| Titel: | Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. | 
| Autor: | V. Grieſsmayer | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 428 | 
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                        Rundschau auf dem Gebiete der
                           								Brauerei.
                        (Fortsetzung von S. 338 dieses
                           								Bandes.)
                        Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
                        
                     
                        
                           
                              Eine neue Extracttabelle von Dr. W. Schultze.
                              
                           Die Bestimmung des Würze- und Bierextractes wurde bisher auf dreifache Art
                              									vorgenommen. Entweder direct durch Eintrocknung einer gewogenen Menge Würze oder
                              									Bier in der sogen. Trockenerde bei 110°, oder durch Erhebung des specifischen
                              									Gewichtes der betreffenden Flüssigkeit mittels des Pyknometers und nachheriger
                              									Erhebung des Procentgehaltes nach der Balling'schen
                              									Tabelle, oder endlich ausschlieſslich mittels des Saccharometers von Balling. Die zweite und dritte Methode beruht auf der
                              									Richtigkeit der Tabellen Balling's steht und fällt mit
                              									dieser.
                           Nun habe ich schon im August 1871 (vgl. Bayerischer
                                 										Bierbrauer, Bd. 6 S. 177) einen ersten Angriff auf diese sämmtlichen
                              									Methoden gemacht, indem ich nachwies, daſs 1) die Fundamental versuche Balling's nicht richtig sind, weil sie mit dem
                              									Tausendgranfläschchen gemacht wurden und gegenüber den pyknometrischen Bestimmungen
                              									durchschnittlich um 0,13 Proc. zu niedere Werthe liefern; 2) die directe Methode der
                              									Trocknung mit groſsem Substanzverluste verbunden ist, daher immer zu niedere Werthe
                              									liefern muſs.
                           Später hat Lermer (Bayerischer
                                 										Bierbrauer, 1875 Bd. 10 S. 161) durch eine Reihe von Trocknungen gezeigt,
                              									daſs sich der Extractgehalt nach Maſsgabe der Zeit fortwährend verringert.
                           Darauf habe ich im Bayerischen Bierbrauer, 1877 Bd. 12
                              									S. 34 den Vorschlag gemacht, die Extractbestimmung in folgender Weise vorzunehmen:
                              										„Man bringe etwa 5cc Würze oder Bier in
                                 										eine ganz kleine, aber möglichst weite Platinschale von bekanntem Gewichte,
                                 										wiege den Inhalt genau, setze die Schale nun unter den Recipienten einer
                                 										Luftpumpe über concentrirte Schwefelsäure, bezieh. wasserfreie Phosphorsäure und
                                 										evacuire.“
                           W. Schultze (Zeitschrift für das
                                 										gesammte Brauwesen, 1878 S. 19), welcher diesen Vorschlag controlirte.
                              									fand, daſs meine Methode in der That den strengsten analytischen Anforderungen
                              									entspreche, indem sie den ganzen Extractgehalt nachweise; aber sie sei nicht
                              									handlich und erfordere zu viel Zeit. Er selbst machte sich nun daran, eine
                              									einfachere Methode zu finden, was ihm auch vollständig gelang. Er hat nachgewiesen,
                              									daſs die gewöhnliche Form der Extractbestimmung geradezu eine Extractröstung genannt
                              									werden müsse, und daſs es eine Stabilitätsgrenze gebe, bei welcher der Würzeextract
                              									auch bei längerer Trocknung sich nicht weiter verändere. Als solche fand er 80°,
                              									erklärte aber zugleich, daſs das Optimum 70 bis 75°, also gerade die Temperatur
                           
                           Tabelle zur Ermittlung des Extractgehaltes klarer Decoctions- und
                              									Infusionswürzen und entalkoholter Bierextractlösungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 230, S. 428
                              Wenn titrimetr. klarer Würze wiegt;
                                 										so ist der Extractgehalt in; dieser Würze 
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 230, S. 428
                              
                           
                           sei, welche allgemein in der Brauwissenschaft als das Optimum
                              									für die Bildung des Extractes aus dem Malze durch Maischen anerkannt werde. Die
                              									beste Extractbildungstemperatur ist also auch die beste
                              									Extracttrocknungstemperatur.
                           Schultze (a. a. O. S. 45) nimmt nun die Bestimmung in
                              									folgender Weise vor: 5cc Würze oder Bier werden in
                              									ein flaches Uhrglas und nach dem Wiegen in ein Luftbad gebracht (ohne Aspirator) und
                              									in diesem 26 Stunden auf der Temperatur 70 bis 75° erhalten. Dann wiegt man, bringt
                              									nach 2 Stunden in den Apparat und wiegt wieder. Sind die erhaltenen Ziffern
                              									übereinstimmend – was in der Regel der Fall – so ist die Operation beendigt. Indem
                              										Schütze Untersuchungen über die Resultate seiner
                              									Methode im Vergleiche mit der Balling'schen anstellte,
                              									fand er, daſs diese letztere nicht nur im Allgemeinen um 0,2 bis 0,5 Proc. zu
                              									geringe Werthe, sondern auch bei derselben absoluten Extractmenge verschiedene
                              									Werthe liefere, je nachdem das Extract in mehr oder weniger Wasser gelöst ist, d.h.
                              									Würzen von hohem oder niederem specifischen Gewichte darstellt. Die Ueberzeugung,
                              									nunmehr den richtigen Weg gefunden zu haben, ermuthigte Schultze zugleich, selbständig an die Ausarbeitung einer neuen
                              									Extracttabelle zu gehen, um durch eine Pyknometer-Füllung und Wägung in ebenso viel
                              									Minuten das Ziel zu erreichen, welches durch die neue directe Bestimmung in 26 bis
                              									28 Stunden erreicht wird. Zu diesem Behufe stellte er aus blanker Wiener
                              									Tropfsackwürze 20 Extractlösungen von etwa 1 bis 20 Proc. Saccharometergraden dar,
                              									bestimmte von jeder das specifische Gewicht mittels des Pyknometers und den
                              									Extractprocentgehalt durch Eindampfen und Austrocknen bei 70 bis 75° binnen 28
                              									Stunden und berechnete die Zwischenglieder mittels Interpolation in folgender
                              									Weise:
                           
                              
                                 I) Interpolationssummand für das Spatium 1,0000 bis
                                    											1,0048.
                                 
                              
                                                Specifisches Gewicht
                                 1,0048 = 1,26 Proc. Extract
                                 
                              
                                 
                                 1,0000 = 0,00
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 für
                                 0,0048 = 1,26,
                                 
                              
                                 folglich Interpolationssummand für 0,0001 =
                                    											0,02625 Proc.
                                 
                              
                                     denn 48 × 0,02625 = 1,26,
                                 
                              
                                 II) Interpolationssummand für das Spatium 1,0048 bis
                                    											1,0085.
                                 
                              
                                                Specifisches Gewicht
                                 1,0085 = 2,20 Proc. Extract
                                 
                              
                                 
                                 1,0048 = 1,26
                                 
                              
                                 für
                                 0,0037 = 0,94,
                                 
                              
                                 folglich Interpolationssummand für 0,0001 =
                                    											0,025405 Proc.
                                 
                              
                                        denn 37 × 0,025405 = 0,939985.
                                 
                              
                                 III) Interpolationssummand für das Spatium 1,0085 bis
                                    											1,0124.
                                 
                              
                                               Specifisches Gewicht
                                 1,0124 = 3,20 Proc. Extract
                                 
                              
                                 
                                 1,0085 = 2,20
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 für
                                 0,0039 = 1,00.
                                 
                              
                                 folglich Interpolationssummand für 0,0001 =
                                    											0,025641 Proc. Extract
                                 
                              
                                 denn 39 × 0,025641 = 0,999999 u.s.w.
                                 
                              
                           So entstand die beigelegte Tabelle, welche den Extractgehalt
                              									nicht allein sondern auch, durch Multiplication der Extractgehalte mit den betreffenden specifischen
                              									Gewichten, für 100cc Würze (und Bier) angibt.
                           Da diese Tabelle zunächst nur für die Bestimmung des Würzeextractes berechnet war, so
                              									ergab sich nunmehr die Frage, ob für die Bestimmung des Bierextractes eine eigene
                              									aufgestellt werden müsse. Schultze stellte aus 8 Wochen
                              									altem Biere 10 Extractlösungen von 1 bis 10 Proc. Saccharometer dar und erhob nun
                              									nach seiner Methode die Extractprocente, sowie die specifischen Gewichte. (Die
                              									letzteren wurden von Schultze für seine Tabelle immer
                              									bei 15° – als einer internationalen Temperatur – erhoben.) Ein Vergleich dieser so
                              									erhobenen Extractprocente mit den correspondirenden der Würzeextract-Tabelle liefert
                              									in der That das Ergebniſs, daſs die Würzeextract-Tabelle in allen Versuchen die
                              									Bierextractprocente höher angibt als die directe Methode, daſs aber auch
                              									andererseits diese Differenzen (durchschnittlich 0,07 Proc.) nicht groſs genug sind,
                              									um die Aufstellung einer eigenen Tabelle durchaus nöthig zu machen. Abgesehen davon
                              									besteht noch ein vortrefflicher Grund, hiervon gänzlich abzusehen.
                           Um den wirklichen Extractgehalt eines Bieres zu erfahren, muſs man dasselbe nämlich
                              									auf ⅓ eindampfen und dann erst wieder mit Wasser auf das ursprüngliche Gewicht
                              									auffüllen. Bei dieser Eindampfung scheidet sich immer etwas Extract aus, welcher
                              									daher bei der specifischen Gewichtsbestimmung verloren geht. Wenn man daher auch
                              									eine Bierextract-Tabelle hätte, welche mit allen an entgeisteten Bierextractlösungen
                              									mittels der directen Methode vorgenommenen Stichproben haarscharf zusammenfiele, so
                              									würde sie, auf die Extractbestimmung im Biere angewendet, doch immer zu niedere
                              									Werthe liefern müssen. Dieser Extractverlust nun wird offenbar durch die etwas
                              									höheren Angaben der Würzeextract-Tabelle ausgeglichen und dieselbe daher auch zur
                              									Bierextractbestimmung vollständig verwendbar.
                           Die gediegene Arbeit von Schultze erschlieſst eine
                              									zeitgemäſse Reform in allen zymotechnischen Berechnungen und für Oesterreich eine
                              									Rectification der Biersteuer.
                           V. Grieſsmayer.