| Titel: | Ueber das Methylanilin. | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 245 | 
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                        Ueber das Methylanilin.
                        Ueber das Methylanilin.
                        
                     
                        
                           Von den substituirten Anilinen, deren Ammoniakwasserstoff ganz oder zum Theil durch
                              									Alkoholreste ersetzt wurde, ist bei weitem das wichtigste das Methylanilin, als
                              									directe und indirecte Ausgangssubstanz für violette, grüne und blaue Farbstoffe. Für
                              									das mit diesem Namen bezeichnete technische Product ist die Bezeichnung
                              										„Methylanilin“ nur insofern richtig, als darunter methylirtes Anilin
                              									schlechthin verstanden werden soll; denn thatsächlich bildet das Methylanilin des
                              									Handels, und meist jedes durch Methylirung veränderte Anilin, ein Gemisch, dessen
                              									vorwiegender Bestandtheil Dimethylanilin C6H5.(CH3)2N ist neben Monomethylanilin C6H5.CH3.HN, Anilin, Toluidin, methylirten Toluidinen und
                              									selbst höheren Homologen.
                           Das Monomethylanilin ist ein Isomeres der drei Toluidine und des
                              									Benzylamins, das Dimethylanilin ein Isomeres der möglichen Methyltoluidine, der
                              									Xylidine, des Aethylanilins u.s.f. Die folgende tabellarische Uebersicht läſst trotz
                              									ihrer Lücken die Unterschiede der bezüglichen methylirten Basen von ihren Isomeren
                              									erkennen.
                           
                              
                                 
                                 Methyl-anilin
                                 Ortho-toluidin1 : 2
                                 Meta-toluidin1 : 3
                                 Para-toluidin1 : 4
                                 Benzyl-amin
                                 
                              
                                 
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Siedepunkt
                                 190 bis 191°
                                 197°
                                 198°
                                 202°
                                 183°
                                 
                              
                                 Schmelzpunkt
                                 –
                                 –
                                 –
                                 45
                                 –
                                 
                              
                                 Specifisches Gewicht
                                 0,976
                                 1,00
                                 0,998
                                 –
                                 0,990
                                 
                              
                                 AcetoverbindungSchmelzpunkt
                                 104°
                                 107°
                                 65,5°
                                 145°
                                 –
                                 
                              
                           Benzylamin verhält sich wie ein Amin der Fettreihe und reagirt
                              									alkalisch, während die echten Derivate des Anilins, wie dieses selbst, gegen Lackmus
                              									nicht reagiren.
                           
                           
                              
                                 
                                 Dimethyl-anilin
                                 Methyl-toluidin1 : 4
                                 Aethyl-anilin
                                 Xylidine1 : 3
                                 
                              
                                 
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Siedepunkt
                                   192°
                                 208°
                                 204°
                                 216°
                                 
                              
                                 Schmelzpunkt
                                 + 0,5°
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Specifisches Gewicht
                                 0,9553
                                 –
                                 0,954
                                 –
                                 
                              
                           Die methylirten Aniline entstehen durch Einwirkung der
                              									Methylhalogenure auf die primäre Base, die Behandlung von Anilinchlorhydrat mit
                              									Holzgeist unter Druck ist nur eine Modifikation der allgemeinen Reaction, derzufolge
                              									die secundare Base entsteht nach: C6H5.H2N + CH3J = C6H5.CH3.HN + HJ, und
                              									die tertiare Base nach: C6H5CH3.HN + CH3J = C6H5.(CH3)2N + HJ. Durch weitere Zufuhr an Halogenur werden
                              									die tertiären zu Ammoniumbasen. Unter Druck bei hoher Temperatur verwandeln sich die
                              									höher substituirten Amidobenzole in die nächsten Amidotoluole u.s.w.; so gibt
                              									Monomethylanilinchlorhydrat bei 335° Toluidin (1 : 4). Diese Umlagerung
                              									(Atomwanderung) beginnt schon bei niedrigeren Temperaturen und ist groſsentheils die
                              									Ursache des Vorkommens der Amine höherer Kohlenwasserstoffe im technischen
                              									Methylanilin.
                           Reines Monomethylanilin (Moleculargewicht = 107) läſst sich nach
                              										Hepp durch Einwirkung von Jodmethyl auf
                              									Acetanilidnatrium und folgendem Verseifen des Methylacetanilids gewinnen:
                              									Acetanilid, in Xylol gelöst, wird mit Natrium behandelt (C6H5.HN – C2H3O + Na = C6H5.NaN.C2H3O + H). Nach dem Entweichen des
                              									Wasserstoffes wird Jodmethyl in geringem Ueberschuſs zugefügt; es entsteht
                              									Jodnatrium und Methylacetanilid: C6H5.NaN.C2H3O + CH3J = C6H5.CH3N.C2H3O + NaJ. Das Xylol wird durch Destillation
                              									entfernt, der Rückstand mit alkoholischem Alkali hinreichend gekocht und somit die
                              									monomethylirte Base erhalten: C6H5.CH3N.C2H3O + KOH = C6H5.CH3.HN + C2H3KO2. Der Siedepunkt
                              									der reinen Verbindung liegt bei 190 bis 192°, der des Acetylderivates bei 245° und
                              									des letzteren Schmelzpunkt bei 99,5° (Hofmann).
                           Monomethylanilin entsteht ohne Ausnahme neben Dimethylanilin bei
                              									der Methylirung des Anilins; es ist deshalb auch in allen Methylanilinen des Handels
                              									enthalten, wechselnd zwischen 0,5 bis 50 Proc. Die Mengenverhältnisse der secundären
                              									und tertiären Base wechseln mit den Mengenverhältnissen der erzeugenden
                              									Verbindungen, sind zudem bestimmt durch die Natur des Halogenurs und die Leitung des
                              									Processes. So bildeten sich Mono- und Dimethylanilin aus annähernd gleichen Mengen
                              									Anilin und bezieh. Chlor-, Brom- und Jodmethyl im Verhältniſs von 3 : 4, 1 : 3,3 und
                              									1 : 4,2. Das Verhältniſs von 3 : 4,5 wurde in den älteren Methylanilinen des Handels
                              									häufiger beobachtet, während jetzt ein möglichst geringer Gehalt an Monomethylanilin
                              									(0,5 bis 5 Proc.) erstrebt wird, seit man geneigt ist, im Dimethylanilin den
                              									wesentlichen Farbstoffbildner zu sehen. Um nun die secundäre Base aus einem der
                              									Reactionsproducte, wie sie in der vorstehend angedeuteten Weise erhalten werden,
                              									rein abzuscheiden, hat man zunächst das etwa vorhandene Anilin als Sulfat zu
                              									entfernen- dies geschieht für annähernd quantitative Versuche durch Ausschütteln mit
                              									verdünnter Schwefelsäure, wobei thunlichst jedes Uebermaſs vermieden wird. Nachdem
                              									der Aether entfernt, werden die methylirten Basen mit Essigsäureanhydrid (etwa dem
                              									halben Gewicht) gemischt; sofort verräth eine merkliche Temperaturerhöhung die
                              									Bildung des Methylacetanilids, selbst wenn nur wenig Monomethylanilin zugegen ist.
                              									Man destillirt bis zu 220° ab, das essigsaure Dimethylanilin geht über, die
                              									Acetoverbindung bleibt zurück und erstarrt krystallinisch; durch wiederholte
                              									Destillation des Uebergegangenen werden noch kleine Mengen davon erhalten. Aus der
                              									durch einmaliges Umkrystallisiren hinreichend gereinigten Gesammtmenge wird der
                              									Betrag des Monomethylanilins berechnet (149 : 107). Der Rest kann in den meisten
                              									Fällen als Dimethylanilin angesehen werden. Ein Probegewicht von 30, höchstens 50g genügt, um eine vergleichsweise genaue
                              									Bestimmung auf Monomethylanilin auszuführen. Vorhandene Toluidine und deren Methylderivate (meist
                              									1 : 4) reagiren übereinstimmend und können durch zweckmäſsig erweiterte Untersuchung
                              									erkannt, bezieh. geschieden werden.
                           Reines Monomethylanilin steht in seinen Eigenschaften dem Anilin
                              									nahe, es gibt mit Hypochloriden eine schwach violette Färbung, seine Salze zeigen
                              									geringes Krystallisationsvermögen. Für sich allein zeigt es keine bemerkenswerthen
                              									chromogenen Eigenschaften, wohl aber zusammen mit Dimethylanilin und anderen Basen-
                              									besonders wichtig aber wird es in dieser Hinsicht als Ausgangspunkt für die
                              									Herstellung mancher gemischten tertiären Amine, welche neben dem Methylrest Aethyl-
                              									und Benzylreste enthalten und ihrerseits als Ausgangspunkt für die Bereitung
                              									gewisser Violettnüancen dienen können.
                           Reines Dimethylanilin (Moleculargewicht 121) wird erhalten durch
                              									trockne Destillation des Trimethylphenylammoniumhydroxydes: C6H5(CH3)2N.CH3OH = C6H5(CH3)2N + CH3OH, oder durch Destillation des Jodides desselben
                              									Körpers im Chlorwasserstoffstrom, wobei zugleich Jodmethyl entsteht: C6H5(CH3)2N.CH3J + HCl = C6H5(CH3)2N.HCl + CH3J,
                              									endlich durch Ausfrierenlassen eines von Anilin und Monomethylanilin befreiten
                              									Methylirungsproductes; es erstarrt nämlich bei + 5° und kann bei tüchtigem Abpressen
                              									durch Wiederholung des Verfahrens vollkommen rein (Siedepunkt 192°) gewonnen werden.
                              									Ohne Einwirkung auf Lackmus wird es auch durch Hypochlorid nicht verändert; seine
                              									Salze, ebenfalls schwer krystallisirbar und hygroskopisch, färben sich an der Luft
                              									schwach grünlich. Wie das Anilin besitzen auch die methylirten Basen die Fähigkeit,
                              									sich mit den Salzen vieler Metalle zu Doppelverbindungen zu vereinigen, so besonders
                              									mit CuCl2 und ZnCl2.
                              									Als tertiäre Base nicht acetylirbar, bildet das Dimethylanilin bei weiterer Zufuhr
                              									von Alkylhalogenür leicht Ammoniumbasen; besonders charakteristisch ist die leicht
                              									krystallisirende Benzylverbindung, welche sich nach einigem Stehen aus einer
                              									Mischung mit Chlorbenzyl ausscheidet. Der Gehalt an Dimethylanilin entscheidet
                              									zumeist über die Brauchbarkeit des technischen Methylanilins; es ist wesentlich
                              									diese Base, deren Erzeugung bei der Fabrikation des Handelsproductes beabsichtigt
                              									wird, und ihr kommt – wenn auch nicht ausschlieſslich – die farbstoffbildende Kraft
                              									in qualitativem und quantitativem Sinne zu.
                           Im käuflichen, unter Druck dargestellten Methylanilin finden sich
                              									nun auſser den schon aufgeführten Basen: Toluidin, Mono- und Dimethyltoluidin,
                              									selbst Xylidin u.a.m. Vorkommen und Gehalt an diesen höheren Homologen vsind
                              									abhängig von der Temperatur und dem Druck, welchem das Reactionsgemisch ausgesetzt
                              									gewesen. Von Monomethyltoluidinen ist das dem Paratoluidin entsprechende bekannt. Es
                              									bildet sich beim Einleiten von CH3Cl in das siedende
                              									Monamin, neben der disubstituirten Base im Verhältniſs von 3,5 : 1,
                              									selbstverständlich auch bei Anwendung anderer Halogenüre oder der Behandlung des
                              									Chlorhydrates mit CH3OH unter Druck. Der Siedepunkt
                              									liegt bei 208°, die Nitrosoverbindung schmilzt bei 54°, die Acetoverbindung siedet
                              									bei 283° und schmilzt bei 83°.
                           Von Dimethyltoluidinen sind bislang zwei bekannt geworden, dem
                              									Ortho- und Paratoluidin entsprechend. Sie entstehen gleichzeitig durch Behandlung
                              									von Trimethylphenylammoniumjodid unter Druck bei 220 bis 230°, oder durch trockne
                              									Destillation der entsprechenden Toluylammoniumhydroxyle. Die Orthobase siedet bei
                              									183°, die Parabase bei 208°. Zu beachten ist, wie beim Mono- und Dimethylanilin, die
                              									Nähe der Siedepunkte der entsprechenden Methylderivate des Paratoluidins; dieselben
                              									dürften als Farbstoffbilder nahezu dieselbe Rolle spielen, wie die entsprechenden
                              									Aniline, wenn schon sie nicht zur Erzeugung derselben violetten, oder violetter
                              									Farbstoffe überhaupt unterschiedslos verwendet werden können. Die Entstehung der
                              									Toluolbasen wird angesehen als eine Folge der Verschiebung der zunächst an den
                              									Stickstoff des Anilins gebundenen Methylreste in den aromatischen Kern. Diese
                              
                              									Verschiebung ist lediglich als eine Druckwirkung aufzufassen, da die Methylirung
                              									durch Halogenüre unter normalem Druck nur bis zur Bildung von Ammoniumverbindungen
                              									führt, welche unter Zerfall des Molecüls bei der Destillation wieder tertiäre
                              									Monamine liefern. (Vgl. Ende der Abhandlung.)
                           
                           Die Trennung des secundaren vom tertiären Methyltoluidin erfolgt durch Anwendung
                              									derselben Processe, deren man sich bei der Trennung der entsprechenden Aniline
                              									bediente. Die Untersuchung bezieh. Trennung eines Gemisches, welches neben den
                              									Benzolbasen höhere Homologe enthält, ist noch nicht in einer für das technische
                              									Bedürfniſs handlichen Weise ausgebildet worden 5 doch gewährt die Acetylirung
                              									immerhin ein bequemes Mittel, um zunächst primäre und secundäre Basen von den
                              									tertiären zu scheiden und somit zu erfahren, wie hoch der Gehalt im Ganzen ist, an
                              									jenen minder werthvollen, z. Th. sogar schädlich wirkenden Verbindungen. Schneller
                              									gewinnt man ein zureichendes Urtheil über die Verwendbarkeit eines Methylanilins aus
                              									der Destillation einer bestimmten Menge unter immer gleichen Verhältnissen, wie
                              									solche zur Werthbestimmung des Blauöles (Anilin), Rothöles (Basengemisch für
                              									Fuchsin) und anderer Flüssigkeiten vorgenommen wird. 100cc reichen aus, wenn man die bei gleichmäſsiger Destillation, innerhalb
                              									des Intervalles von 1°, übergehenden Mengen notirt, um zu erkennen, ob, in welchem
                              									Maſse und in welcher Richtung wesentliche Uebereinstimmung oder Abweichung zwischen
                              									fraglichen Basengemischen vorhanden. Ein Methylanilin, welches einen gewissen Gehalt
                              									an ursprünglichem Anilin besitzt, wird entsprechende Mengen bei niederer Temperatur
                              									abgeben; ein anderes, vermischt mit höheren Homologen, wird diese durch ein
                              									entsprechendes Steigen des Kochpunktes bis zur Abgabe eines bestimmten Quantums
                              									verrathen; in einem dritten endlich wird ein sprungweises Wechseln des Siedepunktes
                              									das Vorhandensein von einander relativ weit ab siedender Verbindungen anzeigen. Wenn
                              									schon nun die Zahlen für die gradweis übergegangenen Mengen nicht, wie wohl
                              									vorgeschlagen worden, Durchschnittsberechnungen auf den wirklichen Gehalt an
                              									verschiedenen Basen zu Grunde gelegt werden dürfen, so ist doch immerhin eine
                              									derartige Destillation das bequemste Mittel, gewisse Anhaltspunkte für die
                              									Darstellung sowohl, als für die weitere Behandlung, bezieh. Verwerthung eines
                              									Methylanilins zu gewinnen. Hier sei noch der eigenthümlich knatternden Explosionen
                              									gedacht, welche man beobachtet bei der beginnenden Destillation der meisten, selbst
                              									durch Chlorcalcium entwässerten Methylaniline; dieselben wurden der Zerlegung
                              									hydratischer Verbindungen des Methylanilins (Martius)
                              									zugeschrieben.
                           Die nachfolgende Tabelle gibt die Resultate einiger solcher Destillationen,
                              									herausgegriffen aus einer groſsen Reihe systematischer Untersuchungen und
                              									Notirungen. Letztere gewinnen im Zusammenhang mit systematisch geführten Bemerkungen
                              									über die Darstellung und Verwendung der Methylaniline, bezieh. über die Ausbeuten an
                              									Violett, für den Betrieb ganz wesentliche Bedeutung. Einige der destillirten
                              									Methylaniline sind gleichzeitig auf ihren Gehalt an Anilin und an Monomethylanilin
                              									geprüft worden, wie nebenher angemerkt ist. Die gewählten Beispiele sind ferner
                              									typisch für die Methode der Darstellung und die Methode der Verarbeitung auf
                              									Violett, und soll auf dieselben in der speciellen Beschreibung der Fabrikation des
                              									Methylanilins darauf Bezug genommen werden. Die unter A aufgestellten Methylaniline
                              									waren dargestellt durch Einleiten von Chlormethyl in siedendes Anilin. Die unter B
                              									und C waren entstanden aus Anilinchlorhydrat und Holzgeist unter Druck. Von je
                              										100cc gingen bei den links verzeichneten
                              									Graden des nämlichen Thermometers, in demselben Apparat und an demselben Tage der
                              									Destillation unterworfen, über von:
                           
                              
                                 Grad
                                 A
                                 B
                                 C
                                 Grad
                                 A
                                 B
                                 C
                                 
                              
                                 I
                                 II
                                 I
                                 II
                                 I
                                 II
                                 I
                                 II
                                 I
                                 II
                                 I
                                 II
                                 
                              
                                 185186187188189190191192193194
                                 –1430879194–97–
                                 –133288929597––
                                 ––143887919597–
                                 –––33687929496–
                                 ––––2632556880
                                 ––––2838566781
                                 195196197198190200202204206
                                 –––––––––
                                 –––––––––
                                 –––––––––
                                 –––––––––
                                 8690||||94||96||98
                                 8790||94||96||98–
                                 
                              
                           A I und II enthielten Spuren von Anilin, reichlich 45 Proc.
                              									Monomethylanilin.
                           B II enthielt Spuren von Anilin, etwa 4 Proc.
                              									Monomethylanilin.
                           C I und II enthielten etwa 5 Proc. Anilin, bezieh. Toluidin und
                              									gegen 11 Proc. monomethylirtes Anilin, bezieh. Toluidin.
                           Methylaniline A I und II waren dargestellt durch Einleiten von
                              										CH3CI in siedendes Anilin (500g). A I war das durch eine einmalige Absättigung
                              									mit CH3Cl erhaltene und darauf von Anilin befreite
                              									Product; methylirt im Ganzen war vom angewendeten Anilin etwa ein Drittel (157g), hiervon – wie die Acethylirung eines aliquoten
                              									Theiles ergab – waren 71g,5 Monomethylaniline.
                           A II wurde nach der ersten Reaction wieder basisch gemacht, im
                              									Wasserdampfstrom umdestillirt und ein zweites Mal mit CH3Cl behandelt, bis das Halogenür nicht mehr aufgenommen wurde. Methylirt
                              									waren zwischen zwei Drittel und der Hälfte des Anilins (284g), davon Monomethylanilin 126g. Zur Trennung der Basen wurde statt des Aethers
                              									hochsiedendes Benzol (Siedepunkt 90 bis 120°) verwendet.
                           Es war also nicht, wie man hätte erwarten sollen, der Gehalt an tertiärem Amin
                              									gegenüber dem Monomethylanilin gestiegen; vielmehr ist bei weiterem Methyliren erst
                              									dann ein solches Steigen bemerklich, wenn die Menge der unveränderten Aniline auf
                              									etwa ein Drittel des ursprünglichen gesunken ist. Nur schwierig und unter starkem
                              									Verlust an Chlormethyl schreitet, vielleicht unter Rückzerlegung, die
                              									Ammoniumbildung vor. Ferner war es von vornherein nicht auszuschlieſsen, daſs unter
                              									den gegebenen Verhältniſsen Diphenylamin, Ammoniak und deren Methylderivate hätten
                              									entstehen können; es wurde indeſsen nichts davon beobachtet, vielleicht wohl deshalb
                              										nicht, weil der
                              									Proceſs stets mit dem Auftreten unabsorbirten Chlormethyls unterbrochen wurde. Für
                              									die moleculare Mechanik der Reaction ist bemerkenswerth, daſs der aus dem Halogenür
                              									entstehende Chlorwasserstoff zunächst an das Anilin tritt, letzteres also als
                              									stärkere Base fungirt, und ferner, daſs schon im Beginn der Methylirung die
                              									secundäre Base in die tertiäre übergeführt wird, die Substituirung des dritten
                              									Ammoniakwasserstoffes also leichter vor sich zu gehen scheint, als die des
                              									zweiten.
                           Ob mit Hilfe der Chlormethylreaction nach Ch. Groves die
                              									Darstellung des Methylanilins fabrikmäſsig betrieben wird, ist nicht bekannt
                              									geworden. Daſs sich bei geeigneter Apparatur und Anordnung des Processes gute
                              									Resultate auch im Groſsen erreichen lieſsen, kann kaum bezweifelt werden,
                              									ebensowenig aber auch, daſs die Rentabilität eines hierauf basirten Verfahrens
                              									geringer sein wird, als die des später im Zusammenhang besprochenen Druckverfahrens
                              									der thatsächlich eingeführten Behandlung des Anilinchlorhydrates mit Holzgeist in
                              									geschlossenen Gefäſsen bei erhöhter Temperatur.
                           Die unter B und C in der Tabelle aufgeführten Methylaniline sind nach dem
                              									Druckverfahren gewonnene Producte, und zwar:
                           B I käufliches Methylanilin (französisches Fabrikat).
                           B II entstanden aus 40 Th. Anilinchlorhydrat, 30 Th. Anilin, 45
                              									Th. Holzgeist (1 Mol. : 2 Mol.) 10 Stunden erhitzt, 320 bis 250° äuſsere, 185°
                              									innere Temperatur, Druckmaximum 20at,5.
                           C. I u. II entstanden aus 80 Th. Anilinchlorhydrat, 45 Th.
                              									Holzgeist, 90 Proc. (1 Mol. : 2 Mol.), mit 10 Th. Wasser 12 Stunden lang erhitzt,
                              									bei einer äuſseren Temperatur von 350 bis 320°, einer inneren bis zu 180°, bei einem
                              									halbstündigen Druckmaximum von 25at.
                           B II wurde mit überschüssigem Kalk basisch gemacht und im
                              									Dampfstrom destillirt; es wurden 73,5 Th. methylirtes Anilin erhalten (berechnet aus
                              									obigen Daten 77,5). Daſselbe enthielt noch 5 Proc. Anilin, das durch directes
                              									Vermischen mit der berechneten Menge Schwefelsäure (verdünnt im Verhältniſs 1 : 6)
                              									gefällt und durch Filtration entfernt wurde; alsdann erhielt man das oben nach
                              									Siedepunkt und Zusammensetzung charakterisirte Product.
                           C I und II lieferten neutrale Chlorhydrate von methylirten,
                              									bezieh. durch Umlagerung weiter veränderten Anilinen. Von beiden aus nur aliquoten
                              									Theilen abgeschiedene Basengemische zeigten entsprechend dem gleichartigen Ansatz
                              									und der gleichartigen Behandlung übereinstimmenden Charakter.
                           Nun ist für den technischen Werth eines Methylanilins die Ausbeute an Violett
                              									maſsgebend. Da aber nicht jedes Oxydationsverfahren – von sonstigen ökonomischen
                              									Momenten abgesehen – von allen Methylanilinen maximale Ausbeuten liefert, so können
                              									Ausbeuten an Violett nur dann einer vergleichenden Werthschätzung zu Grunde gelegt
                              									werden, wenn sie aus den vortheilhaftesten Verfahren gewonnen sind. Die sechs
                              									Methylaniline, die hier als dem Ursprung und den Eigenschaften nach als verschieden
                              									behandelt wurden, ergaben in zwei – wenn man will – entgegengesetzten
                              									Oxydationsverfahren Resultate, welche erstens groſse Differenzen in Bezug auf die
                              									Methylaniline, dann auch
                              									in Bezug auf das Verfahren zeigten, so zwar, daſs die Ausbeutemaxima für das eine
                              									Methylanilin nach diesem, für das andere nach jenem Verfahren erhalten wurden. Die
                              									im Kleinen, zu je 20g Methylanilin, angestellten
                              									Versuche finden übrigens Bestätigung bei der Darstellung im Groſsen. Die Umwandlung
                              									in Violett geschah nun einerseits durch Behandlung der basischen Methylaniline mit
                              									Kupferchlorid und Kaliumchlorat, andererseits durch Behandlung der Chlorhydrate mit
                              									frisch gefälltem Kupferoxydhydrat allein. Es gaben 20g Methylanilin:
                           
                              
                                 I. Base mit Kupferchlorid
                                 II. Chlorhydrat mit Kupferoxyd
                                 
                              
                                 
                                 
                                 g
                                 
                                 g
                                 
                                 
                              
                                 ABC
                                 IIIIIIIII
                                   9,1 = 45,5  9,0 = 45,013,4 = 67,014,1
                                    											= 70,010,5 = 52,510,4 = 52,0
                                 Proc. Violett
                                   9,9 = 49,510,1 = 50,511,0 = 55,011,0
                                    											= 55,013,8 = 69,013,5 = 67,5
                                 Proc. Violett
                                 
                              
                           Die Ueberführung in Violett als Werthbestimmungsmethode liefert offenbar nicht
                              									absolute, sondern nur vergleichbare Resultate; jedoch geht aus der Tabelle hervor,
                              									daſs B und C Methylaniline, trotz ihrer merklich verschiedenen Zusammensetzung,
                              									nahezu gleichviel Farbstoff zu liefern vermögen, also für den Fabrikanten, die
                              									Gewinnungskosten gleich gesetzt, denselben Werth haben. Es ist hier nicht der Ort
                              									die Violettdarstellung selbst zu besprechen, noch weniger diesbezügliche
                              									theoretische Erörterungen anzuknüpfen; nur sei noch erwähnt, daſs die betreffenden
                              									Violett nicht allein im Zustande gleicher Trockenheit gewogen, sondern auch
                              									coloristisch geprüft wurden, wobei denn weder in Stärke, noch in Nuance
                              									bemerkenswerthe Unterschiede aufgefunden werden konnten.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)