| Titel: | Darstellung von Bromäthyl. | 
| Autor: | C. E. | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 285 | 
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                        Darstellung von Bromäthyl.
                        Darstellung von Bromäthyl.
                        
                     
                        
                           Bromäthyl C2H3Br
                              									entsteht mit Leichtigkeit durch Umsetzung von Aethylschwefelsäure mit Bromkalium
                              									oder Bromnatrium: C2H5O.SO2.OH + KBr = C2H5Br + KO.SO2.OH. Diese Reaction, zuerst von de Vrif benutzt, hat erst in der Neuzeit, in Folge der
                              									niederen Brompreise, technische Verwerthung und Ausbildung gefunden. Brommethyl
                              										CH3Br läſst sich weniger gut auf diesem Wege
                              									gewinnen, da man die Bildung harziger Nebenproducte selbst bei Anwendung ziemlich
                              									reinen Methylalkohols, nicht vermeiden kann. Doch kann man auch von der Anwendung
                              									desselben, sowie der Jodüre beider Alkohole für viele technische Zwecke absehen, da
                              									das bequemer zu gewinnende und billigere Bromäthyl fast vollkommen Ersatz
                              									bietet.
                           Bei der Darstellung des Bromäthyls im Groſsen hat man zunächst den Gehalt an
                              									wirklichem Brommetall, sowie die etwa begleitenden Salze zu berücksichtigen. Das
                              									Bromkalium des Handels enthält zwischen 85 bis 95 Proc. KBr, den Rest bildet
                              									Chlorkalium, Spuren von Jodkalium und Wasser. Das Bromkalium oder Bromnatrium, das nach der
                              									weiteren Verarbeitung des Bromäthyls wiedergewonnen wird, enthält neben Chlormetall
                              									meist auch noch Carbonat und Sulfat sowie organische Beimischungen.
                           Hat man sich überzeugt, daſs nur ein Alkalimetall vorhanden ist, gebunden an Chlor
                              									und Brom, so genügt eine Titration mit Zehntel-Silberlösung, um mit hinreichender
                              									Genauigkeit den Bromgehalt in bekannter Weise zu ermitteln.
                           Bei Sulfat- und Carbonatgehalt ist die Bestimmung mit titrirtem Chlorwasser die
                              									bequemste. Endlich ist das Verfahren de Vrij's selbst
                              									sehr wohl geeignet, technisch brauchbare analytische Resultate zu liefern. Man
                              									übergieſst das grobkrystallinische oder doch völlig trockne, grobkörnige Material
                              										(25g) in einem Kolben mit Steigrohr und
                              									Thermometer mit einem Gemisch aus 25g 90proc.
                              									Alkohol, 50g concentrirter Schwefelsäure und 15g Wasser. Etwaiges Carbonat hat man schon vor dem
                              									Trocknen in Sulfat übergeführt. Die Reaction beginnt bei 90°; man steigert dieselbe
                              									erst gegen Ende bis auf 125 bis 130°. Bemerkenswerth ist, daſs die
                              									Umsetzungstemperatur des Bromnatriums gegen 10° höher liegt als die des Bromkaliums.
                              									Der Kolben ist mit einem Kühler verbunden und das gebildete Bromäthyl tritt in ein
                              									geeignetes kalibrirtes Gefäſs unter Wasser aus. Hierin kann es mit genügender
                              									Genauigkeit gemessen oder gewogen werden, nachdem man das in der Regel schwach saure
                              									Wasser durch reines ersetzt hat. Man erfährt so das specifische Gewicht, welches
                              									stets mehr oder weniger zu klein gefunden wird. In der That ist das Bromäthyl,
                              									auſser mit Spuren von Wasser und Alkohol, stets durch Aether verunreinigt, besonders
                              									die letzten Portionen des Destillates. Eine genauere Bestimmung durch Natriumamalgam
                              									in ätherischer Lösung, oder durch alkoholisches Alkali dürfte meist zu viel Zeit und
                              									Umstände beanspruchen. Man kann sich begnügen, den Bromäthylgehalt nach folgender
                              									Formel zu berechnen, die allerdings nur dann richtige Resultate geben kann, wenn
                              									neben Bromäthyl wesentlich nur Aether (C2H5)2O vorhanden
                              									ist.
                           Mit x sind Volumtheile Bromäthyl, mit
                              										y Volumtheile Aether (von 0,74 sp. G.), mit V das beobachtete Gesammtvolum, mit P das beobachtete Gesammtgewicht = Vmal dem beobachteten specifischen Gewicht bezeichnet;
                              									dann ist:
                           1) x+y=V
                           2) 1,4\,x+0,74\,y=V \times \text{Spec. Gew.}=P,
                              									woraus
                           x=\frac{P-0,74\,V}{0,66}; dieser Werth, mit 1,4 multiplicirt,
                              									gibt das absolute Gewicht des vorhandenen Bromäthyls.
                           Man habe beispielweise für 25g
                              									käuflichen Bromkalium gefunden 18cc Bromäthyl (sp.
                              									G. = 1,333), daher 24g, so ist:
                              										\frac{24-(0,74 \times 18)}{0,66}\,1,4=22^g,6 das Gewicht an
                              									Bromäthyl. 22,7 ist die theoretische Menge, die bei 12° und 1,4 sp. G. einen Raum
                              									von 16cc,2 erfüllt.
                           Die so erhaltenen Zahlen stimmten genügend mit dem oft auf andere
                              									Weise ermittelten Bromgehalt; eine Contraction beim Mischen von Aether und reinem
                              									Bromäthyl tritt nicht ein.
                           
                           Nur unbedeutende Spuren Bromwasserstoff finden sich im Auffangwasser, etwaiges Chlor
                              
                              									als HCl. Der Rückstand im Kolben enthält Bisulfat, welches beim Erkalten erstarrt,
                              									neben gewissen Mengen von Aetherschwefelsäuren und Schwefelsäure. Selbstverständlich
                              									darf er keinen Bromgehalt mehr zeigen. Bezeichnend für die Wahl der Gefäſse auch im
                              									Groſsen ist das besonders im Anfang ziemlich energische Steigen und Schäumen des
                              									Gemisches. Die Temperatur der Masse ist nur sehr allmälig zu steigern, die
                              									Hauptreaction vollzieht sich bei Kaliumsalz zwischen 90 bis 110°, bei Natriumsalz
                              									zwischen 100 bis 120°. Dieselben Beobachtungen, zu denen die Versuche im Kleinen
                              									veranlassen, wiederholen sich auch beim Arbeiten im Groſsen.
                           Bekanntlich bildet sich um so mehr Aetherschwefelsäure, je rascher die Mischung der
                              									Schwefelsäure mit dem Alkohol geschieht. Man gieſst unter beständigem Umrühren in
                              									geeigneten Bleigefäſsen 1 Vol. concentrirter Schwefelsäure (sp. G. 1,83) zu 1 Vol.
                              									95proc. Alkohl, verdünnt nach längerem Stehen mit ⅕ bis ¼ des Gewichtes durch
                              									Wasser. Dieser Wasserzusatz ist zur Erzielung einer guten Ausbeute, von mindestens
                              									1,25 sp. G., durchaus nöthig; andernfalls erhält man zwar anfänglich sehr starkes
                              									Product, späterhin aber überwiegend Aether und Bromwasserstoffsäure, die sich im
                              									Fangwasser findet.
                           Für die Kalium- oder Natriumsalzgemische, in denen man aus den Proceſsen das Brom zum
                              									gröſseren Theil wieder erhalten kann, hat man zu beachten, daſs das Gemisch nur im
                              									Verhältniſs zum wirklich vorhandenen Bromid angewendet werden soll. Diese Salze, wie
                              									schon erwähnt, neben Bromid, vorzüglich aus Chlorid, Carbonat, Hydrat und zuweilen
                              									Sulfat bestehend, sind vorher mit etwa vorhandener Bromwasserstoffsäure oder
                              									Salzsäure abzusättigen; sie enthalten – wenn aus dem Grünproceſs stammend – selten
                              									unter 40 oder über 60 Proc. an Brommetall.
                           Die Operation, unter Berücksichtigung der erwähnten Umstände, zweckmäſsiger Wahl der
                              									Apparate und Erwärmung, ist auch im Groſsen in befriedigender und gefahrloser Weise
                              									aufzuführen. Für eine Charge von 50k Bromkalium,
                              									mit beiläufig 95 Proc. KBr, 50k Alkohol mit 100k Schwefelsäure (sp. G. 1,83) und 30k Wasser bedarf man eines wohl ausgebleiten
                              									Kessels von 85cm Höhe und 90cm Durchmesser; derselbe ist entweder eingemauert,
                              									oder wird durch einen Dampfmantel geheizt. Der Dampf muſs in diesem Falle eine
                              									mittlere Spannung von 5at zeigen, da die
                              									Temperatur von 130° gegen Ende der Operationen erreicht und eine Zeit lang erhalten
                              									werden muſs. Der eigentliche Kessel faſst also etwa 500l, wovon durch die volle Charge etwa ⅓ erfüllt werden, so daſs noch
                              									hinlänglich Steigraum bleibt. Nachdem das Salz in den Kessel geschüttet, wird er
                              									durch einen starken, von eisernen Spangen getragenen Bleideckel geschlossen, die
                              									Dichtung durch Gummiring, eisernen Ueberfassungsring mit Klemmschrauben geschlossen.
                              										Aus der Mitte des
                              									Deckels führt ein etwa 50cm langes Bleirohr, 4cm lichte Weite, aufwärts und wird mit einem
                              									Steigrohr von etwa 150cm Aufstieg und 500cm gesammter Länge durch entsprechend dicken,
                              									umsponnenen Kautschukschlauch verbunden. Bei der Biegsamkeit der Bleiröhre wird,
                              									wenn die Enden gut gerundet und nebst dem Schlauch gut mit Talg verrieben sind,
                              									leicht vollkommener Schluſs erreicht. Um die Last der Bleiröhre nicht auf den Kessel
                              									drücken zu lassen, unterstützt man das horizontale Stück durch einen gleichlaufenden
                              									Balken. Das Ende des Steigrohres wird seinerseits mit einer zweckmäſsig etwas
                              									verjüngten Kühlschlange von etwa 6 Windungen bei 25mm Durchmesser verbunden; ausreichende Kühlung mit möglichst kaltem Wasser
                              									ist erforderlich. Das am unteren Ende der Kühlfäſser austretende Stück der Leitung
                              									wird mit einem erweiterten Vorstoſs – am besten aus Glas – versehen, so daſs von dem
                              									Wasser, unter welchem das Bromäthyl aufzufangen ist, nichts in die Röhre steigen
                              									kann, man also auf alle Fälle vor einer Störung des Ansatzes gesichert ist, den man
                              									etwaigen Falles aus Mangel an Dampf oder wegen plötzlich nöthig gewordener Reparatur
                              									der Feuerung, schon im Arbeiten, hat abkühlen lassen müssen. Bewirkt man die Heizung
                              									durch directe Feuerung, so ist es gerathen, die Condensation und das Auffangen in
                              									einem von dem Herde getrennten Raum vorzunehmen. Eine andere Oeffnung im Deckel ist
                              									zum Nachfüllen des Flüssigkeitsgemisches bestimmt und wird, nachdem dies geschehen,
                              
                              									durch einen Gummistopfen geschlossen, durch welchen ein Thermometer so tief in die
                              									Flüssigkeit taucht, daſs deren Temperatur während des ganzen Proceſses verfolgt
                              									werden kann.
                           Das übergehende Product wird zunächst in Steinkrügen aufgefangen, die völlig mit
                              									kaltem Wasser gefüllt sind, der Halogenäther sinkt zu Boden, das verdrängte Wasser
                              									flieſst über in die Wanne, worin der Krug steht. Man wechselt diese Vorlagen öfter
                              									und besonders am Ende, um dem Aethyl eine möglichst tiefe Waschschicht zu gewähren,
                              									wodurch er eventuell von gröſseren Mengen Alkohol, Säure und Aether befreit wird.
                              									Diese letzteren sind in Wasser vielmal mehr löslich als Bromäthyl, und die
                              									Löslichkeit des letzteren im Wasser wird um so geringer, je weniger darin von jenen
                              									ersteren enthalten ist.
                           Unter Beobachtung des oben über Innehaltung der Temperatur und ihrer allmäligen
                              									Steigerung Gesagten wird man leicht aus Bromkalium oder Bromnatrium von 80 bis 100
                              									Proc. Gehalt fast theoretisch vollkommene Ausbeuten an Bromäthyl vom specifischen
                              									Gewicht 1,3 bis 1,35 erhalten. Das Bromäthyl, welches man aus den wiedergewonnenen,
                              									neutralisirten, weiter nicht gereinigten und nur gut getrockneten Bromiden erhält,
                              									schwankt in seinem specifischen Gewicht zwischen 1,2 bis 1,3.
                           Die theoretischen Ausbeuten beziehen sich selbstverständlich auf den Bromgehalt, als
                              									den werthvollsten Bestandtheil der in Reaction gehenden Substanzen. Vom Alkohol
                              									gehen fast 1,5 Aeq., von der Schwefelsäure fast 3 Aeq. verloren, oder in Verbindungen
                              									über, in denen ihr Werth – besondere Verhältniſse ausgeschlossen – erheblich
                              									herabgemindert erscheint. Nach der Reactionsgleichung KBr + C2H5OH + H2SO4 = HKSO4 + C2H5Br + H2O sind für
                              									50 KBr nur 21 Alkohol (90proc.) und 42 concentrirte Schwefelsäure (1,83 sp. G.)
                              									erforderlich. Der Alkohol geht theils als solcher oder als Aether verloren und
                              									findet sich theils als Aethylschwefelsäure im Rückstand und wäre eventuell zu Aether
                              									zu verarbeiten. Schwefelsäure ist in der eben erwähnten Form vorhanden als solche
                              									und endlich als krystallisirtes Kaliumbisulfat. Diese als Nebenprodukt auftretenden
                              									Verbindungen haben gegen das Hauptproduct so geringen Werth, daſs sie meist nicht in
                              									Betracht kommen.
                           
                              
                                 C. E.