| Titel: | Japanesisches Porzellan; von C. W. Gümbel. | 
| Autor: | C. W. Gümbel | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 500 | 
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                        Japanesisches Porzellan; von C. W. Gümbel.
                        Gümbel, über japanesisches Porzellan.
                        
                     
                        
                           Bekannt ist Japan wegen seines Reichthums an dem für Töpferei brauchbaren, ganz
                              									vorzüglichen Rohmaterial, welches dasselbe in den Stand setzt, die mit Recht viel
                              									bewunderten Porzellangegenstände zu erzeugen. Den Mittelpunkt dieser
                              									Porzellanmanufactur bildet die Stadt Arita in der Provinz Hizen. In einem sehr
                              									kleinen Umkreis um diese Stadt finden sich alle nothwendigen Materialien in so
                              									vorzüglicher Güte, dass man sie einfach fein gepulvert und geschlämmt, ohne weitere
                              									Mischung, zu den feinsten Sorten, dem sogen. Eierschalen-Porzellan, verwenden kann.
                              									Anders verhält sich das Material aus den mittleren Theilen von Nippon, wo Granit
                              									vorherrscht, in den Provinzen Owari, Yamshiro und auf der Insel Awajishima, Hiago
                              									gegenüber, wo die Lagen aus einer der böhmischen ähnlichen Erde bestehen. Zur
                              									Herstellung von zu Porzellan dienender Masse vermengt man dasselbe mit
                              									Kieselsäurereicheren und feldspathigen, aus anderen Gegenden stammenden Erdarten.
                              									Merkwürdigerweise sind diese Materialien bis jetzt petrographisch noch nicht und
                              									chemisch kaum noch genauer untersucht.
                           Ich benutze diese Gelegenheit, einige Mittheilungen über ein Material aus der
                              									Umgegend von Arita beizufügen, das ich der Güte des japanischen
                              									Ausstellungs-Commissärs, Prof. Dr. Wagner in Wien,
                              									verdanke. Diese Masse zeichnet sich durch ihre vorherrschend steinige, nicht erdige
                              									Beschaffenheit aus und gleicht in sechs Proben einem weissen oder schwach gelblich
                              									gefärbten Thonstein (Felsittuff), besitzt eine ziemliche Härte, etwa wie ein
                              									Ziegelstein, ist compact, nicht porös und anscheinend ganz gleichartig
                              									zusammengesetzt, ohne bemerkbare Einsprengungen von Mineralien, und nur eine Probe
                              									ist zerreiblich weich und gleicht unserer Porzellanerde. Das steinharte Material,
                              										wir wollen es der
                              									Kürze wegen Porzellanstein, im Gegensatz zu
                              									Porzellanerde, nennen, besteht nach den daraus hergestellten Dünnschliffen bei
                              									mikroskopischer Untersuchung aus einer ziemlich wasserhellen Hauptmasse, die mit
                              									einer grossen Menge feinster Staubtheilchen, kleinster Körnchen, Bläschen, Nädelchen
                              									und unregelmässigen Splitterchen mehr oder weniger vermengt ist. Sie hat keine
                              									eigentlich erkennbare krystallinische Zusammensetzung, zeigt aber im polarisirten
                              									Lichte die bekannten, conglomeratartig fleckigen Farben, die kristallinisch
                              									zusammengesetzten Gesteinen eigen zu sein pflegen. Amorphe Beimengungen wurden keine
                              									in bemerkenswerther Menge beobachtet. Dagegen schwimmen in dieser Hauptmasse, bei
                              									den einen Sorten häufiger, bei den anderen seltener, kleine Häufchen oder körnig
                              									zusammengesetzte Graupen, die sich als aus kleinen rundlichen Körnchen
                              									zusammengeballte, unregelmässige, bald längliche, bald zackig aus- und einspringende
                              									Flocken von opaker Beschaffenheit erweisen. Daneben zeigen sich einzelne
                              									unregelmässig umgrenzte Partien der Hauptsache nach mehr gleichartig zusammengesetzt
                              									in gelblichem Farbenton. Mit Ausnahme kleinster, wasserheller, kurzer Splitter
                              									werden keine Mineralausscheidungen – etwa von Quarz, Feldspath oder Glimmer –
                              									wahrgenommen; nur finden sich in den meisten Proben kleine Schwefelkieskryställchen,
                              									die zuweilen zu Häufchen vereinigt sind oder zersetzt gelbliche Flecken oder Striche
                              									verursachen. In einzelnen Steinen bemerkt man eine rundliche Absonderung und
                              									parallele Streifung, die an eine variolithische Textur erinnert. Das Ganze gleicht
                              									in auffallendster Weise einem Felsit – oder Trachyt-Thonstein, wie solche sich in
                              									der Nähe von Phorphyr und in Ungarn in den trachytischen Gebieten einzustellen
                              									pflegen.
                           Diese steinharten Porzellansteine scheinen der japanesischen wie chinesischen
                              									Porzellanfabrikation eigen zu sein. Die Porzellanerde-ähnlichen, weichen, erdigen
                              									Substanzen dürften nur als Beimengung zu den andern festeren Sorten dienen. Diese
                              									erdige Masse besteht übrigens aus ähnlichen krystallinischen, wasserhellen und
                              									opakenkörnigen Theilchen, wie die steinige; nur sind diese lockeren Theile nicht
                              									durch eine Grundmasse fester verbunden. Einen Hauptantheil an der Zusammensetzung
                              									dieses Materials scheint Kieselerde in krystallinischem Zustande oder als
                              									Thonerdesilicat zu nehmen. Denn nach meinen Versuchen vermag kochende Kalilauge nur
                              									ein Minimum von Kieselerde auszuziehen, wie es der Fall sein müsste, wenn die Masse
                              									Kieselerde in amorphem Zustande enthielte. Mit dieser Annahme einer
                              									Thonstein-ähnlichen Natur des Materials stimmt auch meine chemische Analyse gut
                              									überein. In dieser Richtung besteht das Charakteristische dieser Substanzen in ihrem
                              									Reichthum an Kieselerde und ihrer Armuth an Wasser. So weit mir bekannt, ist bis
                              									jetzt nur eine einzige chemische Analyse eines japanesischen Materials in die
                              									Oeffentlichkeit gebracht, nämlich die Malaguti's in
                              									Sèvres (A) die ich hier gleichfalls beisetze.
                           
                              
                                 Proben
                                 A
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 V
                                 VI
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 75,90
                                 70,74
                                 77,35
                                 83,00
                                 80,00
                                 79,73
                                 49,25
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 20,00
                                 21,75
                                 14,27
                                 11,60
                                 12,00
                                 12,45
                                 38,89
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 –
                                 2,02
                                 2,11
                                 0,70
                                 0,50
                                 0,67
                                 1,14
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                 –
                                 –
                                 Spur
                                 Spur
                                 Spur
                                 Spur
                                 –
                                 
                              
                                 KalkMagnesia
                                 0,60
                                 0,720,02
                                 0,150,29
                                 –0,18
                                 0,080,25
                                 0,610,14
                                 0,150,36
                                 
                              
                                 KaliNatron
                                 3,50
                                 3,232,43
                                 1,780,32
                                 1,900,09
                                 2,400,57
                                 1,710,27
                                 2,010,39
                                 
                              
                                 Titan Schwefel etc.in
                                    											verschiedenenMaterialien
                                 –
                                 –
                                 1,09
                                 Spur
                                 0,60
                                 0,38
                                 0,65
                                 
                              
                                 Wasser
                                 –
                                 –
                                 2,76
                                 2,43
                                 3,00
                                 2,24
                                 5,90
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,91
                                 100,12
                                 100,60
                                 99,15
                                 98,20
                                 98,74.
                                 
                              
                             I Gutes japanesisches weises Porzellan.
                            II Porzellanstein mit deutlichen Schwefelkiestheilchen.
                           III Etwas gelblicher Porzellanstein.
                           IV Blendend weisser Porzellanstein.
                            V Schwefelkieshaltiger Porzellanstein.
                           
                           VI Blendend weisse, weiche, zerreibliche Porzellanerde, welche
                              									der europäischen sehr ähnlich ist, aber doch beträchtlich weniger Wasser
                              									enthält.
                           Im Allgemeinen ist die Zusammensetzung eine ziemlich wechselnde, aber bietet doch
                              									nicht grössere Verschiedenheiten, als sie bei Gesteinsarten vorzukommen pflegen.
                              									Vergleicht man das Ergebniss der Analysen des Rohmaterials mit jener des fertigen
                              									gebrannten Porzellans (I), so wird es auf den ersten Blick klar, dass man das
                              									letztere nur durch eine Vermengung des durch Pochen und Schlämmen aus dem
                              									Porzellanstein gewonnenen Thons mit jenem der natürlichen weichen Porzellanerde (VI)
                              									darstellen kann. Man müsste etwa 2 Th. der ersteren Art mit 1 Th. der zweiten Art
                              									mengen. Um aber einen so hohen Gehalt an Alkalien zu erzielen, muss sehr
                              									wahrscheinlich noch Feldspathpulver zugesetzt oder aber auch, wie dies in China zu
                              									geschehen pflegt, ein Zusatz von Kalk genommen werden, den man in China mit Farcen
                              									krautstengeln brennt, wahrscheinlich um das Alkali der Asche der letzteren
                              									mitbenutzen zu können.
                           Das geformte und getrocknete Porzellan wird dann in kleinen Oefen gebrannt. Es
                              									zeichnet sich gegenüber dem im Bruche etwas röthlich schimmernden chinesischen
                              									Porzellan das japanesische durch seine blendend weisse Farbe und schöne weisse
                              									Glasur aus, die durch lebhafte Farben der angebrachten Malereien noch besonders
                              									gehoben wird. Doch ist die Malerei meist dünn, springt ab und ist deshalb nicht sehr
                              									dauerhaft. (Auszugsweise aus dem Ausland, 1877 S.
                                 										725.)