| Titel: | Zur Gewinnung des Rosmarinöles; von C. O. Cech. | 
| Autor: | C. O. Cech | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 467 | 
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                        Zur Gewinnung des Rosmarinöles; von C. O. Cech.
                        Cech, zur Gewinnung des Rosmarinöles.
                        
                     
                        
                           Während die Rosmarinpflanze im Norden nur als Zierblume gedeiht und, in Gärten
                              									gepflegt, selbst in Deutschland leicht durch Fröste leidet, ist sie an den Ufern des
                              									mittelländischen Meeres, an der Adria und auf einigen dalmatinischen Inseln ein wild
                              									wachsender Strauch. Vorzüglich verbreitet ist derselbe auf der schönen
                              									dalmatinischen Insel Lesina, wo er fast den ganzen kalkigen und steinigen Boden
                              									derselben bedeckt. Am besten gedeiht der Rosmarinstrauch auf der Südseite der Insel
                              									Lesina, Lissa und Maslinica, kommt dagegen sonderbarer Weise auf den benachbarten
                              									Inseln Brazza, Curzola, Meleda und Lagosta, sowie auf allen übrigen dalmatinischen
                              									Inseln gar nicht vor. Sonst findet man ihn in Oesterreich nur noch in der Umgebung
                              									von Spalato und Ragusa, im croatischen Küstenlande, in der Umgebung von Triest und
                              									Fiume, sowie auf einigen Inseln des Quarnero (vgl. V. Klaic:
                                 										Naturbeschreibung Croatiens, Agram 1878, S. 374). Diese Verbreitung des
                              									Rosmarinstrauches am westlichen Gestade Italiens, auf Sicilien und Corsika, an
                              									einzelnen Stellen Südfrankreichs, dann in Spanien, Griechenland, Egypten und Algier
                              									könnte demselben auch in Dalmatien gesichert werden, da die erfolgreiche Fabrikation
                              									des Rosmarinöles auf der Insel Lesina sein gedeihliches Fortkommen auſser Frage
                              									stellt. Auf der Insel Lesina erreicht der Rosmarinstrauch eine Höhe von 30 bis 62cm wo er aber besonders gepflegt wird, erhebt er
                              									sich bis zu einer Höhe von 125cm, wobei der Stamm
                              									desselben im Durchschnitte 2 bis 3cm dick wird.
                              									Der Rosmarinstrauch ist den ganzen Winter über mit dunkelgrünen Blättern bekleidet
                              									und steht von Februar bis April in voller Blüthe. Die schmalen, länglichen, nach der
                              									unteren Blattseite einigermaſsen zusammengerollten Blättchen sind oben dunkelgrün,
                              									unten weiſs. Auf der unteren Blattseite befinden sich die mit dem ätherischen Oele
                              										(Oleum Rosmarini) gefüllten Drüsen. Die Fabrikation
                              									des Rosmarinöles auf der Insel Lesina ist in stetiger Zunahme begriffen. Obwohl über
                              									die Menge des producirten Oelquantums keine verläſslichen statistischen Daten
                              									vorhanden sind, so läſst sich dennoch so viel feststellen, daſs die Insel Lesina
                              									allein bereits vor 10 Jahren für etwa 30000 fl. ö. W. Rosmärinöl in den Handel
                              									brachte – eine Menge, welche sich indeſsen verdoppelt haben dürfte. Da sich der
                              									steinige Boden Dalmatiens für den Getreidebau nur wenig eignet, so könnte man
                              									daselbst bei einiger Sorgfalt den Ertrag der Rosmarincultur um ein Bedeutendes
                              									erhöhen.
                           Alle 3 Jahre werden im Monate Mai die zweijährigen Triebe des Rosmarinstrauches mit
                              									Messern beschnitten, die Zweige durch 8 Tage an der Sonne getrocknet und dann
                              									entblättert. Die Destillation des Oeles geschieht in einer kupfernen Destillirblase,
                              									welche hart am Gestade des Meeres über freiem Feuer aufgestellt wird.
                           Vor dem Beschicken der Blase werden die getrockneten Rosmarinblätter hinreichend mit
                              									Wasser durchfeuchtet. Das sich mit den Wasserdämpfen verflüchtigende Oel wird durch
                              									eine Kühlschlange geleitet und in Flaschen aufgefangen. Da die Destillirapparate in
                              									höchstem Grade mangelhaft sind und da das Kühlwasser in ungenügender Weise erneuert wird, so
                              									erfüllt das entweichende Oel mit seinem Gerüche weit und breit die Luft – ein Beweis
                              									dafür, daſs die Gewinnung des Oeles mit groſsen Verlusten verbunden ist. Das von dem
                              									Wasser getrennte Oel wird in Blechgefäſse gefüllt und sogleich nach Triest
                              									verfrachtet. Das Rosmarinöl wird zwar meistens in der Parfümerie verwendet; wo es
                              									sich darum handelt, den hohen, auf dem Olivenöl lastenden Zoll zu umgehen, versetzt
                              									man dieses neuerdings mit einigen Tropfen Rosmarinöl. Hiedurch verliert das Olivenöl
                              									seine Eignung, als Speiseöl verwendet werden zu können, ohne jedoch seinen Werth für
                              									technische Zwecke einzubüſsen. (Vgl. M. Kispatic: Der
                                 										Rosmarinstrauch im südlichen Croatien.)
                           Von Triest aus kommen alljährig 17000 bis 20000k
                              									Rosmarinöl in den Handel, von wo es nach dem europäischen Norden, nach Amerika, ja
                              									sogar nach Frankreich und Italien verfrachtet wird. Der mittlere Preis des
                              									Rosmarinöles beträgt 2 fl. für 1k.
                           Schon seit langer Zeit lernte man in Frankreich und Spanien aus Rosmarinöl und
                              									anderen Riechstoffen einen alkoholischen Extract zu bereiten, der unter dem Namen
                              											„Aqua reginae hungariae“ bekannt war.
                              									Dieses Fabrikat scheint seinen Ursprung auf der Insel Lesina zu haben, denn seit den
                              									Zeiten der ungarischen Königin Elisabeth, der Mutter
                              										Ludwig's, wird daselbst „das Wasser der
                                 										Königin“ aus Rosmarinöl bereitet und erfreut sich im Volke noch heute einer
                              									gewissen Beliebtheit als Heilmittel.
                           Auſser dem Rosmarinöl liefern die Inseln Lesina, Lissa und Maslinica auch getrocknete
                              									Rosmarinblätter, welche von Triest aus in den Handel kommen. Dieselben werden als
                              									Gewürze, als Zusatz beim Räuchern des Fleisches, sowie zur Fabrikation von
                              									Rosmarinwein und Rosmarinessig verwendet.