| Titel: | Ueber die Vortheile der nur theilweisen Entfettung der Oelsamen bei der Extraction durch Schwefelkohlenstoff; von Dr. L. Wittmack in Berlin. | 
| Autor: | L. Wittmack | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 167 | 
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                        Ueber die Vortheile der nur theilweisen
                           								Entfettung der Oelsamen bei der Extraction durch Schwefelkohlenstoff; von Dr. L. Wittmack in
                           									Berlin.
                        Wittmack, über die Entfettung der Oelsamen.
                        
                     
                        
                           Als um die Mitte der fünfziger Jahre zuerst die Idee auftrat, aus Oelsamen anstatt
                              									durch Pressen den Fettgehalt durch Extraction mittels Schwefelkohlenstoff zu
                              									gewinnen, mochte in einzelnen furchtsamen Gemüthern wohl der Gedanke auftreten, daſs
                              									die Rückstände bei dieser Methode als Viehfutter nicht benutzt werden könnten, da
                              									man damals es noch nicht dahin gebracht hatte, dieselben vollständig von dem der
                              									Gesundheit schädlichen Schwefelkohlenstoff wieder zu befreien, ohne sie zu
                              									verderben, bezieh. zu überhitzen, und man sprach deshalb sogar dem ganzen
                              									Extractionsverfahren die Lebensfähigkeit ab.Vgl.
                                    												Deite: Die Industrie der Fette
                                    											(Braunschweig 1878), S. 145. Allein die Praxis hat alle diese
                              									Befürchtungen längst widerlegt. Seitdem man es verstanden hat, den
                              									Schwefelkohlenstoff vollständig aus den Rückständen zu entfernen, sind die
                              									letzteren, namentlich die von den Samen der Oelpalme (Elaeis
                                 										guineensis), das sogen. Palmmehl, ein sehr beliebtes Viehfutter geworden,
                              									welches ganz besonders auf die Absonderung der Milch, sowie bei der Aufzucht und der
                              									Mast einen vortheilhaften Einfluſs übt. Bedauert wurde seitens der Landwirthe nur,
                              									daſs bei der in den letzten 10 Jahren sich immer mehr ausdehnenden
                              									Extractionsmethode die Rückstände gegenüber den durch Pressen gewonnenen stets so
                              									arm an Fett blieben. Es ist zwar noch nicht ausgemacht, ob bei der Mast die
                              									einseitige Steigerung der Fettmenge bei einer an sich schon kräftigen Fütterung von
                              									Einfluſs ist oder nicht. Die ausgedehnten, mit Hammeln angestellten Versuche darüber
                              									von E. v. Wolff, Walter Funke und Kreuzhage in HohenheimLandwirthschaftliche Jahrbücher, 1876 Bd. 5 S.
                                    											549. haben weder einen bemerkbar hemmenden, noch auch einen
                              									fördernden Einfluſs erkennen lassen; indeſs fügt E. v.
                                 										Wolff hinzu, daſs wenn auch ein gröſserer Fettgehalt auf die Verdauung des Futters keinen wesentlich fördernden
                              									Einfluſs ausübe, es doch nicht zu bezweifeln sei, daſs dadurch unter sonst günstigen
                              									Umständen eine bessere Nährwirkung, besonders bei dem
                              									Mästen der Thiere eine erhöhte Ausnutzung des Gesammtfutters in der Bildung und im
                              									Ansatz von Fett und Fleisch bewirkt werden könne.
                           Diesen Gedanken hatte die landwirtschaftliche Praxis gewissermaſsen instinctiv schon
                              									immer gehabt, und die ölarmen Rückstände fanden daher nicht diejenige Anerkennung,
                              									welche für einen regen und schnellen Absatz erforderlich sind. Letzteres kann man
                              									wohl auch als Hauptgrund dafür ansehen, weshalb die Extractionsmethode sich nicht noch in erhöhterem
                              									Maſse Eingang verschafft hat, trotzdem man jetzt durch Verbesserung der Apparate und
                              									des Verfahrens im Stande ist, das Oel durch Extraction billiger herzustellen als in
                              									Oelmühlen, die auſserdem ein gröſseres Anlagekapital erfordern. In den letzten
                              									Jahren ist man aber seitens der Extractionsfabriken den berechtigten Wünschen der
                              									Landwirthe entgegengekommen und hat auf eine vollständige Entziehung des Fettes
                              									verzichtet. Damit ist zugleich für den Fabrikanten der Vortheil eingetreten, daſs
                              									die Leistungsfähigkeit der Apparate eine verhältniſsmäſsig bedeutend gröſsere
                              									geworden ist; denn nach den mir freundlichst gemachten Mittheilungen des Hrn. C. O. Heyl (in Firma Oelfabrik in Martinikenfelde bei
                              									Berlin), wohl eines der sachverständigsten Männer auf diesem Gebiete, ist man jetzt
                              									im Stande, in einer mäſsigen Anlage mit 8 Extractoren in 24 Stunden aus Palmkernen
                              										12t,5 Oel und 15t Futtermehl (Palmmehl) zu gewinnen, d. i. das vierfache der früheren
                              									Production. Anstatt der sonst nur verbliebenen etwa 3 bis 4 Proc. Fett finden sich
                              									nunmehr im Palmmehl durchschnittlich 8 Proc. und werden auf Verlangen auch 12 Proc.,
                              									also so viel, wie sich in den durch Pressen entstandenen Palmkuchen finden,
                              										geliefert.In dem von Dr. Kreuzhage (a. a. O. S. 515) bei oben erwähntem
                                    											Fütterungsversuch analysirten, nur theilweise entfettetem Palmmehl, allem
                                    											Anschein nach ebenfalls von Heyl und Comp.,
                                    											fanden sich sogar 18,10 Proc. Fett; doch war dasselbe zu diesem besonderen
                                    											Zweck hergestellt worden. Gegenüber den Palmkuchen hat
                              									bekanntlich entöltes Palmmehl den Vorzug, daſs es im Durchschnitt 2 bis 3 Proc. mehr
                              									Proteïn und etwa 2,5 bis 4,5 Proc. mehr Kohlehydrate enthält, allerdings auch 3
                              									Proc. Rohfaser mehr; doch ist letztere je nach dem Material so wechselnd, daſs
                              									darauf wenig Gewicht zu legen ist.