| Titel: | M. Hipp's elektrische Uhr zur Angabe der astronomischen Zeit in Genf; von L. Lossier. | 
| Autor: | L. Lossier | 
| Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 555 | 
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                        M. Hipp's elektrische Uhr zur Angabe der astronomischen
                           								Zeit in Genf; von L.
                              									Lossier.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									37.
                        Lossier, über Hipp's elektrische Uhr.
                        
                     
                        
                           Für die Uhrmacher ist es sehr wichtig: und wünschenswerth, leicht
                              									die genaue Zeit zu haben. Die dazu benutzten Regulatoren sind mehr oder weniger, z.
                              									Th. beträchtlichen Schwankungen ausgesetzt, was die Regulirung gewöhnlicher Uhren
                              									verzögert, die der Präcissionsuhren aber nahezu unmöglich macht. Um die Beschaffung
                              									der für letztere erforderlichen, nahezu absoluten Genauigkeit zu ermöglichen,
                              									vereinigten sich 1873 eine Anzahl Genfer Uhrenfabrikanten; sie planten die
                              									elektrische Mittheilung der genauen Zeit von der Sternwarte in ihre Werkstätten.
                              									Damals handelte es sich darum, täglich einmal ein einfaches oder mehrmals
                              									wiederholtes Signal zu geben. Doch fürchteten Einige, dass ein einmaliges Signal
                              									schwer zu fassenUm die Abnahme des Signales zu erleichtern, lässt man im Berner
                                    											Telegraphenbureau durch das Signal einen Regulator auslösen und nun so lange
                                    											gehen, bis man die richtige Zeit genommen hat.Der Ref. sein würde und zur Beobachtung
                              									an einer bestimmten Tageszeit nöthige. Endlich stellten sich die Kosten der Anlage
                              									als für eine verhältnissmässig kleine Anzahl Betheiligter zu hoch heraus. Man suchte
                              									deshalb um die Mithilfe der Stadt nach, und nun wurde ein vollständiges System
                              									elektrischer Uhren beschlossen, der Ingenieur Rehfous
                              									mit der Prüfung der Sache und der besondern Bedürfnisse der Uhrmacher beauftragt,
                              									und im December 1875 entschied sich der Rath für eine Uhrenanlage, wie sie jetzt
                              									ausgeführt ist.
                           Als Bedingungen waren gestellt: 1) Sicherer Gang der Uhren und 2)
                              									Genauigkeit in der gegebenen Zeit, welche im Mittel nicht über 0,1, im Maximum nicht
                              									über 0,2 Secunden von der richtigen Zeit abweichen sollte. Dazu waren erforderlich:
                              									1) zwei sehr gute Regulatoren, welche im Fall des Bedarfes leicht und rasch einander
                              									ersetzen konnten; 2) eine genaue und sichere Vergleichung dieser Regulatoren mit den
                              									astronomischen Beobachtungen; 3) constante und so angeordnete Batterien, dass der
                              									Strom, frei von Zufällen und Schwankungen, immer dieselbe Stärke hat; 4) sehr
                              									sorgfältig isolirte Linien und 5) regelmässig und von einander unabhängig gehende
                              									Uhren, welche atmosphärischen Einflüssen möglichst entzogen waren.
                           Dr. M. Hipp, Director der
                              									Telegraphenfabrik in Neuenburg, hat die Aufgabe zu voller Befriedigung gelöst. Die
                              									Uhren sind in 8 vom Stadthanse auslaufende Linien vertheilt, welche vom Strome, in
                              									jeder Minute einmal, nach einander durchlaufen werden; die in derselben Linie auf
                              									einander folgenden Strome wechseln aber in der Stromrichtung ab, und die Uhren
                              									selbst haben polarisirte Elektromagnete. Dabei arbeiten die Uhren selbst mit einem
                              									sehr schwachen Strome; die Zahl der beweglichen Theile ist gering; es sind keine
                              									Federn vorhanden welche Schwankungen in Folge der Temperaturänderungen und der
                              									Molecularänderungen unterworfen sind; die Uhren sind unempfindlich gegen äussere
                              									Stösse und Erschütterungen und gegen atmosphärische Elektricität.
                           In jeder Linie sind (wie es Hipp überhaupt bei seinen
                              									Uhren zu thun pflegt) die darin enthaltenen Uhren so eingeschaltet, dass jeder durch
                              									einen sich von der Linie abzweigenden Draht der für sie erforderliche Stromtheil
                              									zugeführt wird und hinter der Uhr zur Erde geht, dadurch werden die Uhren von
                              									einander unabhängig, so dass eine in einer Uhr auftretende Unterbrechung auf den
                              									Gang der andern im allgemeinen keinen Einfluss hat. Doch müssen die Widerstände in
                              									jeder Uhr genau berechnet werden, wenn der Strom in allen Uhren gleich stark sein
                              									soll. Liegen vom Ende Z, der Linie L (Fig. 8 Taf. 37 her gezählt, zwischen den
                              									Uhren U1 und U2, U2 und U3... Linienstrecken mit den Widerständen a, b..., so müssen die Uhren der Reihe nach die
                              									Zusatzwiderstände R1,
                              										R2..., erhalten,
                              									welche sich in folgender Weise berechnen lassen.
                           Zunächst ist R1 = 0. Sollen ferner U1 und U2 gleiche Stromzweige erhalten, so müssen von der
                              									Abzweigungsstelle Z2 ab
                              									in beiden Zweigen gleiche Widerstände liegen; daher muss R2 = a sein.
                              										U3 soll so viel
                              									Strom bekommen wie U1
                              									oder U2, also halb so
                              									viel wie U1 und U2 zusammen; daher muss
                              									nach dem Ohm'schen Gesetz von der Abzweigungsstelle Z3 ab der Widerstand
                              									nach U3 hin doppelt so
                              									gross sein, wie der Widerstand r2 = b + ½ a nach U2 und U1 hin; daher wird R3 = 2b + a. Der Strom für U4 muss ⅓ von dem Strome betragen, der nach U3, U2 und U1 zusammen geht; der
                              									Gesammtwiderstand in letzterem Stromkreise von der Verzweigungsstelle Z4 ab ist:
                           
                              r_3=c+\frac{(2\,b+a)\,(b+1/2\,a)}{(2\,b+a)+(b+1/2\,a)}=c+\frac{(2\,b+a)^2}{6\,b+3\,a}=c+1/3\,(2\,b+a)
                              
                           demnach wird R4 = 3r3 = 3c + 2b + a. Allgemein ist
                              									somit:
                           
                              R_n=(n-1)\,k+R_{n-1},
                              
                           wenn zwischen Un und Un–1 der
                              									Leitungswiderstand k liegt. Es lassen sich indessen
                              									diese Widerstände nicht ein für allemal berechnen, weil a,
                                 										b, c... veränderlich sind, weshalb auch die R
                              									von Zeit zu Zeit regulirt werden müssenEine solche Regulirung muss auch vorgenommen werden, wenn beim Auftreten
                                    											einer Unterbrechung in einer Uhr an der Bedingung fest gehalten werden soll,
                                    											dass auch dann noch der (nun vorhandene, in seiner Starke etwas verminderte)
                                    											Strom sich zu gleichen Theilen auf alle dann noch gehende Uhren vertheilen
                                    											soll. In diesem Falle müsste nämlich, wenn z.B. eine Unterbrechung in U1 oder U2 auftritt,
                                    											der Zusatzwiderstand bei U3 die Grösse R'3 = b +
                                       												R2 = b
                                    											+ a erhalten.Der Ref.; doch wird die darauf
                              									verwendete Arbeit durch unbestreitbare Vortheile gegenüber der Schaltung aller Uhren
                              									in einen Schliessungskreis belohnt, namentlich durch den sicheren Gang der
                              									Uhren.
                           In dem Regulator muss der Contact sicher sein; er muss daher mit einer gewissen Kraft
                              									gemacht werden, veranlasst dadurch aber eine beträchtliche Reibung, welche von einem
                              									Regulatorwerke nicht ohne Störung des Ganges des Regulators überwunden werden kann.
                              										Hipp hat deshalb das Contact machende Laufwerk von
                              									dem das Steigrad bewegenden getrennt. Während 59 Secunden sind beide Werke
                              									vollkommen unabhängig von einander; in der 60. Secunde wirken sie mittels eines sehr
                              									kleinen Fallhebels auf einander, welcher nur eine unmerkliche und den Gang des
                              									Regulators nicht störende Reibung veranlasst. Das Steigradwerk besteht blos aus zwei
                              									Rädern, dem Steigrade S und dem Triebrade M (Fig. 9 Taf. 37)Die Skizzen zu den das Verständniss der Einzelnheiten sehr fördernden und die
                                    											Beschreibung der Einschaltung und Stromgebung überhaupt erst ermöglichenden
                                    												Figuren
                                       												9 bis 13 Taf. 37
                                    											verdanken wir der besonderen Güte des Hrn. Dr. Hipp.
                                       												– Im Uebrigen wurde das Journal suisse
                                       												d'horlogerie, 1877 Bd. 2 S. 3 als Quelle benutzt.Die Red. letzteres dreht sich nicht um eine
                              									feste Achse, sondern hängt frei zwischen zwei Getrieben, mit denen es im Eingriffe
                              									steht; das erste Getriebe (in Fig. 9 links) sitzt auf
                              									der Steigradachse, das andere steht mit der Achse des Stromgebers in Verbindung. Das
                              									Steigrad S wird nur durch das Gewicht des Triebrades
                              										M bewegt, welches natürlich seine Lage ändert, da
                              									seine in der um die
                              									Achse u drehbaren Gabel r
                              									gelagerte Achse sich senkt; am Ende seines Laufes (in der 60. Secunde) löst das
                              									linke Ende der Gabel r durch Emporheben des
                              									horizontalen Armes des Winkelhebels V einen kleinen
                              									Fallhebel H1 aus,
                              									welcher beim Herabfallen den bisher auf seiner halb ausgeschnittenen Achse hängenden
                              									Hebel H2 gleichfalls
                              									zum Fallen bringt, wobei dieser auf eine Reihe von Hebeln H3 bis H6 (Fig. 10) wirkt und die
                              									Hemmung des Lauf- oder Minutenwerkes beseitigt. Indem sich nämlich diese Hebel in
                              									den durch die Pfeile angedeuteten Richtungen bewegen, drehen sie die bisher vor dem
                              									Arme N auf der Windfangachse W liegenden Sperklinke D so weit, dass N frei wird. Das Minutenwerk macht nun einen Umlauf,
                              									welcher einem Fortspringen des Minutenzeigers um 1 Minute entspricht. Der Stromgeber
                              									aber macht, durch das Kegelräderpaar I vom Laufwerke
                              									aus getrieben, eine halbe Umdrehung, während welcher der Strom der Reihe nach in die
                              									einzelnen Linien entsendet wird. Gleichzeitig lässt das Laufwerk durch die
                              									Kegelräder i (Fig. 9) das in das
                              									Triebrad M des Steigradwerkes eingreifende zweite
                              									Getriebe einen Umlauf machen, und dieses hebt dabei das Triebrad um den Betrag, um
                              									welchen es sich jede Minute senkt. Zugleich erfasst ein Stift an dem einen Kegelrade
                              										i den Hebel H, und
                              									dreht ihn so weit um seine Achse, dass er sich wieder an dem Winkelhebel V fängt; die anderen Hebel H2 bis H6 aber werden durch das Excenter p unter Mithilfe des Gegengewichtes K in ihre ursprüngliche Lage zurückgebracht. Das
                              									Minutenwerk wird von einem 40k schweren Gewichte
                              									getrieben. Als Regulator benutzte man für dasselbe anfänglich einen Windflügel; da
                              									man aber die Zeit bis auf einen Secundenbruch genau verlangte, so erwies sich
                              									derselbe als unausreichend, weil der Stromgeber einen Umlauf bald in 14 Secunden,
                              									bald in mehr oder weniger machte. Hipp ersetzte daher
                              									den Windflügel durch ein conisches Pendel, welches eine überraschende Genauigkeit
                              									gab, insofern eingefügte Reibungswiderstände oder Vergrösserung und Verkleinerung
                              									des Triebgewichtes äusserst kleine Geschwindigkeitsänderungen (die mittels des
                              									gleich zu besprechenden Coïncidenzpendels gemessen wurden) ergaben. Zur Correction
                              									und Stellung auf die richtige Zeit sind dem Regulator noch zwei Hilfspendel
                              									beigegeben.
                           Neben dem Hauptregulator befindet sich noch ein Hilfsregulator, welcher zwar nach
                              									demselben Princip, aber nach einem altern, minder vollkommenen Model gebaut ist.
                              									Beide gehen beständig, aber nur einer sendet die Ströme, nämlich der Hauptregulator.
                              									Wenn dieser aber einmal aus irgend einem Grunde angehalten werden muss, so werden
                              									mittels des in Fig.
                                 										12 abgebildeten Umschalters die Verbindungen aus dem Hauptregulator in den
                              									Hilfsregulator verlegt, welcher nun die Uhren treibt, bis der Hauptregulator wieder
                              									in Dienst tritt. Diese Verlegung hat zwar eine kleine Ungenauigkeit im Gefolge, weil
                              									die beiden synchron gehenden Regulatoren die Ströme nicht in ganz übereinstimmender
                              										Weise entsenden;
                              									doch ist dies ohne grossen Belang, weil es nur sehr selten und ausnahmsweise
                              									vorkommt.
                           An die Schienen P1 und
                              										P2 des Umschalters
                              										(Fig. 12)
                              									sind der positive und negative Pol der Batterie geführt, von den Schienen Q1, Q2... laufen die Linien
                              										L1, L2... aus. (In Fig. 5 wie in
                              										Fig. 9
                              									sind nicht 8, sondern blos 3 Linien und die für diese erforderlichen Theile
                              									gezeichnet.) Für gewöhnlich sind durch Stöpselung zwischen B, P1 und B,
                                 										P2 die Pole mittels der Drähte x und y nach dem
                              									Stromumkehrer U (Fig. 9) des Stromgebers im
                              									Hauptregulator geführt. In U machen in der einen Minute
                              									die Federn 1 und 3, in der nächsten 2 und 4 Contact u.s.f. Die Schienen Q1, Q2... des Umschalters
                              									sind ebenfalls auf B gestöpselt und stehen daher durch
                              									die Drähte g1q2
                                 									... mit den Federn k in Verbindung; die zur Erde
                              									abgeleitete Schiene E endlich ist bei der Stöpselung
                              									auf B durch den Draht z
                              									mit der Schiene n und zugleich durch z1 mit den Federn h verbunden. Wie nun Fig. 11 erkennen lässt,
                              									sitzt auf der Achse a des Stromgebers für jede Feder
                              										k ein Daumen b,
                              									welcher, einer nach dem andern, mittels des Röllchens e
                              									und des um f drehbaren Hebels das gegen f isolirte Metallstück g
                              									an die Feder k heranbewegt und dieselbe von der Schiene
                              										l abhebt, gleichzeitig aber der seither von einem
                              									auf g befindlichen Kautschukstücke zurückgehaltenen
                              									Feder h sich an l
                              									anzulegen gestattet; dadurch wird also der Reihe nach L1
                              									L2, L3 über Q, B, q, k, g und die Feder m mit der gegen die Schiene
                              										n isolirten Schiene o verbunden, während zugleich
                              										n über z, B und E beständig mit der Erde in Verbindung bleibt. An dem
                              									nach rechts liegenden Ende trägt die Achse a zwei Paar
                              									um 180° gegen einander verstellte längere Daumen c und
                              										d; bei der einen halben Umdrehung legen die Daumen
                              										c ihre Hebel g an die
                              									Federn 1 und 3, bei der nächsten halben Umdrehung die Daumen d ihre Hebel g an die Federn 2 und 4; da nun
                              									die auf 1 und 2 wirkenden Hebel g durch ihre
                              									Spiralfedern mit der Schiene o, die auf 3 und 4
                              									wirkenden Hebel g dagegen durch ihre Spiralfedern mit
                              									der gegen o isolirten Schiene n leitend verbunden sind, und da die Achse a bei jeder Auslösung des Laufwerkes (Fig. 10), d.h. am Ende
                              									jeder Minute eine halbe Umdrehung macht, so wird bei der einen Stellung von a der Strom vom positiven Pole der Batterie über x und 2 in U, bei der
                              									andern Stellung von o vom negativen Pole über y und 1 in U der Platte
                              										o und der Reihe nach den Linien L1
                              									L2, L3 zugeführt, während
                              									im ersten Falle der negative Pol über y und 4 in U, im anderen, d.h. in der nächsten Minute, der
                              									positive Pol über x und 3 mit der Platte n und durch z mit der Erde
                              										E in Verbindung steht.
                           Um das Ueberspringen der Funken zwischen g und k beim Rückgänge von g f e
                              									und das dadurch veranlasste Verbrennen der Contactstellen zu verhüten, wird in dem
                              									Augenblicke der Stromunterbrechung durch die betreffende, jetzt sich zugleich mit
                              										k an die Schiene l
                              									anlegende Feder h ein in sich geschlossener Stromkreis k l h z1z2
                              									z E1
                              									E2
                              									S L k (Fig. 13) hergestellt, in
                              									welchen nun der Elektromagnet S der in der Linie L liegenden Uhr den Extrastrom abgeben kann. Wenn
                              									dagegen der Hebel g von dem Daumen auf der Welle a weit genug vorgeschoben, ist die Berührung zwischen
                              										k und l aufgehoben und
                              									der Batteriestrom muss von der Schiene o aus über m g k
                              									in die Linie L und durch den Elektromagnet S der Uhr gehen.
                           Durch Stöpselung auf die sechs mit A bezeichneten
                              									Schienen des Umschalters (Fig. 12) werden die
                              									Batteriepole und die Linien auf den Hilfsregulator eingeschaltet, mittels der sechs
                              									von den Schienen A auslaufenden Drähte. Eine Stöpselung
                              									in den Schienen C endlich verbindet die Pole und die
                              									Linien mit dem Kurbelcommutator F und führt den Strom,
                              									je nach der Stellung der Kurbel F, in der einen oder der andern Richtung ohne
                              									Unterbrechung, weil unter Ausschaltung der Stromgeber in den Regulatoren, derjenigen
                              									Linie L zu, auf deren Knopf die Kurbel G gestellt wird.
                           Die Vergleichung des Ganges mit der mittlern Zeit und die Stellung erfordern viel
                              									Gewandtheit und Sorgfalt, da es sich um Sechzigstel-Secunden handelt. Dazu ist das
                              									Stadthaus mit der Sternwarte durch eine (neunte) Telegraphenleitung verbunden. In
                              									der Sternwarte befindet sich ein lediglich für die Abgabe der astronomischen Zeit
                              									bestimmter Regulator mit einem beweglichen Contacte, welcher nach Belieben in oder
                              									ausser Thätigkeit gesetzt werden kann. Im erstem Falle streift ein kleiner Stift am
                              									Steigrade in der 60. Secunde jeder Minute leicht an ein Platinplättchen und
                              									entsendet einen Strom als Zeitsignal. Dieses wird im Stadthause mittels eines Coïncidenzpendels aufgenommen; dies ist ein Uhrwerk
                              									ohne Stundenzeiger (der hier unnütz wäre), schlägt jedoch in jeder Minute 61
                              									Secunden. In der Ruhe ist das Pendel durch den Anker eines Elektromagnetes gefangen;
                              									der von der Sternwarte kommende Strom lässt das Pendel frei, und man zählt dann die
                              									Secunden bis zu dem Augenblicke, wo das Pendel mit dem des Regulators
                              									zusammenschlägt. Geschieht dies z.B. bei der 16. Secunde, so geht der Regulator
                              									entweder 16 Sechzigstel-Secunden vor oder 60 – 16 = 44 nach. Die Correction selbst
                              									wird dann mittels der beiden am Hauptregulator angebrachten Hilfspendel vollzogen,
                              									die beide auf ein Sechzigstel der Secunde regulirt sind; soviel Sechzigstel-Secunden
                              									also der Regulator vor- oder nachgeht, soviel Secunden lässt man das eine oder das
                              									andere Pendel gehen und jede Schwingung desselben stellt den Regulator eine
                              									Sechzigstel-Secunde zurück oder vor.
                           Stadthaus und Sternwarte sind ausserdem noch mit vollständigen (Zeiger-) Telegraphen
                              									zum Sprechen, nebst Wecker, ausgerüstet, für welchen eine besondere Batterie benutzt
                              									wird. Dieser Telegraph wird mittels eines Umschalters auf die neunte Linie
                              									eingeschaltet, wenn dieselbe nicht mit dem Coïncidenzpendel verbunden ist.
                           
                           Der ganze Vorgang ist folgender. Mittags beobachtet der Astronom die Abweichung der
                              									Uhr der Sternwarte und corrigirt sie durch Zuschlagsgewichte am Pendel. Um 1 Uhr
                              									kommt der Stellende ins Stadthaus, meldet sich und verlangt die Zeit, der Astronom
                              									antwortet, wenn er bereit ist. In diesem Falle setzt er den Contact seines
                              									Regulators in Thätigkeit und nun wird das Signal alle Minuten einmal gegeben, 10
                              									Minuten lang, was dem Stellenden zur Bewirkung der Correction und zur Controle der
                              									Genauigkeit des Ganges genügt. Bemerkt er eine aussergewöhnliche Abweichung, welche
                              									einen Irrthum oder irgend eine Unregelmässigkeit vermuthen lässt, so benachrichtigt
                              									er den Astronomen davon, und dieser prüft seine Beobachtungen, um wo nöthig die
                              									Ergebnisse abzuändern.
                           In dem Bureau der elektrischen Zeit ist zur Controle des guten Ganges für jede Linie
                              									eine Uhr aufgestellt. Die Uhr in der achten Linie besitzt ein ähnliches
                              									Coïncidenzpendel, welches genau zu beobachten gestattet, wie viel diese achte Uhr
                              									hinter der richtigen Zeit zurück ist, und welche Zeit der Stromsender zu einer
                              									Umdrehung braucht; auch lässt sich dadurch der Gang der letztern überwachen und
                              									berichtigen.
                           Als Batterien verwendet man Kohlen-Zink-Elemente mit einer Flüssigkeit (Lösung von 3
                              									Th. Salmiak und 1 Th. Kochsalz in 10 Tb. Wasser). Die Kohlen sind Hohlcylinder von
                              										0m,36 Höhe. Diese Batterien sind kräftig,
                              									haben (was für Zweigströme wichtig ist) wenig Widerstand und halten sich lange (1
                              									Jahr etwa); sie polarisiren sich zwar leicht; das ist indess nicht zu merken, weil
                              									der nöthige Strom von kurzer Dauer ist. Es sind 4 Batterien vorhanden, jede zu 10
                              									Elementen; 3 Batterien nur arbeiten, die vierte dient als Reserve. Die Batterien
                              									sind zu verschiedenen Zeiten gefüllt und in Betrieb genommen, damit der Strom
                              									merklich derselbe bleibe. Diese von Hipp empfohlene
                              									Aufstellung mehrerer parallel geschalteter Batterien ist sehr vortheilhaft, insofern
                              									sie Störungen durch das (übrigens ziemlich häufige) Zerbrechen der Gläser, Zink-
                              									oder anderer Elementtheile verhütet. Die Batterien stehen in einem Keller, worin
                              									sich die Temperatur vom Sommer zum Winter wenig ändert. Zu ihrer Ueberwachung sind
                              									von ihnen Drähte nach einer Bussole in der Nähe der Regulatoren geführt, so dass man
                              									beim Einstecken von Stöpseln bequem, und ohne eine Unterbrechung befürchten zu
                              									müssen, die Stromstärke jeder Batterie einzeln oder aller zusammen messen kann; dies
                              									geschieht täglich und lässt erkennen, wann eine Batterie erneuert werden muss.
                           Die Linien müssen für die Zeitangabe möglichst von unveränderlichem Widerstände und
                              									möglichst gut isolirt sein; letzteres ist in einer Stadt bei Luftlinien schwerer,
                              									als es scheint. Man hat nach mehreren missglückten Versuchen auf Porzellan- und
                              									Glasisolatoren ganz verzichtet, weil sie zu zerbrechlich sind und bei längerem Regen
                              									der verhältnissmässig sehr starke Strom zum Betrieb der Uhren so stark abgeleitet
                              										wurde, dass viele
                              									Uhren stehen blieben; man wählte schliesslich gusseiserne Träger, die innerhalb
                              									ihrer Console durch eine Glasscheide isolirt sind. Die so gebauten neuen Linien
                              									dienen seit August 1876 und entsprechen ganz den Erwartungen.
                           Die Genauigkeit der durch diese Anlage gegebenen Zeit ist blos von der der
                              									astronomischen Beobachtungen abhängig. Die gegebene Zeit ist indessen nicht streng
                              									die Zeit des Meridians der Sternwarte, weil die Mittheilung der Reihe nach in die 8
                              									Linien erfolgt, in der letzten 14 Secunde zu spät; doch bleibt die Verspätung in
                              									jeder Linie genau dieselbe. Die Vergleichungen brauchen daher nur immer mit
                              									derselben Uhr oder einer Uhr in derselben Linie gemacht zu werden.
                           Die gewöhnlichen elektrischen Uhren springen in jeder Minute nur einmal; für
                              									diejenigen, welche Secunden haben wollen, liefert die Hipp'sche Fabrik in Neuenburg jedoch auch Uhren, welche der in die achte
                              									Linie eingeschaltenen Controluhr ähneln und mit Vortheil einen Regulator
                              									ersetzen.
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
