| Titel: | Ueber Mörtel. | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 349 | 
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                        Ueber Mörtel.
                        Ueber Mörtel.
                        
                     
                        
                           Obgleich der Cement, für dessen Prüfung jetzt glücklicher Weise allgemein giltige
                              									Normen aufgestellt sind, bei Bauten eine sehr ausgebreitete Verwendung findet, so
                              									bleibt doch der Kalk ohne Frage das am meisten verwendete Bindemittel, dessen
                              									wirklicher Werth bis jetzt kaum irgendwo bestimmt wird. Die Herstellung des
                              
                              									Kalkmörtels bleibt unkundigen Arbeitern überlassen, so daſs meist
                              									Materialverschwendung oder ein zu groſser Sandzusatz stattfindet, auf Kosten der
                              									Haltbarkeit. F. Wagner schlägt daher in der Thonindustriezeitung, 1877 S. 295 vor, behufs
                              									Aufstellung entsprechender Normen zur Beurtheilung der Beschaffenheit des Kalkes
                              									eine Reihe Kalke genau zu untersuchen unter Berücksichtigung folgender Punkte:
                           1) Untersuchung des Gehaltes an Kieselsäure, Thonerde und
                              									Magnesia; dieselben machen den Kalk bei zu starkem Gehalte bekanntlich hydraulisch,
                              									wodurch derselbe sich zum Ablöschen zu Kalkbrei nicht mehr eignet (da dieser bei
                              									längerem Liegen in der Grube schon abbindet), sondern in bekannter Weise zu
                              									Pulverform verlöscht werden muſs.
                           2) Ablöschung eines bestimmten Gewichtes Kalk zu Kalkbrei (bezieh.
                              									zu Kalkpulver bei hydraulischem Kalk), Notirung der Menge gebrauchten Löschwassers
                              									und Messung, nachdem der Kalk so weit trocken ist, daſs sich Risse in demselben
                              									bilden, endlich Absiebung der nicht zerfallenen Kalktheile bei hydraulischem Kalk
                              									und Ermittlung des brauchbaren Kalkpulvers, sowie der unloschbaren Rückstände nach
                              									Gewicht.
                           3) Anfertigung von Probekörpern bei verschiedenen Sandzusätzen
                              									(Cement-Normalsand) und Zerreiſsung bezieh. Zerdrückung derselben nach verschiedenen
                              									Zeiträumen (bei den Probekörpern mit hydraulischem Kalk auch bei Erhärtung unter
                              									Wasser). – Es dürfte sich empfehlen, den zu den Probekörpern benutzten Mörtel in
                              									verschiedenen Feuchtigkeitsgraden anzufertigen und den benutzten Wasserzusatz zu
                              									notiren, auch den Wassergehalt des benutzten Kalkbreies durch Abdampfung vorher zu
                              									ermitteln. Die Probekörper würden vielleicht mit einem Querschnitt von 10qc Bruchfläche anzufertigen sein, da bei kleineren
                              									Querschnitten, namentlich bei hohen Sand Zusätzen, das Zerreiſsungsgewicht ein zu
                              									kleines sein würde. Eine Ausdehnung der Zerreiſsungsversuche auf längere Zeiträume
                              									wäre dabei sehr erwünscht.
                           4) Zusammenstellung sämmtlicher Resultate unter genauer Notiz
                              									sämmtlicher auch der geringsten aufgefallenen Eigenschaften und des genauen
                              									Verfahrens bei der Prüfung.
                           
                           C. H. Hoffmann (Thonindustriezeitung, 1877 S. 244) erinnert zunächst an
                              									Festigkeitsbestimmungen von Frühling und Michaelis mit zwei Kalkproben.
                           
                              
                                 Es hatte eine Druckfestigkeit (k auf 1qc)
                                 nach 1
                                 nach 3
                                 
                              
                                 
                                 Monat
                                 
                              
                                     Rüdersdorfer Kalk mit 2 Th. Sand
                                   8,97
                                 10,90
                                 
                              
                                     Langenweddinger Staubkalk mit 3 Th. Sand
                                 10,20
                                 10,09
                                 
                              
                                                   „                   „         „  4   „     „
                                   7,24
                                   8,47
                                 
                              
                                                   „                   „         „  5   „     „
                                   6,60
                                   7,61
                                 
                              
                                                   „                   „         „  6   „     „
                                   5,00
                                   6,69
                                 
                              
                                 Bei der Erhärtung im wasserdurchtränkten Zustand wurden
                                    											gefunden:
                                 
                              
                                     Rüdersdorfer Kalk mit 2 Th. Sand
                                   2,67
                                   3,24
                                 
                              
                                     Langenweddinger Staubkalk mit 3 Th. Sand
                                   4,11
                                   9,19
                                 
                              
                                                   „                   „         „  4   „     „
                                   3,30
                                   6,21
                                 
                              
                                                   „                   „         „  5   „     „
                                   2,90
                                   6,69
                                 
                              
                                                   „                   „         „  6   „     „
                                   –
                                   6,67
                                 
                              
                           Hoffmann selbst beobachtete bei einem Bauwerke, daſs ein
                              									Mörtel, welcher anfangs der beanspruchten Druckfestigkeit von 7k genügt hatte, die im Trocknen sogar bis 11k gesteigert war, während eines feuchten Winters
                              									auf 2 bis 3k Festigkeit herunterging. Weitere
                              									Versuche in dieser Richtung sind also dringend nothwendig.
                           Nach J. Stingl (Oesterreichische
                                 										Gewerkszeitung, 1878 S. 117) äuſsern die Kieselsäure-haltigen
                              									Verunreinigungen des Kalkes ihren schädlichen Einfluſs besonders beim Brennproceſse
                              									selbst durch Bildung von Silicaten, während die Magnesia durch Verzögerung des
                              									Löschens nachtheilig wird.
                           In jedem Kalkbrei ist zunächst das Calciumhydrat (CaO2H2) als solches vorhanden in Form von
                              									feinen Körnern von 2,007 sp. Gr., während das Calciumoxyd 2,2896 sp. G. hatte. Das
                              									Calciumhydrat besitzt nun die Eigenschaft, bei der Bildung eine gröſsere Menge
                              									Wasser derartig aufzunehmen und festzuhalten, daſs hierdurch eine breiartige Masse
                              									entsteht, wobei keine deutliche Trennung des flüssigen Wassers vom festen Kalkhydrat
                              									zu unterscheiden ist, und dieser feste Körper sich weder abscheidet noch absetzt,
                              									ohne daſs eine chemische. Verbindung nach bestimmten Gewichtsverhältnissen erfolgte.
                              									Durch diese Wasseraufnahme muſs natürlich das Volum vergröſsert werden und je mehr
                              									Wasser auf diese Art festgehalten wird, desto besser „gedeiht“ der Kalk, oder
                              									desto „fetter“ ist er.
                           Werden 50g reines Calciumoxyd in einem Becherglase
                              									mit Wasser besprengt, so entsteht zunächst unter Contraction und Wärmeentwicklung
                              									Calciumhydrat und durch ferneren Wasserzusatz unter weiterer Contraction ein
                              									Kalkbrei, in welchem ein Glasstab noch aufrecht steht. Nachfolgende Tabelle zeigt
                              									die Zusammensetzung dreier Kalke von:
                           
                           
                              
                                 
                                 Kimpolung
                                 Krasna
                                 Jesopol
                                 
                              
                                 Calciumoxyd
                                   98,06
                                   97,96
                                 94,68
                                 
                              
                                 Magnesiumoxyd
                                     0,97
                                     1,30
                                   0,86
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                     0,14
                                     0,11
                                   0,24
                                 
                              
                                 Aluminiumoxyd
                                     0,51
                                     0,41
                                   0,93
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                     –
                                     0,03
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                     0,30
                                     0,14
                                   1,23
                                 
                              
                                 Kohlensäure und Wasser
                                     0,48
                                     0,11
                                   1,86
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,46
                                 100,06
                                  99,80.
                                 
                              
                           Nachfolgende Zusammenstellung zeigt, daſs der Kalk um so besser, je kleiner die
                              									Dichte des Kalkbreies ist.
                           
                              
                                 
                                 Calciumoxyd
                                 Kimpolung
                                 Krasna
                                 Jesopol
                                 
                                 
                              
                                 Enthalten Calciumoxyd
                                 100
                                 98,06
                                 97,96
                                 94,68
                                 Proc.
                                 
                              
                                 50g desselben geben
                                    											dün-    nen Kalkbrei
                                 572,3
                                 543,8
                                 438,4
                                 233cc,5
                                 
                                 
                              
                                 Die Dichte dieses Kalk-    breies beträgt
                                 1,1007
                                 1,107
                                 1,145
                                 1,280.