| Titel: | Rhode und Schmitz's hydraulische Kippvorrichtung zum Entladen von Eisenbahnwagen. | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 211 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Rhode und Schmitz's hydraulische Kippvorrichtung
                           								zum Entladen von Eisenbahnwagen.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 21.
                        Rhode und Schmitz's Kippvorrichtung.
                        
                     
                        
                           Die im Deutschen Reich unter Nr. 1019 vom 20. October 1877 ab patentirte, von der Eisengieſserei und Maschinenfabrik H. Gruson in
                              									Buckau-Magdeburg zur Ausführung übernommene Vorrichtung hat den Zweck, die
                              									Ueberführung von Kohlen, Erzen u. dgl. aus den Eisenbahnfahrzeugen in die Schiffe –
                              									unter Benutzung des Eigengewichtes der Ladung selbst
                              									als Betriebskraft – auf die billigste Weise und in möglichst kurzer Zeit zu
                              									bewerkstelligen.
                           Der zu entleerende Wagen wird auf die Platform A (Fig.
                                 										1 und 2 Taf. 21)
                              									geschoben. Bevor der Wagen die erforderliche äuſserste Stellung auf der Platform
                              									eingenommen hat, werden durch den Druck der beiden Vorderradflanschen gegen die
                              									Hebel a die beiden Fanghaken b derartig angehoben, daſs die Vorderachse des Wagens von denselben
                              									erfaſst und jede weitere Vorwärtsbewegung des Wagens verhindert wird. Zur Verhütung
                              									von schädlichen harten Stöſsen sind die Fanghaken mit einer kräftigen
                              									Buffereinrichtung c versehen. Die Fanghaken müssen im
                              									unbenutztem Zustande stets ihre tiefste Lage einnehmen, damit das Bremsgestänge beim
                              									Auf- und Abfahren eines mit Bremsen versehenen Wagens nicht anstoſsen kann. Auſser
                              									dieser Feststellung der Vorderachse wird der Wagen der gröſseren Sicherheit halber
                              									noch an seinem hinteren
                              									Ende bei d durch Einhängung der am Wagen befindlichen
                              									Schraubenkupplung in einen an der Platform angebrachten Haken gehalten. Dieser Haken
                              									schwingt an einem durch Gegengewichte belasteten Hebel, so daſs derselbe dem durch
                              									die Entlastung der Wagenfedern bedingten Anheben des entleerten Wagenkastens folgen
                              									kann. In dieser horizontalen Stellung des Wagens wird das Gesammtgewicht der Ladung
                              									und des Wagens (etwa 16t) theils durch die
                              									Platform-Drehachse e, theils durch den Kolben f des Treibcylinders B,
                              									welcher ebenfalls nach Bedürfniſs um seine festgelagerte Achse g schwingen kann, aufgenommen. Das in dem letzteren
                              									befindliche, durch das Steuerungsventil C (Fig.
                                 										2) abgesperrte Wasser erleidet dadurch einen hydraulischen Druck von etwa
                              										25at.
                           Nunmehr wird durch Oeffnen des Steuerungsventiles C die
                              									Verbindung zwischen dem Treibcylinder B und dem
                              									Accumulator D hergestellt. Da das Gewicht des letzteren
                              									derart bemessen ist, daſs dasselbe nur einen Gegendruck von 20at ausübt, so beginnt sofort das Neigen der
                              									Platform um ihre Achse e; gleichzeitig erfolgt ein entsprechendes Hochgehen des
                              									Accumulators. Während des Sinkens wächst der Druck auf den Treibkolben (in Folge der
                              									Veränderung in der Lage des Schwerpunktes des Wagens) bis zu etwa 40at. Die Geschwindigkeit der Bewegung der Platform
                              									wird durch gröſseres oder geringeres Oeffnen des Steuerungsventiles C mittels des Handhebels h
                              									geregelt. Die gröſste Neigung, welche der Platform gegeben werden kann, ist eine
                              									solche von 45° gegen den Horizont (vgl. Fig. 3). Bei
                              									dieser Neigung hat eine vollständige Entleerung des Wagens sicher stattgefunden. Das
                              									herabgleitende Ladungsmaterial wird zunächst in dem aus entsprechend hohen Wänden
                              									gebildeten Rinnenkopfe E (Fig. 1)
                              									aufgefangen und sodann durch eine bewegliche schmale Rinne F dem Schiffsgefäſse zugeführt.
                           Nach stattgehabter Entleerung des Wagens hat sich der Wasserdruck im Treibcylinder
                              										B von 40 auf etwa 16at ermäſsigt. Wird nun das Ventil C, welches
                              									während der Entleerung des Wagens geschlossen war, wieder geöffnet, so tritt das
                              									unter dem Druck des gehobenen Accumulators stehende Wasser in den Treibcylinder und
                              									bewirkt mit einem Ueberdruck von (20 – 16 =) 4at
                              									das Heben der Platform. Sobald dieselbe in ihre ursprüngliche horizontale Lage
                              									zurückgeführt und das Ventil C geschlossen ist, wird
                              									die Kupplung bei d ausgehängt und der Wagen
                              									abgeschoben. Hierauf kann dieselbe Operation sofort mit dem folgenden zu
                              									entleerenden Wagen beginnen.
                           Die in Fig. 2 ersichtlichen Ventile G und H, welche in die Rohrleitung zwischen Treibcylinder und
                              									Accumulator eingeschaltet sind, haben folgende Bestimmung. Es kann der seltene Fall
                              									eintreten, daſs ein aufgeschobener Wagen in Folge zu geringer Ladung, oder in Folge
                              									seiner Bauart, Radstand etc., oder aus anderen Gründen, nicht genügend schwer ist, um den Gegendruck
                              										(20at) des Accumulators zu überwinden. In
                              									diesem Fall wird durch den bedienden Wärter der Handhebel i, mit welchem beide Ventile G und H in Verbindung stehen, von links nach rechts umgelegt.
                              									Dadurch schlieſst das Ventil H das Druckwasser des
                              									Accumulators ab und G öffnet die Rohrleitung K, welche ins Freie (zum Brunnen oder Reservoir) führt;
                              									wenn nunmehr das Steuerungsventil C geöffnet wird, so
                              									erfolgt der Abfluſs des Wassers aus dem Treibcylinder B
                              									ohne Gegendruck. Diesen Zustand beläſst man jedoch, um möglichst wenig Druckwasser
                              									zu verlieren, nur wenige Secunden, weil in allen Fällen schon eine geringe Neigung
                              									der Platform eine solche Vergröſserung des Druckes auf den Treibkolben
                              									herbeigeführt, daſs nun die weitere Senkung mit Ueberwindung des Accumulatordruckes
                              									erfolgen kann. Selbstverständlich findet hierbei, sowie in Folge der Undichtheiten
                              									überhaupt, bei jeder Operation ein gewisser kleiner Verlust an Druckwasser statt, so
                              									daſs der Kolben des Accumulators nach vollständigem Zurückheben des Wagens etwas
                              									unterhalb seiner ursprünglichen Stellung stehen bleibt. Um diesen Verlust zu
                              									ersetzen, wird von Zeit zu Zeit mittels der Handpumpe J
                              									frisches Wasser in den Accumulator nachgepumpt.
                           Durch Anwendung von Glycerin anstatt Wasser kann die Kippvorrichtung auch bei hohen
                              									Kältegraden betriebsfähig erhalten werden. Wenn die Vorrichtung für längere Zeit
                              									auſser Dienst gestellt werden soll, so wird das Wasser abgelassen, hierdurch die
                              									Platform in ihre tiefste Lage gebracht und dann der bewegliche Rinnenkopf umgelegt,
                              									wie dies in Fig. 4
                              									dargestellt ist. Es sind damit alle vor die Schutzpfähle der Quaimauer vortretenden
                              									Theile der Vorrichtung beseitigt und der Treibkolben vor Beschädigungen, Anrosten u.
                              									dgl. mehr gesichert.
                           Von den bisher im Inlande sowohl, als im Auslande zur Ausführung gelangten
                              									hydraulischen Kippvorrichtungen zur Entladung von Eisenbahnfahrzeugen unterscheidet
                              									sich nun die vorbeschriebene principiell dadurch, daſs kein von auſsen zugeführtes
                              									Druckwasser die bewegende Kraft bildet, sondern lediglich durch das Gewicht des
                              									beladenen Wagens bei der Abwärtsbewegung das für die Aufwärtsbewegung des leeren
                              									Wagens erforderliche Druckwasser erzeugt wird, ohne daſs bei der ganzen Operation
                              									(abgesehen der unvermeidlichen Verluste) irgend ein Verbrauch von Wasser
                              									stattfindet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
