| Titel: | Ueber Anilinblau. | 
| Autor: | C. F. | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 342 | 
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                        Ueber Anilinblau.
                        (Schluſs von S. 245 dieses Bandes.)
                        Ueber Anilinblau.
                        
                     
                        
                           Alkaliblau. Die Darstellung der Alkalisulfosäuren ist
                              									schwieriger als die der anderen, und man ist genöthigt je nach der Art des
                              									Spiritusblaus, welches in Arbeit genommen, gewisse Modificationen in den
                              									Gewichtsverhältnissen, der Einwirkungsdauer und der Temperatur eintreten zu lassen.
                              
                              									Wie auch sonst meist stellt man die Sulfosäuren durch Eintragung der Substanz in
                              									gewöhnliche concentrirte Schwefelsäure mit und ohne Zusatz von rauchender Säure her.
                              									Zunächst lösen sich alle als Spiritusblau in gut vertheiltem Zustande erhaltenen
                              									Anilinblau mit Leichtigkeit in einem Ueberschuſs von Schwefelsäure zu einer
                              									braungelben Flüssigkeit. Je allmäliger die Eintragung geschieht und je sorgfältiger
                              									gerührt wird, um so glatter vollzieht sich die Lösung; andernfalls bilden sich
                              									Klumpen und die Temperatur steigt über die gestattete Grenze. Die Lösung muſs
                              									selbstverständlich in emaillirten oder ausgebleiten Kesseln, bei kleineren Sätzen in
                              									geeigneten Steinkrügen vorgenommen werden; ferner ist eine Abzugsvorrichtung für die
                              									Salzsäuredämpfe erforderlich; auch muſs man bei der Wahl des Gefäſses einen
                              									angemessenen Steigraum in Anschlag nehmen, um nicht durch Uebersteigen Verluste zu
                              									haben.
                           Das Einrühren geschieht zunächst für alle Blau in der 5- bis 6fachen Menge
                              									concentrirter Schwefelsäure; man hat eventuell durch Einsetzen in kaltes Wasser zu
                              									verhüten, daſs die Temperatur bei feineren Blau über 35°, bei gröberen über 45°
                              									steige. Ist die Lösung beendet, so gibt man die 4- bis 5fache Menge Schwefelsäure
                              									oder ein Gemisch von gleichen Theilen gewöhnlicher und rauchender Säure nach und
                              									überläſst das Ganze einer allmäligen Einwirkung bei gemäſsigter Temperatur. Nun
                              									werden nicht alle Spiritusblau, wie schon angedeutet, mit derselben Leichtigkeit
                              									übergeführt; einige, namentlich die rötheren Nuancen, sind „härter“. Man kann
                              									die Ueberführung nicht gut bewirken durch sehr lange Einwirkungsdauer, sondern
                              									besser durch gradweise Steigerung der Temperatur oder von vornherein durch Zugabe
                              									von rauchender Säure. Man kann übrigens durch kleine Versuche (mit 5g Blau) mit genügender Sicherheit feststellen, bis
                              									zu welcher Grenze man gehen darf, ohne den Uebergang in die Wasserblausulfosäuren zu
                              									veranlassen. Die Grenze steigt mit zunehmender Säure, welche gewissermaſsen als
                              									Verdünnungsmittel gleichzeitig dient; sie fällt bei Anwendung rauchender Säure und
                              									ist vor allem abhängig von der relativen „Härte“ des Blaus. Man kann im
                              									Allgemeinen festhalten, daſs Blau und gewöhnliche Säure im Verhältniſs von 1 : 10
                              									sich immer in der gewünschten Weise umsetzen: a) bei einer Temperatur von 30 bis 35°
                              									höchstens: feines Baseblau, b) bei 35 bis 40°: feines Fuchsinblau, c) 40 bis 45°,
                              									sehr selten bis 50°: andere Blau. Die Zugabe von rauchender Säure, obwohl nicht
                              									absolut nothwendig, befördert den Process ungemein und schlieſst die Nichtumsetzung
                              									eines Theiles aus, wenn sie in die Lösung mit gewöhnlicher Säure hineinkommt. Von
                              									vornherein schon in die Auflösungs-Schwefelsäure rauchende zu mischen, zieht stets
                              									die Bildung von Wasserblau-Schwefelsäuren nach sich. Zeigt sich aber, daſs letztere
                              									schon entstanden sind, so ist es meist besser, den zu weit getriebenen Satz, unter
                              
                              									Zugabe von neuem Blau, direct in Wasserblau überzuführen. In einer Probe zeigt sich
                              									die Ueberschreitung des Grenzpunktes sofort, wenn die Sulfosäure nach oder gar mit
                              									dem Auswaschen der Säure beginnt, sich zu lösen. Mit Hilfe folgenden Verfahrens kann
                              									übrigens auch ein Ungeübter den normalen Fortschritt und Endpunkt des Processes
                              									erkennen. Man hält Ammoniaklösungen vorräthig, von je 8, 5, 2,5, 2, 1 und 0,5 Proc.
                              									Gehalt. Einen Tropfen der Schwefelsäurelösung, wie er von einem dünnen Glasstabe
                              									ablauft, läſst man in ein Reagenzgläschen fallen, bringt dazu eine Spur Wasser,
                              									gerade genug um das Blau auszuscheiden; man verreibt, gibt etwa 5cc der 8proc. Lösung darauf und erwärmt zum
                              									Kochen. Die meisten Blau werden schon kurz nach dem Einrühren eine fast vollkommene
                              									Lösung zeigen. In der nächsten Viertel- oder Halbstunde wird die Lösung in 8proc.
                              									Ammoniak eine vollkommene, in 5proc. Ammoniak beginnen u.s.f. Wenn die Lösung in
                              									2,5proc. Ammoniak eine vollkommene ist, so ist der Endpunkt der Reaction nahe; er
                              									ist erreicht, wenn sie in 2proc. Ammoniak gelingt, schon überschritten, wenn dies in
                              									1proc. geschieht, wie man sich leicht durch Prüfung auf das Verhalten gegen Wasser
                              									überzeugen kann. Man wird mit der Beobachtung des Endpunktes das zum Erwärmen
                              									benutzte Wasserbad entleeren, und kann dann ohne Gefahr noch längere Zeit stehen
                              									lassen.
                           Die nächste Aufgabe ist hierauf die Entfernung der überschüssigen Schwefelsäure. Man
                              									trägt die Masse aus dem Lösungskessel nach und nach in die 10- bis 20fache Menge
                              									Wasser, je nachdem man auf die Wiedergewinnung der Schwefelsäure Rücksicht nimmt.
                              									Man filtrirt durch ein System von kleineren Rahmenfiltern, je 50cm lang und breit, mit grobmaschigem Wollstoff
                              									ausgeschlagen, dem ein passendes Nesseltuch lose aufgelegt wird. Ein- bis zweimalige
                              									Wiederholung der Filtration genügt, die Sulfosäure nahezu schwefelsäurefrei zu
                              									erhalten. Mit Hilfe einer hydraulischen Presse und geeignetem starkem Preſstuch
                              									kommt man noch schneller zum Ziele und gewinnt eine vergleichsweise stärkere Säure,
                              									wenn man die Schwefelsäurelösung mit nur dem 2fachen Gewicht Wasser mischt. Alsdann
                              									scheidet sich die Sulfosäure in bröcklig breiigem Zustande aus; doch darf man, um
                              									nachträgliche Ueberhitzung zu vermeiden, die Schwefelsäurelösung nur allmälig und
                              										zum Theil in das
                              									Wasser eintragen, bis man so eine schon einigermaſsen concentrirte Säure erhält, die
                              									man nun ungefährdet mit dem Rest der Lösung mischen darf. Immerhin kann eine weitere
                              									Wäsche nicht umgangen werden. Noch ist zu bemerken, daſs durch die Entfernung der
                              									Schwefelsäure in möglichst concentrirtem Zustande noch eine – unter Umständen –
                              									bedeutende Reinigung eintritt.
                           Die Ueberführung der Alkalisulfosäure in die Natronverbindung wird durch Zugabe der
                              									entsprechenden Menge Soda oder Natronlauge zu der noch feuchten Masse bewirkt Soda
                              									wird nur in der Wärme vollständig zerlegt und die Kohlensäure ausgetrieben. Zu dem
                              									Ende kocht man mit der 15- bis 20fachen Menge Wasser so lange, bis vollkommene
                              									Lösung eingetreten ist; ein Tropfen, auf Filtrirpapier gebracht, muſs sich
                              									gleichmäſsig vertheilen, ohne in der Mitte Ränder zu lassen; auf rothem, mit Salz
                              									imprägnirtem Lakmuspapier darf die alkalische Reaction nicht zu stark erscheinen.
                              									Jedenfalls darf auf dem weniger empfindlichen Curcumapapier keine Bräunung, sondern
                              									nur eine ganz homogene sattgrüne Färbung sichtbar sein. Für 1 Th. Spiritusblau sind
                              									0,2 Th. calcinirte oder 0,54 Th. krystallisirte Soda zu nehmen. Eine Lösung, die
                              									beim Verarbeiten von 10k auf 200l käme, zu verdampfen, ist besonders da, wo es
                              									sich um Trocknung von Farbstoffen handelt, sehr miſslich, und werden besonders die
                              									Alkaliblaulösungen, wenigstens beim Kochen unter unvermindertem Druck, erheblich
                              									angegriffen. Man umgeht das Verdampfen in sehr vortheilhafter Weise, indem man durch
                              									Eintragen von fein gemahlenem Kochsalz, besser durch Vermischen mit einer heiſsen
                              									gesättigten Kochsalzlösung, das Aikaliblau fällt; da dasselbe nahezu unlöslich in
                              									einer 13proc. Lösung ist, so bedarf man 26k
                              									Kochsalz oder etwa das gleiche Volum einer gesättigten Lösung. Das Blau setzt sich
                              									als compacte, preſsbare, blauschwarze Masse ab, von welcher die überstehende Lösung
                              									nach mäſsigem Abkühlen abgelassen werden kann. Man bringt das Blau auf Trockenbleche
                              									und läſst bei mäſsiger Temperatur so lange stehen, bis es beginnt, bröcklig zu
                              									zerfallen; alsdann zieht man es mehrere Male mit kaltem Wasser ohne Umrühren aus und
                              									entfernt auf diese Weise die letzten Spuren von eingeschlossenem Kochsalz. Bei
                              									dieser Abscheidungsmethode darf man jedoch nie unterlassen, Soda zu dem fertigen
                              									Product hinzu zu geben, weil schon die kurze Zeit des Siedens, welche man bei der
                              									Fällung nicht umgehen kann, genügt, um die salzartige Verbindung der Sulfosäure zu
                              									zerlegen, bezieh. schwer lösliche Verbindungen zu erzeugen. Trotzdem wird man dann
                              									bemerken, daſs ein so abgeschiedenes Blau immer noch vergleichsweise schwerer
                              									löslich erscheint, als ein nach der folgenden Methode bereitetes.
                           Man verrührt auf einer Dampfpfanne die feuchte Sulfosäure, die eben noch
                              									schlammartige Consistenz zeigt und etwa das fünffache ihres Gewichtes an Wasser
                              									einschlieſst, mit der hinreichenden Menge Natronlauge. Einen etwaigen Ueberschuſs, der sieh durch
                              									bräunliche Lösung verräth, nimmt man durch Salmiak weg oder besser durch
                              									Ammoniumcarbonat. Man dampft auf der Pfanne ein, bis die Masse eben anfängt, rissig
                              									zu werden, wobei sie indeſsen noch immer ein dickflüssiger Brei sein muſs. Durch
                              									gutes Umrühren wird sowohl der Trockenproceſs, als locale Ueberhitzung vermieden.
                              									Gleiche Vorsicht hat man beim Fertigtrocknen zu beobachten; allen Alkaliblau scheint
                              									ein gewisser, chemisch gebundener Wassergehalt zuzukommen, den sie schon bei 70 bis
                              									80° verlieren. So lange noch offenbarer Ueberschuſs von Wasser vorhanden, die Masse
                              									also feucht ist, ist eine solche Temperatur ohne Einfluſs; wenn aber beim Trocknen
                              									diese Temperatur erreicht wird, so geschieht dies auf Kosten der Löslichkeit,
                              									Reinheit und Intensität des Farbstoffes. Man trocknet daher am besten in einem
                              									Räume, dessen Temperatur 50° nicht übersteigt, und befördert den Proceſs durch
                              									Ventilation und häufiges Umstechen.
                           Haben die Alkaliblau die wünschenswerthe Trockne erreicht, so bilden sie meist
                              									schwarzbläuliche Stückchen, die gelegentlich Efflorescenzen zeigen und – besonders
                              									die mit Kochsalz gefällten – zu einem lichtblauen Pulver zerfallen. In den letzteren
                              									Zustand werden sie heut meist alle durch Mahlen in Kugelmühlen übergeführt; im
                              									Allgemeinen sind diese Pulver um so lichter, je grüner das Blau war und je
                              									alkalireicher die Verbindung gefällt wurde.
                           Bei der Lösung der Alkaliblau zum Färben ist wohl zu berücksichtigen, daſs alle
                              									Metallverbindungen der betreffenden Sulfosäuren in Wasser unlöslich sind, mit
                              									Ausnahme derjenigen mit fixen Alkalien. Man darf also nicht kalkhaltiges Wasser
                              									verwenden; bei dem hohen Moleculargewicht der Blausulfosäuren genügen schon geringe
                              									Mengen von Kalksalzen, um bedeutende Mengen Farbstoff auszufällen. Man benutzt wohl
                              									auch Chlorcalcium, um aus sehr verdünnten Lösungen das gesammte Blau auf einfache
                              									Weise in wieder abscheidbarer Form wiederzugewinnen. Die Ammoniakverbindung gibt
                              
                              									allmälig Ammoniak ab und verringert damit die ursprüngliche Löslichkeit des
                              									Productes.
                           Bei der Prüfung der Alkaliblau hat man zu beachten, daſs einem
                              									feinen Fabrikat aus oben entwickelten Gründen ein Wassergehalt von 6 bis 8 Proc.
                              									zukommt; bei geringeren Sorten kann man davon absehen. Jedes Alkaliblau muſs sich in
                              									der 5fachen Menge destillirten Wassers bei nur annähernder Siedetemperatur zu einer
                              									eigenthümlich klarblauen Flüssigkeit lösen, welche in der Färbung sehr
                              									bemerkenswerth gegen die Lösung desselben Blaus als Spiritus- oder als Wasserblau
                              									absticht. Die Lösung muſs klar filtriren, ohne Flecken auf dem Filter zu
                              									hinterlassen, schwach angesäuert den Farbstoff aus nahezu farbloser Flüssigkeit
                              									abscheiden und dabei keine Kohlensäure entlassen, was auf betrüglichen Zusatz von
                              									Soda zu deuten wäre. Reactionen auf Schwefelsäure und Chlor dürfen nur Spuren
                              									anzeigen. Auch ist bei der Prüfung auf einen Zusatz von Dextrin, Zucker und dgl.
                              									Rücksicht zu nehmen.
                           Der schnellste Weg ist indeſsen auch hier ein Färbeversuch, um
                              									über behalt und Reinheit rasch orientirt zu sein. Ueber die Normalintensitäten,
                              									welche den Consumenten häufig unbekannt sind, mögen einige Notizen folgen.
                           
                           Eine Lösung von 0g,5 Alkaliblau
                              									auf 100cc färbt mit 10cc 2 Wollstränge zu je 5g in einer
                              									Flotte von gegen 1l mit 6cc einer Lösung von 250g krystallisirter Soda auf 1l entsprechend aus, bis nahe zur Erschöpfung, wenn
                              									der erste Strang 40 Minuten, der zweite 30 in dem Bade bei 90 bis 95° gehalten wird.
                              									Je reiner Wolle und Farbstoff waren, je weniger unterscheidet sich die Wolle beim
                              									Herausgehen von einer anderen in alkalischem Bade gehaltenen, höchstens, daſs sie
                              									einen schwach grau-bläulichen Stich gewonnen. – Zieht man dann die wohl
                              									ausgerungenen und gewaschenen Stränge durch ein Säurebad von gleicher Temperatur
                              										(1cc Schwefelsäure auf 1l Wasser), so entwickelt sich sofort die Farbe;
                              									der zweite Strang erscheint etwa ein Drittel so stark als der erste und ist
                              									besonders geeignet, die Reinheit zu erkennen, während das Feuer der Farbe sich
                              									besser auf dem ersten Strange zeigt.
                           Die im Handel vorkommenden Alkaliblau werden je nach ihrer reineren Bläue herkömmlich
                              									bezeichnet mit einer höheren oder niederen Zahl „B“, welche ziemlich
                              									willkürliche Staffel, meist mit „6B“ beginnend und bis „B“ und selbst
                              										„R“ und „2R“ (reines Rothstichsblau) durchgeführt, die zu
                              
                              									erwartende Nuance beim Färben angeben soll. Bei naheliegenden Nummern kann übrigens
                              									nur ein geübtes Auge die Unterschiede erkennen; bei wenig entwickeltem Farbensinn
                              									bedient man sich auch hier besser der optischen Probe im einfarbigen Licht. Wie
                              									schon erwähnt, stellt man die 6 und mehr Nuancen, die als Alkaliblau verlangt
                              									werden, nicht schon als Spiritusblau dar, sondern durch geeignete Mischungen von
                              									höchstens aus vier verschiedenen Spiritusblau gewonnenen Fabrikaten. Zu erwähnen ist
                              									noch, daſs der Ton der Alkaliblau auf Wolle sich eben in dem Sinne zu Gunsten einer
                              									vermehrten Bläue verändert hat, wie oben gelegentlich der Lösungsfärbungen gegenüber
                              									dem Spiritusblau und dem Wasserblau desselben Ursprunges bemerkt wurde. Die
                              
                              									Intensitäten verschiedener Alkaliblau nehmen ab mit der durch „B“
                              									bezeichneten Bläue; so färben die aus den oben unter Spiritusblau gegebenen Ansätzen
                              									hervorgehenden Blau als Alkaliblau:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 cc
                                 
                                 
                                 
                              
                                 1)
                                 Baseblau
                                 
                                 mit
                                 Intensität
                                 =
                                 10
                                 =
                                 „5 B“ bis „6 B“
                                 
                              
                                 2)
                                 Fuchsinblau
                                 Nr. 1
                                 „
                                 „
                                 =
                                 10 bis 11
                                 =
                                 „4 B“ bis „5 B“
                                 
                              
                                 3)
                                 „         „
                                 Nr. 2
                                 „
                                 „
                                 =
                                 12
                                 =
                                 „B“
                                 
                              
                                 4)
                                 „         „
                                 Nr. 3
                                 „
                                 „
                                 =
                                 12 bis 13
                                 =
                                 „RR“.
                                 
                              
                           Vorausgesetzt ist das oben erörterte Probefärben und ferner gleichartig behandelte
                              									Blau. Die Herstellung beliebiger Nuancen zwischen „2 R“ und „6 B“ wird
                              									leicht durch Mischen ermöglicht. Zur ungefähren Stellung benutzt man am besten die
                              									optische Probe im einfachen Licht und kann so mehrere, in diesem Falle zeitraubende
                              									Färbungen vermeiden.
                           Wasserblau (bleu soluble,
                                 										cotton-blue). Die Fabrikation dieser wasserlöslichen Verbindungen aus dem
                              									Spiritusblau ist wesentlich leichter als die der eben behandelten: sie erfordert
                              									weniger Schwefelsäure und rauchende Säure nur dann, wenn jaus irgend einem Grunde
                              									die Löslichkeit nicht in der gewünschten Weise vorwärts geht. Die Polysulfosäuren,
                              									die hier im Schwefelsäureproceſs erzeugt werden, färben sich auf Seide und Wolle aus
                              									sauren Bädern, auf Baumwolle mit Hilfe geeigneter Mordants. Unter solchen Umständen
                              									geben Alkaliblau nur ein sehr ungenügendes Resultat, wie sich leicht aus der
                              									absoluten Unlöslichkeit, dem raschen Herausfallen des Farbträgers aus saueren
                              									Flüssigkeiten erklärt. Der Löslichkeitspunkt, den man unbedingt erreichen muſs, ist
                              									daher angezeigt, wenn das behandelte Blau in neutralem Wasser löslich geworden; dies
                              									beweist die Abwesenheit der z. Th. jedenfalls durchgangsweise gebildeten
                              									Alkalisulfosäure. Von den vorhin angegebenen Ammoniaklösungen wird dieser Punkt
                              
                              									durch völlige Löslichkeit in 0,5proc. angezeigt; meist geht man aber, sei es vermöge
                              									längeren Einwirkenlassens oder vermöge gesteigerter Temperatur weiter, bis zur
                              									völligen Löslichkeit in stark sauerem Wasser, wie es entsteht, wenn man 2 bis 3
                              									Tropfen der Schwefelsäurelösung mit etwa 15cc
                              									Wasser vermischt. Die Lösung muſs schon durch Schütteln in der Kälte bewirkt werden.
                              									Im Product der ersten Löslichkeit herrscht die Disulfosäure vor, in denen der
                              									zweiten ist eine Tri- und Tetrasulfosäure vorhanden. Mit der geringeren Löslichkeit
                              									begnügt man sich, wenn man ordinäre, womöglich Rückstands-Blau u. dgl. zu
                              									verarbeiten hat; die höchste sucht man zu erreichen bei reinen Spiritusblau. Bei
                              									Lieferungen nach Muster wird man diesen Punkt der genau zustimmenden Löslichkeit
                              									bestens zu berücksichtigen haben, da z.B. in der Baumwollfärberei Nuance und
                              									Ergiebigkeit wesentlich vom Verhalten der Sulfosäure gegen die in Anwendung
                              									kommenden Beizen abhängt.
                           Von concentrirter Schwefelsäure (66°) genügen in fast allen Fällen meist 4, zuweilen
                              									auch 3 Th. auf 1 Th. Spiritusblau. Man rührt ebenso behutsam ein, wie gelegentlich
                              									der Alkaliblau erwähnt worden, vermeidet dann Klumpenbildung und ungleichmäſsige
                              									Entwicklung. Nach geschehener Lösung steigert man die Temperatur rasch bis auf 60°
                              									und geht langsam bis 100° und selbst 110° vor, prüft von Zeit zu Zeit die
                              									Löslichkeit und das etwaige Auftreten von schwefliger Säure. Die Temperatur wird
                              									erhalten durch Dampf im Kessel mit Doppelboden oder durch gut geleitete directe
                              									Feuerung.
                           Schweflige Säure entwickelt sich nur bei Ueberhitzung; ihre Bildung ist selbstredend
                              									dem Product höchst nachtheilig, bei dauernder Einwirkung wird schlieſslich der
                              									Farbstoff vollkommen zerstört und in harzartige Massen übergeführt. Ein
                              									Spiritusblau, welches in einer kleinen Vorprobe Schwefelsäuregas entwickelte, wird
                              									man daher besser durch ein Gemisch von gewöhnlicher mit rauchender Säure zur
                              									gewünschten Löslichkeit bringen; selbstverständlich darf man zu hocherhitzter,
                              									schlechten Fortschritt zeugender Mischung nicht direct rauchende Säure geben,
                              									sondern gleich nach dem Einrühren. Dies nimmt man alsdann in 3 Theilen gewöhnlicher
                              									Säure vor und gibt 1 bis 3 Theile rauchende zu und kann dann in der Regel bei 60 bis
                              									70° fertig aufschlieſsen. Jener Uebelstand tritt in der Regel nur bei Spiritusblau
                              										von mangelhafter
                              									Beschaffenheit auf, welche wie das Rückstandsblau zur Darstellung von Alkaliblau
                              									stets versagen. Darüber wird man also schon immer vorher orientirt sein können.
                           Als mittlere genügende Temperatur bei einem Satz von 1 : 4 darf die zwischen 90 bis
                              									100° gelten, als mittlere nothwendige Einwirkungsdauer für 10k Blau 3 bis 4 Stunden, als Dauer der gesammten
                              									Behandlung etwa 1 Arbeitstag. Die fertig getriebene Mischung läſst man über Nacht
                              									stehen, oder kühlt sie künstlich ab.
                           Die überschüssige Schwefelsäure entfernt man bei schwerer löslichen Producten in
                              									ähnlicher Weise, wie bei der Reinigung der Alkalisulfosäure beschrieben ist. Man
                              									trägt die Schwefelsäurelösung in die 6- bis 8fache Menge Wasser, filtrirt auf
                              									Galeriefiltern, sammelt, preſst ab, nimmt in der gleichen Menge Wasser auf u.s.f.
                              									Dann wird das Filtrat nur noch so viel freie Säure enthalten, daſs es auf die
                              									Intensität dieser meist geringerwerthigen Blau nicht von Einfluſs ist.
                           Bei der Entsäuerung der löslicher gewordenen Producte ist man auf ein anderes
                              									Verfahren gewiesen, um dem Verlust vorzubeugen, welcher durch die Lösungsfähigkeit
                              									dieser selbst in saueren Flüssigkeiten hervorgerufen würde, wollte man nach obiger
                              									Weise auswaschen. Man gibt hier unter Umrühren die 3- bis 4fache Menge Wasser in die
                              									Schwefelsäurelösung und erhält auf diese Weise einen Brei, in welchem das Blau in
                              									gröberen Aggregaten abgeschieden ist. Man wirft die Masse auf vorher mit Alkohol
                              									befeuchtete Preſstücher, schlägt gut und doppelt ein und bringt unter die
                              									hydraulische Presse. Die Menge der ablaufenden, bräunlichen und nur wenig Farbstoff
                              									enthaltenden Säure und seinen Gehalt an H2SO4 als bekannt vorausgesetzt, kann man leicht
                              									berechnen, wie viel davon noch der Preſskuchen enthalten dürfte. Gewöhnlich
                              									schlieſst derselbe noch das eigene Gewicht der Fällungsflüssigkeit ein, und kann man
                              									daher die Masse in der Regel noch einmal in der doppelten Wassermenge zertheilen und
                              									von neuem abpressen. Immerhin wird noch eine gewisse, für feine Qualitäten auf die
                              									folgende Weise wegzuschaffende Saurem enge übrigbleiben. Dieselbe ist häufig schon
                              									ohne merklichen Einfluſs auf die Intensität, verschlechtert aber später durch die
                              									Efflorescenzen ihrer Salze das Aussehen der Waare.
                           Man vertheilt daher den Preſskuchen zunächst in wenig Wasser und kocht alsdann mit
                              									der 40- bis 50fachen Menge, bis vollkommene Lösung eingetreten; hierauf sättigt man
                              									mit Kalkmilch (Kalk bester Qualität) nahezu ab, gibt im geringen Ueberschuſs
                              									Calcium- oder Bariumcarbonat zu, läſst absitzen und hebt die Lösung durch ein Filter
                              									in Abdampfpfannen von bedeutender Oberfläche. In diesen wird sie mit Ammoniak in
                              									geringem Ueberschuſs zur Trockne verdampft. Die Ammoniakverbindungen dieser
                              									Sulfosäuren rollen sich an den Gefäſsrändern in Form von Federfahnen auf und
                              									erscheinen im Zustande gröſster Reinheit mit gelblich-kupferigem Metallglanz. Die compacteren Massen
                              									erseheinen fein porös und zerfallen bei längerem Trockenstehen von selbst zu einem
                              									kleinkörnigen Pulver. Die Natrium- und Calciumsalze, welche obwohl selten
                              									dargestellt werden, dürfen nicht andauernd hoch erhitzt werden; hingegen vertragen
                              									die freien Sulfosäuren und ihre Ammoniumverbindungen meist ohne Schaden eine
                              									Temperatur zwischen 100 bis 120°. Calciumsalze werden aus sehr leicht, Natriumsalze
                              									aus den schwerer löslichen Sulfosäuren dargestellt; sie haben das Aussehen
                              									schwarzblauer, bröckliger Massen.
                           Der Begehr nach verschiedenen Nuancen ist seitens der Consumenten der Wasserblau
                              									nicht groſs; man bedarf eines reinen grünblauen Fabrikates, eines oder zweier reiner
                              									rothblauer, meist zum Zweck der Seide- und Baumwollfärberei. Groſse Intensität und
                              									Stetigkeit des Productes ist besonders Erforderniſs bei der letzteren, da die
                              									Wasserblau an Baumwolle nur in concentrirter Flotte gehen, unter gleichzeitiger
                              									Wirkung von Beizen. Nur geringere Qualitäten werden für Tuchstofffärberei angewendet
                              									(Marineblau.) Seide und Wolle färben auf aus schwach sauerer Flotte, Baumwolle bei
                              									Gegenwart von allmälig folgenden Beizen, wie in Alaun, Weinstein (bezieh.
                              									Brechweinstein), Alkalicarbonat, jene bei annähernder Siedetemperatur, diese bei
                              									60°.
                           Die Intensität wird am raschesten bestimmt durch Ausfärbung auf Wolle, die Feinheit
                              									auf Seide oder Baumwolle. Die Normalzahl der Intensität bei einer Lösung von 0g,1 in 100cc für
                              										5g Wolle, Flotte etwa 1l mit 1cc
                              									concentrirter Schwefelsäure, ist 7 bis 8cc bei
                              									feinen, 9 bis 12cc bei geringen Blau. Eine leichte
                              									und doch scharfe Prüfung der relativen Löslichkeit zweier Wasserblau ist dem Geübten
                              									folgende. Man betupfe je ein kleines Bröckchen auf gewöhnlichem Schreibpapier mit
                              									kaltem Wasser; das verschieden schnelle Auslaufen des gelösten Blaus gibt genügenden
                              									Anhalt für die Beurtheilung der Löslichkeit und somit auch für die nach den
                              									bisherigen Ausführungen zusammenhängenden übrigen Eigenschaften.
                           Die Ausbeuten an löslichen Blau, bezogen auf das verwendete Spiritusblau, betragen
                              									für Alkaliblau (Maximalintensität) etwa 125 bis 130, für Wasserblau etwa 130 bis 140
                              									Proc.
                           Bilanztabellen. Es werden nur berücksichtigt auf Seiten
                              									der Passiven und Activen die chemischen Gebrauchsmaterialien, also abgesehen von
                              									Arbeitslohn, Feuerung, Dampfverbrauch, Apparatur und Amortisation. Ferner wird mit
                              									einziger Ausnahme des wiedergewonnenen Anilins von der Berechnung der etwa zu
                              									verwerthenden, oder bequem wieder zu gewinnenden Materialien abgesehen. Die Preise
                              									sind mittlere Groſshandelspreise.
                           Die erste Tabelle zeigt Verbrauch und Ausbeute des Spiritusblau-Processes mit
                              									Rosanilin, bezieh. mit Fuchsin; die zweite und dritte zeigen unter demselben
                              									Gesichtspunkt diese Spiritusblau umgearbeitet je zur Hälfte in Alkaliblau und in
                              									Wasserblau. Die oberen Reihen enthalten Gewichte in Kilogramm, die unteren die
                              									entsprechenden Geldwerthe in Mark.
                           
                              
                                 Verbrauch
                                 Ausbeute
                                 Summe
                                 
                              
                                 Ros-anilin
                                 Anilin
                                 Benzoe-saure
                                 Salz-saure
                                 Kalk
                                 Anilin
                                 Blaufein
                                 Blauordinar
                                 
                                 
                              
                                 25
                                 250
                                 3
                                 260
                                 70
                                 220
                                 40
                                 2
                                 3134
                                 
                              
                                 500
                                 800
                                 18
                                 8
                                 1
                                 704
                                 2400
                                 30
                                 1327
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 1807
                                 
                              
                                 Fuchsin
                                 Anilin
                                 Natrium-acetat
                                 Salz-saure
                                 Kalk
                                 Anilin
                                 Blaufein
                                 Blauordinar
                                 
                                 
                              
                                 25
                                 125
                                 6,5
                                 130
                                 35
                                 100
                                 38
                                 2
                                 2150,0
                                 
                              
                                 400
                                 400
                                 4
                                 4
                                 0,5
                                 320
                                 1800
                                 30
                                   808,5
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 1341,5
                                 
                              
                           Auſser dem Phenylirungsbedarf sind noch (ziemlich hoch) 8k = 3,5 Proc. als Verlust berechnet.
                           
                              
                                 Verbrauch
                                 Ausbeute
                                 Summe
                                 
                              
                                 Blau fein
                                 Schwefel-saure
                                 90proc. Soda
                                 Alkaliblau
                                 
                                 
                              
                                 20
                                 200
                                 4
                                 27
                                 1620
                                 
                              
                                 1200
                                 25
                                 1
                                 1620
                                 1226
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 394
                                 
                              
                                 Blau fein
                                 Schwefel-saure
                                 90proc. Soda
                                 Alkaliblau
                                 
                                 
                              
                                 19
                                 190
                                 4
                                 27
                                 1485
                                 
                              
                                 900
                                 24
                                 1
                                 1485
                                   925
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 560
                                 
                              
                           Meist genügt die 8fache Menge des bezüglichen Blaus.
                           
                              
                                 Verbrauch
                                 Ausbeute
                                 Summe
                                 
                              
                                 Blau fein
                                 Schwefel-saure
                                 10proc.Ammoniak
                                 Wasserblau
                                 
                                 
                              
                                 20
                                 80
                                 20
                                 28
                                 1500
                                 
                              
                                 1200
                                 10
                                 5
                                 1500
                                 1215
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 285
                                 
                              
                                 Blau fein
                                 Schwefel-saure
                                 10proc.Ammoniak
                                 Wasserblau
                                 
                                 
                              
                                 19
                                 76
                                 20
                                 28
                                 1300
                                 
                              
                                 900
                                 10
                                 5
                                 1300
                                   915
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 Differenz
                                 + 385
                                 
                              
                           Diese Tabellen haben natürlich für die kaufmännische Berechnung, da sie von der
                              									allgemeinen Marktlage beeinfluſst wird, nur dann Richtigkeit, wenn die gegebenen
                              									Zahlen (abgerundete Mittelzahlen) zufällig mit den wirklichen Preisen übereinstimmen
                              									sollten. Doch sind diese Zahlen auch nicht bis zu dem Grade unrichtig, daſs sie
                              									nicht Näherungsschlüsse
                              									auf den Durchschnittsgewinn erlaubten; von besonderem Interesse aber ist die aus den
                              									Tabellen ersichtliche Ungleichheit der Werthsteigerung, die gelegentlich bei
                              									geringerem Product und geringeren Fabrikationsposten gröſser sein kann als
                              									umgekehrten Falles.
                           
                              
                                 C. F.