| Titel: | Beize für Türkischrothfärberei; von Dr. A. Müller-Jacobs in Zürich. | 
| Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 544 | 
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                        Beize für Türkischrothfärberei; von Dr. A. Müller-Jacobs in
                           									Zürich.
                        Müller-Jacobs' Beize für Türkischrothfärberei.
                        
                     
                        
                           Zur Herstellung von Türkischroth durch Färberei und Druck auf Gespinnsten und Geweben
                              									jeder Art mit Krapp und allen Krapppräparaten, einschlieſslich des künstlichen
                              									Alizarins, Purpurins und der diesen ähnlichen Farbstoffe, lieſs sich Dr. A. Müller-Jacobs in Zürich eine Beize patentiren (D. R.
                                 									P. Nr. 1488 vom 30. September 1877), deren Anwendung bei einmaliger Passage die
                              									sonst üblichen, oft wiederholten Weiſsbäder ersetzt und dabei eine dem gewöhnlichen
                              									Türkischroth weder an Schönheit, noch Haltbarkeit nachstehende Farbe liefert. Das
                              									Türkischrothöl ist eine Mischung von ricinölschwefelsaurem Natrium und
                              									pyroterebinschwefelsaurem Natrium.
                           Zur Herstellung des ricinölschwefelsaurem Natriums behandelt man gewöhnliches oder
                              									gereinigtes Ricinusöl mit 20 Proc. seines Gewichtes Schwefelsäure von 66° B., indem
                              									man die Säure in dünnem Strahle langsam und unter stetem Umrühren in das Oel
                              									einflieſsen läſst. Man führt dies am besten in eisernen, mit Blei ausgeschlagenen
                              									Gefäſsen aus, auf deren Boden Bleiröhren liegen, durch welche man von auſsen stetig
                              									Eiswasser flieſsen läſst, um eine Temperaturerhöhung des syrupartigen zähe werdenden
                              									Gemisches zu verhindern. Nach 2 bis 3stündigem Stehen wird die Masse mit beliebigen
                              									Mengen Wassers verdünnt und mit einer lau warmen Sodalösung (auf 1k verwendeter Säure 2k,8 krystallisirte Soda) langsam und unter stetem Umrühren neutralisirt.
                              									Hierauf läſst man die Flüssigkeit über Nacht stehen. Am andern Morgen hat sich das
                              									ricinschwefelsaure Natrium abgeschieden und wird nach seiner Trennung von der
                              									salzigen, wässerigen Mutterlauge weiter verwendet. Bei Anwendung reinen Oeles kann
                              									man die Menge der Schwefelsäure bis auf 15 Proc. verringern; bei Benutzung von
                              									ungereinigtem Ricinusöle braucht man dagegen die angegebene Menge Säure, unter
                              									Umständen sogar noch mehr.
                           Unter Ricinölschwefelsäure versteht der Erfinder eine Säure von der Formel: C18H32O.OH.HSO4 = C18H34S4O6, d.h. eine mit Schwefelsäure gepaarte
                              									Ricinölsäure, ähnlich der Glycerinschwefelsäure oder der von E. Fremy untersuchten Oleïnschwefelsäure: C18H33O.HSO4. Die letztere Säure bildet sich bekanntlich bei der Behandlung des Olivenöles mit ¼ bis ½
                              									seines Volums an concentrirter Schwefelsäure in der Kälte. Dieselbe ist, ebenso wie
                              									ihre Alkali- und Ammoniaksalze, in Wasser leicht löslich, zersetzt sich aber beim
                              									Stehen oder durch Kochen unter Wasseraufnahme unter Bildung einer der Oleïnsäure
                              									nahe verwandten fettartigen Säure (nach Fremy
                              									Metaoleïnsäure, Hydrooleïnsäure) und von Schwefelsäure bezieh. schwefelsauren
                              									Salzen.
                           Müller-Jacobs hat das bei der Behandlung des Ricinusöles
                              									mit Schwefelsäure in der Kälte entstehende Gemisch untersucht und gefunden, daſs es
                              									sich um eine der Oleïnschwefelsäure analoge Verbindung handle. Die wässerigen
                              									Lösungen werden durch Metallsalze gefällt, und bei Zersetzung der letzteren durch
                              									Wärme etc. (z.B. des Bleiniederschlages) bleibt eine der Theorie ziemlich
                              									entsprechende Quantität Bleisulfat zurück. Das durch Behandlung des Oeles
                              									gleichzeitig frei werdende Glycerin bildet Glycerinsulfosäure und bildet mit
                              									überschüssiger Schwefelsäure eine wässerige Lösung, von welcher, weil darin
                              									unlöslich, sich die Ricinölsulfosäure und ihre Salze ausscheiden. Der so
                              									dargestellte Körper ist natürlich nicht von absoluter Reinheit. Für die Herstellung
                              									eines Mordant ist dies indeſsen unwesentlich, wenn auch chemisch reines
                              									ricinölschwefelsaures Natron oder Ammoniak die vorzüglichsten Substanzen sein
                              									würden.
                           Während Ricinölseifen absolut keine beizende Wirkung haben, läſst sich die Wirkung
                              									dieses Körpers als Beize leicht erklären. Es bilden sich durch bloses Hängenlasen
                              									in mit dem Mordant gebeizten Waaren neben schwefelsauren Salzen die der Meta- und
                              									Hydrooleïnsäure, welche ebenfalls mordancirend wirken, analogen Ricinölsäuren,
                              									welche, wie Untersuchungen ergaben, in Alkohol ganz unlöslich und nur in Aether
                              									löslich sind. Durch starke Alkalien sind sie ebenfalls fast unangreifbar. Durch
                              									langsame Oxydation kann aus Olivenöl dieselbe Substanz entstehen. Zur Abscheidung
                              									des Alkalis aus dem Natriumsulforicinoleat ist also keine Säure nöthig. Die Substanz
                              									zersetzt sich von selbst und das Natriumsulfat wird nachher ausgewaschen.
                           Zur Herstellung des pyroterebinsauren Natriums, des zweiten Hauptbestandtheiles der
                              									Türkischrothbeize, werden 100 Th. Colophonium in emaillirten eisernen Schalen mit
                              									250 Th. Salpetersäure gekocht und zwar so, daſs man das gepulverte Harz in kleinen
                              									Mengen zugibt. Nach 1 bis 1½ Stunden wird die Masse langsam eingedampft und der
                              									Rückstand in verschlossenen eisernen Gefäſsen ½ Stunde auf 200 bis 250° erhitzt.
                              									Nach dem Erkalten der halbflüssigen Masse wird dieselbe mit 20 bis 30 Proc.
                              
                              									Schwefelsäure von 66° B. behandelt, nach 2 bis 3 Stunden mit Soda neutralisirt und
                              									das von der Natriumsulfatlösung sich abscheidende pyroterebinschwefelsaure Natrium
                              									verwendet.
                           Zur Herstellung des Türkischroth-Mordant selbst werden gleiche Volume
                              									ricinölschwefelsauren und pyroterebinschwefelsauren Natriums gemischt und die Mischung ohne
                              									weiteres zur Darstellung von Türkischroth in Anwendung gebracht. Versuche mit
                              									chemisch reinem ricinölschwefelsaurem und pyroterebinschwefelsaurem Natrium ergaben
                              									als bestes Mischungsverhältniſs 6 bis 7 Th. ricinölschwefelsaures Natrium und 3 bis
                              									4 Th. pyroterebinschwefelsaures Natrium. Statt des Gemisches von
                              									pyroterebinschwefelsaurem mit ricinölschwefelsaurem Natrium kann auch ein Gemisch
                              									von ricinölschwefelsaurem Natrium oder Ammonium mit einem Gemenge aus oleïn- und
                              									margarinsulfosaurem Natrium oder Ammonium verwendet werden, welches durch Behandlung
                              									von Olivenöl mit Schwefelsäure und Neutralisiren der entstandenen Sulfosäuren mit
                              									Soda und Ammoniak erhalten wird.