| Titel: | Ueber die Bestimmung des Gerbstoffes und die Analyse des Thees; von Dr. Josef Maria Eder. | 
| Autor: | Josef Maria Eder | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 81 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Ueber die Bestimmung des Gerbstoffes und die
                           								Analyse des Thees; von Dr. Josef Maria
                              									Eder.
                        Eder, über die Gerbstoffbestimmung im Thee.
                        
                     
                        
                           Die Bestimmung des Gerbstoffgehaltes ist bei vielen technischen Producten, sowie bei
                              									Nahrungs- und Genuſsmitteln von Wichtigkeit. Dies ist bei den Gerbmaterialien ganz
                              									selbstverständlich; bei den Genuſsmitteln hat man wohl schon vor langer Zeit auf die
                              									Bedeutung der Tanninbestimmung in Beziehung zur Werthschätzung derselben aufmerksam
                              									gemacht, aber erst in neuerer Zeit mit Nachdruck auf die Tragweite der genauen
                              									Kenntniſs des Gerbstoffgehaltes hingewiesen. Es gilt dies insbesondere vom
                              									chinesischen Thee, der häufig dadurch verfälscht wird, daſs man schon abgebrühte
                              									Blätter in den Handel bringt oder dem echten Thee zusetzt. Um eine solche
                              									Verfälschung zu erkennen, haben mehrere Chemiker, namentlich A. H. Allen (1874 211 237) vorgeschlagen, den
                              									Gerbstoffgehalt im Thee zu bestimmen.
                           Schon vor mehreren Jahrzehnten hatte man sich mit der Untersuchung des Gerbstoffes im
                              									Thee beschäftigt. Ueber die Natur des Theegerbstoffes hatten die Arbeiten Rochleder'sAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 63 S.
                                    											202.
                              									Hlasiwetz' und Malin'sWiener Akademische Berichte, 1867 Bd. 55 S.
                                    											19. und damit übereinstimmend die älteren Arbeiten Mulder'sPoggendorff's Annalen, Bd. 43 S. 161.
                                    										670. Gewiſsheit verschafft und gezeigt, daſs der Gerbstoff des Thees
                              
                              									identisch mit dem der Galläpfel sei, welche Befunde durch die späteren
                              									Untersuchungen bestätigt wurden und die irrthümliche Ansicht Stenhouse'sAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 45 S.
                                    											366., die Theegerbsäure sei eine eigentümliche Säure,
                              									richtigstellten.
                           Die älteren Angaben von DavyPhilosophical Transaction, 1803 S.
                                    										268., FrankPoggendorff's Annalen, Bd. 43 S.
                                    										161. und Mulder über die Menge des im
                              									Thee enthaltenen Gerbstoffes sind sehr wenig Vertrauen erweckend, in Folge der
                              									Unvollkommenheit der von ihnen durchgeführten Methoden. Sie fanden:
                           
                              
                                 
                                 im grünen Thee
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Haysan, China
                                 
                                 17,80
                                 Proc.
                                 
                                    Mulder
                                    
                                 
                              
                                 Haysan, Java
                                 
                                 17,56
                                 „
                                 
                                    Mulder
                                    
                                 
                              
                                 Grüner Thee
                                 
                                  8,5
                                 „
                                 
                                    Davy
                                    
                                 
                              
                                      „       „
                                 
                                 34,6
                                 „
                                 
                                    Frank
                                    
                                 
                              
                                 
                                 im schwarzen Thee
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Congo, China
                                 
                                  12,88
                                 Proc.
                                 
                                    Mulder
                                    
                                 
                              
                                 Congo, Java
                                 
                                  14,80
                                 „
                                 
                                    Mulder
                                    
                                 
                              
                                 Schwarzer Thee
                                 
                                   10
                                 „
                                 
                                    Davy
                                    
                                 
                              
                                         „          „
                                 
                                 40,6
                                 „
                                 
                                    Frank.
                                    
                                 
                              
                           Diese Zahlen weichen auf das Bedenklichste von einander ab;
                              									sie schwanken so bedeutend, daſs man sie nicht zur Ableitung eines Mittels benutzen
                              									kann. Mulder's Zahlen, welche noch jetzt häufig citirt
                              									werden, sind zu hoch, was
                              									sich aus dem von ihm eingeschlagenen Weg mit Leichtigkeit erklären läſst; Davy's Ziffern sind, wenigstens beim grünen Thee, zu
                              									niedrig und Frank's Angaben nähern sich nicht einmal
                              									annähernd der Wahrheit.
                           In späterer Zeit beschäftigten sich wieder einige Chemiker mit der Frage über den
                              									Tanningehalt des Thees. Die Bestimmungsmethoden für den Gerbstoff waren einstweilen
                              									vervollkommnet worden; allein die Analytiker sind über die Brauchbarkeit der
                              									einzelnen Methoden noch lange nicht einig geworden. Diese Umstände beeinträchtigen
                              									die Sicherheit auch der neueren Analysen, und es wurden auffallend verschiedene
                              									Mittelwerthe für den Gerbstoffgehalt des Thees gefunden, je nach der Art der
                              									Bestimmungsmethode.
                           Allen beschäftigte sich in letzterer Zeit eingehend mit
                              									Untersuchungen über den chinesischen Thee und ihm verdanken wir mehrere Abhandlungen
                              									über diesen Gegenstand.Vgl. Chemical News, 1874 Bd. 29 S. 167 und 189; 1874
                                    											Bd. 30 S. 2. Jahresbericht der Chemie, 1874 S.
                                    											1040. Er bediente sich bei der ersten Reihe seiner Analysen einer
                              									auf Tannin gestellten Leimlösung. Die Gerbstoffbestimmung mit Leim war zuerst von
                              										WarringtonAmerican Journal of Science, 1849 Bd. 6 S. 112.
                                    											(Vgl. 1847 104 316.) und später von
                              										Fehling (1853 130 53)
                              									beschrieben und von G. MüllerElsner: Chemisch-technische Mittheilungen, 1858
                                    											Bd. 7 S. 45. verbessert worden. Allein wenn auch ein Alaunzusatz
                              									zur Gelatine (nach Müller's Vorgang) das Absetzen des
                              									Niederschlages aus der Tanninlösung befördert, so daſs man mit einer weitaus
                              									klareren Flüssigkeit arbeitet, als ohne diesen Zusatz, so ist die zu titrirende
                              									Lösung dennoch zu wenig klar, um die Endreaction sicher bestimmen zu können, und
                              									deshalb fallen die gefundenen Procentzahlen immer zu hoch aus; dieser Mehrbefund
                              									kann, wenn man nicht mit minutiöser Genauigkeit arbeitet, leicht mehrere Procent
                              									ausmachen, und auſserdem nimmt die Titrirung bei dem langsamen Absetzen des
                              									Niederschlages oft viele Stunden in Anspruch, so daſs ich das ungünstige Urtheil von
                              										Hallwachs (1866 180 53)
                              									und BraunZeitschrift für analytische Chemie, 1868 S.
                                    											132. über die Titrirungsmethode des Gerbstoffes mit Leim nur
                              									bestätige. Um das raschere Absetzen des Niederschlages zu erreichen, sättigte ich
                              									nach Fr. Schulze's Vorschlag (1866 182 155) sowohl die Leimlösung, wie die Gerbstoffhaltige
                              									Flüssigkeit mit Salmiak, ohne ein besseres Resultat als mit Müller's Methode zu erzielen.
                           Die Anwendung der vorzüglichen Methode Hammer'sJournal für praktische Chemie, Bd. 81 S.
                                    											159., die übrigens ziemlich groſse Mengen des
                              									Untersuchungsmaterials voraussetzt und sich bekanntlich auf die Bestimmung der
                              									Dichte des Decoctes vor und nach der Behandlung mit thierischer Haut gründet und von
                              										Hallwachs, GauheZeitschrift für analytische Chemie, 1864 S.
                                    											122. u.a. sehr günstig beurtheilt wurde, konnte ich nicht gut zur
                              										Bestimmung des
                              									Gerbstoffes im Thee verwenden, weil das concentrirte Theedecoct sich beim Erkalten
                              									stark trübt, unter Ausscheidung von gerbsaurem Theïn. Das Auftreten dieses in der
                              									Kälte unlöslichen Körpers wirkt störend auf die Dichtebestimmung und den Gang der
                              									Analyse.
                           Ich griff daher zu der in der neueren Zeit weniger beachteten Methode von H. FleckWagner's Jahresbericht, 1860 S.
                                    									531., welche sich auf die Thatsache stützt, daſs Gerbsäure durch
                              									neutrales essigsaures Kupfer vollständig gefällt wird. Das Princip dieser Methode
                              									wurde von SackurWagner's Jahresbericht, 1861 S.
                                    									625., WolffWagner's Jahresbericht, 1861 S.
                                    									624., Hallwachs und HagerUntersuchungen (Leipzig 1874), Bd. 2 S.
                                    											114. als ganz richtig anerkannt.
                           Nach dem Vorschlage Fleck's, die Gerbstoff-haltende
                              									Flüssigkeit mit überschüssiger Kupferacetatlösung, deren Gehalt genau bekannt ist,
                              									zu fällen und den Kupferüberschuſs im Filtrat mittels Cyankalium zurückzutitriren,
                              									ist es thatsächlich unmöglich, den Gerbstoffgehalt zu bestimmen. Die Flüssigkeiten
                              									sind so stark gefärbt, daſs das Eintreten der Endreaction (Ferrocyankalium als
                              									Indicator) schwierig zu erkennen ist. Die analytischen Befunde schwanken deshalb
                              									mitunter bis zu 1 Proc. Besser ist es, das Kupfer mit Schwefelnatrium
                              										zurückzutitriren.Vgl. Mohr: Titrirmethode, 1870 S.
                                    									428.
                           Am zweckmäſsigsten erscheint mir das Sammeln des gefällten gerbsauren Kupfers auf
                              									einem Filter (nach Sackur und Wolff) und Bestimmen des im Niederschlag enthaltenen Kupfers, um daraus
                              									den Gerbstoff zu berechnen. Diese Methode gab mir sehr gut übereinstimmende
                              									Resultate. Man kocht zu diesem Zweck etwa 2g Thee
                              									dreimal mit je etwa 100cc Wasser ½ bis 1 Stunde
                              									lang aus. Hierdurch ist der Gerbstoff so vollständig extrahirt, daſs beim weiteren
                              									Auskochen nur mehr sehr geringe Mengen, höchstens etwa 0,2 Proc. abgegeben werden.
                              									Die gesammten wässerigen, filtrirten Lösungen werden bis nahe zum Siedepunkt
                              									erhitzt, wobei sich der etwa gebildete Niederschlag von gerbsaurem Theïn wieder
                              									löst, und mit 20 bis 30cc einer Lösung von
                              									Kupferacetat gefällt, welche durch Lösen von 1 Th. krystallisirtem Kupferacetat in
                              									20 bis 25 Th. Wasser erhalten wurde. Es entsteht sofort ein flockiger brauner
                              									Niederschlag von gerbsaurem Kupfer, welcher auf einem Filter gesammelt und mit
                              									heiſsem Wasser gut gewaschen wird. Das Filtriren geht, wenn man ein rasch
                              									filtrirendes Papier nahm, sehr gut vor sich, und ein Durchgehen des Niederschlages
                              									durch das Filter kommt nicht vor. War genügend Kupferacetat zugesetzt worden, so ist
                              									das Filtrat grün gefärbt. Das gerbsaure Kupfer wird getrocknet und in einem
                              									Porzellantiegel eingeäschert, nach dem Erkalten der Inhalt Salpetersäure befeuchtet
                              									und wieder geglüht und gewogen. Weil bei unvorsichtigem Arbeiten das Befeuchten mit
                              									Salpetersäure die Veranlassung zum Spritzen geben kann, so ziehe ich vor, den
                              									geglühten Kupferniederschlag, statt mit Salpetersäure zu oxydiren, denselben durch
                              									Glühen mit Schwefel im Wasserstoffstrom im Rose'schen
                              									Tiegel in Cu2S überzuführen und als solches zu
                              									wiegen. Bei nicht ganz genauen Arbeiten kann man sich mit Vortheil der Ulrici'schen Methode der KupferbestimmungVgl. Fresenius:
                                       												Quantitative Analyse (Wiesbaden 1875), Bd. 1 S. 334.
                              									bedienen, nach welcher man den Niederschlag mit etwas Schwefel im bedeckten
                              									Porzellantiegel (ohne Wasserstoff) glüht.
                           Um mich von der Richtigkeit der Methode zu überzeugen und um zu ermitteln, wieviel
                              									Kupfer in dem Niederschlag von gerbsaurem Kupfer enthalten ist, fällte ich eine
                              									Lösung von reinem, bei 100° getrocknetem Tannin mit Kupferacetat. Zu der ersten
                              									Versuchsreihe löste ich 1g,0425 Tannin zu 200cc in Wasser, fällte je 50cc von dieser Lösung mit überschüssigem
                              									Kupferacetat und erhielt nach dem Glühen mit Schwefel im Wasserstoffstrom folgende
                              									Gewichtsmengen Cu2S:
                           
                              
                                 
                                 g
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 
                                 
                              
                                 a)
                                  0,1994,
                                 d. i.
                                 1g Cu2S
                                 =
                                 1,3068
                                 Tannin
                                 
                              
                                 b)
                                 0,1998
                                  „ „
                                 
                                 =
                                 1,3043
                                 „
                                 
                              
                                 c)
                                 0,1992
                                  „ „
                                 
                                 =
                                 1,3082
                                 „
                                 
                              
                           Zur Feststellung der Fundamentalverhältnisse stellte ich noch
                              									eine zweite Versuchsreihe an und löste 2g,8376
                              									Tannin zu 200cc und verfuhr wie oben. Aus 50cc der Lösung wurden erhalten:
                           
                              
                                 
                                 g
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 g
                                 
                                 
                              
                                 d)
                                 0,5431
                                 Cu2S,
                                 d. i.
                                 1g Cu2S
                                 =
                                 1,3062
                                 Tannin
                                 
                              
                                 e)
                                 0,5438
                                 
                                  „ „
                                 
                                 =
                                 1,3045
                                 „
                                 
                              
                                 f)
                                 0,5429
                                 
                                  „ „
                                 
                                 =
                                 1,3066
                                 „
                                 
                              
                           Berechnet man aus diesen Zahlen den Durchschnitt, so ergibt
                              									sich, daſs 1g Cu2S
                              									= 1g CuO im Mittel 1g,3061 Tannin entspricht. Hiernach hat man also das gefundene Gewicht von
                              									Kupfersulfür oder Kupferoxyd mit 1,306 zu multipliciren, um die Menge des
                              									Gerbstoffes zu finden. Diese Ziffer ist etwas höher als die von Wolff gefundene, welcher angibt, daſs 1g Kupferoxyd 1g,304 Gerbstoff entspricht. Die Uebereinstimmung beider Zahlen ist sehr
                              									befriedigend.
                           Als Hallwachs einige Gerbstoffbestimmungen mit
                              									Kupferacetat vornahm und die Resultate mittels des von Wolff angegebenen Coefficienten berechnete, fand er, daſs der auf diese
                              									Weise ermittelte Gerbstoffgehalt mit jenem nach Hammer's Methode gefundenen genügend übereinstimme. Berechnet man aber aus den
                              									von Hallwachs gefundenen Mengen von Kupferoxyd mittels
                              									des von mir angegebenen Coefficienten den Gerbstoffgehalt, so fallen die nach dieser
                              									Methode erhaltenen Procentzahlen fast mit denen nach Hammer's Methode gefundenen zusammen; die Befunde stimmen jetzt viel
                              									besser überein und die Differenz ist nicht gröſser als 0,1 bis 0,2 Proc.
                           Die Gerbstoffbestimmungen, welche ich auf die beschriebene Weise mit Kupferacetat ausführte,
                              									schwanken unter einander um nicht mehr als 0,1 bis 0,2 Proc., wovon ich mich bei
                              									einer groſsen Anzahl von Bestimmungen in verschiedenen Sorten von Thee überzeugt
                              									hatte.
                           Ich versuchte noch andere Methoden der Gerbstoffbestimmung und ungefüge als einen
                              									Beitrag zur Kritik der Verfahren hinzu, daſs Gerland's
                              										MethodeZeitschrift für analytische Chemie, 1863 S.
                                    											419., welche sich auf die Titrirung mit Brechweinstein stützt,
                              									ebenso wenig wie die Titrirung mit Leim die Endreaction scharf erkennen läſst.
                           Dem günstigen Urtheil Barbieri's (1876 219 471) über Carpené's
                              									Methode (1875 216 452), nach welcher der Gerbstoff durch
                              									eine ammoniakalische Zinkacetatlösung gefällt wird, kann ich mich nicht
                              									anschlieſsen. Als ich mit dieser Methode den Gerbstoff im Thee bestimmen wollte.,
                              									erhielt ich bei einer verschiedenen Concentration des Decoctes bedeutende, selbst 1
                              									Proc. übersteigende Differenzen. Ich pflichte auf Grund dieser Thatsachen vollkommen
                              									der eingehenden Kritik Kathreiner's (1878 227 481) über diesen Gegenstand bei, welcher angibt, daſs
                              									man je nach der Concentration, Dauer und Stärke des Kochens verschiedene Resultate
                              									erhält.
                           So vortrefflich Löwenthal's Verfahren (1861 159 143), welches auf der Titrirung des Tannins mit
                              									Chamäleon beruht, besonders in seiner neuen ModificationZeitschrift für analytische Chemie, 1877 S. 33.
                                    											– Ich will durchaus nicht in Frage stellen, daſs diese vorzügliche Methode,
                                    											namentlich in der Kathreiner'schen Modification
                                    											(vgl. 1878 228 53), der ausgedehntesten und
                                    											allgemeinsten Anwendung bei verschiedenartigen Gerbmaterialien fähig
                                    											ist. ist, nach welcher zuerst summarisch, dann nach dem Digeriren
                              									mit gesalzenem Leim titrirt und aus der Differenz der verbrauchten Chamäleonlösung
                              									der Tanningehalt berechnet wird, so halte ich es doch für etwas zu umständlich, um
                              									in der Praxis schnell zur Controle des Werthes einzelner Theesorten dienen zu
                              									können. Die Herstellung der Titerflüssigkeit erfordert immer Zeit und Sorgfalt und
                              									setzt den Besitz von reinem Tannin voraus, welchen Anforderungen bei dem hier ins
                              									Auge gefaſsten Falle kaum immer zu entsprechen sein wird. Von diesem Vorwurfe ist
                              									die Methode der Gerbstoffbestimmung mittels Kupferacetat frei.
                           Endlich soll hier die Besprechung der neuen, von AllenChemical News, 1874 Bd. 29 S. 167. 189. vorgeschlagenen Methode
                              									folgen, welche er zur Bestimmung des Gerbstoffes im Thee empfahl, um dadurch ein
                              									Kriterium für die Echtheit desselben zu erhalten. Sie beruht darauf, daſs durch
                              									essigsaures Blei die adstringirenden Substanzen so vollständig gefällt werden, daſs
                              									auf Zusatz einer mit Ammoniak versetzten Lösung von Ferridcyankalium (man löst
                              									Ferridcyankalium in einem Gemisch von gleichen Volumtheilen Ammoniak und Wasser)
                              									keine Färbung mehr eintritt, während ein Kröpfen dieses Reagens bei Gegenwart von
                              										0mg,01 Tannin noch eine deutlich rothe Färbung
                              									hervorbringt. Vom Bleiacetat wird 1g zu 1l gelöst. Zur Titerstellung löst man 1g Tannin in 1l
                              									Wasser; auf 1cc dieser Lösung werden etwa 10cc der vorigen verbraucht. Von der zu titrirenden
                              									Flüssigkeit wird zeitweilig ein Tropfen auf einen Porzellanteller filtrirt (das
                              									Uebrige zurückgewaschen) und mit dem Indicator vermischt. Die Analysen nach dieser
                              									Methode stimmen ganz gut; ich erhielt Differenzen von etwa 0,3 Proc. Gerbstoff. Ich
                              									verglich die mittels Kupferacetat erhaltenen analytischen Resultate mit denen nach
                              										Allen's Methode erzielten und beobachtete
                              									regelmäſsig einen niedrigeren Befund nach der letzteren Methode. In einem
                              									chinesischen Congo-Thee wurden folgende Gerbstoffmengen gefunden:
                           
                              
                                 
                                 Nach Allen's
                                    											Methode
                                 Mit Kupferacetat
                                 
                              
                                 a)
                                 7,95
                                       8,36 Proc.
                                 
                              
                                 b)
                                 7,66
                                       8,29
                                 
                              
                                 c)
                                 8,05
                                       8,11.
                                 
                              
                           Auf den ersten Blick erscheint dieses auffallende Resultat im Widerspruch zu sein mit
                              									den Eigenschaften des Bleiacetates, viel mehr organische Substanzen und Farbstoffe
                              									zu fällen als das Kupferacetat. Allein dies erklärt sich leicht durch die Annahme,
                              									daſs das Bleiacetat zuerst hauptsächlich den Gerbstoff, dann erst die übrigen
                              									Extractivstoffe fällt. Von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugte ich mich auf
                              									folgende Art: Ich titrirte das Theedecoct nach Allen's
                              									Methode, unter Benutzung des Ferridcyankaliums als Indicator. Eine andere Probe
                              									desselben Decoctes titrirte ich mit derselben Bleilösung, und zwar setzte ich
                              									dieselbe so lange zu, bis ein abfiltrirter Tropfen mit Schwefelammonium eine
                              									Bräunung gab. Nach der letzten Methode verbrauchte ich eine gröſsere Menge der
                              									Bleilösung als nach der ersteren, und aus dem Verbrauch berechnete ich folgende
                              									Gewichtsprocente an Gerbstoff:
                           
                              
                                 Mit ammoniakalischem Ferrid-cyankalium als
                                    											Indicator
                                 Mit Schwefelammoniumals Indicator
                                 
                              
                                        7,78 Proc. Gerbstoff
                                    8,65 Proc. Gerbstoff
                                 
                              
                                        7,93
                                    8,99
                                 
                              
                           Titrirt man aber eine reine
                              									Tanninlösung, so ergibt sich bei der Anwendung beider Indicatoren nur ein geringer
                              									Unterschied von etwa 0,2 Proc.; stets aber liefert auch hier das Schwefelammonium
                              									die höheren Zahlen. Daſs also beim Thee so bedeutende Differenzen je nach der
                              									Anwendung von Ferridcyankalium oder Schwefelammonium gefunden werden, erklärt sich
                              									daraus, daſs mittels des einen Indicators so lange titrirt wird, als noch Gerbstoff
                              									in der Lösung sich befindet, mittels des anderen aber so lange, als Bleiacetat noch
                              									etwas fällt. Wenn man mittels des letzteren (Schwefelammonium) mehr Bleilösung
                              									verbraucht als mittels des ersteren, so ist dies ein Beweis, daſs auſser Tannin noch
                              									andere durch Blei fällbare Substanzen vorhanden sind, welche aber erst dann
                              									niederfallen, wenn alles Tannin gefällt ist. Dazu kommt noch, daſs Allen's Methode überhaupt etwas zu geringe Zahlen gibt,
                              									was augenscheinlich in dem Verkennen der Endreaction seinen Grund hat. Die Differenz dieser
                              									Methode und jener mit Kupfer erscheint etwas gröſser, weil erstere zu niedrige,
                              									letztere etwas zu hohe Zahlen gibt.
                           Allen's Methode der Tanninbestimmung im Thee ist demnach
                              									ganz empfehlenswerth, wobei allerdings der Uebelstand sich bemerklich macht, daſs
                              									das Bleiacetat mit der Zeit seinen Titer ändert. Jedenfalls gibt sie richtigere
                              									Resultate als die Methode mittels Leimlösung, welch letztere auch Allen bei seinen Untersuchungen aufgegeben hatte. Wie
                              									merklich die nach diesen beiden Methoden erhaltenen Resultate differiren, zeigen die
                              									mittleren Tanningehalte, welche Allen nach dem einen
                              									oder dem andern Verfahren erhielt. Er fand im schwarzen
                                 										Thee mit Gelatine 12,5 und mit Blei 10,0 Proc. Gerbstoff. Die Bestimmungen
                              									mit Blei nahm Allen mit Recht als die genaueren an.
                           Bemerkenswerth ist, daſs Kupferacetat eine so kleine Menge von Farbstoffen oder
                              									anderen Extractivstoffen niederschlägt, daſs sie zu vernachlässigen sind. Um zu
                              									untersuchen, ob die Anwesenheit von Pektinkörpern und ähnlichen Substanzen, welche
                              									nach LöweZeitschrift für analytische Chemie, 1865 S.
                                    											366. bei anderen Methoden der Gerbstoffbestimmung die Ursache von
                              									etwa zu hohen Resultaten sind, einen merklichen Einfluſs auf die Genauigkeit der
                              									Methode ausüben, extrahirte ich den Thee, dampfte das Filtrat unter Zusatz von etwas
                              									Essigsäure ein, zog den Rückstand mit Alkohol aus und bestimmte nach dem Verjagen
                              
                              									des Alkohols in der wässerigen Lösung mit Kupferacetat den Gerbstoff. Zugleich wurde
                              									in einem einfachen wässerigen Auszug die Fällung ohne vorhergehende Entfernung der
                              									Pektinkörper vorgenommen. Zur Untersuchung nahm ich grünen Thee, und zwar
                              									chinesischen Haysan, weil dieser extractreicher als der schwarze ist.
                           
                              
                                 
                                 Nach Abscheidungder Pektinkörper
                                 Ohne Abscheidungderselben
                                 
                              
                                 a)
                                 12,07 Proc. Gerbstoff
                                 12,44 Proc. Gerbstoff
                                 
                              
                                 b)
                                 12,12
                                 11,98
                                 
                              
                                 c)
                                 11,76
                                 12,32
                                 
                              
                           Es war also wirklich durch den Weingeist die Ausscheidung
                              									einer geringen Menge einer mit Kupferacetat fällbaren Substanz bewirkt worden. Indem
                              									hiervon jedenfalls etwas auf Rechnung des mechanischen Verlustes gesetzt werden
                              									muſs, erscheint die Differenz zu gering, um die vorhergehende Extraction des
                              									Gerbstoffes mit Weingeist erforderlich zu machen, um so mehr als die etwas
                              									mangelhafte Extraction des Gerbstoffes beim Auskochen des Productes mit Wasser
                              									leicht zu Verlusten Veranlassung geben kann.
                           Die geringen Mengen Gallussäure und Oxalsäure, welche Hlasiwetz und MalinWiener Akademische Berichte, 1867 Bd. 55 S.
                                    											19. im Thee auffanden und höchstens 0,2 Proc. betrugen, sowie die
                              									geringe Menge von Boheasäure, welche RochlederAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 63 S.
                                    											202. Bd. 71 S. 10. im Thee entdeckte und nach seinen Angaben 0,1 Proc. betrug, aber
                              									noch die beiden vorhin genannten Säuren enthalten haben dürfte, beeinflussen das
                              									Resultat der Methode mittels Kupferacetat. Der Fehler durch diese Verhältniſse
                              									bewirkt einen Mehrbefund an Gerbstoff. Zieht man aber in Betracht, daſs sich immer
                              									kleine Mengen von Gerbstoff der Extraction mit kochendem Wasser entziehen, wie ich
                              									oben schon erwähnte, und deshalb ein geringer Verlust entsteht, der wohl das Zuviel,
                              									welches durch die anderen Umstände herbeigeführt wird, nicht überwiegt, aber dennoch
                              									herabdrückt, daſs also die Methode zwei kleine Fehlerquellen hat, die sich
                              									gegenseitig ausgleichen, so glaube ich nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, die von
                              									mir beschriebene Methode der Gerbstoffbestimmung mit Kupferacetat gebe keinen
                              									gröſseren Fehler als 0,2 bis 0,3 Proc. Um diese Menge fallen die Bestimmungen in den
                              									Gerbstoffhaltigen Materialien, namentlich im Thee, zu hoch aus.
                           Was die von Fleck angegebene Methode der Trennung von
                              									gerbsaurem Kupfer und gallussaurem Kupfer mittels kohlensauren Ammoniums, welches
                              									nur das letztere, nicht aber das erstere lösen soll, anbelangt, so betone ich, daſs
                              									sie unbrauchbar ist; denn auch reines gerbsaures Kupfer wird von kohlensaurem
                              									Ammonium nicht unbeträchtlich aufgelöst. In Folge dessen muſs man immer einen zu
                              									hohen Gehalt an Gallussäure finden. Dies suchte HagerUntersuchungen (Leipzig 1874), Bd. 2 S.
                                    											115. auszugleichen, indem er den so ermittelten Gehalt von
                              									Gallussäure mit 0,9 multiplicirte. Auch so konnte ich keine constanten Zahlen
                              									erhalten. Deshalb ziehe ich vor, den Kupferniederschlag, wie er aus dem Theedecoct
                              									erhalten wird, sofort nach dem Waschen einzuäschern und nach dem oben beschriebenen
                              									Vorgang aus dem Kupfer den Gerbstoff zu berechnen. Auf diese Weise habe ich eine
                              									Reihe von Gerbstoffbestimmungen in einer groſsen Menge von Theesorten vorgenommen,
                              									deren Resultate ich zugleich mit anderen Untersuchungen über verschiedene Theesorten
                              
                              									demnächst veröffentlichen werde.
                           Nach meiner Ansicht ist also die Gerbstoffbestimmung mit Kupferacetat mehr als andere
                              									Methoden geeignet, sich rasch, ohne viele Vorbereitungen und Zeitverlust über den
                              									Gerbstoffgehalt des Thees und ähnlicher Producte zu vergewissern. Die Genauigkeit
                              									der Resultate und die Möglichkeit, mehrere Analysen ohne Mühe gleichzeitig in
                              									Angriff nehmen zu können und so schnell die Ueberzeugung von der Echtheit des Thees
                              									oder der Gröſse des Gerbstoffgehaltes im Allgemeinen sich verschaffen zu können,
                              									machen diese Methode zu einer sehr praktischen.
                           Troppau, Juni 1878.