| Titel: | Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre. | 
| Autor: | A. P. | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 532 | 
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                        Die Mühlsteinfabrikation in La
                           								Ferté-sous-Jouarre.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									36.
                        Ueber Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre.
                        
                     
                        
                           Als die besten Mühlsteine sind die aus den Steinbrüchen von La Ferté-sous-Jouarre
                              									bezogenen weit und breit berühmt. Die der tertiären Formation angehörigen
                              									Gesteinsschichten, aus denen sie gehauen erden, haben eine Mächtigkeit von 3 bis
                              										6m und sind von weiss bis zu braun in
                              									verschiedenartigen Nuancen gefärbt: hellgrau, blaugrau, himmelblau, rosaviolett,
                              									gerstenzuckergelb, gelbgrau und graubraun. Als Primaqualität gilt der weissliche
                              									blaugeaderte Stein, als zweite der sogen. oil de
                                 										perdrix, ein mit unendlich vielen kleinen Poren besäeter Stein. Es ist
                              									übrigens zu bemerken, dass, wenn auch die Farbe auf den ersten Blick einen gewissen
                              									Anhaltspunkt zur Beurtheilung der Qualität darbieten mag, man doch keinen allzu
                              									grossen Werth darauf legen sollte; vielmehr ist die vollkommene Gleichförmigkeit der
                              									Härte und der Poren als massgebendes Kriterium seiner Güte zu betrachten. Die Farbe
                              									rührt ja nur von den mineralischen Oxyden her, welche auf seine
                              									Widerstandsfähigkeit, mithin auf seine wirkliche Qualität keinen Einfluss haben. Das
                              									specifische Gewicht des Gesteins ist je nach seiner Färbung und der Lage des
                              									Steinbruches ein verschiedenes; es schwankt im Allgemeinen für die zu Läufern sich
                              									eignenden Blöcke zwischen, 2,20 und 2,40, für die Bodensteine zwischen 2,00 und
                              									2,20.
                           Auf dem Werkplatz angelangt, werden die Steine sortirt und in Gruppen abgetheilt.
                              									Jede Gruppe umfasst diejenigen Steinstücke, welche zur Fabrikation eines Mühlsteins
                              									von mittlerem Durchmesser nöthig ist und nur aus Blöcken von gleicher Farbe,
                              									gleichem Korn, gleicher Härte und vollkommener Homogenität bestehen darf. Zur
                              									Erzielung eines
                              									tadellosen Mahlgutes ist es wesentlich, dass Läufer und Bodenstein aufs innigste
                              									zusammenpassen und ausserdem mit der Natur der zu mahlenden Getreideart und der
                              									landesüblichen Mahlmethode in vollkommenem Einklang stehen.
                           Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté umfasst folgende Operationen: 1) Das Behauen der
                              									Blöcke, aus denen der Mühlstein zusammengesetzt werden soll, und die Vollendung der
                              									Fugen; 2) das Aneinanderfügen und Verkitten der Stücke; 3) das Binden des Mühlsteins
                              									mit eisernen Reifen; 4) das Ausfüllen mit einer Mischung aus Cement, Sand und Stein;
                              									5) das Zurichten der Mahlflächen des Bodensteins und Läufers, und das Einschneiden
                              									der Furchen. (Vgl. die Abbildungen auf Taf. 36).
                           1) Das Behauen der Blöcke. Das erste Geschäft nach
                              									getroffener Auswahl des Gesteins besteht in der Beseitigung des Hangenden – eine
                              									Arbeit, die im Freien vorgenommen wird. Zu dem darauf folgenden Herrichten der
                              									Flächen, welche beim Zusammenfügen genau auf einander passen müssen, bedienen sich
                              									die Arbeiter zunächst der Spitzpicke Fig. 4, dann für die
                              									feinere Ausführung des Meisseis (Bille) Fig. 5 und 6, auf welchen sie mit
                              									Holzschlägeln klopfen, und schliesslich einer Breitpicke Fig. 7 und 8. Der Arbeiter legt das
                              									zu behauende Steinstück auf einen Bock, ungefähr 0m,90 über dem Boden, um das Arbeitsstück besser im Auge und bei der Hand
                              									zu haben, wobei er freilich den feinen Staub nahe am Gesicht hat; dies ist ein
                              									ernster Uebelstand, dessen Beseitigung längst das Ziel mehr oder weniger
                              									erfolgreicher Bemühungen intelligenter Arbeiter gewesen ist. Eine vollständige
                              									Lösung dieses Problems ist jedoch erst dem Mühlstein-Fabrikbesitzer G. Roger durch einen Apparat gelungen, welcher im
                              									Princip mit seiner Maschine zum Zurichten der Mühlsteine (*1877 226 576) grosse Aehnlichkeit hat, weshalb hier von der
                              									Beschreibung desselben Umgang genommen werden darf.
                           2) Das Zusammenfügen und Verkitten, der Stücke. Nachdem
                              									das Mittelstück des Mühlsteins fertig gestellt, seine Oberfläche geebnet ist und die
                              									Seitenflächen rechtwinklig zu der letzteren geschnitten sind, so bringt man das in
                              										Fig. 9 und
                              										10 in
                              									Seiten- und Vorderansicht abgebildete Werkzeug in das Steinauge; es besteht aus
                              									einer über dem Auge zu befestigenden runden Scheibe D
                              									und aus einer um den Zapfen p drehbaren, durch eine
                              									Flügelmutter feststellbaren Schiene R. Diese durch eine
                              									Rippe verstärkte Schiene ist mit einem Gleitstück g
                              									versehen, welches man, zur Fixirung des Mühlstein-Halbmessers und um dem Arbeiter
                              									die Herstellung der Cylinderform zu erleichtern, in dem erforderlichen Abstande vom
                              									Mittelpunkt mittels Schraube und Mutter feststellt.
                           Zur Verbindung der Steinstücke unter sich bedient sich eine Anzahl Fabrikanten des
                              									Gypses, andere des Cementes, O. Roger dagegen eines
                              									besonderen Kittes, worin der vom Mühlstein selbst kommende Staub einen Bestandtheil bildet.
                              									Dieser Kitt wird beim Trocknen so hart wie der Stein und bildet mit diesem ein auf
                              									das solideste zusammenhängendes Ganzes. Der Arbeiter verkeilt die Steinstücke auf
                              									der unbehauenen Seite mit Steinbrocken, um die Höhlungen auszufüllen. Der Mühlstein
                              									seilt sich hiernach, wie Fig. 9 zeigt, als eine auf
                              									der einen Seite ebene, auf der andern Seite höckerige Scheibe dar. Die Anordnung der
                              									Blöcke um das Herzstück, welches in La Ferté boitard
                              									oder l'oeillard genannt wird, je nachdem er dem
                              									Bodenstein oder dem Läufer angehört, ist aus Fig. 10 ersichtlich.
                           3) Das Binden des Mühlsteins. Der auf die beschriebene
                              									Weise hergerichtete Mühlstein wird, wie Fig. 11 zeigt, umgelegt,
                              									so dass die Mahlfläche nach unten zu liegen kommt. Mit Hilfe besonderer Zangen zieht
                              									man den ersten 25mm breiten und 8 bis 9mm dicken Eisenreif F
                              									rothglühend über den Stein, jedoch so, dass er nur 2 bis 3cm vom Rande der Mahlfläche absteht. Beim Erkalten
                              									zieht sich der Reif zusammen und presst die Theile des Mühlsteins auf das festeste
                              									an einander. Dieser Reif ist in der Regel nur provisorisch und wird später wieder
                              									abgenommen. Unmittelbar darüber kommt ein zweiter 80mm breiter, 3mm dicker Reif F' zu liegen, welcher nicht zusammengeschweisst,
                              									sondern einfach zusammengenietet ist. Ein dritter Reif (F1) von der Grösse des letzteren folgt
                              									erst nach geschehener Ausfüllung.
                           4) Die Ausfüllung des Mühlsteins erfordert seitens des
                              									Arbeiters grosse Sorgfalt und einen geübten Blick. Zur Erläuterung der in den
                              									Werkstätten von Roger und Comp. eingeführten Methode
                              									dienen Fig.
                                 										12 und 13, welche den Läufer nebst Hilfsvorrichtung in Verticalschnitt und
                              									Grundriss darstellen. Nachdem der Mühlstein in geringer Höhe über dem Boden in
                              									horizontale Lage gebracht worden ist, umgibt man ihn mit einem Mantel von der Form
                              									eines Eisenbandes G, dessen breite der dem Stein zu
                              									gebenden Dicke genau entspricht. Ein Rohr H versenkt
                              									man in das cylindrische loch des Mittelstückes und füllt sodann den ganzen
                              									Zwischenraum mit einer Mischung von Cement, Sand und Steinstückchen aus, indem man
                              									auf eine möglichst regelmässige Vertheilung dieses Füllmaterials Bedacht nimmt; der
                              									Mühlstein erlangt dadurch einen festen Zusammenhang und Dauerhaftigkeit. Um eine in
                              									der Mitte des Auges senkrecht angebrachte Spindel A
                              									lässt sich an einem Gestell BB' das eiserne Richtscheit
                              										G herumdrehen, um die überflüssige Masse
                              									abzustreifen, welche über die durch die oberen Kanten der Eisenmäntel G und H begrenzte Fläche
                              									hervorragt. Die eisernen, mit Handhaben versehenen, ebenen und gewölbten Paletten
                              										Fig. 14,
                              										15 und
                              										16 dienen
                              									zur vollkommenen Glättung der Oberfläche der Masse. Beim Ausfüllen bringt man an
                              									gegenüber liegenden Stellen zwei mit Röhren C
                              									ausgefütterte Seitenlöcher (Fig. 17) an und ausserdem
                              									im Rücken des Steins in gleichen Abständen 4 Löcher E
                              										(Fig. 12
                              									und 13); erstere dienen für
                              									die Bolzen des Krahnes zum Aufnehmen des Steins, letztere zur Aufnahme von Büchsen,
                              									welche der Arbeiter behufs der Ausbalancirung des Steins mehr oder weniger mit
                              									Eisenschrot oder Bleistücken füllt.
                           Die Fabrikanten Bouchon und Gueuvin haben die in Fig. 18 dargestellte
                              									vortreffliche Methode eingeführt, welche den Arbeiter in den Stand setzt, den
                              									Mühlstein im Fortgang seiner Zusammensetzung und Ausfüllung beständig
                              									gleichgewichtig zu halten, so dass sein Schwerpunkt stets in der Achse liegt. Ein
                              									hohler, von unten in das Läuferauge geschobener Kegel J
                              									trägt nämlich auf mehreren von seinem Boden aus sich erstreckenden horizontalen
                              									Lappen den Mühlstein. Die Spitze einer Schraube v ruht
                              									auf einer genau in der Achse des Auges angeordneten Säule und bildet den
                              									Aufhängepunkt, um welchen das System balancirt. Durch Regulirung dieser Schraube
                              									lässt sich der Abstand dieses Punktes vom Schwerpunkte des Mühlsteins nach
                              									Bedürfniss ändern.
                           Nach vollendeter Füllung wird ein zweiter Eisenreif F1' (Fig. 17) aufgezogen,
                              									dessen oberer Rand mit der Rückenfläche beinahe in gleicher Höhe liegt.
                           5) Das Zurichten der Mahlflächen soll dem Mühlstein
                              									seine Vollendung geben; es ist von G. Roger unter
                              									besonderer Berücksichtigung der Gesundheitsverhältnisse der dabei beschäftigten
                              									Arbeiter in einer Weise durchgeführt worden, welche kaum noch etwas zu wünschen
                              									übrig lässt. Die Beschreibung dieser Maschine findet sich bereits in D. p. J. *1877 226 576.
                           Was endlich das Einschneiden der Furchen betrifft, so
                              									behält sich unsere Quelle hierauf bezügliche Mittheilungen für eine spätere
                              									Gelegenheit vor. (Im Auszug nach Armengaud's Publication
                                 										industrielle, 1877 Bd. 24 S. 197 bis 232.)
                           
                              
                                 A. P.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
