| Titel: | Carbonisation der Schafwolle mittels gasförmiger Säuren. | 
| Autor: | Kl. | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 338 | 
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                        Carbonisation der Schafwolle mittels gasförmiger
                           								Säuren.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 29.
                        Ueber Carbonisation der Schafwolle.
                        
                     
                        
                           Der erste Gedanke, das Entkletten oder Carbonisiren der Wolle – statt mit einer
                              									flüssigen – mit einer gasförmigen Säure auszuführen, stammt schon aus dem J. 1871,
                              									wie früher bei Besprechung von Delamare's
                              									Carbonisationsapparat (*1877 226 543) nachgewiesen worden ist. Das Verfahren mit
                              									gasförmiger Salzsäure sollte insbesondere den Vortheil bieten, daſs es auch für
                              									gefärbte Wolle angewendet werden kann. Der Hauptvorzug desselben dürfte jedoch darin
                              									zu suchen sein, daſs die Behandlung mit gasförmiger Säure die Festigkeit der
                              									Wollfaser selbst, sowie den weichen Griff derselben weniger schädigt, als dies bei
                              									Anwendung von flüssiger Säure der Fall ist.
                           C. F. Gademann in Bieberich hat nun, wie bereits (1877
                              									226 439) kurz gemeldet, einen Apparat zum Verkohlen pflanzlicher Stoffe in Wolle,
                              									wollenen Tüchern und Lumpen angegeben (*D. R. P. Nr. 398 vom 11. September 1877),
                              									welcher nähere Beschreibung verdient Derselbe besteht aus einem 10mm starken und 2m langen Eisenblechcylinder (Fig. 1 und
                              										2 Taf. 29) von 2m Durchmesser, dessen
                              									beide Enden mit zwei luftdichten Deckeln verschlossen sind. Das Innere des Cylinders
                              									wird durch Wasserdampf auf 110 bis 130° erwärmt und dient hierfür das Schlangenrohr
                              										b mit dem Hahn c zum
                              									Entweichen des gebrauchten Dampfes. Durch die an dem einen Deckel des Cylinders
                              									angebrachte Oeffnung d werden die zu carbonisirenden
                              									Stoffe hineingeworfen und alsdann diese Oeffnung mit einem Deckel luftdicht
                              									verschlossen. Durch die hohle Achse des Deckels E (Fig.
                                 										2) geht ein Zweiwegrohr F, dessen eine
                              									Oeffnung G mit einem Luftverdünnungsapparat in
                              									Verbindung ist, welcher ein Vacuum von 45cm
                              									Quecksilbersäule im Innern des Carbonisationsraumes hervorbringt. Durch das
                              									Zweiwegrohr geht ferner ein Rohr H zum beliebigen
                              									Einlassen der Luft. Die Oeffnung J endlich des
                              									Zweiwegrohres wird mit einem Salzsäure-Entwicklungsapparat in Verbindung gesetzt.
                              									Alle angegebenen Rohrabzweigungen können durch Hähne geöffnet oder geschlossen
                              									werden. Das Salzsäuregas geht, bevor es durch die Oeffnung J in den Carbonisationsraum gelangt, durch eine Schwefelsäure-haltige
                              									Waschflasche, um möglichst trocken in den Cylinder zu gelangen. Durch die
                              									Möglichkeit, den Cylinder wiederholt zu erhitzen, auszupumpen, und wieder mit
                              									frischer Luft zu füllen, ist auch die vollkommene Trocknung der zu carbonisirenden
                              									Wolle vor dem Eintritt des Salzsäuregases in den Cylinder vorgesehen.
                           Die Bedienung des Apparates geht nämlich in der Weise vor sich, daſs zuerst der
                              									Cylinder auf seine Normalhitze gebracht wird. Dann werden die Wollstoffe zur
                              									Oeffnung d hineingeworfen, letztere geschlossen, und
                              									der Cylinder um seine Achse gedreht, bis die Wolle genügend erwärmt ist und ihre
                              									Feuchtigkeit abgegeben hat. Jetzt wird der Luftsaugeapparat in Gang gesetzt, um die
                              									feuchte Luft aus dem Cylinder zu entfernen und frische Luft durch das Rohr H wieder eintreten zu lassen. Ist auf diese Weise die
                              									Waare vollkommen getrocknet und auf 110° erhitzt, so wird der Hahn des Rohres H geschlossen, während der Luftsaugeapparat immer noch
                              									thätig ist, um einen luftverdünnten Raum im Cylinder herzustellen, in welchem man
                              									schlieſslich, nachdem der Hahn bei G geschlossen worden
                              									ist, das trockene Salzsäuregas durch die Oeffnung J
                              									eintreten und auf die trockene, erhitzte Wolle einwirken läſst.
                           Während der vorstehend beschriebene Apparat vornehmlich für lose Wolle und für
                              									wollene Lumpen bestimmt ist, hat Gademann für die
                              									Carbonisation farbiger Tücher, in welchen sich Kletten oder Baumwollfasern befinden,
                              									einen eigenen, in Fig. 3 und
                              										4 Taf. 29 abgebildeten Apparat construirt. bestehend aus einem eisernen
                              									Behälter h und einer in demselben befindlichen Walze
                              
                              										g. Das zu carbonisirende Tuch wird über diese Walze
                              									gezogen, an seinen beiden Enden mit einer wollenen Schnur zu einem endlosen Band
                              									zusammengenäht und langsam umgedreht. Die Heizung im Behälter wird genau wie oben durch überhitzten
                              									Dampf hervorgebracht. Durch das Rohr e ist der Behälter
                              									mit dem Luftverdünnungsapparat, durch das Rohr a mit
                              									der äuſseren Luft und durch d mit dem Salzsäureapparat
                              									in Verbindung gesetzt. Im Uebrigen wird gerade so operirt wie früher und ist die
                              									Carbonisation nach ½ Stunde ganz vollendet, ohne daſs die Farbe des Tuches
                              									angegriffen, oder auf weiſsem Tuche ein rostgelber Ton erzeugt wird, oder die
                              									Festigkeit der Wollfaser einen Schaden erleidet.
                           Müllendorf, Sirtaine und Comp. in Verviers construirten
                              									einen in Fig. 5 bis
                              										7 Taf. 29 nach dem Moniteur industriel, 1878
                              									Bd. 5 S. 528 skizzirten CarbonisationsapparatAuf dem gleichen Princip beruht im Wesentlichen der Apparat von E. Leclercq in Tourcoing, L. Gondrexon und P.
                                       												Cuvelier in Comines, Frankreich (*D. R. P. Nr. 1735 vom 2. December
                                    											1877). Abweichend ist die Art der Durchführung der Wolle u. dgl. durch den
                                    											Apparat, welche so getroffen ist, daſs ein ununterbrochener Betrieb
                                    
                                    											stattfinden kann. In einem geschlossenen gemauerten Raum ist eine geneigte drehbare Trommel (aus Holz, aus
                                    											emaillirtem oder mit Blei verkleidetem Eisen, aus Steingut o. dgl.)
                                    											angebracht, an beiden Enden offen und im Innern mit senkrecht oder schief
                                    											stehenden Zähnen besetzt. An dem höher gelagerten Ende, wird das Material
                                    											eingeführt und fertig an der anderen Seite ausgegeben. Die Zu- und Ableitung
                                    											des Materials erfolgt durch endlose Tücher oder durch Röhren, welche unter
                                    											einem entsprechenden (freilich nicht näher angegebenen) luftdichten
                                    											Verschluſs von der Wollwaschmaschine o. dgl. auſserhalb des gemauerten
                                    											Carbonisirungsraumes zu der Drehtrommel, bezieh. von derselben nach auſsen
                                    											führen. Der Patentanspruch erstreckt sich auch auf das Neutralisiren der
                                    											carbonisirten Materialien, endlich auf das Schwefeln oder Bleichen
                                    											beliebiger Stoffe in dem gleichen Apparate. – Anknüpfend seien noch erwähnt
                                    											die Verfahren von Plantrou (vgl. S. 284 d. Bd.)
                                    											und von A. Frank in Charlottenburg (D. R. P.
                                       											Nr. 2301 vom 9. December 1877). Letzterer bringt Chlormagnesium (vgl. 1876
                                    												219 469) in Vorschlag, welches – neben
                                    											gröſserer Billigkeit als Abfallprodukt der Staſsfurter Kali-Industrie u.a. –
                                    											den anderen sonst benutzten Agentien gegenüber gröſsere Sicherheit für
                                    											Schonung der Wollhaare bieten soll. Die Wolle o. dgl. wird in einer Lösung
                                    											von Chlormagnesium (von 1,07 bis 1,10 sp. G.) eingeweicht, dann ausgerungen
                                    											oder ausgeschleudert und getrocknet. Hierauf gelangt die Wolle in einen auf
                                    											100 bis 130° geheizten Carbonisirungsraum und verbleibt da so lange (50 bis
                                    											90 Minuten), bis sich die Carbonisation durch Zersetzung des Chlormagnesiums
                                    											mit noch vorhandenem Wasser in freie Salzsäure und Magnesiumoxyd vollzogen
                                    											hat. Zuletzt wird in reinem Wasser gewaschen., dessen
                              									Leistungsfähigkeit hauptsächlich durch die Thätigkeit eines Ventilators erhöht
                              									werden soll. Die zu carbonisirende Wolle ist in der Kammer A auf Horden ausgebreitet, welche in einer Höhe von ungefähr 0m,8 über dem Boden angebracht sind. In einer
                              									Seitenwand befinden sich zwei gut verschlieſsbare Oeffnungen a, a1 zum Beschicken der Kammer. Der
                              									Carbonisationsraum A steht durch das Rohr b in Verbindung mit dem für die Absorption der
                              									Säuregase bestimmten Kanal B, welcher wieder durch das
                              									Rohr c mit dem Ventilator C verbunden ist. Der Kasten E dient zur
                              									Aufnahme einer Kühl-, Heiz- sowie Trockenvorrichtung für das durchströmende Säuregas
                              									und steht auf der einen Seite mit dem Ventilator, auf der andern mit der Kammer A in Verbindung. In dem Zwischenstück D sind zwei Schieber d und
                              										d1, angebracht,
                              									ersterer, um die Verbindung des Ventilators mit dem Kasten E nach Belieben herzustellen oder zu unterbrechen, letzterer, um nach
                              									Bedürfniſs den Ventilator mit der äuſseren Luft in oder auſser Verbindung zu setzen.
                              									Man hat es so in der Hand, den Ventilator das eine Mal zu benutzen, um in dem in
                              									sich geschlossenen Apparat die atmosphärische Luft, die Säuregase und die erhitzte
                              									Luft circuliren zu lassen, das andere Mal, um aus dem bei d1, geöffneten Apparat die Säure und die
                              									warme Luft herauszutreiben. Ein dritter Schieber d2 gestattet der Luft den Zutritt in den Kasten E. Das Rohr F, welches von
                              										E in den Carbonisationsraum A und zwar unterhalb der Horden führt, nimmt vor seinem Eintritt noch ein
                              									Seitenrohr f auf, welches dem Apparat die gasförmige
                              									Säure zuführt.
                           Ist z.B. Salzsäure das zur Verwendung kommende Säuregas und ist die zu carbonisirende
                              									Wolle auf den Horden ausgelegt, so werden die beiden Oeffnungen a, a1 dicht
                              									verschlossen, die beiden Schieber d1 und d2 gesperrt, während der Schieber d geöffnet und der Ventilator in Thätigkeit versetzt
                              									wird, so daſs innerhalb des geschlossenen Apparates eine Luftbewegung hergestellt
                              									ist. Gleichzeitig ist im Kasten E der Heizapparat
                              									erwärmt und die Salzsäure durch das Seitenrohr f in den
                              									Carbonisirungsraum A eingedrungen. Die Salzsäure folgt
                              									natürlich der durch den Ventilator hergestellten Luftströmung, durchdringt die Wolle
                              									auf den Horden, macht ihren Kreislauf durch den Kanal B, den Ventilator C und den geheitzten Kasten
                              										E und wieder zurück in den Raum A so lange, bis die vegetabilischen Verunreinigungen
                              									der Wolle unter der gleichzeitigen Einwirkung der Wärme und der Säuredämpfe genügend
                              									zerstört sind. Nun läſst man in den Kanal B so lange
                              									einen Staubregen eintreten, bis die Salzsäure vom Wasser gänzlich absorbirt ist,
                              									worauf der Schieber d geschlossen und die beiden
                              									Schieber d und d2 geöffnet werden. Der Ventilator zieht jetzt von
                              									auſsen durch die Schieberöffnung d2 reine und im Kasten E
                              									erhitzte Luft in den Apparat hinein und treibt die mit Salzsäuregas verunreinigte
                              									Luft durch d1 aus
                              									demselben heraus, bis die Wolle ganz getrocknet und ganz von anhaftendem
                              									Salzsäuregas befreit ist.
                           In der Originalbeschreibung dieses Apparates ist leider über die Einrichtung des
                              									Kastens E und der in demselben enthaltenen
                              									Heizvorrichtung gar nichts angegeben und dadurch die Beurtheilung der Frage
                              									unmöglich, ob die für die Zerstörung der vegetabilischen Stoffe nöthige Temperatur
                              									im Carbonisationsraum mit den gegebenen Mitteln erreicht wird oder nicht. Auch fehlt
                              									jede Andeutung über das Material, aus welchem die verschiedenen Bestandtheile des
                              									Apparates gefertigt sind – eine erste Frage für die Ausführung grade einer solchen
                              									Anlage. Einzig die in der Zeichnung angedeuteten Wölbungen berechtigen wenigstens
                              									für den Raum A und den Kanal B zu dem Schluſs, daſs dieselben aus solidem Mauerwerk zusammengesetzt
                              									sind.
                           
                              
                                 Kl.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
