terre-Noire die Stahlblöcke ohne Blasenräume, vor und nach
                              									vollbrachtem Ausglühen, auf ihre Festigkeit untersucht und u.a. folgende Resultate
                              									gefunden:
                           
                              
                                 Proben
                                 Der rohe Block, wie er ausder Gussform
                                    											kommt
                                 Der Block nach dem Wieder-erwarmen und
                                    											langsamenErkalten
                                 
                              
                                 Elasticitäts-grenze
                                 Bruchbe-lastung
                                 Verlänge-rung
                                 Elasticitäts-grenze
                                 Bruchbe-lastung
                                 Verlänge-rung
                                 
                              
                                 k auf 1qmm
                                 Proc.
                                 k auf 1qmm
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 Nr.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 HarterStahlfür Ge-schosse
                                 9489661355150217371872
                                 333135383335
                                 646153525561
                                   1,7  2,0  2,0  1,0  1,7  1,5
                                 393537433840
                                 828081909388
                                     7,25  8,5  8,0  7,4  7,0  3,4
                                 
                              
                                 StarkermilderStahl
                                 154515581563
                                 363432
                                 646966
                                   2,0  3,3  2,5
                                 384038
                                 828082
                                 12,214,017,5
                                 
                              
                                 SehrweicherStahl
                                 207820812149
                                 162021
                                 515452
                                 12,512,412,5
                                 253028
                                 545656
                                 28,525,624,3
                                 
                              
                           Die Verlängerung wurde an 102mm langen Probestäben
                              									gemessen.
                           Wie alle Metalle, so ist auch der Stahl, wenn er im krystallinischen Zustande sich
                              									befindet, sehr spröde; nach Gautier kann diese üble
                              									Eigenschaft desselben jedoch auf folgenden Wegen beseitigt werden.
                           1) Ganz einfach durch Wiedererhitzung zur Kirschrothwärme, wodurch ein Stahlblock mit
                              									grobem Bruch und geringer Festigkeit nach dem darauf folgenden, gewöhnlichen
                              									Erkalten alsogleich in ein feinkörniges festes Product umgewandelt erscheint.
                           2) Durch Aushämmern bei genügend hoher Temperatur verliert der Gussstahl seine
                              									krystallinische Textur, vorausgesetzt, dass diese Bearbeitung bis zum Eintreten
                              									eines gewissen, je nach der Stahlsorte verschiedenen Grades der Abkühlung
                              									fortgesetzt wird. Wenn dagegen mit dem Schmieden bei einer höheren Temperatur
                              									aufgehört und das Metall sich selbst überlassen wird, so kommt die krystallinische
                              									Textur und die damit verbundene geringe Festigkeit wieder zum Vorschein.
                           3) Auch eine möglichst schnelle Erkaltung des gegossenen Metalles beseitigt die
                              									krystallinische Textur, wie bei Panzerplatten aus Schweisseisen beobachtet worden
                              									ist.
                           Nach Gautier und ebenso nach Chernoff (von den Stahlwerken Aboukoff bei St. Petersburg) ist der
                              									unbearbeitete Gussstahl (vollkommen dichten Guss vorausgesetzt) weder weicher, noch
                              									schwächer, als der Stahl von derselben Textur, welche ihm durch Bearbeitung in einer
                              									angemessenen Temperatur ertheilt worden ist. Dies zu zeigen, hat Chernoff einen grobkristallinischen Gussstahlblock der Länge nach in vier
                              									Theile getheilt. Einer dieser Theile wurde direct auf der Drehbank zum Probestab
                              									umgestaltet; der zweite wurde zur hellen Rothhitze erwärmt und unter einem
                              									Dampfhammer geschmiedet, so lange der Stab noch ziemlich heiss war; der dritte
                              									hingegen wurde bis zu dem Grade erhitzt, bei welchem mit dem Aushämmern des zweiten
                              									Stabes aufgehört wurde, und sodann der freien Abkühlung überlassen. Die Bruchfläche
                              									des dritten Stabes zeigte ein feines Korn, ganz gleich mit dem geschmiedeten Stücke.
                              									Der zweite und dritte Stab wurden gleich dem ersten in die passende Gestalt für die
                              									Festigkeitsprobe gebracht und hierauf die Prüfung vorgenommen, welche ergab:
                           
                              
                                 
                                 Bruchbelastung
                                 Verlängerung
                                 
                              
                                 
                                 k auf 1qmm
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Nr. 1 Unveränderter Stahlstab
                                 61
                                  2,3
                                 
                              
                                 Nr. 2 Ueberschmiedeter Stahlstab
                                 72
                                  5,3
                                 
                              
                                 Nr. 3 Erwärmter und an der Luft gekühlter Stahlstab
                                 68
                                 16,6.
                                 
                              
                           Untersuchungen zu Terre-Noire erwiesen, dass die rohen Gussblöcke ein specifischesspesifisches Gewicht von 7,8 bis 7,9 haben, während der gewalzte Stahl nie über 7,81
                              									besitzt. Hieraus folgert Gautier, dass durch die
                              									Walzarbeit nicht allein die Textur, sondern auch das specifische Gewicht geändert,
                              									dass aber das Volum nicht vermindert, im Gegentheil, um etwas vermehrt werde; und
                              									weiters, dass mit dem grösseren specifischen Gewichte des rohen, dichten Gusses auch
                              									dessen Festigkeit sogar eine grössere sein dürfte, daher von einer mechanischen
                              									Pressung nach Whitworth (vgl. 1871 200 417) * 1877 225 423)
                              									Nichts zu hoffen sei, und jedenfalls das angestrebte Ziel, die grössere Festigkeit,
                              									nach dem Verfahren zu Terre-Noire auf einem viel einfacheren Wege erlangt werden
                              									kann. (In Manchester will man jedoch sehr gute Resultate erzielt haben.)
                           Nach Gautier haben sich die gegossenen Stahlgeschosse
                              									von Terre-Noire ganz vorzüglich bewährt; nachdem die Probe, welche ein auf
                              									Panzerplatten abgefeuertes Projectil zu bestehen hat, wenigstens ebenso streng ist
                              									als die der Kanone, so ist kaum zu zweifeln, dass in Zukunft die Gussstahlkanonen,
                              									so wie früher die gusseisernen, zweckmässiger in einem Stücke gegossen werden.
                              									Jedenfalls aber ist gewiss, dass hei den zusammengesetzten (beringten) Kanonen das
                              									nur 16k auf 1qmm
                              									Festigkeit entsprechende Gusseisen zweckmässig durch dichten Gussstahl von 52k auf 1qmm
                              									Festigkeit ersetzt werden kann.
                           In der an diesen Vortrag sich anschliessenden Besprechung ergriff
                              										A. L. Holley von New-York, welcher über 3 Wochen
                              									die in Siemens – Oefen durchgeführten Stahlprocesse zu Terre-Noire studirt hat und
                              									dem hierbei alle mögliche Erleichterung und Unterstützung zu Theil geworden ist, das
                              									Wort. Nachdem aufmerksam gemacht wurde, wie wichtig es ist, bei der Erzeugung des
                              									Stahles sowohl das richtige Verhältniss in der Anwesenheit jener Bestandtheile,
                              									welche sehr geneigt zur Aenderung sind, als auch die entsprechende Temperatur für
                              									die angestrebten Reactionen zu erhalten, stellt Holley
                              									folgende Bedingungen für
                              									Sicherung des Erfolges fest: 1) Dass der Sauerstoff während aller Stadien des
                              									Processes so viel als thunlich vom Metallbade abgehalten werden muss; 2) dass die
                              									Gegenwart von Mangan und Silicium im Ueberfluss erhalten werde, d.h. in grossen,
                              									jedoch bestimmten Verhältnissen, insbesondere gegen Ende des Processes, und 3) dass
                              									der Kohlenstoff so viel als möglich abgehalten werden muss, weil sonst das Product
                              									brüchig wird.
                           Um diese Bedingungen zu erfüllen, wird das Metallbad, in welchem
                              									das geschmeidige Eisen aufgelöst werden soll, durch Einschmelzen von Spiegeleisen
                              									hergestellt, wodurch ein Theil des darin enthaltenen Mangans den Sauerstoff, der
                              									geneigt ist, in das Metallbad einzugehen, aufnimmt und ein anderer Theil sich mit
                              									jedem in dem Bade auf irgend eine Art gebildeten Eisenoxydate verbindet. Es spielt
                              									das Mangan hierbei also dieselbe Rolle wie bei dem gewöhnlichen Bessemerprocess.
                           Die Menge des anwesenden Mangans ist durch Beobachtung der
                              									Schlacke, nach Farbe und sonstigem Ansehen genau zu beurtheilen. Zu dem Ende wird
                              									ein Eisenstab in die Schlacke getaucht und die so erhaltene Schlackenschale löst
                              									sich im kalten Zustande vom Stabe. Bei Beobachtung der Bruchflächen, insbesondere in
                              									den Kanten dieser Schlackenschalen, zeigt sich eine mehr oder weniger dunkel
                              									olivengrüne Farbe, welche in dem Grade als die Farbe dunkler oder lichter ist, eine
                              									mehr oder weniger vorgeschrittene Oxydation des Bades anzeigt. So wie beim Bessemern
                              									nach dem englischen Verfahren wird auch bei diesem Stahlprocesse in Terre-Noire
                              									vorerst der ganze Kohlenstoff des Roheisens entfernt und dann erst wieder die
                              									nöthige Rückkohlung bewirkt, um den gewünschten Stahl zu erhalten. Mit dem
                              									Kohlenstoff wird zugleich aber auch das Mangan abgeschieden, bevor die schliessliche
                              									Charge von Ferromangan und Ferrosilicium eingetragen wird, für deren zu wählende
                              									Menge die Schlackenprobe einen verlässlichen Anhaltspunkt gibt, um zuletzt das
                              									richtige Verhältniss zu erlangen.
                           Ausser der Schlackenprobe werden auch Metallproben genommen,
                              									welche als Controle dienen, und in gewisser Beziehung einen noch mehr sicheren,
                              									directen Anhalt zur Beurtheilung der Beschaffenheit des Metallbades geben.
                           Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass das Bad zur Aufnahme des
                              									kieselreichen Roheisens und des Ferromangans bereit ist, wenn die Metallprobe
                              									denselben Grad der Weichheit zeigt, welcher bei dem gewöhnlichen
                              									Siemens-Martin-Processe den Zeitpunkt für das Nachtragen des Ferromangans angibt.
                              									Behufs der Metallprobe wird die ausgeschöpfte Probe in eisernen Formen zu runden
                              									Kuchen gegossen und diese sogleich unter einem kleinen Dampfhammer zu Scheiben
                              									ausgedehnt, wobei die dabei entstehende Menge und Grösse der Kantenrisse die beste
                              									heisse Probe gewähren, sowie nach darauf erfolgter Abkühlung die Biegungsprobe und
                              									dessen etwaiger Bruch einen sicheren Anhalt zur Beurtheilung der Qualität
                              									abgeben.
                           Es sind bei der Probe also drei Punkte zu berücksichtigen: die
                              									Farbe der Schlacke, die Weichheit der Metallprobe und die Flüssigkeit des Bades.
                              									Sollte das Bad flüssig und das Metall weich werden, bevor die beabsichtigte Menge an
                              									geschmeidigem Eisen eingetragen ist, so muss mehr Spiegel eisen nachgetragen werden.
                              									Sollte sich zufällig ergeben, dass das Bad überoxydirt sich zeigt, bevor es zum
                              									Eintragen des siliciumreichen Roheisens bereit ist, so muss dieser leicht zu
                              									ermittelnde Uebelstand durch Beigabe von etwas Ferromangan beseitigt werden; und
                              									sollte die Temperatur der Charge zu niedrig sein, so kann diese durch Veränderung in
                              									der Menge des Ferromangans, welches mit dem siliciumreichen Roheisen eingetragen
                              									wird, erhöht werden. In dieser Art und Weise ist es möglich, sich von der
                              									Beschaffenheit des Metallbades in jedem Stadium des Processes zu überzeugen, jede
                              									Abweichung von dem erforderlichen Zustande zu beheben und schliesslich das
                              									gewünschte Ergebniss mit Sicherheit zu erreichen.
                           Holley anerkennt das grosse
                              									Verdienst, welches sich die Werksleiter in Terre-Noire um die Stahlfabrikation
                              									dadurch erworben haben, dass sie die Wirkung des Mangans und des Siliciums hierbei
                              									von blosen Vermuthungen auf wissenschaftlicher Basis begründeten.
                           
                           Auch Snelus drückte den Werken in
                              									Terre-Noire seine volle Anerkennung aus und gesteht insbesondere, dass er sehr
                              									überrascht war, in einem sogestaltet producirten, sehr weichen Stahl von grosser
                              									Festigkeit einen bedeutenden Siliciumgehalt zu finden, bis er darauf gekommen ist,
                              									was Gautier erklärte, dass die Gegenwart von Silicium
                              									ohne Kohlenstoff ein Flusseisen von grosser Zähigkeit und grosser absoluter
                              									Festigkeit gibt, wogegen ein Stahl, der Kohlenstoff und Silicium enthält, brüchig
                              									und schlecht ist. Schliesslich erklärt Snelus, dass der
                              									besprochene Vorgang ebenso gut bei dem Bessemer-, wie bei dem Siemens-Martin-Process
                              									in Anwendung gebracht werden kann.
                           Auffallend ist jedoch, dass der sehr wichtige Umstand, welchen Gautier hervorgehoben hat, dass nämlich dem dichten
                              									Stahlgusse durch bloses Wiedererhitzen zur hellen Rothwärme und darauf folgendes
                              									langsames Erkalten an der Luft die Textur und grosse Festigkeit des geschmiedeten,
                              									gewalzten oder gepressten Stahles ertheilt werden könne, in der Versammlung von
                              									keiner Seite bestätigt wurde.Zur Prüfung dieser
                                    											Angabe wurden nach P. v. Tunner (Zeischrift des berg- und hüttenmännischen Vereines
                                       												für Steiermark und Karnten, 1877 S. 353) Versuche mit Inneberger
                                    											Manganstahl Nr. 4 angestellt, welche ergaben, dass das Wiedererhitzen des
                                    											rohen Stahlgusses und die darauf folgende langsame Erkaltung die Festigkeit
                                    											und Dehnbarkeit wesentlich erhöht, aber nicht jenen Grad erreicht, welcher
                                    											durch ein entsprechendes Hämmern, Walzen oder Pressen des wiedererhitzten
                                    											Stahlgusses mit Sicherheit erlangt wird. (Nach dem Journal of the Iron and Steel Institute, 1877 S. 41
                              									und der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                       												Hüttenwesen, 1877 S. 260.)