| Titel: | Der Swoszowicer Schwefel und Schwefelkohlenstoff; von Arnulf Nawratil, technischer Chemiker. | 
| Autor: | Arnulf Nawratil | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 289 | 
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                        Der Swoszowicer Schwefel und Schwefelkohlenstoff;
                           								von Arnulf Nawratil, technischer
                           								Chemiker.
                        Nawratil, über das Swoszowicer Schwefelvorkommen.
                        
                     
                        
                           Bei Swoszowice (einem Dorfe bei Krakau) findet sich Schwefel eingelagert mit Gyps im
                              									Kalkmergel des Steinsalzgebirges der Molassegruppe; man trifft sehr oft auf Abdrücke
                              									von Blättern und Baumstücken, manchmal auch auf Meermuscheln. Es wird auch
                              									behauptet, dass der Swoszowicer Schwefel sein Vorkommen eben diesen organischen
                              									Körpern verdanke; dieselben reducirten bei sehr beschränktem Luftzutritt den Gyps,
                              									das entstandene Schwefelcalcium wurde durch die gebildete Kohlensäure in
                              									kohlensauren Kalk und Schwefelwasserstoff zerlegt und aus letzterem durch den
                              									Sauerstoff der Luft Schwefel ausgeschieden, welcher in vielen Jahrhunderten die
                              									heutigen Schwefellager gebildet hat. Auf gleiche Weise sollen die Schwefellager in
                              									Czarkowa an der Nida, in Piotrkowice bei Proszowice, in Radoboj in Croatien, in
                              									Girgenti in Sicilien u.s.w. entstanden sein.Schwarzenberg bestreitet diese Hypothese in
                                    											Beziehung auf die sicilianischen Ablagerungen, da die physikalische
                                    											Beschaffenheit des Schwefels dieser Lager ganz abweichend ist von jener
                                    											Beschaffenheit des aus Schwefelwasserstoff abgelagerten Schwefels. Er nimmt
                                    											an, dass dieser Schwefel viel wahrscheinlicher durch Hitze aus
                                    											Schwefelmetallen, welche in vielen Gesteinsgruppen vorkommen, ausgetrieben
                                    											wurde.
                           Der mit Schwefel vermengte Mergel bildet in Swoszowice, so weit es bis heute
                              									untersucht wurde, zwei über einander liegende Flötze, von denen das obere aus zwei
                              									dünnen Schichten besteht und 1m,58 mächtig ist,
                              									das untere 2m,84. Diese Flötze, welche von
                              									einander durch eine starke Schicht Fasergyps getrennt wird, laufen wellenförmig über einander und sind
                              									sehr oft durch eine schwefellose Mergelschicht unterbrochen; die Mächtigkeit der
                              									schwefligen Flötze ist jedoch nicht überall gleich, an manchen Stellen beträgt sie
                              									kaum einige Centimeter. Die Mächtigkeit der wellenförmig laufenden Schichten sammt
                              									der Fasergypseinlagerung beträgt bis 25m und die
                              									Ausdehnung der schwefelhaltigen Schichten, nach den ausgeführten Bohrungen, von Nord
                              									gegen Süd bis 7000m, von Ost gegen West 3000m. Die grösste Tiefe der Grube beträgt in dem
                              									Rudolfschachte 60m.
                           Das Swoszowicer Gestein, welches 14,5 Proc. Schwefel liefert, wird in ziemlich
                              									grossen Klumpen, ähnlich wie das Steinsalz in Wieliczka, mittels Dampfmaschinen aus
                              									der Grube heraufgezogen, in prismatische Haufen zusammengelegt und an der Luft
                              									getrocknet; die trockenen Klumpen werden dann zerschlagen, wobei kleine Abfälle,
                              									welche man dort „mial“ (Schwefelklein) nennt,
                              									zurückbleiben; aus diesem Klein wird der Schwefel abgesondert gewonnen.
                           Bis zum J. 1875 standen in Swoszowice zur Ausschmelzung des Schwefels folgende
                              									Apparate in Verwendung: In einem grossen Galeerenofen waren 27 eiserne Cylinder
                              									angebracht (in drei Reihen von je 9 Stück über einander). Jeder Cylinder wurde mit
                              									70 bis 73k des schwefelhaltigen Gesteins
                              									beschickt; in je 12 Stunden wurde die unterste, zunächst des Feuerherdes befindliche
                              									Cylinderreihe 4 Mal, die mittlere 3 Mal und die oberste Reihe nur 2 Mal beschickt;
                              									in Zeit von 12 Stunden hatte man also in 81 Cylindern 5792k schwefelhaltiges Gestein verarbeitet und erhielt
                              									daraus 784 bis 840k Rohschwefel. Dieses Verfahren
                              									war sehr ungünstig und kostspielig: man verbrauchte dazu viel Brennmaterial, die dem
                              									directen Feuer ausgesetzten eisernen Cylinder gingen durch Bildung von Schwefeleisen
                              									schnell zu Grunde, die Arbeit ging langsam von statten und die Arbeiter hatten viel
                              									durch Einathmen von schwefliger Säure zu leiden. Diese Schwefelgewinnungsmethode war
                              									unter dem Namen „Swoszowicer Methode“ bekannt.
                           Der jetzige Vorsteher des dortigen Werkes, Stanislaus
                                 										Mrowec, hat nach Besichtigung der ausländischen Musterwerke die alte
                              									Swoszowicer Methode verworfen; heute, wo die neuen Apparate erst 1 Jahr im Betriebe
                              									sind, arbeitet man viel billiger, schneller und bequemer als früher.
                           Die Aufbereitung des schwefelhaltigen Gesteins blieb unverändert, nur die Gewinnung
                              									des Schwefels wird anders betrieben, und zwar werden die grösseren Klumpen direct
                              									mittels Wasserdampf ausgesaigert, das Schwefelklein aber wird mittels
                              									Schwefelkohlenstoff ausgezogen.
                           Die Aussaigerung erfolgt mittels überhitzten Dampfes, welche Methode Schaffner seit vielen Jahren zur Aussaigerung des aus
                              									den Sodarückständen regenerirten Schwefels verwendet. E. und P. Thomas saigern schon seit vielen
                              									Jahren auf diese Weise den Schwefel aus, jedoch sind ihre Apparate von den Mrowec'schen verschieden.
                           
                           Der Swoszowicer Apparat besteht aus zwei in einander gesteckten, vertical stehenden
                              									Cylindern, die mit einander fest verbunden sind. Der äussere Cylinder besteht aus
                              									ziemlich starken, zusammengenieteten Eisenplatten. Der Mantel des innern Cylinders
                              									ist mit kleinen Oeffnungen versehen, welche schräg unter einem Winkel von 30° zur
                              									Achse geneigt sind. Das untere Ende des innern Cylinders ist offen und mit einem
                              									Gitter versehen, auf dem sich ein eisernes Drahtnetz befindet, auf welches
                              									Weidenäste gelegt werden. Durch die Mitte längs des innern Cylinders geht eine
                              									eiserne Röhre hindurch, welche wieder mit schrägen Oeffnungen, ähnlich wie der
                              									innere Cylindermantel, versehen ist. Diese Röhre steht oben mit einer
                              									Dampfleitungsröhre in Verbindung. Unter den Cylindern befindet sich eine
                              									gusseiserne, doppelwandige, umgestürzte Glocke, welche mittels Schrauben und
                              									Flanschen fest und hermetisch an die beschriebenen Cylinder angepasst wird. Der so
                              									zusammengestellte Apparat ist in einem Gebälke passend gelagert.
                           Der Apparat wird mit dem schwefelhaltigen Gestein von oben beschickt, dann der Deckel
                              									mittels Schrauben verschlossen und endlich der überhitzte Wasserdampf (140 bis 150°)
                              									zugeführt. Dieser geht durch die Oeffnungen der Röhre in den innern Cylinder,
                              									streicht durch das schwefelhaltige Gestein und saigert den Schwefel aus, der durch
                              									das Sieb filtrirt und in die innere heisse Glocke fliesst, von wo er mittels eines
                              									Hahnes in eiserne Gefässe abgelassen wird. Der Wasserdampf streicht durch die
                              									Oeffnungen des innern Cylinders, circulirt zwischen dem äussern und innern Cylinder
                              									und fliesst nach der Condensirung zwischen die äussere und innere Glocke, von wo er
                              									ins Freie abgeleitet wird.
                           Der ganze Apparat ist 3m,025 hoch, der Durchmesser
                              									des innern Cylinders beträgt 1m,300, des äussern
                              									aber 1m,320. In diesem Apparate werden in 3½
                              									Stunden aus 4000k Gestein bis 580k Schwefel ausgeschmolzen. Nach der Ausschmelzung
                              									wird der Apparat, ohne dass man die Glocke abnimmt, so geneigt, dass man das vom
                              									Schwefel schon befreite Gestein herauskrücken kann. Wenn man bei diesem Verfahren
                              									auf jede Beschickung und Auskrückung des Apparates 1 Stunde rechnet, so kann man
                              									innerhalb 24 Stunden aus 21333k Gestein 3100k Schwefel ausschmelzen.
                           Der so erhaltene Schwefel ist nicht rein und zeigt eine schmutzig gelbe Farbe. Man
                              									reinigt ihn durch Destillation. Hierzu bedient man sich in Swoszowice eines sehr
                              									einfachen Apparates, bestehend aus einer Reihe eiserner Röhren, welche in einem Ofen
                              									eingemauert sind. Jede Röhre steht in Verbindung mit einem Rohre, welches die Rolle
                              									eines Kühlers spielt, aus dem der abgekühlte Schwefel als eine dicke, dunkelbraune
                              									Flüssigkeit in untergestellte Blechgefässe herunterfliesst, um schliesslich
                              									ausgeschöpft und in feuchte hölzerne Formen eingegossen zu werden. Auf diese Weise
                              									bekommt man den Schwefel in Gestalt von Stangen oder Kuchen. Hoffentlich wird auch
                              									dieser Destillirapparat bald durch einen andern ersetzt, wie man auch zum Formen des
                              									Schwefels wohl die Vorrichtung von L. Reis, welche die
                              									Fabrik Hoch und Reis in Dam bei Antwerpen mit grossem
                              									Erfolge benutztVgl. A. Bauer: Bericht über die chemische
                                       												Grossindustrie auf der Wiener Weltausstellung 1873 (Wien 1874), S.
                                    											2., in Anwendung bringen dürfte.
                           Die kleinen Abfälle, das sogen. Schwefelklein, welche beim Zerschlagen der grossen
                              									Klumpen zurückbleiben, sammeln sich in grossen Massen an und bilden das
                              									schwefelreichste Gestein; dasselbe kann in dem oben beschriebenen Apparate nicht
                              									ausgeschmolzen werden, da der Wasserdampf beim Condensiren aus dem Klein eine
                              									teigige Masse bilden oder ein Zusammenballen zu grösseren dichten Klumpen
                              									veranlassen und dadurch die Circulation des Wasserdampfes hindern, sowie die
                              									Oeffnungen der dampfführenden Röhre und des innern Cylinders verstopfen würde. Um
                              									diesem Uebelstande vorzubeugen, zieht Mrowec nach H. C Bollmann's Vorgang den Schwefel aus diesem
                              									Schwefelklein mittels Schwefelkohlenstoff aus. Zu diesem Behufe wendet er einen sehr
                              									einfachen Apparat an, der jenem zum Extrahiren der Oele aus dem Oelsamen ähnlich
                              									ist.
                           Dieser Apparat besteht aus einem doppelwandigen eisernen Cylinder – einem
                              									Blechbehälter, welcher den schon mit Schwefel gesättigten Schwefelkohlenstoff
                              									aufnimmt – aus einer eisernen Retorte, eisernen Kühlschlangen, die 150m lang sind und in welchen der
                              									Schwefelkohlenstoffdampf condensirt wird, endlich aus zwei Behältern, in welche der
                              									condensirte Schwefelkohlenstoff hineinfliesst.
                           Der Cylinder wird von oben mit dem Schwefelklein beschickt, sodann mit
                              									Schwefelkohlenstoff gefüllt und mittels eines Deckels luftdicht verschlossen. Nach 2
                              									Stunden, sobald der Schwefelkohlenstoff mit Schwefel gesättigt ist, wird derselbe
                              									durch eine am Boden angebrachte Röhre in den Blechbehälter herausgelassen und kommt
                              									von da in die Retorte. Dieselbe besteht aus zwei in einander steckenden weiten
                              									Röhren, zwischen welchen Wasserdampf circulirt. Der Schwefelkohlenstoff wird
                              									verdampft, in der langen Kühlschlange condensirt und dem grösseren Reservoir
                              									zugeleitet. Der in der Retorte zurückbleibende krystallinische Schwefel setzt sich
                              									am Boden des innern Rohres ab.
                           Der Extractionscylinder fasst 3250k Schwefelklein,
                              									zu dem 1500k Schwefelkohlenstoff gegossen werden.
                              									Eine Beschickung wird mit demselben Schwefelkohlenstoff 3 Mal ausgezogen, wobei man
                              									400 bis 500k Schwefel bekommt. Nach dem ersten
                              									Ausziehen bleibt in der Retorte die stärkste Schicht Schwefel, nach der dritten
                              									schon eine ganz dünne. Das weitere Ausziehen der Beschickung, welches schon sehr schwefelarm ist,
                              									lohnt sich nicht mehr, da die Gewinnungskosten seinen Werth übersteigen.
                           Das Abtreiben des Schwefelkohlenstoffes vom Schwefel dauert jedesmal 3¼ Stunden. Nach
                              									3maligem Ausziehen einer und derselben Schwefelkleinbeschickung verliert man
                              									verhältnissmässig wenig Schwefelkohlenstoff, nur 1,66 Proc; die Apparate sind so
                              									luftdicht und so gut angebracht, dass der verlorene Schwefelkohlenstoff die Luft im
                              									Fabriksraume nicht verunreinigt, sondern nach aussen entweicht. Nach 3maligem
                              									Ausziehen leitet man in den Extractionscylinder überhitzten Dampf direct durch eine
                              									Röhre zu, welche durch die Mitte desselben aufsteigt, und indirect zwischen den
                              									inneren und äusseren Mantel, um das vom Schwefel schon befreite, jedoch bei den
                              									früher besprochenen Operationen noch mit Schwefelkohlenstoff getränkte Gestein von
                              									demselben zu befreien. Schwefelkohlenstoffdampf und Wasserdampf streichen durch die
                              									Kühlschlangen, werden verdichtet unduud fliessen in den zweiten kleineren Behälter. Dieses Einleiten des
                              									Wasserdampfes dauert 3 Stunden.
                           Das von Schwefelkohlenstoff befreite Gestein wird aus dem Extractionscylinder durch
                              									eine an seinem Boden angebrachte Oeffnung herausgekrückt. Selbstverständlich muss
                              									diese Oeffnung während des Ausziehens luftdicht verschlossen sein.
                           Bei diesem Verfahren kann man innerhalb 72 Stunden den Extractionscylinder 4 Mal
                              									füllen und 600k Schwefel gewinnen. Der auf diese
                              									Weise erhaltene Schwefel ist krystallinisch, hat eine gelbe Farbe und ist ziemlich
                              									rein. Anfangs hat derselbe einen mit der Zeit verschwindenden bituminösen
                              									Geruch.
                           Mit den beiden beschriebenen Apparaten producirt das Swoszowicer Werk 1050 bis
                              										1087t Schwefel aus 7500t Gestein jährlich; doch könnte selbst die
                              									doppelte Menge dargestellt werden. Da der nach der letztern Methode erhaltene
                              									Schwefel reiner erhalten wird und man mit demselben viel günstigere Resultate
                              									erzielt, baut jetzt Mrowec drei solche
                              									Schwefelextractionsapparate, in welchen er die gesammte Schwefelerzmenge (= 7500t) auf Schwefel verarbeiten wird.
                           Da auch diese Schwefelmenge keinen oder nur einen geringen Absatz findet, so wird
                              									jetzt daraus Schwefelkohlenstoff dargestellt. Schwefelkohlenstoff (CS2) wurde i. J. 1776 von Lampadius in Freiburg entdeckt. Man erhält ihn bekanntlich, indem man
                              									Schwefeldampf durch glühende Kohle durchstreichen lässt. Nach Rud. v. Wagner bildet sich derselbe bei der trockenen
                              									Destillation von Kohle mit Schwefelmetallen, z.B. mit Schwefeleisen,
                              									Schwefelantimon, Zinkblende u.s.w. Nach der letztern Methode wird bis jetzt kein
                              									Schwefelkohlenstoff fabriksmässig dargestellt; jedoch bildet sich derselbe auf diese
                              									Weise bei der trockenen Destillation der Steinkohle und verunreinigt das
                              									Leuchtgas.
                           
                           Die Apparate, welche allgemein zur Darstellung des Schwefelkohlenstoffes in
                              									Verwendung stehen, sind alle einander ähnlich; sie bestehen aus einer senkrecht in
                              									einen Ofen eingemauerten Retorte, welche oben mit einem Deckel und zwei Oeffnungen
                              									versehen ist. Durch die eine Oeffnung geht bis fast an den Boden der Retorte eine
                              									gerade, an beiden Enden offene Röhre. Die zweite Oeffnung ist mit einer
                              									Kühlvorrichtung verbunden, in welcher der in der Retorte sich bildende
                              									Schwefelkohlenstoffdampf verflüssigt wird. Nachdem die Retorte mit Holzkohle oder
                              									Kokes beschickt ist, wird dieselbe mit dem Deckel verschlossen und mit der
                              									Kühlvorrichtung in Verbindung gesetzt. Die unter der Retorte angebrachte Feuerung
                              									bringt die in der Retorte befindliche Kohle zum Glühen, und sobald dies erreicht
                              									ist, wirft man (durch die bis zum Boden der Retorte gehende Röhre) den Schwefel zu.
                              									Nach jeder Beschickung mit Schwefel wird die Röhre gasdicht verstopft. Der Schwefel
                              									verwandelt sich in Dampf und der sich bildende Schwefelkohlenstoffdampf geht in die
                              									Kühlvorrichtung, wo derselbe verdichtet wird.
                           In Swoszowice sind zwei Apparate thätig; der kleinere unterscheidet sich von dem
                              									früher beschriebenen dadurch, dass das Rohr, durch welches man den Schwefel in die
                              									Retorte wirft, anders angebracht ist; es ist nämlich die Einrichtung getroffen
                              									worden, dass vom Boden der Retorte nach aussen eine in die Höhe gebogene Röhre
                              									ausmündet, durch welche der Schwefel von Zeit zu Zeit zugeworfen wird. Nach
                              									jedesmaliger Beschickung wird diese Röhre mittels eines Pfropfens geschlossen.
                              									Dieser Apparat liefert in 24 Stunden 200k
                              									Schwefelkohlenstoff, wobei man auf 93k Kohle
                              										100k Schwefel verbraucht.
                           Der zweite neuere Apparat ist grösser als der eben beschriebene, in der Einrichtung
                              									aber derselbe jenem ähnlich; hier wird der Schwefel von oben beschickt. Die Retorte
                              									ist von innen und von aussen bis zu einer gewissen Höhe mit einem feuerfesten Thon
                              									bekleidet. Zwischen der Retorte und dem Kühlapparate befinden sich drei bodenlose
                              									eiserne Condensatoren, welche in einer eisernen Pfanne stehen und mit einander
                              									mittels Röhren, die vom obern Ende derselben ausgehen, verbunden sind. Sobald
                              									Schwefelkohlenstoff aus der Retorte durch eine 26cm breite Röhre herauskommt, verdichtet er sich grösstentheils schon in
                              									diesen drei Condensatoren und fliesst unter einer Wasserschicht zu Boden der Pfanne,
                              									in welcher diese Condensatoren auf einem Roste stehen. Der hier nicht condensirte
                              									Schwefelkohlenstoff streicht durch die Kühlschlangen, verflüssigt sich und fliesst
                              									in ein untergestelltes Gefäss. Dieser Apparat zeichnet sich noch dadurch aus, dass
                              									die 2m,25 tiefe Retorte elliptisch ist (die
                              									grössere Achse beträgt 1m,33, die kleinere 0m,95); dadurch soll ein rascheres Glühen der
                              									Kohlen in der Retorte erzielt werden. Man muss jedoch trachten, die Temperatur nicht
                              									zu hoch steigen zu lassen, da sonst die Retorte rasch zerstört würde.In Swoszowice zeigte sich, dass diese Retorte zu breit ist, weshalb die
                                    											grosse Menge Kohle ungleichförmig und nicht hinreichend glühend wird. Dies
                                    											ist auch der eigentliche Grund, warum man ziemlich grosse Verluste an
                                    											Schwefel bekommt. Es werden daher zwei neue Retorten von einem kleineren
                                    											Durchmesser aufgestellt. Der Apparat erzeugt in 24 Stunden 400k Schwefelkohlenstoff.
                           Die beiden Apparate erzeugen Schwefelkohlenstoff ohne Unterbrechung und werden mit
                              									Kohle nach je 12 Stunden, mit Schwefel nach je 8 bis 10 Minuten beschickt.
                           Die Retorten reinigt man in Swoszowice, bei Verwendung des nicht raffinirten
                              									Schwefels, jede 2 Wochen, bei Verwendung des meinen Schwefels jede 2 Monate. Diese
                              									Reinigung ist eine sehr mühsame Arbeit; sie nimmt viel Zeit in Anspruch, bedingt
                              									Verluste an Material, und die Arbeiter sind dabei der Hitze und den Dämpfen des
                              									brennenden Schwefelkohlenstoffes ausgesetzt.
                           Was die Dauerhaftigkeit der Retorten anbelangt, hat die Praxis in Swoszowice gezeigt,
                              									dass eine gut eingemauerte und mit feuerfesten Ziegeln ummauerte Retorte auf jede
                              									Gewichtseinheit des Eisens bis 10 Mal so viel Schwefelkohlenstoff erzeugen kann.
                           Schwefelwasserstoff, der sich bei der Darstellung des Schwefelkohlenstoffes bildet,
                              									verunreinigt die Luft in den Fabriksräumen. Die Arbeiter, die schon 2 Jahre in
                              									dieser Luft arbeiten, haben aber bis jetzt noch keine Gesundheitsstörungen
                              									erlitten.
                           Der in Swoszowice erhaltene Schwefelkohlenstoff ist unrein, enthalt 8 bis 10 Proc.
                              									und manchmal auch mehr aufgelösten Schwefel, ausserdem Schwefelwasserstoff und viele
                              									andere Körper, wahrscheinlich Verbindungen von Kohle, Schwefel, Sauerstoff und
                              									Wasserstoff, welche näher untersucht werden sollten. Eben diesen Körpern verdankt
                              									der Schwefelkohlenstoff seinen üblen Geruch; ein ganz reiner Schwefelkohlenstoff
                              									soll an Chloroform erinnern. Ohne Annahme solcher Körper wäre nach Braun
                              									A. W. Hof mann: Amtlicher Bericht über die
                                       												Weltausstellung in Wien 1873, Bd. 1 S. 270. die sehr
                              									bedeutende Gasentwicklung und der bis 25 Proc. steigende Verlust beim Destilliren
                              									des rohen Productes nicht zu erklären. In Swoszowice verliert man bei der
                              									Destillation nur 15 Proc., Dank der guten Condensation.
                           In Swoszowice reinigt man den Schwefelkohlenstoff durch einmaliges Destilliren; dabei
                              									erhält man ein farbloses Product, welches noch nicht ganz schwefelfrei ist und
                              									ausserdem noch immer einen unangenehmen Geruch besitzt. Diese Destillation wird in
                              									einem sehr einfachen Apparate ausgeführt, welcher jenen ähnlich ist, die man
                              									gewöhnlich zur Destillation des Wassers in den chemischen Laboratorien verwendet und
                              									sich von den letztern nur dadurch unterscheidet, dass die Destillirblase in einem
                              									Wasserbade erhitzt wird und die Kühlschlangen bedeutend länger sind.
                           Der so gereinigte Schwefelkohlenstoff kommt in den Handel in blechernen Gefässen.
                              									Eine solche Flasche enthält 50k
                              									Schwefelkohlenstoff.
                           Ein reines Product bekommt man nach Rud. v. Wagner durch
                              									Destillation des rohen Schwefelkohlenstoffes mit einer Chlorkalklösung. Nach Braun erhält man ein sehr reines Product, wenn man den
                              									Schwefelkohlenstoff einige Mal mit reinem Oel destillirt. Das Oel hält jedesmal die
                              									unangenehm riechenden Producte und den Schwefel zurück. Deiss
                              									Wagners Jahresbericht, 1861 S. 162.
                              									destillirt den Schwefelkohlenstoff mit Natriumhydrat, Chlorwasser und
                              									Chlorkalklösung. Nach Sidot
                              									Wagner's Jahresbericht, 1870 S. 171.
                              									bekommt man reines Product durch Schütteln des rectificirten Schwefelkohlenstoffes
                              									mit reinem Quecksilber. Cloëz
                              									Comptes rendus, 1869 Bd. 69 S. 1356.
                              									schüttelt CS2 mit 0,5 Proc. Sublimat und destillirt
                              									denselben dann mit 2 Proc. eines farblosen Fettes.
                           Bis zum J. 1850 wurde Schwefelkohlenstoff ausschliesslich zum Vulcanisiren des
                              									Kautschuks verwendet, jetzt verwendet man denselben ausserdem zu folgenden
                              									Zwecken:
                           Zum Extrahiren der Fette aus den
                                 										Samen. Diese Methode ist sehr günstig, namentlich dort, wo das Viehfutter
                              									billig ist und die Presslinge, die noch eine beträchtliche Menge Oel (sehr oft bis
                              									25 Proc.) enthalten, schwer verkauft werden können. Diese Oelgewinnung ist da
                              									ziemlich verbreitet.
                           Schwefelkohlenstoff dient zum Entfetten
                                 										der Wolle und das gewonnene Fett zur Seifenfabrikation. Die Apparate, welche hierzu dienen, sind beschrieben
                              									worden von: Deiss
                              									Wagners Jahresbericht, 1857 S. 108.,
                              										Deprat
                              									Moniteur scientifique, 1865 S. 298.,
                              										Löwenberg
                              									Wagners Jahresbericht, 1862 S. 519.,
                              										Braun
                              									A. W. Hofmann: Amtlicher Bericht über die Wiener
                                       												Weltausstellung 1873, Bd. 1 S. 272., Heyl
                              									Polytechnisches Centralblatt, 1864 S.
                                    										414.;
                              									Hädicke (1871 201 427), Fischer (1872 205 274), Payen (1863 170 290), H. Schwarz
                              									Offizieller Ausstellungsbericht: Die Fettwaaren
                                    											(Wien 1873), S. 3. u.a.Wagner's Jahresbericht, 1864 S. 489. 1865 S.
                                    											558.
                           Schwefelkohlenstoff wird ferner verwendet zum Entfetten der Knochen, aus welchen man Spodium erzeugt,
                              									zur Fabrikation löslicher Gewürze aus Pfeffer, Nelken,
                              									Knoblauch, Zwiebel u.s.w.Wagner's Jahresbericht, 1869 S. 175.
                                    										445. , zur Fabrikation des Ferrocyanhaliums nach Gelis' Methode, indem
                              									man den Schwefelkohlenstoff zuerst in Schwefelammonium überführtWagner's Jahresbericht, 1864 S. 254.;
                              									zum Reinigen des Paraffins nach Alcan's MethodeWagner's Jahresbericht, 1858 S. 127.;
                              									zum Betrieb der Dampfmaschinen (vgl. 1873 208 233); zum Reinigen des
                                 										amorphen Phosphors; zur Bereitung des phönicischen
                                 										Feuers, einer Lösung von Phosphor und Schwefelkohlenstoff, womit
                              									Brandgeschosse für gezogene Geschütze gefüllt werden.
                           F. Louis aus Paris erlangte in
                              									England ein Privilegium zur Bereitung der Zündhölzchen
                              									aus einer Lösung von Phosphor und Schwefelkohlenstoff.Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                                    											1872 S. 733. Zum Vertilgen der Phylloxera
                                 										rastatrix
                              									Die Verwaltung der Klosterneuburger Weingärten hat im J. 1876 aus Swoszowice
                                    												60000k und die Ungarn im selben Jahre
                                    											50000k Schwefelkohlenstoff bezogen. und zum Tödten der Ratten,
                              									des Kornwurmes, der Motten, sowie zur Bereitung des
                                 										xantkogensauren Kaliums (vgl. 1875 217 79) 430.
                              									1876 221 191. 222 190. 191.
                              									1877 224 558. 226 433) ist
                              									Schwefelkohlenstoff in Anwendung gebracht worden.
                           Eine Auflösung von Kautschuk in Schwefelkohlenstoff ist nach Bolley ein vortreffliches Deckmittel für Landkarten und Aufschriftkarten etc. Eine Auflösung von Wachs in Schwefelkohlenstoff
                              									dient zur Bereitung von Wachspapier und zum Bestreichen von Gypsmodellen. Schwefelkohlenstoff dient
                              									ferner noch zur Bereitung des Chlorkohlenstoffes CCl4.
                           Krakau, September 1877.