| Titel: | Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 383 | 
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                        Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz
                           									Hannover.
                        (Fortsetzung von S. 263 dieses
                           								Bandes.)
                        Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover.
                        
                     
                        
                           Chemische Industrie. Wenn auch von einer eigentlichen
                              									chemischen Fabrikindustrie der Provinz Hannover am Ende des vorigen Jahrhunderts
                              									noch nicht die Rede sein konnte, so hat sie sich doch in den letzten Jahren um so
                              									rascher entwickelt. Betrachten wir zunächst die ausgestellten Rohstoffe, so finden
                              									wir unter der Abtheilung
                              									Bergbau und Hüttenwesen von Behrens und Saur in
                              									Niedersachswerfen ausgestellten Schwerspath, ferner Lenzin und Annaline. Mit Lenzin
                              									bezeichnet man einen etwas gröblich gepulverten Rohgyps, der zum Versetzen der
                              									billigen Ultramarine und anderer Farben verwendet wird, mit Annaline fein
                              									pulverisirten Rohgyps, der zuerst von L. Rohrmann auf
                              									der Annenmühle (nach Anna Busse genannt) bei Osterode
                              									hergestellt wurde und vielfach als Zusatz zur Papiermasse verwendet wird (vgl. 1862
                              										166 389). R. Schimpf in
                              									Osterode hat Annaline, Leichtspath (Lenzin) und Baugyps geschickt. Rohe und
                              									geschlämmte Infusorienerde von tadelloser Beschaffenheit sind von Berkefeld in Celle und Reye in Hamburg ausgestellt, Asphalt von den beiden Hannoverschen
                              									Asphaltfabriken. Das Vorkommen von Asphalt (Petroleum nigrum
                                 										graveolens) in den oberen Juraschichten bei Limmer vor Hannover war schon
                              									i. J. 1730 bekannt, wurde aber erst i. J. 1843 von Hennig technisch ausgebeutet. Diese seit 1871 einer Actiengesellschaft
                              									gehörende Fabrik liefert jährlich fast 20000t
                              									Asphaltproducte und läſst durch eigene Arbeiter etwa 50000qm Asphaltfuſsböden herstellen. Es ist
                              									bemerkenswerth, daſs die Asphaltvorkommen in Limmer und Vorwohle die einzigen
                              									technisch bedeutenden Deutschlands sind.
                           Der Harzer Bergbau wurde zuerst am Rammelsberge bei Goslar um das J. 972 begonnen und
                              									gegen das Ende des 13. Jahrhunderts nach dem Oberharze ausgedehnt. Mit einzelnen,
                              									theilweise localen Unterbrechungen und Beschränkungen, veranlaſst namentlich durch
                              									die Pest und Hungersnoth in den J. 1347 bis 1349, 1527 und 1621 bis 1625, sowie
                              									durch den 30jährigen Krieg, hat dieser Bergbau bis heute bestanden und geblüht, und
                              									stellen die aufgeschlossenen und vorhandenen Erzmittel ihm noch eine lange Zukunft
                              									in Aussicht. Die Oberharzer und Kommunion-Unterharzer Berg- und Hüttenwerke
                              									förderten im J. 1876:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Geldwerth
                                 
                              
                                 
                                 Bleierze
                                  28880t
                                     4327165 M.
                                 
                              
                                 
                                 Zinkerze
                                   4223
                                 410141
                                 
                              
                                 
                                 Kupfererze
                                 10387
                                 507877
                                 
                              
                                 
                                 Silbererze
                                           4,6
                                   99415
                                 
                              
                                 und producirten
                                 in demselben Zeiträume:
                                 
                              
                                 
                                 Gold
                                 
                                 95k,58
                                 
                              
                                 
                                 Silber
                                 
                                 27230k,5
                                 
                              
                                 
                                 Blei
                                 
                                    9126t
                                 
                              
                                 
                                 Glätte
                                 
                                     641
                                 
                              
                                 
                                 Kupfer
                                 
                                      521.
                                 
                              
                                 Auſserdem an Nebenprodukten:
                                 
                              
                                 
                                 Schwefelsäure
                                 
                                 26434t
                                 
                              
                                 
                                 Vitriole
                                 
                                  2938
                                 
                              
                                 
                                 Ofengalmei
                                 
                                        9
                                 
                              
                                 
                                 Oxyde (Zinkgelb)
                                 
                                      71
                                 
                              
                                 
                                 Nickelspeise
                                 
                                       59.
                                 
                              
                           Der Geldwerth dieser Producte betrug 11222730 M. Dagegen beträgt die
                              									Gesammtproduction der übrigen Bergwerksdistricte Preuſsens an Blei und Glätte
                              										20000t, während Sachsen etwa 3000, Belgien
                              									4000 und Oesterreich 6200t Blei liefern.
                           Aelter noch als der Harzer Bergbau ist die Gewinnung von Salz, da die Saline in
                              									Lüneburg bereits im 9. Jahrhundert gegründet wurde. Besonders beachtenswerth ist die
                              									von dieser Saline ausgestellte Siedepfanne, eine Originalbetriebspfanne vom J. 1684.
                              									Dieselbe ist 1m,02 lang und breit, 10cm tief und aus einer 9 bis 10mm dicken Bleiplatte durch Aufbiegen der Ränder
                              									hergestellt, so daſs die vier Ecken zugleich als Ausgüsse dienen. Nach den
                              									ausgestellten Plänen waren auf der alten Saline 54 Siedehäuser mit je 4 solcher
                              
                              									Pfannen vorhanden; die erst i. J. 1798 durch groſse
                              									Pfannen ersetzt 'wurden. Die Saline liefert jährlich 2000t, die Stader Saline etwa 1000, während Egestorff's Salzwerke in Hannover fast 34000t Salz absetzen. Das Vorkommen von Salzquellen vor
                              									Hannover wurde schon i. J. 1639 beobachtet, aber wieder vergessen, dann i. J. 1778
                              									von F. Ehrhart durch die dort vorkommenden Salzpflanzen
                              										von Neuem
                              									aufgefunden; aber erst i. J. 1831 gründete hier G.
                                 										Egestorff die gröſste Saline der Provinz. Das ausgestellte Salz sämmtlicher
                              									Salinen ist tadellos; bemerkenswerth ist die geschmackvolle Verpackung des
                              									Speisesalzes von Egestorff's Salzwerken.
                           Zunächst zur Verarbeitung der Salzabfälle dieser Saline gründete G. Egestorff i. J. 1839 die damit verbundene
                              									Schwefelsäure- und Sodafabrik; zu gleichem Zweck richtete die Lüneburger Saline i.
                              									J. 1858 ebenfalls eine Sodafabrik ein. Beide Fabriken liefern jetzt jährlich etwa
                              										7250t Schwefelsäure, 4000t Salzsäure, 250t Chlorkalk, 2100t calcinirtes und 50t krystallisirtes Glaubersalz, 2250t Soda, 125t
                              									Aetznatron und 80t unterschwefligsaures Natron,
                              									Chlorbarium und einige andere Chemikalien aus 20700t Rohmaterial bei einem Verbrauch von 10150t Steinkohle, Die von beiden Fabriken ausgestellten Producte sind gut;
                              
                              									bemerkenswerth sind namentlich die prachtvollen Sodakrystalle der genannten
                              									Salzwerke. Die Lüneburger Fabrik hat u.a. calcinirte Soda von 95, 90, 80, 60, 50 und
                              									30 Proc. und in tadelloser Weiſse ausgestellt. Ob Zwischenhändler immer den
                              									richtigen Gehalt der letzteren Producte angeben, ist wohl zweifelhaft, eine
                              									Bestimmung des wirklichen Werthes bei Soda-Ankäufen daher jedenfalls gerathen.
                           Die dritte Schwefelsäure- und Sodafabrik der Provinz, welche nach Le Blanc arbeitet, die chemische Fabrik in Nienburg,
                              									hat nicht ausgestellt; dagegen hat die mit der Saline Rothenfelde verbundene
                              									Ammoniaksodafabrik sehr schöne 99 proc. Soda geschickt.
                           Einige andere Schwefelsäurefabriken stellen nur Kammersäure her für die damit
                              									verbundenen Fabriken künstlicher Düngemittel. Besonders hervorragend sind die von
                              
                              										Meyer und Riemann in Linden ausgestellten Proben
                              									Guano, Phosphorite, aufgeschlossene Knochenmehle u. dgl., sowie das hübsche Modell
                              									einer Schwefelsäurefabrik; die Fabrik liefert jährlich 12500t künstlicher Düngemittel. Von fast gleicher
                              									Bedeutung ist die Fabrik von Stackmann und Retschy in
                              									Lehrte und von Klamroth in Nienburg. Die Fabrik von Gunter, Schröder und Comp. in Harburg verwendet zur
                              									Schwefelsäurefabrikation spanische Kiese mit 48 bis 50 Proc. Schwefel und 3 bis 4
                              									Proc. Kupfer; sie liefert auſser 5000t künstlicher
                              									Düngemittel noch 5000t Salpetersäure. Von
                              									Fabriken, die fast ausschlieſslich Knochen verarbeiten, sind hervorzuheben A. Brauer in Lüneburg, dessen Production 95t Knochenleim, 30t Knochenfett und daraus hergestellte Seife, 190t Knochenschrot für Knochenkohle und 2000t Knochendünger beträgt, sowie die Hannoversche Kunstdüngerfabrik in Linden.
                              									Bemerkenswerth ist noch, daſs Dohrmann und Hottendorf
                              									in Otterndorf Fischguano und recht guten Thran aus Heringen ausgestellt haben. Daſs
                              									auſserdem eine ganze Anzahl kleinerer Fabriken künstliche Düngemittel, Leim,
                              									namentlich auch recht gute Seife ausgestellt hat, möge nur erwähnt werden. Die
                              									einzige Stearinsäurefabrik der Provinz (Bornemann in
                              									Verden), welche namentlich Palmöl verarbeitet, hat nicht ausgestellt.
                           Deicke in Hannover hat sehr gutes Wasserglas
                              									ausgestellt, während eine andere Fabrik recht schlechte Präparate geschickt hat und
                              									die dritte Wasserglasfabrik nicht vertreten ist. Die Chemischen Fabriken Harburg-Staſsfurth haben sehr schön krystallisirtes
                              									salpetersaures Natrium und Kalium, Chlorzinn und raffinirten Campher ausgestellt.
                              									Die Fabrik lieferte i. J. 1877 3770t Kalisalpeter,
                              										181t reinen Natronsalpeter, 84t Zinnsalz und Chlorzinn, 40t Campher und 4104t Abfallsalz. Die schönen Kalipräparate aus Wollschweiſs von Graff in Lesum werden später noch näher erwähnt. Borchers in Goslar hat schönen Kalialaun, Eisenvitriol
                              									und Kupfervitriol geliefert. Noblée in Harburg lieferte
                              									prachtvolle Schwefelfabrikate.
                           Besonders hervorragend sind die von E. de Haën in List
                              									vor Hannover ausgestellten Präparate, namentlich die groſsen Krystalle von
                              									Schwefelnatrium für Gerbereizwecke (vgl. 1875 218 355),
                              									Borsäure, wasserfreie Phosphorsäure, schwefelsaures Nickel, Bromkalium, Chlorkupfer,
                              									Goldschwefel, Glycerin, Gerbsäure, Phenol, Benzin u.s.w. Die Fabrik wurde i. J. 1861
                              									im kleinen Maſsstabe gegründet, dann aber immer mehr vergröſsert, so daſs der Umsatz
                              									im vorigen Jahre 1800000 M. betrug.
                           
                           F. Meyer in Geestemünde hat prachtvolle Krystalle von
                              									Alaun, Bittersalz, Blutlaugensalz, Wismuth u. dgl. ausgestellt.; der darauf
                              									verwendete Fleiſs verdient alle Anerkennung; hat doch z.B. die Herstellung des
                              									gröſsten Alaunkrystalles fast 2 Jahre beansprucht. Preuſs
                                 										und Dreſsler in Hannover haben Salmiak, Natriumbicarbonat, Zinkoxyd,
                              									Phosphorsäure u. dgl. ausgestellt.
                           Hartmann und Hauers in Hannover liefern sehr schönen
                              									Vermillonzinnober, Chromgelb, Zinkgelb und andere Farben, sowie Chlorbarium zur
                              									Reinigung des Kesselspeisewassers. Wir seilen hier auſserdem reinen Holzgeist von 99
                              									Proc., essigsaures Calcium, essigsaures Natrium, essigsaures Kupfer, Essigsäure für
                              									gewerbliche Zwecke und Eisessig. Diese aus Holzessig hergestellten Präparate
                              									zeichnen sich durch völlige Reinheit aus, so daſs z.B. in dem Hause des Referenten
                              									seit einiger Zeit eine solche 50 proc. Essigsäure für Salat, zum Einmachen u. dgl.,
                              									den käuflichen Speiseessigen (aus Alkohol) vorgezogen wird. Die Rohstoffe für die
                              									letztere Fabrikation liefert die Holzessigfabrik Münder
                              									in Münder a. Deister, welche sehr schöne Holzkohlen aus Buchenholz, Holzgeist,
                              									Holzessig, Pech u.s.w. ausgestellt hat. Ueber die Zusammensetzung der bei der
                              									Destillation des Holzes gebildeten Gase wird später berichtet. Ein Theil der hier
                              									abfallenden Holzkohle wird auf Kollergängen gemahlen und in bekannter Weise (vgl.
                              									1878 228 90) zu Preſskohlensteinen verarbeitet. Diese
                              									unter der Firma E. Moll ausgestellten Preſskohlen für
                              									Eisenbahnwagen, zum Austrocknen feuchter Wohnungen u. dgl. sind, wie sich Ref. durch
                              									Versuche überzeugt hat, durchaus tadellos. Hervorzuheben ist noch, daſs die Firma
                              									auch Preſskohlen für Plätteisen liefert, die sich recht gut bewährt haben.
                           Die Theeröle dieser musterhaft eingerichteten Holzessigfabrik
                              									werden von A. Grätzel in Hannover verarbeitet. Das von
                              									demselben ausgestellte Buchenholzkreosot und Guajakol sind von einer solchen
                              									Reinheit, wie sie bisher von keiner anderen Fabrik erreicht wurde. Dieselben sind,
                              									nachdem sie 6 Wochen am Lichte gestanden haben, noch völlig farblos. Als Seltenheit
                              									ist das aus Buchenholztheer hergestellte Paraffin hervorzuheben und der bis dahin
                              									unbekannte Pyrogallussäure-Dimethyläther. Nach den soeben veröffentlichten
                              									Untersuchungen von A. W. HofmannBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                                    											1878 S. 329. 1455. geht dieser Dimethyläther der Pyrogallussäure
                              									durch oxydirende Mittel nach der Gleichung 2C8H10O3 + 20 = C16H16O6 + 2H2O in das
                              									Cedriret von Reichenbach oder Liebermann's Coerulignon über. Mischt man eine Lösung des Aethers in
                              									Eisessig mit Kaliumbichromat, so erwärmt sich das Gemisch und nach wenigen
                              									Augenblicken erfüllt sich die Flüssigkeit mit schönen Nadeln, die im durchfallenden
                              									Lichte dunkel rothbraun erscheinen, das auffallende Licht aber prachtvoll stahlblau
                              									reflectiren. Wenn man den Dimethyläther mit so viel alkoholischer Kalilösung
                              									versetzt, als zur Bildung seines Kalisalzes erforderlich ist, alsdann
                              									Sesquichlorkohlenstoff (C2Cl6) in solcher Menge hinzufügt, daſs das darin
                              									vorhandene Chlor genau zur Umwandlung des angewendeten Kaliumhydrates in Chlorkalium
                              									ausreicht, und das Gemisch 6 bis 8 Stunden auf 120 bis 130° erhitzt, so nimmt die
                              									Flüssigkeit eine tief indigoblaue Farbe an. Oder aber man bereitet sich die
                              									krystallinische Natriumverbindung des Dimethyläthers und mischt diese trocken in
                              									ähnlichem Verhältniſs mit Sesquichlorkohlenstoff. Beim Erhitzen einer kleinen Menge
                              									dieser Mischung in einer Proberöhre über der Gaslampe erscheint alsbald durch die
                              									ganze Masse hindurch eine prachtvoll blaue Färbung. Da jedoch der
                              									Sesquichlorkohlenstoff leicht flüchtig ist und sich daher beim Erhitzen in einem
                              									offenen Gefäſse theilweise der Wechselwirkung entzieht, so ist es besser, zumal wenn
                              									man mit gröſseren Mengen arbeitet, die Mischung in Digestionsröhren zu bringen,
                              									welche man nach dem Zuschmelzen in einem Luftbade bis auf etwa 160 bis 170° erhitzt.
                              									In 2 Stunden ist die Operation beendigt,
                           Man löst den erhaltenen Rückstand in Wasser, filtrirt etwa noch vorhandenen
                              									Sesquichlorkohlenstoff ab und versetzt die Flüssigkeit mit Salzsäure. Augenblicklich
                              									verschwindet die blaue Farbe, welche in Lichtrosenroth und, wenn ein Ueberschuſs von
                              									Säure angewendet wurde, in Carmoisin übergeht. Man vermeidet indeſs einen
                              									Ueberschuſs von Säure und laſst die Flüssigkeit einige Stunden stehen; nach
                              									Verlauf dieser Zeit haben sich bei hinreichender Concentration braungelbe Nadeln –
                              									oft mit Kaliumchlorid gemengt – ausgeschieden. Diese Krystalle, die Säure des blauen
                              									Kaliumsalzes, werden durch Abspülen mit Wasser von anhängendem Chlorkalium befreit,
                              									getrocknet und in siedendem absoluten Alkohol gelöst. Sie lösen sich darin mit
                              									brauner Farbe, indeſsen ziemlich schwierig. Aus der siedenden Lösung scheiden sich
                              									beim Erkalten nur langsam Krystalle aus; wird aber die erkaltete alkoholische
                              									Flüssigkeit mit einem groſsen Ueberschuſs – etwa dem doppelten Volum – Aether
                              									versetzt, so krystallisiren nach einiger Zeit lange, haarfeine Nadeln von
                              									orangegelber Farbe aus. Die so gewonnenen Krystalle hinterlassen bei dem Verbrennen
                              									auf dem Platinblech keinen mineralischen Rückstand. Die Fällung der alkoholischen
                              									Lösung mit Aether liefert den Körper alsbald sehr rein; es bleibt aber eine
                              									erhebliche Menge gelöst, die man minder rein durch Verdampfen erhält. Bei 100°
                              									erleiden die Krystalle keine Veränderung; auf 200° erhitzt, zeigen sie unter
                              									theilweiser Schmelzung beginnende Zersetzung, indem sich ein blaues Sublimat (Liebermann's Eupitton) bildet. Nach der Analyse ist
                              									diese Eupittonsäure als eine sechsfach methoxylirte Rosolsäure C19H8(OCH3)6O3 aufzufassen. Die blauen Salze des Eupittons
                              									scheinen mit Reichenbach's Pitakall identisch zu sein.
                              									Die gelben Krystalle bilden sich nach folgender Gleichung: 3C8H10O3 + CO = C25H26O3 + 2H2O.
                           Setzt man eine Lösung von Eupittonsäure in alkoholischem Ammoniak in zugeschmolzenen
                              									Röhren einige Stunden lang einer Temperatur von 160 bis 170° aus, so findet man beim
                              									Erkalten, daſs die tiefblaue Farbe der Lösung verschwunden ist, und in der nur
                              									schwach braungefärbten Flüssigkeit haben sich in reichlicher Menge prachtvolle,
                              									breite Nadeln abgesetzt, welche, wenn man die Flüssigkeit abgieſst, vollkommen weiſs
                              									sind, an der Luft aber bald eine geringe Färbung annehmen. Die Ausbeute ist eine
                              									nahezu quantitative; es entstehen keine Nebenproducte, und da die Nadeln in kaltem
                              									Alkohol sehr schwer löslich sind, so enthält auch die Mutterlauge nur äuſsert
                              									geringe Mengen derselben. Der neue Körper ist eine bestimmt ausgesprochene Base,
                              									welche sich in Säuren mit Leichtigkeit löst und aus diesen Lösungen durch Ammoniak
                              									oder fixe Alkalien wieder ausgefällt wird. Die Lösungen der Base in concentrirten
                              									Säuren sind gelbroth gefärbt; beim Verdünnen nehmen sie eine blaue Farbe an. Von
                              									prachtvoll tiefblauer Farbe ist die Lösung des Acetates; dieselbe ist in hohem Grade
                              									farbkräftig und sie färbt Seide sowie Wolle direct wie die Anilinfarben. Wird die
                              									Lösung zur Trockne verdampft, so erhält man einen Rückstand, welcher das Licht
                              									glänzend kupferroth reflectirt. Versetzt man die concentrirte Lösung des Acetates
                              									mit Ammoniak oder Natronhydrat, so wird die Base in Gestalt hellvioletter Flocken
                              									gefällt. Hat man aber die Lösung des Salzes stark mit Wasser verdünnt und vor dem
                              									Fällen zum Sieden erhitzt, so bleibt sie nach dem Zusatz von Ammoniak kurze Zeit
                              									klar; beim Erkalten aber scheidet sich die Base in langen, haarförmigen Krystallen
                              									aus, welche, von der schwach violett gefärbten Flüssigkeit abfiltrirt, nahezu weiſs
                              									erscheinen, an der Luft aber schnell eine bläuliche Farbe annehmen. Diese Krystalle
                              									lassen sich ohne wesentliche Veränderung bei 100° trocknen, werden indeſsen bei
                              									dieser Temperatur noch etwas dunkler. Auf 200° erhitzt, zerlegen sie sich unter
                              									Entwicklung stark ammoniakalischer Dämpfe.
                           Die Eigenschaften der neuen Farbbase erinnern lebhaft an die des Rosanilins. Die
                              									Bildung derselben ist nach folgender Gleichung vor sich gegangen: C25H26O9 + 3NH3 = C25H29N3O6.H2O + 2H2O. Die neue
                              									Base würde demnach als ein sechsfach methoxylirtes Pararosanilin C19H11(OCH3)6N3.H2O anzusehen
                              									sein.
                           Es verdient noch bemerkt zu werden, daſs dieser Dimethyläther der Pyrogallussäure
                              									auch kräftig desinficirend wirkt. Ref. hat Jaucheflüssigkeit mit 0,1 Proc.
                              									desselben, andere mit ebenso viel Kreosot versetzt schon seit 2 Wochen stehen, ohne,
                              									daſs sich bis jezt Fäulniſserscheinungen zeigen, während dieselbe nicht damit
                              									versetzte Jauche schon nach 2 Tagen faul war. Auch aufgelöstes Gummi arabicum, mit
                              									dem aromatisch riechenden Aether versetzt, hält sich ganz gut, wird aber bald roth,
                              									verliert daher an Werth.
                           Von den ausgestellten Farben sind besonders hervorzuheben die sehr schönen Producte
                              									der Ultramarinfabrik Egestorff's Salzwerke
                              									(Jahresumsatz 425000
                              									M.). Der ausgestellte Rohbrand aus Muffel- und Tiegelöfen, die verschiedenen
                              									präparirten blauen Ultramarine für Papierfabriken, Wäsche u.s.w. sind in jeder
                              									Beziehung tadellos. Schöne blaue und grüne Ultramarine sind ferner ausgestellt von
                              										der Hannoverschen Ultramarinfabrik (jährlich 800
                              									bis 1000t Ultramarin), C.
                                 										A. Meyer und Röhrig in Linden und von Jordan und
                                 										Hecht in Oker a. Harz. Die Harzer Bleiwerke,
                              									früher J. F. Schachtrupp und Comp. in Osterode haben
                              									recht gutes holländisches Bleiweiſs, A. G. Braunzweig
                              									in Buxtehude hat eine sehr reiche Sammlung von Lackfirnissen und Farben, Gebrüder Jänecke und Fr. Schneemann in Hannover haben
                              									ihre vorzüglichen Druckfarben ausgestellt. Dieselben verarbeiten jährlich etwa
                              										400t Oele, 1200t Brennstoffe, ausschlieſslich der Kohlen, und liefern 700t schwarze und andere Druckfarben. Auſserdem sind
                              									noch zahlreiche Lacke und Firnisse ausgestellt, sowie recht gute Speise- und
                              
                              									Schmieröle, Wichse u. dgl. Tadelnd muſs schlieſslich noch erwähnt werden, daſs die
                              									ausgestellten Zündhölzchen und Schieſspulver fast durchweg schwedische oder
                              									englische Aufschriften zeigen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)