| Titel: | Ueber das Schmelzen und Vergiessen des Eisens. | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 82 | 
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                        Ueber das Schmelzen und Vergiessen des
                           								Eisens.
                        Kirk, über das Schmelzen und Vergiessen des Eisens.
                        
                     
                        
                           Unsere Eisengieſsereibesitzer kümmern sich wenig um die chemische Zusammensetzung der
                              									von ihnen verarbeiteten Eisensorten, und man kann ihnen hierin nicht ganz Unrecht
                              									geben. Das Studium des Verhaltens der dem Eisen beigemengten fremden Substanzen in
                              
                              									den verschiedenen Eisenmischungen wäre jedenfalls auſserordentlich complicirt; dies
                              									begreift sich namentlich, wenn man berücksichtigt, daſs das Eisen fast mit
                              									sämmtlichen übrigen einfachen Körpern Verbindungen eingeht. Das Verfahren des
                              									Schmelzmeisters, sowohl bei Beurtheilung der von ihm zu verwendenden Eisensorten,
                              									als bei Combination der Mischungen begründet sich vielmehr auf allgemeine äuſsere
                              									Kennzeichen und Erfahrungssätze.
                           Das Aussehen des Eisens allein, die Beurtheilung des Bruches, führt nur dann zu
                              									richtigen Schlüssen, wenn man es stets mit denselben Quellen zu thun hat. Wenn dem
                              									Schmelzer Jahre lang Eisen ein und derselben Hütte durch die Hand geht, so erlangt
                              									er schlieſslich eine gewisse Uebung darin, aus der Natur der Bruchfläche auf die
                              									guten oder schädlichen Eigenschaften des Fabrikates zu schlieſsen. Bei neuen
                              									unbekannten Schmelzproducten dagegen, kann ihn das Aussehen trügen; täuschend
                              									ähnliche Brüche lassen trotzdem auſserordentliche Verschiedenheiten in der
                              									Zusammensetzung und in Folge dessen in den Eigenschaften der Eisensorten zu. Die
                              
                              									Ursachen dieser Verschiedenheiten sind sehr mannigfaltig. Die Gattirung der Erze,
                              									die Art der Beschickung des Hohofens, der Kokesverbrauch, die Temperatur der
                              									Gebläseluft, die Windpressung, die Witterungsverhältnisse und der mehr oder weniger
                              									regelmäſsige Gang des Hohofens, sei es, daſs derselbe durch seine Bedienung oder
                              									durch seine innere Beschaffenheit bedingt ist, tragen auſserordentlich zu der
                              									Constituirung des äuſseren Ansehens der Schmelzproducte bei.Der Hohofen zu Dry Valley in Pennsylvanien lieferte beispielsweise in diesem
                                    											Frühjahr ein Eisen von dunkelgrauer Farbe mit groſsen offenen Krystallen,
                                    											bei gutartiger Beschickung und anscheinend regelmäſsigem Betrieb. Das Eisen
                                    											machte den Eindruck einer weichen Nr. 1-Marke und war aus denselben Erzen
                                    											erblasen, ohne jede weitere Aenderung in der Betriebsführung, als man dies
                                    
                                    											seit Jahren gewohnt war. Trotzdem stellte es sich plötzlich heraus, daſs die
                                    											aus diesem Metall durch Umschmelzen im Cupolofen erzeugten Guſswaaren so
                                    											hart wurden, daſs sie nicht gebohrt werden konnten. Als man sah, daſs dieser
                                    											Zustand sich nicht änderte, wurde der Hohofen ausgeblasen, wonach sich
                                    											herausstellte, daſs sich im Inneren seines Schachtes einseitige Ansätze
                                    											gebildet hatten, welche unzweifelhaft die Ursache der veränderten
                                    											Eisenqualität waren. Wenn ein Hohofen durch einseitiges Feuer solche
                                    											Verschiedenheiten in der Qualität bedingt, so darf man mit Recht dieselbe
                                    											Wirkung bei Cupolofen voraussetzen und annehmen, daſs dieselben durch
                                    											unregelmäſsiges Aufgeben oder durch Versetzungen im Inneren unter sonst
                                    											gleichen Verhältnissen ebenfalls verschiedene Producte liefern. Jeder
                                    											Eisengieſsereibesitzer wird diese Erfahrung schon gemacht
                                    									haben.
                           
                           Man klassificirt das Gieſsereieisen sowohl nach dem äuſseren Aussehen, als nach der
                              									inneren Beschaffenheit. In Bezug auf ersteres ist die Gröſse des Kornes maſsgebend,
                              									und man unterscheidet in dieser Hinsicht gewöhnlich drei verschiedene Nummern. Was
                              									das Verhalten bei der Verarbeitung, also die innere Beschaffenheit angeht, so trennt
                              									man das Eisen ebenfalls in drei Klassen und zwar rothbrüchiges, kaltbrüchiges und
                              									neutrales Eisen. Rothbrüchig nennt man Eisen, welches bei Rothglühhitze keine
                              									Festigkeit zeigt und stark schwindet, bis zu 1/48 der Länge. Röhren, welche aus solchem Eisen
                              									gegossen werden, miſsrathen gewöhnlich, und Stäbe bekommen Kantenrisse. Der Guſs
                              									kann sowohl hart als weich sein. Kaltbrüchiges Eisen hat im kalten Zustand keine
                              									Festigkeit und schwindet wenig. Daſselbe bricht leicht während des Erkaltens, wenn
                              									die Modelle nicht regelrecht angefertigt sind. Es kann, wie das vorige, sowohl hart
                              									als weich sein; doch bricht es nie, so lange es warm ist, während des Schwindens.
                              									Neutrales Eisen steht zwischen dem rothbrüchigen und dem kaltbrüchigen in der Mitte
                              									und wird erzeugt durch Mischung beider Sorten. Es ist das beste Eisen zu
                              									Gieſsereizwecken, und das Bestreben des Schmelzers geht dahin, durch geeignete
                              
                              									Mischung der Erze ein möglichst neutrales Eisen zu erzielen. Wenn man drei
                              									verschiedene Eisensorten, von welchen zwei zum Kaltbruch und eine zum Rothbruch
                              									neigen, in gleichem Verhältniſs mit einander mischt, so wird auch die Mischung
                              									vorherrschend kaltbrüchig sein und umgekehrt. Nimmt man dagegen von den beiden
                              									kaltbrüchigen Sorten je ein Viertel und von der anderen die Hälfte, so erhält man
                              									eher ein neutrales Eisen dasselbe Resultat erreicht man, wenn eine der kaltbrüchigen
                              									Sorten mit der rothbrüchigen zusammengegossen wird.
                           Der einzige praktische Weg, um sich davon zu überzeugen, ob Eisen rothbrüchig oder
                              									kaltbrüchig ist, besteht darin, daſs man dasselbe in verschiedenen Verhältnissen mit
                              									einander mischt, schmilzt und nach dem Erkalten sowohl auf Festigkeit als auf
                              									Schwindmaſs untersucht. Neutrales Eisen darf nicht über 1/96 linear schwinden. Beim Ofenguſs soll
                              									man so viel als möglich neutrales Eisen verwenden und stets bei derselben Marke
                              									bleiben. Bei Anschaffung neuer Eisensorten ist es nothwendig, sich zunächst von der
                              									Gröſse des Schwindmasses zu überzeugen und die verschiedenen Marken so zu gattiren,
                              									daſs dasselbe möglichst wenig variirt. Zur Herstellung eines möglichst weichen
                              									Eisens ist es ebenfalls nothwendig, in der eben angeführten Weise zu verfahren. So
                              									ist es beispielsweise möglich, daſs drei verschiedene Eisensorten, zu gleichen
                              									Theilen vermischt, ein hartes Product liefern, während nur zwei derselben den Guſs
                              									weich machen.
                           Die dem Eisen beigemengten fremden Substanzen, welche, wie im Eingang angeführt, sehr
                              									verschiedener Natur sein können, bieten, wie sich dies leicht begreift,
                              									Veranlassung, daſs durch Vermischung gewisser Eisensorten die Brüchigkeit im kalten
                              									oder warmen Zustand zunimmt, während bei einer anderen Combination ein neutrales
                              									Product entsteht. Häufig wendet man das Verfahren an, bei hartem Guſs ein gröſseres
                              									Verhältniſs von Nr. 1-Eisen zu setzen, obgleich dies ja nach der chemischen
                              									Zusammensetzung des letzteren nicht in allen Fällen hilft. Ebenso begreift es sich,
                              									daſs eine Gieſserei eine bestimmte Eisensorte Jahre lang auf dem Platz behält, ohne
                              									sie verwenden zu können, während eine andere dasselbe Eisen mit Vorliebe
                              									verschmilzt; dies hat seinen Grund nur in der Zusammensetzung derjenigen Marken,
                              									welche dazu bestimmt sind, mit diesem Eisen gattirt zu werden.
                           Es ist deshalb empfehlenswerth, sich nicht lediglich nach dem Aussehen der einzelnen
                              									Brände zu richten, sondern bei jeder Aenderung in der Bezugsquelle vorher die
                              									Resultate verschiedener Mischungsverhältnisse durchzuprobiren. Um einen guten Guſs
                              									zu erzeugen, kann man im Allgemeinen annehmen, daſs wenigstens ein Drittel Nr.
                              									2-Eisen zur Mischung gehört. Wenn es möglich ist, aus letzterem allein ein weiches
                              									Fabrikat herzustellen, so ist dasselbe unter allen Umständen dem Nr. 1-Eisen
                              									vorzuziehen.
                           Beim Schmelzen des Eisens ist es empfehlenswerth, dies bei sehr hoher Temperatur und
                              									möglichst schnell vorzunehmen. Man soll jedesmal eine gröſsere Menge geschmolzenen
                              									Eisens im Cupolofen oder in der Pfanne sich ansammeln lassen, um den verschiedenen Eisensorten
                              									Gelegenheit zu geben, sich mit einander zu mischen. In vielen nordamerikanischen
                              									Gieſsereien wird das Verfahren angewendet, daſs der Cupolofen vom Beginn des Blasens
                              									bis zum letzten Tropfen geschmolzenen Eisens nicht gestopft wird, und eine groſse
                              									untergehaltene Pfanne gibt dem Eisen Gelegenheit zu gehöriger Mischung. Zum Zwecke
                              									des Vergieſsens werden kleinere Pfannen aus der groſsen gespeist. Dieses Verfahren
                              									trägt jedenfalls dazu bei, dem Guſs den möglichsten Grad von Gleichmäſsigkeit zu
                              									geben. (Nach Ed. Kirk: The founding of Iron durch die
                              									Zeitschrift Iron, 1877 Bd. 10 S. 681.)