| Titel: | Ueber Sake, das alkoholische Getränk der Japaner; von O. Korschelt. | 
| Autor: | O. Korschelt | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 421 | 
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                        Ueber Sake, das alkoholische Getränk der Japaner;
                           								von O. Korschelt.
                        (Schluſs von S. 335 dieses Bandes.)
                        Korschelt, über Sake.
                        
                     
                        
                           4) Ueber die Lösung der Stärke. Um zu erfahren, in
                              									welcher Weise die Auflösung der Stärke durch die im Koji befindlichen, diastatisch wirkenden Stoffe vor sich geht, stellte ich einige
                              									Versuche an. Das Koji wurde immer möglichst frisch
                              									angewendet, weil ich fand, daſs dasselbe mit der Zeit minder wirksam wird. Nach
                              									einigen Wochen ist diese Verschlechterung schon sehr bemerkbar. Es wurden immer
                              										30g
                              									Koji mit wechselnden Mengen Wasser eingemaischt und im
                              									Wasserbade auf verschiedenen Temperaturen mehrere Stunden lang erwärmt. Nach dem
                              									Abkühlen wurde die Maische im Becherglase gewogen, darauf abfiltrirt und das
                              									specifische Gewicht der entstandenen Extractlösung bestimmt; der diesem
                              									entsprechende Procentgehalt wurde der Balling'schen Tabelle entnommen. Der
                              									Wassergehalt war zu 14,7, abgerundet zu 15 Proc. gefunden. Das Gewicht der
                              									Trockensubstanz in 30g
                              									Koji beträgt also 25g,5. Zieht man diese vom Gewicht der Maische ab, so erhält man das Gewicht W des Wassers. Wird der Procentgehalt der Extractlösung
                              									mit P bezeichnet, so ist das Gewicht des gelösten
                              									Extractes E=\frac{pW}{100-p}. So wurden die folgenden Zahlen
                              									erhalten:
                           
                              
                                 
                                 Temperaturbeim Maischen
                                 Extract destrockenen Koji
                                 Dauer des Maischens
                                 
                              
                                 Nr.
                                 Grad
                                 Proc.
                                 Stunden
                                 
                              
                                 23
                                 12
                                 34,9
                                 24
                                 
                              
                                 24
                                 25 bis 35
                                 84,2
                                 10, auſserdem 20 kalt
                                 
                              
                                 25
                                 „
                                 12,0
                                    2½
                                 
                              
                                 26
                                 „
                                 49,7
                                 4
                                 
                              
                                 27
                                 35  "   40
                                 50,9
                                    2½
                                 
                              
                                 28
                                 45  "   50
                                 69,8
                                    2½
                                 
                              
                                 29
                                 45  "   55
                                 88,0
                                 10, auſserdem 20 kalt
                                 
                              
                                 30
                                 50
                                 84,0
                                 3
                                 
                              
                                 31
                                 50
                                 85,8
                                 Nr. 30 weitere 3
                                 
                              
                                 32
                                 55 bis 60
                                 64,9
                                    2½
                                 
                              
                                 33
                                 65  "   70
                                 51,0
                                    2½
                                 
                              
                                 34
                                 75  "   80
                                 38,1
                                    2½
                                 
                              
                           Bei allen Analysen wurde das Koji unzerkleinert
                              									angewendet. 90 Proc. Extract würden gebildet, wenn die Auflösung vollständig wäre.
                              									Aus diesen Versuchen geht hervor, daſs sowohl die Temperatur, als die Dauer des
                              									Maischens einen Einfluſs auf die Extractausbeute haben. Alle Versuche zeigen, daſs
                              										eine längere Dauer des Maischens unter allen Umständen
                                 										die Extractausbeute erhöht. So sind bei derselben Temperatur von 25 bis 35°
                              									in 2½ Stunden 2 Proc. in 4 Stunden 4mal mehr und in 10 Stunden 7mal mehr Extract
                              									gebildet worden. Um den Einfluſs besser hervortreten zu lassen, welchen die
                              									Temperatur auf die Extractausbeute ausübt, will ich diejenigen Versuche, die
                              									dieselbe Dauer hatten, noch einmal zusammenstellen. In 2½ Stunden wurde
                              									gebildet:
                           
                              
                                 bei„„„„„„
                                   25 bis 35°35 bis 4045 bis 505055
                                    											bis 6065 bis 7075 bis 80
                                 12,050,969,870,0 *64,951,038,1
                                 Proc. Extract
                                 (* In 3 Stunden84,0 Proc.)
                                 
                              
                           
                           Das Temperaturoptimum liegt also
                                 										zwischen 45 und 50°. Die bei einem Versuche gemachte Annahme, daſs in 2½
                              									Stunden im Verhältniſs der kurzen Zeit weniger Extract gebildet wird, als in 3
                              									Stunden, ist jedenfalls nicht genau richtig; doch wurde dies angenommen, um zu
                              									zeigen, daſs unter allen Umständen das Maximum der Extractbildung bei 50° liegt.
                           Die Annahme, daſs die Verwandlung der Stärke in Zucker mit dem Stoffwechsel des
                              									Schimmelpilzes zusammenhängt, wird durch die Höhe des Temperaturoptimums ganz
                              									ausgeschlossen. Ebenso wie beim Keimen des Getreides werden auch hier beim Waschen
                              									des Myceliums Eiweiſskörper so umgewandelt werden, daſs sie auf das Stärkemehl wie
                              									Diastase wirken. Die Diastase des Eurotiums, die man der Kürze wegen Eurotin nennen könnte, verhält sich ganz anders, als
                              									die Diastase aus keimendem Getreide. Aus Gerstenmalz wird bei 3 stündigem Maischen
                              									die gröſste Extractausbeute bei 65° erhalten, nämlich 75 Proc. der
                              									Malztrockensubstanz. Etwas geringer ist die Ausbeute bei derselben Maischdauer bei
                              									75°. Auch bei 80° ist die Extractausbeute immer noch bedeutend, nämlich 70 Proc.,
                              									aber doch schon um 5 Proc. gesunken.
                           Vergleichen wir damit die beim Koji erhaltenen Zahlen.
                              									Der Umstand, daſs im Koji die Stärke vorher
                              									verkleistert worden war, im Malze aber nicht, kommt nicht in Betracht, weil alle
                              									diese eben genannten Temperaturen über der Verkleisterungstemperatur sowohl der
                              									Reis-, als der Gerstenstärke liegen. Dieselbe ist für Reisstärke 61,25°, für
                              									Gerstenstärke 62,5°. Die 5 Proc. Unterschied in der Extractausbeute bei Gerstenmalz
                              									für 65 und 80° rühren nicht davon her, daſs weniger Stärke gelöst wird, sondern daſs
                              									Eiweiſsstoffe, welche bei der niederen Temperatur noch gelöst bleiben, bei der
                              									höheren sich wieder abscheiden. Man kann daher sagen, daſs die Diastase ebenso
                              									kräftig bei 80° als bei 650 wirkt. Beim Eurotin ist das Gegentheil der Fall. Mit dem
                              									steigen der Maischtemperatur über 50° ist eine rasche Abnahme der Extractausbeute
                              									verbunden. Bei 60° werden nur noch 93 Proc. von der Ausbeute bei 50° erhalten, bei
                              									70° blos 73 Proc. und bei 80° 54 Proc.
                           Die bei niederer. Temperatur erhaltenen Extractausbeuten beim Koji lassen sich nicht mit den beim Gerstenmalz erhaltenen vergleichen,
                              									weil die Stärke im Koji schon verkleistert ist. Hier
                              									geben aber die Untersuchungen von O'Sullivan einen
                              									Anhalt. Er hat gefunden, daſs vollständig gelatinisirte Stärke bei gewöhnlicher
                              									Temperatur (15 bis 20°) durch kalt bereiteten Malzauszug in einigen Stunden fast
                              									vollkommen gelöst wird. Beim Koji ist dasselbe der
                              									Fall. Nach Analyse Nr. 24 sind in 30 Stunden 84 Proc. Extract gebildet. Daſs hier
                              									die Auflösung langsamer vor sich geht, liegt daran, daſs die Stärke im Koji zwar gelatinisirt, aber nicht zertheilt worden
                              									ist. Trotzdem ist die Auflösung beinahe vollständig, da etwa 90 Proc. Extract das
                              									Maximum sein dürfte.
                           Ob die Diastase wie das Eurotin bei wenig über 0° noch verkleisterte Stärke löst, ist noch unbekannt.
                              									Versuche darüber will ich im nächsten Winter anstellen.
                           Das Eurotin läſst sich ebenso wie die Diastase aus dem Malz durch kaltes Wasser aus
                              									dem Koji ausziehen. Der Auszug wirkt ebenso auf die
                              									Stärke, wie das Koji selbst. So erhielt ich, um nur
                              									eine Angabe zu machen, bei der Behandlung von 5g
                              									verkleisterter Stärke mit Koji-Auszug bei allmälig bis
                              									zu 75° steigender Temperatur einen Rückstand von 0g,155. Es war also die Stärke vollständig in Lösung gegangen.
                           Aus dem bisher Gesagten geht also hervor, daſs Diastase und
                                 										Eurotin bei gewöhnlicher Temperatur sich gegen gelatinisirte Stärke vollständig
                                 										gleich verhalten, insofern beide dieselbe ganz lösen, daſs ferner Eurotin in
                                 										derselben Zeit am meisten gelatinisirte Stärke bei 50° löst (für die
                              									Diastase liegt noch keine ähnliche Beobachtung vor), daſs
                                 										dagegen Diastase und Eurotin bei 60 bis 80° ganz verschieden wirken, indem das
                                 										letztere bei steigender Temperatur immer weniger Stärke in derselben Zeit löst,
                                 										während die Wirksamkeit der Diastase bei diesen Temperaturen sich nicht
                                 										verändert.
                           5) Die Ausbeute. Ich kann dieselbe noch nicht mit
                              									Sicherheit angeben. Was mir von den Sake-Brauern
                              									darüber mitgetheilt wurde, scheint mir wenig Zutrauen zu verdienen, denn es gibt
                              									einen gar zu niedrigen Procentsatz.
                           Ein Brauereibesitzer theilte mir mit, daſs er aus 104 Koku Reis 109 Koku Sake und 4,8 Koku sogen. Ori
                              									dargestellt habe; mit letzterem Namen bezeichnet man denjenigen Sake, welcher beim Abziehen von den Klärfässern zurück
                              									bleibt und von der Hefe der Nachgährung getrübt ist. Nimmt man 17 Proc. Alkohol im
                              									abgelagerten Sake an, da bei der Nachgährung doch 1 bis
                              									2 Proc. Alkohol gebildet werden, und setzt man den durchschnittlichen Stärkegehalt
                              									des Reises zu 71,5 Proc. aus schon angeführten Gründen, so hat der Sake-Fabrikant nur 50 Proc. der theoretisch
                              									erforderlichen Menge Alkohol gewonnen. Dies ist auf jeden Fall zu wenig. Die
                              									Ausbeute muſs ziemlich nahe an 100 Proc. kommen, da die Verzuckerung und die Gährung
                              									so vollständig sind. Der Brauereibesitzer theilte mir noch mit, daſs es möglich sei,
                              									aus 100 Koku Reis 127 Koku
                                 										Sake zu erhalten, daſs aber auf 17 Koku
                              									Verlust zu rechnen sei. Legt man diese Angabe zu Grunde, so beträgt die Ausbeute 70
                              									Proc; weitere 5 Proc. Alkohol bleiben in den Preſsrückständen und werden noch durch
                              									Destillation gewonnen, so daſs die Gesammtausbeute 75 Proc. betragen würde. Wie
                              									schon erwähnt, nimmt die Maische eines Gebräues vor dem Auspressen 25,5 Koku ein. Von einem Gebräue bleiben, wie ich selbst
                              									gefunden habe, rund 300 Kwamme Preſsrückstände, die 5,5
                              										Koku ausmachen. Berechnet man daraus die Ausbeute,
                              									so ergeben sich 80,5 Proc. Dies dürfte der Wahrheit schon näher kommen; doch wird es wahrscheinlich
                              									auch noch zu wenig sein. In unseren Branntwein-Brennereien erhält man bei dem
                              									gewöhnlichen Verfahren 67,5 bis 81 Proc., bei den Dampfverfahren aber bis 92,5
                              									Proc.
                           Die den Ausbeuteberechnungen zu Grunde gelegten Zahlen beziehen sich auf
                              									concentrirten Sake, der noch nicht Handelswaare ist.
                              									Vor dem Verkaufe wird der Sake noch mit 40 Proc. Wasser
                              									verdünnt. Wahrscheinlich geschieht diese Verdünnung nicht, so lange der Sake im Lagerfasse ist, weil alkoholreiche
                              									Flüssigkeiten sich besser halten. Dieser Gebrauch, den Sake zu verdünnen, soll in Japan ganz allgemein sein. In dem Buche San kai mei san dzu kai ist er aber nicht erwähnt, ist also
                              									wahrscheinlich erst in diesem Jahrhundert aufgekommen, um den Sake bei steigenden Getreidepreisen zu demselben Preise
                              									wie früher verkaufen zu können.
                           Die für ausgepreſsten Sake erhaltenen 14,5 Proc. Alkohol
                              									und 6,5 Proc. Extract werden durch die Verdünnung mit Wasser auf 10,4 Proc. Alkohol
                              									und 4,67 Proc. Extract herabgemindert. Im käuflichen Sake findet man 3 Proc. Extract und 11 bis 13 Proc. Alkohol. Es sind also
                              									durch die Nachgährung noch 1,67 Proc. Extract zersetzt worden. Diesen entsprechen
                              									0,83 Proc. Alkohol, so daſs unser Sake im Ganzen 11,23
                              									Proc. Alkohol enthält. Bemerkenswerth ist die sehr weitgehende Vergährung des
                              									Extractes. Von 34,8 Proc. Extract sind noch 4 Proc. übrig, also 30,8 Proc.
                              									vergohren. Dies ist eine Attenuation von 88,5 Proc. Bei der Bier- und
                              									Branntweingährung erzielt man wegen des unvergohren zurückbleibenden Dextrins nur
                              									eine Attenuation von 60 bis 70 Proc., d.h. es vergährt da nur ⅔ des Extractes,
                              									während beim Sake fast 0,9 desselben vergähren.
                           Im japanischen Katalog für die Weltausstellung in Philadelphia 1876 finden sich
                              									einige Notizen über die Menge des jährlich producirten Sake, dieselbe wurde im J. 1874 geschätzt zu:
                           
                              
                                 6501083hl
                                 gewöhnlichen Sake
                                 
                              
                                  127446
                                 geringen Sake
                                 
                              
                                    60557
                                 Brandy
                                 
                              
                                    56712
                                 süſsen Sake.
                                 
                              
                                 
                                    –––––––
                                    
                                 
                                 
                              
                                 6745798hl.
                                 
                                 
                              
                           Bei einer Bevölkerung von 33300000 Menschen sind somit für den
                              									Kopf der Bevölkerung 20l,25 Sake producirt worden. Im Deutschen Reiche mit
                              									Ausschluſs süddeutschen Staaten sind i. J. 1872 2581700hl Spiritus von 66⅔ Vol.-Proc. erzeugt worden, für den Kopf der
                              									Bevölkerung also 8l,38. Reducirt man den Sake ebenfalls auf Spiritus der genannten Stärke, so
                              									erhält man 1700000hl und für den Kopf der
                              									Bevölkerung 5l,11. Japan erzeugt also 67,4 Proc.
                              									der Production Deutschlands. Von producirten 50 Millionen Hectoliter Reis werden 7
                              									proc. oder 3,5 Mill. Hectoliter zur Sake-Bereitung
                              									gebraucht, wenn eine Ausbeute von 80 Proc. angenommen wird.
                           6) Schluſsbetrachtungen. Wir haben in der Sake-Brauerei eine ganz eigenartige Gährungsindustrie
                              									kennen gelernt, welche zwar von den europäischen Verfahren sich in jeder Beziehung
                              									unterscheidet, jedenfalls aber, was Vollkommenheit anlangt, den europäischen Methoden nicht unterzuordnen
                              									ist. Das japanische Verfahren ist, in kurzen Zügen noch einmal zusammengefaſst,
                              									folgendes.
                           Man läſst in dunkler Kammer auf gedämpftem Reise einen Schimmelpilz wachsen. Dieser
                              									Pilz verrichtet das, was in unseren Gährungsindustrien Malz und Hefe leisten, für
                              									sich allein. Zunächst läſst man aus ihm die Hefe sich bilden. Zu dem Zwecke wird der
                              									mit Schimmelpilz bewachsene Reis mit frischen Mengen gedämpften Reises bei fast 0°
                              									eingemaischt. Die beim Wachsen des Schimmelpilzes entstandenen diastatisch wirkenden
                              									Stoffe verzuckern die Stärke. Ist die Verzuckerung genügend vorgeschritten, so wird
                              									die Maische erwärmt, das Mycel des Schimmelpilzes zerfällt in Hefezellen und die
                              									Gährung beginnt. Ist so die nöthige Hefe bereitet, so schreitet man zum
                              									Hauptproceſs. Es wird wieder gedämpfter Reis mit Schimmelpilzreis eingemaischt und
                              									gleichzeitig die Hefenmaische zugesetzt. Die Diastase des Schimmelpilzreises
                              									verwandelt die Stärke in Zucker, der kaum gebildet, sofort von der Hefe vergohren
                              									wird. Beide Processe gehen mit gleicher Intensität neben einander her. Ist die
                              									Zuckerbildung beendet, so hört auch wenige Tage danach die Gährung auf. Die Maische
                              									wird abgepreſst und der Sake einer Nachgährung
                              									unterworfen, wodurch auch der letzte Rest vergährbarer Substanz verschwindet.
                              									Während der Nachgährung wird der Sake pasteurisirt, um
                              									ihn haltbar zu machen.
                           Meine Untersuchungen über das Sake-Brauen haben, um sie
                              									noch einmal zusammenzufassen, zu folgenden für die Wissenschaft neuen Resultaten
                              									geführt.
                           Beim Wachsen des Myceliums von Eurotium Oryzae entstehen
                              									diastatisch wirkende Stoffe, welche von denjenigen, die beim Keimproceſs erzeugt
                              									werden, wesentlich verschieden sind. Die Diastase des Eurotiums unterscheidet sich
                              									von der gewöhnlichen Diastase durch zwei Umstände. Sie wirkt noch bei nahezu 0°, hat
                              									ihr Temperaturoptimum bei 50°, und obgleich sie noch bei 80° die Stärke löst, so
                              									wird doch von 60° an mit steigender Temperatur ihre Wirksamkeit schwächer. Die
                              									gewöhnliche Diastase wirkt dagegen wahrscheinlich bei nahe 0° nicht mehr, hat ihr
                              									Temperaturoptimum bei 65°, wirkt aber bei 80° noch beinahe ebenso kräftig wie bei
                              									65°. Ferner glaube ich es wenigstens wahrscheinlich gemacht zu haben, daſs die Hefe
                              									des Sake durch Zerfall des Myceliums des Schimmelpilzes
                              									entsteht.
                           Auch für den praktischen Betrieb des Sake-Brauens
                              									ergeben sich wichtige Fingerzeige. Das Verfahren beim Sake-Brauen ist an sich so vollkommen, daſs bedeutende Verbesserungen
                              									darin nicht gemacht werden können, wenn man nicht das schlieſsliche Product so
                              									dadurch verändern will, daſs es eben nicht mehr Sake
                              									ist. Man arbeitet in den Sake-Brauereien nur 4 Monate
                              									im Jahre, von Anfang November bis Ende Februar. Unsere Lagerbierbrauereien
                              									arbeiteten früher auch nur im Winter; jetzt aber mit Hilfe von Kellern, die durch
                              									Eis- und Kaltluftmaschinen kühl gehalten werden, lieſse sich auch in den Sake-Brauereien der Betrieb über das ganze Jahr
                              									ausdehnen. Man würde 3 Keller brauchen, einen Lager- und Klärkeller für den fertigen
                              										Sake, einen Maischkeller für die Moto-Maische, beide zwischen 0 und 10° warm, und einen
                              									Gährkeller, in welchem der Hauptproceſs und die Gährung der Moto-Maische vor sich gehen würde. In demselben müſste auch, wenigstens in
                              									den heiſsen Sommermonaten, der Preiskasten stehen. Die Temperatur im Gährkeller
                              									müſste etwa 10 bis 15° betragen. Nach 5jährigen Beobachtungen des Hrn. Knipping betragen die Monatsmittel der Temperaturen
                              									im:
                           
                              
                                 Januar
                                   2,15°
                                 Mai
                                 16,91°
                                 September
                                  21,29°
                                 
                              
                                 Februar
                                   2,91
                                 Juni
                                 20,54
                                 October
                                  14,93
                                 
                              
                                 März
                                   7,13
                                 Juli
                                 25,10
                                 November
                                    8,88
                                 
                              
                                 April
                                 12,70
                                 August
                                 25,95
                                 December
                                    4,90.
                                 
                              
                           Die mittlere Temperatur ist also nur in 5 Monaten höher als
                              									15°. Der Gährkeller würde also nur in dieser Zeit mit Eis gekühlt werden müssen.
                              									Wenn das Eis auch von Hakodate hergebracht werden müſste, so glaube ich doch, daſs
                              									eine derartige Anlage sich sehr lohnen würde. Die Production einer Brauerei würde
                              									durch eine solche Anlage etwas mehr als verdreifacht werden.
                           Ferner könnte man versuchen, die Maische und Gährzeit abzukürzen, indem man zwar die
                              									Eurotium-Hefe beibehielte, aber die Gährung im Hauptproceſs bei höherer Temperatur
                              									führte, bei etwa 30° wie die Moto-Maische, und dadurch
                              									abkürzte. Diese so nahe liegende Idee werden die Sake-Brauer jedenfalls schon längst versucht, aber ihre Ausführung
                              									wahrscheinlich unmöglich gefunden haben.
                           Schlieſslich könnte man auch die Eurotium-Hefe ganz aufgeben, da es zu umständlich
                              									ist, sie fortwährend neu zu bereiten, könnte in wenigen Stunden den gedämpften Reis
                              									durch den Schimmelpilz bei 50° verzuckern und durch eine Bierhefe die Vergährung
                              									bewirken. Es dürfte sich dann wahrscheinlich die Verwendung von Bierunterhefe
                              									empfehlen, mit welcher die Gährung bei etwa 10 bis 13° am besten geführt werden
                              									dürfte, um die Bildung höherer Alkohole möglichst zu vermeiden, welche jetzt jeden
                              									Exceſs im Sake-Genuſs mit schweren Kopfschmerzen
                              									strafen.
                           Rechnet man auf das Maischen, Abkühlen und Anstellen der Maische 1 Tag, auf die
                              									Gährung 7 Tage, auf das Auspressen 2 Tage, so würde der ganze Proceſs 10 Tage
                              									dauern, während er jetzt 40 Tage in Anspruch nimmt, so daſs also die 4 fache Menge
                              										Sake in derselben Zeit bereitet werden könnte.
                              									Nimmt man dazu die Ausdehnung des Betriebes auf das ganze Jahr, so würde die
                              									Production auf das 12 fache gesteigert sein.
                           Tokio, April 1878.