| Titel: | Untersuchung des wilden kroatischen Hopfens; von Dr. C. O. Cech. | 
| Autor: | C. O. Cech | 
| Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 438 | 
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                        Untersuchung des wilden kroatischen Hopfens; von
                           								Dr. C. O. Cech.
                        Cech, Untersuchung des wilden kroatischen Hopfens.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Jahren bin ich auf die Aehnlichkeit zwischen wildem kaukasischen und dem
                              									wilden kroatischen Hopfen aufmerksam gemacht und zu einer Untersuchung des letzteren
                              									veranlaſst worden. Es war mir bekannt, daſs Tifliser Brauereien sich mit Nutzen des
                              
                              									wilden kaukasischen Hopfens bedienen (der vielleicht auch in anderen Theilen
                              									Ruſslands als Hopfensurrogat Verwendung findet), und da die chemische Untersuchung
                              									des kaukasischen und kroatischen Hopfens nahezu eine Identität beider Hopfenarten
                              									ergab, so war es von Interesse, Versuche anzustellen, ob sich auch der wilde
                              									kroatische Hopfen zur Bierbrauerei eignet und unter welchen Bedingungen seine
                              									Anwendung zu günstigen Resultaten führt. Gelangen die zu diesem Behufe angestellten
                              									Brauversuche im Groſsen, so war der technische Werth einer in den südlichen
                              									Provinzen Oesterreichs (Kroatien, Slavonien, Bosnien, ferner in Krain und dem
                              									Furstenthume Serbien) in ungeheuren Mengen wild wachsenden und bis jetzt unbeachtet
                              									gebliebenen Pflanze erwiesen.
                           Die ersten vor drei Jahren ausgeführten Versuche konnten für eine endgiltige
                              									Beantwortung der Frage nicht maſsgebend sein, da ich damals nur über jenen Hopfen
                              									verfügte, den ich im Krizevacer Comitate sammeln lieſs und der erst nach Monaten,
                              									also bereits nach weit fortgeschrittener Zersetzung zur Untersuchung gelangte. In
                              									Folge eines im September 1877 von der landwirtschaftlichen Gesellschaft in Agram an
                              									alle Zweigvereine Kroatiens und Slavoniens erlassenen Rundschreibens gelang ich in
                              									den Besitz einer groſseren, aus mehreren Gegenden der genannten Länder stammenden
                              									Menge wilden Hopfens, der wohlverwahrt zur chemischen Untersuchung und zu
                              									Versuchssuden verwendet wurde.
                           Eine Reihe vergleichender Biersude wurde an der kgl. Bierbrauereiakademie zu
                              									Weihenstephan in Bayern unter persönlicher Leitung von Prof. C. Lintner ausgeführt. Das Urtheil desselben über die Verwendbarkeit des
                              									wilden kroatischen Hopfens bestätigt meine anfangs ausgesprochene Vermuthung, daſs
                              									dieser Pflanze eine ökonomische Bedeutung nicht abgesprochen werden kann, und daſs
                              									sie bei einiger Pflege sogar einen sehr guten Hopfen liefern würde.
                           Der vollständige Mangel an rationellen Untersuchungsmethoden des Hopfens, welche zu
                              									einer genauen quantitativen Bestimmung der einzelnen wirksamen Bestandtheile
                              									desselben führen und zugleich vergleichbare Resultate geben würden, weist der
                              									chemischen Untersuchung nur einen beschränkten Spielraum an. Es handelte sich also
                              									hauptsächlich darum, die allgemeinen chemischen Eigenschaften des wilden kroatischen
                              									Hopfens mit jenen anderen Hopfenarten zu vergleichen, seinen Gehalt an Gerbsäure
                              									festzustellen und durch Versuchssude darzuthun, ob sich der Hopfen überhaupt zur
                              									Bierbrauerei eignet und falls sich auf diese Weise eine genügende Menge Lupulin und
                              									Hopfenöl in demselben nachweisen lieſs, jene Bedingungen aufzufinden, bei welchen
                              									dieser Hopfen ein gutes Bier liefert.
                           Die Bestimmung des Gehaltes an Gerbsäure geschieht am raschesten nach Wildenstein's Methode.C. O. Cech: Studien über quantitative
                                       												Bestimmungsmethoden der Gerbsauren. S. 62. Zeitschrift für analytische Chemie, 1868 Bd. 7 S. 130.
                              									Bestimmungen zweier Sorten wilden kroatischen Hopfens aus dem J. 1876 ergaben 6 und
                              									7,5 Proc. Gerbsäure und drei Proben aus dem J. 1877 zeigten 8, 5,5 und 7 Proc.
                              									Gerbsäure. Hieraus folgt, daſs der wilde kroatische Hopfen in Folge seines hohen
                              									Gerbsäuregehaltes als natürliches Klärmittel der Würze besondere Beachtung
                              									verdient.
                           Um die chemischen Eigenschaften der Decocte zu ermitteln, wurden gleiche Mengen
                              									wilden kroatischen Hopfens, sowie edlen böhmischen, bayerischen und norddeutschen
                              									wilden Hopfens auf ganz dieselbe Weise mit Wasser behandelt, ausgekocht und
                              									filtrirt. Der wässerige Auszug des kroatischen Hopfens zeigte eine mehr ins röthlich
                              									gehende Farbe als alle anderen Hopfensorten; ja es färbte sich derselbe durch
                              									Eindampfen concentrirt sogar dunkelroth. Diese Eigenschaft ist so auffallend und
                              									charakteristisch, daſs sie sehr gut zur Erkennung des wilden kroatischen Hopfens
                              									dienen kann, wenn dieser an betrügerischer Weise dem edlen Hopfen beigemischt werden
                              									sollte. Der wässerige Auszug enthält viel Phlobaphen; sein Geschmack ist
                              									vorherrschend herb, wenig bitter und weniger aromatisch als jener des edlen Hopfens.
                              									Mit Leimlösung und Malzauszug vermischt (jedoch nicht gekocht), gibt der wässerige
                              									Auszug kräftige, starke Fällungen, ebenso mit Eisensalzen starke, fast schwarze
                              									Niederschläge.
                           Der mit 90procentigem Alkohol hergestellte alkoholische Auszug verhält sich ähnlich;
                              									nur scheidet er mit Wasser versetzt viel weniger harzige Stoffe aus als der von
                              									anderen Hopfensorten.
                           Der kroatische wilde Hopfen, für sich allein zu einem Probesud verwendet, wobei auf
                              									50 G.-Th. Malz 1 G.-Th. Hopfen genommen wurde, gab folgendes Resultat: Der Sud
                              									verlief normal, die Würze brach sich gut, die Hauptgährung zeigte eine schwache
                              									Krausenbildung und die Würze vergährte hoch (Vergährungsgrad 60). Das 2 Monate alte
                              									Bier war zwar klar, moussirte aber schwach. Der Geschmack desselben war wenig
                              									bitter, dagegen aber herb und unaromatisch. Nach wenigen Tagen war es sauer. Aus
                              									diesem Resultate ergibt sich, daſs der wilde kroatische Hopfen für sich allein nicht
                              									zur Bierbrauerei verwendet werden kann.
                           Ein Gemisch von gleichen Theilen badischen und kroatischen Hopfens gab bereits ein
                              									besseres Resultat; das Bier hatte jedoch trotzdem einen zu geringen bitteren,
                              									hingegen einen herben Nachgeschmack. – Bei einem Gemisch von 2 Theilen bayerischen
                              									und 1 Theile kroatischen Hopfens verliefen Sud und Gährung normal. Das 8 Wochen alte
                              									Bier zeigte eine richtige Zusammensetzung, es war klar und moussirte stark. Es hatte
                              									einen guten Geschmack; nur wenn man das Bier längere Zeit stehen lieſs, so daſs viel
                              									Kohlensäure entweichen konnte, zeigte es einen einigermaſsen rauhen Geschmack. Die
                              									Zusammensetzung dieses Bieres war folgende:
                           
                              
                                 Alkohol
                                 3,60
                                 
                              
                                 Extract
                                 6,05
                                 
                              
                                 Zucker
                                 0,74
                                 
                              
                                 Dextrin
                                 3,40.
                                 
                              
                           Das specifische Gewicht betrug 1,0173; der Säuregrad 2cc,2 Normalnatronlösung entsprechend. Die
                              									Stammwürze zeigte 12,9 Proc. Balling.
                           Aus diesen Versuchen die in den Jahren 1876 bis 1878 theils mit altem, einigermaſsen
                              									schon zersetztem Hopfen aus dem Kreuzer Comitate, theils mit frischem, aus einigen
                              									Comitaten Kroatiens und Slavoniens stammenden Hopfen ausgeführt wurden, ergibt sich,
                              									daſs der wilde kroatische Hopfen allein zur Bierfabrikation, wie schon gesagt, nicht
                              									verwendet werden könne. Als Beigabe zu anderen Hopfensorten besitzt er die
                              									Eigenschaften eines guten Surrogtes; doch darf seine Menge nie über ein Drittel der
                              									Mischung betragen.
                           Diese durch Versuchssude ermittelte Qualität des wilden kroatischen Hopfens läſst ihn
                              									als ein gutes Surrogat des edlen Hopfens erscheinen, dessen Lupulingehalt etwa 4,5
                              									Proc. beträgt welche Eigenschaft sich nur auf die welche Eigenschaft sich nur auf
                              									die klimatischen und geologischen Verhältnisse Kroatien zurückführen läſst und
                              									Kroatien in der Production früh reifender edler Hopfensorten eine hervorragende
                              
                              
                              									Rolle spielen dürfte. Durch seinen groſsen Gehalt an Gerbsäure, wirkt der wilde
                              									kroatische Hopfen klärend auf die Würze und dürfte demnach als natürliches
                              									Klärmittel besondere Beachtung verdienen. Der wilde Hopfen wurde in den letzten 10
                              									Jahren bereits wiederholt von Hopfenhändlern in Kroatien gesammelt. Der Preis
                              									desselben betrug in Agram 10 bis 30 fl. für den Centner, und wurde derselbe
                              									namentlich nach England verfrachtet.
                           Für die Preiswürdigkeit desselben sprechen folgende Eigenschaften und auſserliche
                              									Merkmale desselben: Der Hopfen hat kleine, eiförmige Dolden, die Doldenblätter sind
                              									fein gerippt, die Spindeln sind kurz und entsprechend dünn, die Spindelstiele sind
                              									sehr fein. Seinem Werth stehen entgegen: Das leichte Abfallen der Doldenblätter von
                              									der Spindel, sein geringer Gehalt an Lupulin, sein groſser Gehalt an Körnern (Samen)
                              									und sein im Vergleich zum edlen Hopfen schwächeres' Aroma. So viel steht jedoch
                              									fest, daſs durch eine sorgfältige Kultur aus diesem wilden Hopfen nicht nur ein ganz
                              									brauchbares, sondern sogar ein sehr gutes Product erzielt werden dürfte.
                           Seitdem die erste Nachricht über die Verwendbarkeit des wilden kroatischen Hopfens in
                              									die Oeffentlichkeit drang, mehren sich die Nachfragen nach diesem Surrogate
                              									namentlich aus England und Deutschland in solcher Weise, daſs sich die
                              									kroatisch-slavonische landwirtschaftliche Gesellschaft in Agram veranlaſst sah,
                              									daselbst ein Centralhopfendepot zu errichten und im Interesse der ausländischen
                              									Bierbrauer den Handel mit wildem Hopfen selbst zu überwachen. (Im Auszuge aus den
                              									Schriften der Akademie der Wissenschaften zu Agram.)