| Titel: | Die Verarbeitung der Rübenmelasse nach C. Vincent's Verfahren. Pariser Ausstellungsnotiz von Rudolf v. Wagner. | 
| Autor: | Rud. v. Wagner | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 263 | 
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                        Die Verarbeitung der Rübenmelasse nach C.
                              								Vincent's Verfahren. Pariser Ausstellungsnotiz von Rudolf v. Wagner.
                        v. Wagner, über die Verarbeitung der Rübenmelasse.
                        
                     
                        
                           Unter den chemischen Producten, welche die diesjährige Industrieausstellung in Paris
                              									zur Anschauung brachte, nahmen sicher die von C.
                                 										Vincent in Paris (28, boulevard Saint Germain) in der französischen
                              									Abtheilung ausgestellten Producte von der Verarbeitung der Rübenmelasse, insofern
                              									sie dem Beschauer eine durchaus neue Industrie vor
                              									Augen führten, einen hervorragenden Rang ein.
                           Da die technische Literatur Deutschlands über Vincent's
                              									Verfahren bisher nur wenige und noch dazu unvollständige Mittheilungen brachte, so
                              
                              									bedarf es keiner Motivirung, wenn ich dasselbe nach meinen in Paris gesammelten
                              									Notizen mit Berücksichtigung der seit Beginn der Ausstellung erschienenen
                              									französischen Berichte eingehend beschreibe.
                           Die Rübenmelasse, der letzte Syrup der Rübenzucker-Fabrikation, enthält im groſsen
                              									Durchschnitte in 100 Theilen:
                           
                              
                                 Saccharose
                                 50
                                 Th.
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                 30
                                 „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 20
                                 „
                                 
                              
                           
                           Von diesen 30 Th. Nichtzucker werden 10 Theile durch
                              									anorganische Substanzen mit vorherrschendem Kali (darunter stets Salpeter) gebildet,
                              									während die übrigen 20 Theile aus organischen Körpern, Säuren verschiedener Art,
                              									z.B. Arabinsäure, welche mit Kali und anderen anorganischen Basen, sowie mit Betaïn
                              									zu Salzen verbunden sind, aus stickstoffhaltigen Körpern, Derivaten und
                              									Zersetzungsproducten des Albumins, des Protoplasmas, der Rübenzelle, des Betaïns und
                              									zahlreichen anderen zum Theil noch nicht isolirten Substanzen bestehen. Die bisher
                              									angestellten Untersuchungen zeigen, daſs unter den 30 Th. Nichtzucker 5,5 Proc. Kali
                              									und 1,8 bis 2,0 Proc. Stickstoff vorhanden sind.
                           Die Menge der jährlich producirten Melasse ist eine sehr bedeutende. Nach
                              									Berechnungen von F. Stohmann (1878) beläuft sich
                              									dieselbe auf 100 Millionen Kilogramm (= 2 Mill. Ctr.); nach den Schätzungen von H. Schwarz in Graz beträgt die Production an Melasse in
                              									Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Ruſsland, Belgien und Frankreich zusammen 250 Mill.
                              									Kilogramm (= 5 Mill. Ctr.). Das innerhalb der letzten 6 Jahre im Deutschen Reiche
                              									erzeugte Melassenquantum enthielt an:
                           
                              
                                 Saccharose
                                 
                                 50
                                 Mill.
                                 Kilogramm
                                 
                              
                                 Kali
                                 
                                   5,5
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 1,8 bis
                                   2,0
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Wie bekannt, gab es bis auf die neueste Zeit kein rationelles Verfahren, die
                              									Saccharose aus der Melasse krystallinisch abzuscheiden, und man war genöthigt, die
                              									Melassen auf Spiritus zu verarbeiten. Zu dem Ende verdünnt man die Rübenmelasse,
                              									welche im Durchschnitt eine Dichte von 40 bis 42° B. hat (entsprechend 72 bis 76
                              									Sacharometergraden), mit Wasser bis auf etwa 12° B. (auf 50k Melasse nimmt man 150 bis 175l Wasser). Das Mischen der dickflüssigen Melasse
                              									mit dem Wasser wird gegenwärtig durch die Anwendung eines Körting'schen Dampfstrahlgebläses bewirkt. Zuweilen verdünnt man die
                              									Melasse nicht mit Wasser, sondern mit Schlempe. Da in Folge der Anwendung von
                              									Aetzkalk bei der Scheidung des Rübensaftes die Rübenmelasse eine mehr oder minder
                              									ausgesprochene alkalische Reaction besitzt, die jedoch nicht vom Kalk, sondern von
                              									kohlensauren Alkalien herrührt, welche durch die Einwirkung des Kalkes auf die
                              									Alkalisalze des Rübensaftes sich bildeten, so wird die Alkalinität der Melasse durch
                              									Zusatz einer Säure (Schwefelsäure oder Salzsäure) aufgehoben. Es liegt auf der Hand,
                              									daſs die Anwendung einer Mineralsäure den Werth der Alkalisalze in der Asche die
                              									Melasserückstände beeinträchtigt, da die zugesetzte Schwefelsäure zum Theil als
                              									Sulfat in der Asche erscheint, wodurch die Ausbeute als Kaliumcarbonat verringert
                              									wird. Bei Anwendung von Salzsäure treten diese Uebelstände noch greller hervor, da
                              									die Salzsäure fast vollständig in dem Aschenrückstand als Chlorkalium sich
                              									wiederfindet, während, wenn man mit Schwefelsäure die Alkalinität der Melasse
                              									aufhebt, ein Theil dieser Säure vor dem Einäschern als Gyps abgeschieden, ein anderer
                              									Theil davon nach Analogie des Leblanc-Processes als unlösliches Schwefelcalcium in
                              									den Auslaugerückständen bleibt. Es ist sogar mehr als wahrscheinlich, daſs man beim
                              									Einäschern der Rückstände (nach dem älteren, nicht nach Vincent's Verfahren) durch einen mäſsigen Kalkzusatz die Nachtheile des
                              									Schwefelsäurezusatzes wird compensiren können. Wenn es der Preis gestattete, so
                              									würde unter allen Umständen einer organischen Säure, möglicherweise der Oxalsäure
                              									oder auch roher Milchsäure der Vorzug vor einer Mineralsäure zu geben sein. Ob die
                              									von Camichel und Henriot
                              									(1877 224 438) gemachten Vorschläge, anstatt einer Säure Kastanienextra et zum
                              									Neutralisiren der Melassen anzuwenden, erfolgreich sein werden, muſs dahin gestellt
                              									bleiben. Bei mit Salin aus der Umgegend von Lille angestellten Versuchen fand sich
                              									in der Asche bei Anwendung von Schwefelsäure (a) und von Kastanienextract (b) in 100
                              									Theilen:
                           
                              
                                 
                                 a
                                 b
                                 
                              
                                 Kaliumcarbonat
                                 36,93
                                 47,03
                                 
                              
                                 Kaliumsulfat
                                 16,02
                                   6,37.
                                 
                              
                           Das Ergebniſs dieser Versuche scheint allerdings für das Kastanienextract zu
                              									sprechen, doch sind hierbei selbstverständlich nur fortgesetzte Versuche in der
                              									Fabrik und die Preisverhältnisse des Kastanienextractes entscheidend. Ein gröſserer
                              									Ueberschuſs an Säure ist nach der Meinung der Melassespiritus-Fabrikanten zu
                              									vermeiden. Die der Alkalinität beraubte verdünnte Melasse wird angewärmt, oder auch
                              									bis zum Sieden erhitzt. Letztere Arbeit, welche nach der landläufigen Ansicht die
                              									Ueberführung der nicht gährungsfähigen Saccharose der Melasse in intervertirten
                              									Zucker (ein Gemenge gleicher Molecüle von Dextrose und Levulose) bewirken soll,
                              									scheint angesichts der Arbeiten von M. Märker u.a.,
                              									nach welchen die Hefe selbst ein intervertirendes Element enthält, überflüssig. Die
                              									Gährung wird möglichst schnell eingeleitet und dabei am zweckmäſsigsten Darrmalz-
                              									oder Schrothefe verwendet, damit die zugegebene Hefe sich fortpflanzen und vermehren
                              									kann. Die Vergährung der Maische, mit 12° B. angestellt, verläuft höchstens bis auf
                              									4° B., wenn man die Spindelprobe in der entgeisteten Maische vornimmt. 100k Melasse geben im Durchschnitte 2600 bis 3000
                              									Literprocent Alkoholausbeute.
                           Die nach dem Abdestilliren des Alkohols (Melassenspiritus) zurückbleibende Schlempe
                              									wird (nach dem älteren Verfahren) in Pfannen abgedampft und die bis zur
                              									Breiconsistenz abgedampfte Masse in einem Flammofen erhitzt, bis alles Wasser
                              									ausgetrieben und die organischen Substanzen verkohlt sind. Durch die Einwirkung der
                              									Alkalien auf die stickstoffhaltigen Bestandtheile bildet sich, wie H. Schwarz (1857) gezeigt, stets etwas Cyankalium,
                              									welches später beim Auslaugen der Salzmasse in eisernen Auslaugebottichen zur
                              									Entstehung von etwas Ferrocyankalium Veranlassung gibt. Die durch Verkohlung
                              									erhaltene schwarze Salzmasse heiſst „Schlempekohle,“ die weiſs calcinirte Masse 
                              
                              									„Salin.“ Durch Auslaugen dieser Aschen gewinnt
                              									man durch die bekannten und wiederholt beschriebenen MethodenDie besten und zuverlässigsten Schilderungen der Verarbeitung der
                                    											Rübenmelasse sind von Fr. Kuhlmann (vgl. A. W. Hofmann: Reports by the Juries. London
                                    											1863, S. 55) und von E. Pfeiffer (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1872 S.
                                    										282). die darin enthaltenen Salze, namentlich das kohlensaure
                              									Kali.
                           Die Fabrikation von Potasche und Rübenmelasse wird besonders schwunghaft betrieben im
                              									Norddepartement von Frankreich, ferner in Pasde-Calais, Somme und AisneIm Ganzen sollen in Frankreich 18 Fabriken sich mit der Verarbeitung von
                                    											Salin (Melassenasche) abgeben. (W.)
                              									[auf dem Marsfelde hatten auſser Vincent ausgestellt
                              										Lefebvre in Corbehem (Pas-de-Calais), Dècle und Comp. in Rocourt, Nugues in Valenciennes, Savary und Comp. in
                              									Nesle (Somme) und Porion in Wardrecques
                              									(Pas-de-Calais)], in Belgien, in Oesterreich (insbesondere in der Umgegend von
                              									Brunn) und in Deutschland (in den Provinzen Sachsen, Schlesien, Pommern,
                              									Brandenburg, in den Rheinprovinzen und in Waghäusel in Baden). Die Gesammtproduction
                              									an Rübenpotasche belief sich i. J. 1875 nach H.
                                 										Grüneberg auf etwa 12000000k (= 240000
                              									Ctr.); davon kommen:
                           
                              
                                 auf
                                 Frankreich
                                 64
                                 Proc.Nach einer anderen ziemlich zuverlässigen Angabe verarbeitet man
                                          													gegenwärtig im Norden und Nordwesten Frankreichs jährlich 25000t Melassenasche, was beinahe
                                          
                                          														10000t (= 200000 Ctr.)
                                          													raffinirter Potasche entspräche. (W.)
                                 
                              
                                 „
                                 das Deutsche Reich
                                 24
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Belgien
                                 4
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Oesterreich-Ungarn
                                 8
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100
                                 Proc.
                                 
                              
                           Die Herstellung der Potasche aus der Melasse, die vor 20 Jahren noch als groſser
                              									Fortschritt auf dem Gebiete der chemischen Groſsindustrie angesehen werden durfte,
                              									ist im Lichte der Gegenwart betrachtet, technologisch nicht rationell, da mit der
                              									Möglichkeit ihrer Gewinnung die Entwerthung der Saccharose zu Spiritus verknüpft
                              
                              									ist, eine Substanz, die man weit vortheilhafter und billiger aus der Kartoffelstärke
                              									darstellt. Dazu kommt noch der wichtige Umstand, daſs mit dem Aufblühen der
                              									Mineralpotasche-Fabrikation aus den Carnalliten und Kainiten von
                              
                              									Leopoldshall-Staſsfurt, die Gewinnung von Kalisalzen aus der Rübenmelasse für
                              									technische Zwecke ganz überflüssig ist.
                           Welche Summen der deutschen Zuckerindustrie durch den Verlust von Saccharose
                              									entgehen, ergibt sich aus einer jüngst von F. Stohmann
                              									in seinem vortrefflichen Handbuch der Zuckerfabrikation
                              									(Berlin 1878, S. 399) gegebenen Berechnung. Der Preis für 100k Melasse beträgt im Durchschnitte 8 M., so daſs
                              									für den Ertrag an Melasse jährlich 8 Mill. Mark gelöst werden. Da nun das innerhalb
                              									der letzten 6 Jahre erzeugte Melassequantum 50 Mill. Ctr. Zucker, ferner 1,9 bis 2,0
                              									Mill. Ctr. Stickstoff und 5,5 Mill. Ctr. Kali enthält, so ergibt sich für den Werth
                              									der Hauptbestandtheile der Melasse, wenn man für den Zucker den Preis von 60 M. für 100k, den Stickstoff mit 2 M. für 1k das Kali mit 0,40 M. für 1k veranschlagt, 30 Mill. Mark für den Zucker, 3,8
                              									Mill. Mark für den Stickstoff und 2,2 Mill. Mark für das Kali, im Ganzen mithin 36
                              									Mill. Mark. Zieht man nun davon den Erlös von 8 Mill. Mark für die Melasse ab, so
                              									bleibt die Summe von 28 Mill. Mark zurück, um welche die Rübenzuckerfabrikation des
                              									Deutschen Reiches in Folge der nicht rationellen Verwerthung der Melasse geschädigt
                              									wird.
                           Betrachtungen solcher und ähnlicher Art gaben seit der Zeit, als man weiſs, daſs der
                              									Zucker in der Melasse Saccharose ist, Veranlassung zu Vorschlägen, diesen Zucker zu
                              									gewinnen. Von den in dieser Hinsicht vorgeschlagenen Methoden haben sich bekanntlich
                              									nur zwei über dem Wasser zu erhalten vermocht, nämlich 1) die Osmose von Dubrunfaut und
                              									2) die Elution von Scheibler,
                                 										Seyfferth und Bodenbender.
                           Die Osmose ist ein auf Diffussion beruhender Proceſs, der für die Gewinnung der
                              									Saccharose aus der Melasse deshalb von Bedeutung geworden ist, weil die Melasse eine
                              
                              									Anzahl von Bestandtheilen enthält, welche ein sehr verschiedenes Diffusionsvermögen
                              									besitzen. Die Salze der Melasse diffundiren äuſserst rasch, die Saccharose weit
                              									langsamer, die übrigen Stoffe in der Melasse entweder nicht oder überaus schwierig.
                              									Wäre die Differenz in der Diffusionsgeschwindigkeit der Salze und der Saccharose
                              									eine sehr bedeutende, so lieſsen sich auf dem Wege der Diffusion die
                              									Hauptbestandtheile der Melasse mit Leichtigkeit in drei Gruppen trennen, in die
                              
                              									Salze, welche zuerst durch die Zellenwand gingen, in die Saccharose, die, von den
                              									die Krystallisation hemmenden Stoffen befreit, in einer Lösung sich vorfände, aus
                              									welcher ohne Schwierigkeit der Zucker krystallinisch abgeschieden werden könnte, und
                              									endlich in den Rest, aus den nicht oder nur schwerfällig diffundirenden
                              									Melassebestandtheilen zusammengesetzt. Die Differenz in der Schnelligkeit der
                              									Diffusionsbewegung ist jedoch nicht bedeutend genug, um eine für den praktischen
                              									Betrieb brauchbare Methode der Trennung der Melassensalze von der Saccharose, oder
                              									mit anderen Worten eine Entsalzung der Melasse darauf
                              									basiren zu können. In der Praxis nimmt man wahr, daſs bei Beginn der Osmose groſse
                              									Mengen von Melassensalzen und geringe Mengen von Zucker durch die Membran
                              									(Pergamentpapier) gehen, während später das Umgekehrte der Fall ist. Der osmotische
                              									Proceſs wird daher unterbrochen, wenn ein Theil der Salze entfernt ist, so daſs ein
                              									Theil der Saccharose beim Verdampfen krystallinisch sich ausscheidet; die von den
                              									Zuckerkrystallen in der Centrifuge getrennte Melasse hat annähernd die nämliche
                              									Zusammensetzung wie die gewöhnliche Melasse. Diese zweite Melasse wird abermals
                              									durch Osmose entsalzt u.s.f., bis endlich durch Vorhandensein der dialytisch nicht
                              									zu trennenden Substanzen eine mit Colloïden dergestalt verunreinigte Melasse
                              									resultirt, daſs von einer weiteren Verarbeitung derselben abgesehen werden muſs. Da
                              									das osmotische Verfahren
                              									keine sehr bedeutenden Anlagekosten erheischt, so ist der Gewinn, welcher durch die
                              									Verwerthung der Melasse in dieser Form sich ergibt, ein nicht unbeträchtlicher.
                              									Allerdings gehen durch die Osmose die in der Melasse enthaltenen werthvollen
                              									stickstoffhaltigen Bestandtheile verloren, ebenso auch die Kalisalze; auch kann
                              									unter Umständen die Beseitigung der Abfallwässer in hygienischer Hinsicht Bedenken
                              									erregen.
                           Das zweite Verfahren, welches die Saccharose aus der Melasse zu extrahiren bezweckt,
                              									ist die von C. Scheibler bereits im J. 1865 entdeckte
                              									Elution (von cluere, auswaschen). Dieser so wichtig
                              
                              									gewordene Proceſs beruht im Wesentlichen auf der Bildung eines dreibasischen
                              									Calciumsaccharates und der Auslaugung mit Alkohol von etwa 30 Proc. in welchem der
                              									gröſste Theil des Nichtzuckers sich löst, so daſs ein ziemlich reines Saccharat
                              									zurückbleibt. Das Verfahren, in allen seinen Theilen von dem Urheber auf das
                              									gründlichste durchgearbeitet, scheiterte anfangs an der technischen Schwierigkeit,
                              										trockenen Melassenkalk zu erzeugen; denn es hatte
                              									sich bald herausgestellt, daſs derselbe nur im vollständig getrockneten Zustande in
                              									Alkohol von der angegebenen Stärke unlöslich genug sei, um zu keinen erheblichen
                              									Saccharoseverlusten Anlaſs zu geben. Die Schwierigkeiten, die sich der erfolgreichen
                              									Einführung der Elution entgegenstellten, sind nun, wie bekannt, durch die Bemühungen
                              									von A. Seyfferth in Braunschweig vollständig gehoben.
                              									Er bringt die Melasse nicht, wie es C. Scheibler that,
                              									mit gelöschtem Kalk, sondern mit fein gepulvertem frisch gebranntem Kalk zusammen
                              									und wählt eine möglichst concentrirte Melasse von 43° B. (auf 1 Molecul Saccharose
                              									in der Melasse fügt er 3 bis 4 Mol. Aetzkalk zu). Durch das Löschen des Kalkes auf
                              									Kosten eines Theiles des Wassers der Melasse und durch die dabei stattfindende
                              									Wärmeentwicklung wird nicht nur das Präparat vollständig getrocknet, sondern auch in
                              									Folge der in der Masse sich bildenden Wasserdämpfe so porös gemacht, daſs der
                              									Alkohol die Masse mit Leichtigkeit durchdringen und vollständig eluiren kann. In
                              									dieser Weise aus- und durchgebildet kam die Elution in der Champagne 1875/76 unter
                              									der Direction von H. Bodenbender in der Zuckerfabrik
                              									von E. Henneberg und Comp. in Wassersleben bei
                              									Wernigerode (Prov. Sachsen) in Anwendung und verbreitete sich von da aus in immer
                              									weitere Kreise. Die Elution liefert etwa 80 Procent von der in der Melasse
                              									enthaltenen Saccharose in Gestalt von Saccharat, welches mit bestem Erfolge zur
                              									Scheidung von Zuckersäften verwendet wird.
                           Die Frage, ob die Osmose oder die Elution den Vorzug verdiene, ist nicht absolut zu
                              									beantworten, da locale Factoren oft in erster Linie maſsgebend sind, wenn es sich um
                              									die Wahl eines neu einzuführenden Verfahrens handelt. Im groſsen Ganzen wird man
                              									jedoch behaupten können, daſs seit dem Bekanntwerden der Erfolge der letzten Jahre bezüglich der
                              									Melassenverarbeitung das Zünglein der Wage zu Gunsten der Elution ausschlägt. Sind
                              									auch die Anlagekosten bei der Einrichtung der Elution sehr bedeutend, so hat
                              									letzteres Verfahren gegenüber der Osmose den groſsen Vortheil, daſs nach der
                              									Wiedergewinnung des Alkoholes aus der Auslaugeflüssigkeit die in der ursprünglichen
                              									Melasse enthaltenen Kalisalze und stickstoffhaltigen Bestandtheile in so
                              									concentrirter Form erhalten werden, daſs man sie ohne weiteres dem Rübenboden
                              									zuführen und somit dem Acker im wesentlichen das wiedergeben kann, was durch den
                              									Rübenbau dem Boden entzogen wurde. Nach den Angaben von R.
                                 										v. Kaufmann (Die Zucker Industrie, Berlin
                              									1878, S. 207) bezog das Deutsche Reich zur Düngung seiner Rübenfelder 249000 Ctr.
                              									schwefelsaures Ammoniak im Werthe von 4,7 Mill. Mark. Der durch die Elution
                              									gewonnene Stickstoff der Melasse genügt, um diese ganze Menge von Ammoniaksalz
                              									überflüssig zu machen. Um das Kali der Melasse zu ersetzen, sind 300000 Ctr.
                              									Kalisalze aus den Leopoldshall-Staſsfurter Fabriken erforderlich. Der im J. 1862 von
                              										J. v. Liebig ausgesprochene Satz: „Daſs es
                                 
                                 										vernünftiger sei, die Kalisalze der Melasse den Rübenfeldern zurückzuerstatten,
                                 										als sie in Form von Potasche in den Handel zu bringen“, ist vielfach und mit
                              									völligem Rechte angefochten worden. Als die Staſsfurter Kalischätze zu Tage traten
                              									und kein finanzwirthschaftliches Heilmittel gegen die Vergeudung der Saccharose in
                              									der Melasse vorhanden war, verkaufte der Zuckerfabrikant im wohlerwogenen Interesse
                              									der Fabrik die Potasche aus den Kalisalzen der Rübe und ersetzte dem Boden in Form
                              									von wohlfeilen Kalidüngerpräparaten das durch den Rübenbau entzogene Kali. Bei
                              									seiner Wanderung durch den Organismus der Rübe erfuhr das Kalipräparat im
                              									technologischen Sinne eine Veredlung, d.h. es fand eine namhafte Wertherhöhung
                              									statt. Seitdem es nun durch die Elution gelungen ist, die Saccharose aus der Masse
                              									in Form von verkäuflichem Zucker auszuscheiden und die Mineralpotasche-Fabriken
                              									Potasche in jeder gewünschten Menge zu liefern im Stande sind, gilt der Spruch v. Liebig's in seiner ganzen Schärfe und zwar durchaus
                              									zu Gunsten der Elution. Der einzige Nachtheil der Einführung der Elution sei – so
                              									sagt man – daſs die Melasse aufhöre, ein Rohstoff für die Spiritusindustrie zu sein.
                              									Nun aus vorstehenden Erörterungen folgt zur Genüge, daſs bei den im Deutschen Reiche
                              									(d.h. in Norddeutschland) obwaltenden Verhältnissen der Spiritusfabrikation und
                              									Besteuerung ein groſser Fortschritt vorliegt, wenn man die Saccharose besser
                              									verwerthen kann, als dieselbe auf Spiritus zu verarbeiten. Durch die Elution wird
                              									ohne Zweifel für den Kartoffelbau eine bessere Conjunctur herbeigeführt, und nicht
                              									zu unterschätzen möchte die Thatsache sein, daſs die Spiritusindustrie in der
                              									Elution eine neue Absatzquelle von ziemlicher Bedeutung gefunden hat. Die Produktion
                              									an Melassenspiritus will übrigens gegenüber der Kartoffelspiritus-Erzeugung
                              									nicht viel bedeuten. Im J. 1875 (also vor der Einführung der Osmose und der Elution
                              									in die Zuckerfabrikation) war der Materialverbrauch sämmtlicher Brennereien im
                              									deutschen Zollgebiete:
                           
                              
                                 Kartoffeln
                                 77,8
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Cerealien
                                 15,8
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Wein, Hefe und Treber
                                 2,0
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Rübenmelasse
                                 2,3
                                 „
                                 u.s.w.
                                 
                              
                           In Hektoliter ausgedrückt betrug die im J. 1875 in den
                              									Brennereien verwendete Melasse in Deutschland 767951.
                           Sieht man von neuen und im praktischen Betriebe noch nicht hinreichend erprobten
                              									Vorschlägen der Verarbeitung der Melasse nach Sebor,
                                 
                                 										Manoury u.a. ab, so läſst sich die Elution als das rationellste und der deutschen Zuckerindustrie am besten entsprechende
                              									Verfahren der Extraction der Saccharose aus der Rübenmelasse bezeichnen, selbst dann
                              									wahrscheinlich noch, wenn das Reich den bereits wiederholt ventilirten Gedanken
                              									verwirklichen sollte, dem aus der Melasse gewonnenen Zucker eine Steuer
                              									aufzuerlegen.
                           In Frankreich sind in dieser Hinsicht die Verhältnisse
                              									ganz anders gelagert als in Deutschland; in Frankreich hat der Rübenzucker an dem
                              									französischen Colonialzucker einen Concurrenten, hier ist die Spiritusfabrikation
                              									und die Besteuerung des Spiritus eine andere, und nicht alle Verbesserungen in der
                              									Verarbeitung der Melasse, welche wir in Deutschland als fortschrittliche bezeichnen,
                              									werden jenseits der Vogesen im gleichen Sinne aufgefaſst. Auch die Fabrikation der
                              									Kalisalze ist in Frankreich eine andere und minder günstige als in Deutschland, und
                              									nirgends finden sich auf französischem Boden Kalisalzmineralien, welche die
                              									Bereitung von Mineralpotasche in einer solchen Ausdehnung ermöglichten, daſs der
                              									Bedarf an Kali im Inlande gedeckt werden könnte. Frankreich ist auf bedeutende
                              									Einfuhr von Potasche angewiesen, und diese Einfuhr würde sich beträchtlich
                              									vergröſsern, wenn durch Adoption rationeller Methoden zur Verarbeitung der
                              									Rübenmelasse der französischen Melassenpotaschen-Industrie der Todesstoſs versetzt
                              									würde. Es darf daher nicht überraschen, wenn französische Techniker das
                              									althergebrachte Verfahren der Verwerthung der Melasse in der Spiritusbrennerei
                              									dadurch zu verbessern trachten, daſs sie die Nichtzuckerbestandtheile der Melasse in
                              									möglichst hochwerthige Producte überführen.
                           An der Spitze Derjenigen, die reale Verbesserungen in die Verarbeitung der
                              									Melassenschlempe einführten, steht der schon oben genannte C. Vincent. Nach dem älteren Verfahren der Herstellung der Schlempekohle
                              									durch Eindampfen der Melassenschlempe und Verkohlen des Rückstandes gehen alle
                              									organischen Stoffe der Melasse, insbesondere die werthvollen stickstoffhaltigen
                              									Bestandtheile durchaus verloren. Vincent hat es nun
                              									unternommen, diese Stoffe so weit als technisch ausführbar zu verwerthen, indem
                              									er die Herstellung der Schlempekohle in geschlossenen Räumen ausführt, oder mit
                              									anderen Worten die Abdampfungsproducte der Melassenschlempe in eisernen Retorten der
                              									trockenen Destillation unterwirft in ähnlicher Weise, wie es mit dem Holz bei der
                              									Bereitung von Essigsäure, Methylalkohol, Aceton, Kreosot u.s.w. geschieht. Die
                              									Producte der trockenen Destillation sind:
                           1) Eine lockere und sehr poröse Schlempekohle, welche alle Mineralsalze der Melasse
                              									enthält und mit Leichtigkeit durch Auslaugen erschöpft werden kann; die aus solcher
                              									Kohle erhaltene Potasche soll sich durch groſse Reinheit auszeichnen und namentlich
                              									von Sulfat und Sulfuret frei sein. Zur Herstellung der Potasche dient ein von E. Porion construirter Calcinirofen, der in mehreren
                              									Potaschefabriken Frankreichs eingeführt ist (vgl. *1868 188 23. 1875 218 490) und in
                              									letzter Zeit durch Werotte in Lüttich (*1874 212 196)
                              									einige Verbesserungen erfuhr.
                           2) Eine wässerige Flüssigkeit, die neben kleinen Mengen Theer in
                              									Condensationsapparaten, ähnlich den in den Gasfabriken zum Auffangen des Gas- oder
                              									Ammoniakwassers benutzten, sich verdichtet. Der Theer enthält neben etwas Phenol,
                              									Glieder aus der Reihe der Chinolinbasen, dagegen weder Benzol noch Toluol. Das
                              									Condensationswasser enthält zahlreiche Bestandtheile, nämlich Ammoniak in Form von
                              									Carbonat, Sulfhydrat und Cyanammon, ferner Methylsulfuret, Methylalkohol, namhafte
                              									Mengen von Trimethylamin und endlich eine Anzahl von Gliedern der Reihe der
                              									einbasischen fetten Säuren (von der Ameisensäure an bis zur Amylcarbonsäure).
                           3) Gase, im Mittel aus 46 Proc. Kohlensäure, 12 Proc. Kohlenoxyd, 34 Proc.
                              									Wasserstoffgas und 8 Proc. Grubengas bestehend, welche zu Leucht- und Heizzwecken
                              									und wegen des hohen Kohlensäuregehaltes auch noch anderweitig (z.B. zur Entfernung
                              									des Schwefelkaliums aus der Potasche während des Calcinirens) verwendet werden
                              									können.
                           Nur die wässerige Flüssigkeit (das Condensationswasser) von der trockenen
                              									Destillation des Productes des Abdampfens der Rübenschlempe bietet technologisches
                              									Interesse. Nach den Mittheilungen Lamy's (des seitdem
                              									leider verstorbenen Schwiegersohnes Fr. Kuhlmann's in
                              									Lille) wurde aus dieser Flüssigkeit, weiche gelblich aussieht, durch darin
                              									suspendirte Theerpartikelchen getrübt ist und eine Dichte von etwa 5° B. besitzt,
                              									durch methodische, auf einander folgende Abscheidung der einzelnen Bestandtheile
                              									Methylalkohol, Ammonsulfat und aus den letzten Mutterlaugen Trimethylamin (nach A. Henninger höchst wahrscheinlich ein
                              									Zersetzungsproduct des Betaïns, welches als dreifach methylirtes Glycocoll C2H2 (CH3)3NO2 aufgefaſst werden kann) in namhaften Mengen
                              									dargestellt. Nach den damaligen Angaben Vincent's
                              									(1877) sollte bei der Verarbeitung der Rübenmelasse der von 100k Melasse erhaltene Rückstand 2k Ammonsulfat, fast ein 1l,5 reinen Methylalkohol und 1k,8
                              									nicht krystallisirende Mutterlauge liefern, welche zum gröſsten Theile aus
                              									schwefelsaurem Trimethylammon besteht.
                           Seit jener Zeit (nicht viel mehr als einem Jahre) sind nun die Arbeiten C. Vincent's in den Groſsbetrieb übertragen worden, und
                              									wie die chemische Abtheilung auf dem Marsfelde zeigte, wird das neue Verfahren in
                              									der Fabrik von Tilloy, Delaune und Comp. in Courrières
                              									im gröſsten Maſsstabe betrieben. Nach den Angaben der Fabrik stellt man täglich aus
                              									dem Condensationswasser 1600k Ammonsulfat, 100k Methylalkohol und 1800k rohe Trimethylaminsalze dar (bei 300
                              									Arbeitstagen würde die Fabrik jährlich 9600 Ctr. Ammonsulfat und 600 Ctr.
                              									Methylalkohol liefern können). Der Methylalkohol aus Courrières ist für die
                              									Theerfarbenfabrikation sehr beliebt.
                           Bisher gab es jedoch in der Verwerthung der Producte der trockenen Destillation der
                              									Melassenrückstände eine Lücke, nämlich die Verwendung der Trimethylaminsalze, von
                              									welchen eine industrielle Verwendung nicht bekannt war.
                           Dieses Problem ist nun von C. Vincent in durchaus
                              									befriedigender Weise gelöst worden. Die Aufgabe war einfach die, das Trimethylamin
                              
                              									in technisch ausführbarer Weise in Ammoniak und in ein Methylderivat zu zerlegen,
                              									also die umgekehrte Reaction auszuführen, durch welche A. W.
                                 										Hofmann. in seiner klassischen Arbeit vor fast 30 Jahren das Trimethylamin
                              									darzustellen lehrte.
                           Es ist eine bekannte Thatsache, daſs, wenn man trockenes Chlorwasserstoffgas durch
                              									den Dampf einer methylirten Alkylaminbase strömen läſst, in dem vorliegenden Falle
                              									Trimethylamin, sich Chlormethyl und Ammoniak bildet: N(CH3)3 + 4HCl = 3CH3Cl + NH4Cl. Diese einfache Reaction hat
                              									nun Vincent in den Fabrikbetrieb übertragen. Die
                              									Mutterlaugen, wesentlich aus salzsaurem Trimethylamin bestehend, werden, wie P. Schülzenberger in einem Referate über das neue
                              									Verfahren für die Société d'Encouragement (Bulletin, 1878 Bd. 5 S. 432) angibt, eingedickt, bis
                              									der Siedepunkt der Flüssigkeit bis auf etwa 260° gestiegen ist. Bei dieser
                              									Temperatur findet lebhafte Entwicklung von Gas statt, welches aus einem Gemisch von
                              									Trimethylamin und Chlormethyl besteht; der Rückstand ist zusammengesetzt aus
                              									unzersetzt gebliebenem Salzsäuren Trimethylamin und salzsaurem Monomethylamin. Hat
                              
                              									die Zersetzungstemperatur der Masse 305° erreicht und überschritten, so bleibt in
                              									dem Destillirapparate nur Salmiak und Monomethylaminsalz zurück, während die
                              									entweichenden gasförmigen Producte auſser Chlormethyl groſse Mengen von Ammoniak
                              									enthalten. Bei 325° endlich ist die ganze Masse zersetzt und durch einfache
                              									Destillation in ein Gemenge von Ammoniak, Trimethylamin und Chlormethyl übergeführt
                              									worden. Das Gasgemisch wird in gewöhnliche Salzsäure geleitet, von welcher Ammoniak
                              									und Trimethylamin zurückgehalten wurden, während das Chlormethyl unabsorbirt
                              									durchgeht mit alkalisch
                              									gemachtem Wasser gewaschen und in einem Gasometer unter Wasser aufgefangen wird. Die
                              									salzsaure Lösung der beiden Basen wird abgedampft, bis die Lauge bei 140° siedet und
                              									darauf in einem kühlen Raum sich selbst überlassen. Es krystallisirt Salmiak heraus,
                              									der durch Abtropfenlassen und Centrifugiren von der anhängenden Lauge befreit wird.
                              									Die Trimethylamin-haltigen Mutterlaugen gehen in die Fabrikation zurück, um wie das
                              									ursprüngliche Trimethylaminsalz der trockenen Destillation unterworfen zu
                              									werden.
                           Das Chlormethyl wird getrocknet und dann mit Hilfe einer
                              									Saug- und Druckpumpe zu einer Flüssigkeit verdichtet, die in starkwandigen
                              									Metallgefäſsen aufbewahrt und verwendet wird. Das so dargestellte ChlormethylIn der chemischen Fabrik von Brigonnet und Sohn
                                    											in St. Denis, route du Landit 6, fabricirte man Chlormethyl auf die
                                    											angegebene Weise in groſsem Maſsstabe und zwar 25k täglich. Gegenwärtig ist die Einrichtung
                                    											dergestalt erweitert worden, daſs man 800k
                                    											Chlormethyl täglich erhalten kann. ist farblos, sehr beweglich,
                              									von süſslichem ätherartigem Gerüche und siedet bei –23° bei einem Drucke von 860mm. Die Gesammttension seines Dampfes ist bei:
                           
                              
                                 
                                 at
                                 
                              
                                   0°
                                 2,48
                                 
                              
                                 15
                                 4,11
                                 
                              
                                 20
                                 4,81
                                 
                              
                                 25
                                 5,62
                                 
                              
                                 30
                                 6,05
                                 
                              
                           und deshalb ist sein Transport ein durchaus gefahrloser. Die
                              									Gefäſse, in denen man es von St. Denis aus versendet, sind aus Kupfer- oder
                              									Stahlblech und enthalten 2,5 bis 200k Chlormethyl.
                              
                              										1k kostet gegenwärtig 3,20 M.
                           Seine Hauptanwendung ist vor der Hand zur Eisbereitung (vgl. 1877 226 555) und zur
                              									Herstellung methylirter Theerfarben, wobei das Chlormethyl bereits an die Stelle des
                              									früher angewendeten Jod- und Brommethyls und des Methylnitrates getreten ist, weil
                              									es nicht nur wohlfeiler ist als die beiden erstgenannten Alkylhaloïde, sondern auch
                              									minder gefahrvoll als das Methylnitrat, welches bekanntlich in der
                              									Theerfarben-Bereitung wiederholt zu Explosionen Veranlassung gegeben hat.
                           Die von C. Vincent geschaffene Industrie liefert also,
                              									wie in dem Vorstehenden aus einander gesetzt, aus Stoffen, die vor kurzer Zeit noch
                              									unbeachtet gelassen wurden, eine Reihe werthvoller chemischer Producte (Ammoniak,
                              									Methylalkohol und Chlormethyl) und gehört zu den wenigen chemischen
                              									Industriezweigen, welche auf der diesjährigen Pariser Ausstellung wirklich Neues und
                              									Beachtenswertes aufzuweisen hatten.
                           Universität Würzburg, October 1878.