| Titel: | Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878. | 
| Autor: | Josef Pechan | 
| Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, S. 1 | 
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                        Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris
                           								1878.
                        (Fortsetzung von S. 458 des vorhergehenden
                           								Bandes.)
                        Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878.
                        
                     
                        
                           Dampfmaschine und Kessel von Gebrüder Sulzer in
                                 											Winterthur (Tafel 1 und 2).
                           Die schon in der Einleitung ausgesprochene Ansicht über die Bedeutung der
                              									Schweizerischen Abtheilung in der Weltausstellung findet ihre vollste Bestätigung
                              									durch Dampfmaschine und Kessel von Gebrüder Sulzer in
                              									Winterthur. Seit 1867 zum dritten Male auf einer internationalen Ausstellung
                              									erschienen, haben sie es jedesmal verstanden, durch kühne Neuerungen das allgemeine
                              									Interesse zu erwecken und dabei den alten Ruf, den ihre Constructionen in Schönheit
                              									der Form und Feinheit der Ausführung genieſsen, ungeschwächt zu erhalten. Die Sulzer'sche Cylinderdisposition ist so allgemein für
                              									Ventildampfmaschinen angenommen, daſs unter den vielen ausgestellten Dampfmaschinen
                              									dieser Gattung nur 2 oder 3 eine andere Anordnung zeigen; die Sulzer'sche Steuerung hat ihren Weg nach allen
                              									Industrieländern gemacht und ist in der Ausstellung bei verschiedenen Maschinen
                              									fremder Fabrikanten vertreten, und wir glauben nicht zu irren, wenn wir die
                              									ungeheure Verbreitung, welche, wie der Vergleich der Pariser Ausstellung (1878) mit
                              									der Wiener (1873) zeigt, die Ventildampfmaschine überhaupt seit den letzten 5 Jahren
                              									genommen hat, in erster Linie dem epochemachenden Beispiele der oben genannten Firma
                              									zuschreiben.
                           Und selbst Jene, welche, wie der Verfasser, die Ventildampfmaschine noch immer als
                              									eine Specialität auf ein engeres Gebiet beschränkt wissen wollen, müssen sich
                              									angesichts dieser Erfolge zweifelnd fragen, ob nicht doch im Ventil das rationelle
                              									und normal anzuwendende Steuerungsorgan gefunden sei
                              									und dagegen der Schieber auf Specialfälle beschränkt werden solle?
                           Die Ausstellungsmaschine von Gebrüder Sulzer zu Paris
                              									1867 war eine eincylindrische, mit 375mm
                              									Durchmesser, 900mm Hub und 30 Touren: ein
                              									Querschnitt durch den Cylinder ist in Fig. 1 Taf.
                              									2 dargestellt und zeigt fast genau die gegenwärtig noch angewendete Anordnung der
                              									Ventile; die Maschine hatte einen Bajonnetbalken mit ausgebohrter Kreuzkopfführung
                              									und u.a. auch schon das geistreiche Detail, die Kurbelnabe über die vordere Wand des
                              									Kurbelarmes hervortreten zu lassen, was wegen der vorstehenden Lagerschalen der Treibstange um mindestens eine
                              									Lagerborten-Breite möglich ist und damit, bei gegebener Nabenlänge, die Distanz
                              									zwischen Cylindermittel und Schwungradlager-Mittel um ebenso viel vermindern läſst.
                              									Der Antrieb der neben dem Schwungradlager stehenden Luftpumpe ging direct von einer
                              									Gegenkurbel nach abwärts, das Schwungrad war verzahnt.
                           In Wien 1873 hatte die Firma, auſser zwei sehr netten kleinen Maschinen mit
                              									Rider-Steuerung, die Antriebsmaschine der Schweizerischen Abtheilung mit 450mm Durchmesser, 1050mm Hub und – wie in Paris 1867 – mit 50 Touren geliefert. Die Luftpumpe
                              									hing direct an der nach rückwärts verlängerten Kolbenstange und muſste somit die
                              									hohe Kolbengeschwindigkeit von 1m,75 in der
                              									Secunde mitmachen; das Bett besaſs gleiche Disposition wie 1867, das Schwungrad war
                              									gleichfalls verzahnt, jedoch erfolgt der Antrieb auf der Ausstellung mittels zweier
                              									neben dem Schwungrad aufgekeilter Riemenscheiben; die neue Steuerung der Wiener
                              									Ausstellungsmaschine ist aus Fig. 2 Taf.
                              									2 zu ersehen (vgl. *1874 214
                              									265).
                           Schon in Wien 1873 war die „Sulzer-Maschine“, wie sie nunmehr typisch genannt
                              									wurde, nicht allein von den Erfindern, sondern auch noch von der bekannten Maschinenfabrik Augsburg ausgestellt, und ist seither
                              									in Hunderten von Exemplaren ausgeführt worden; trotz dieses Ersatzes wurde
                              									fortdauernd an Verbesserungen des Systemes gearbeitet und als deren Resultat endlich
                              									die Pariser Ausstellungsmaschine vorgeführt.
                           Die allgemeine Disposition der Maschine wurde von früher beibehalten, die so
                              									vortrefflich bewährten rohrförmigen Doppelsitzventile aus Guſseisen mit den dem
                              									Cylindergehäuse eingesetzten Sitzen gleichen Materials finden sich auch hier wieder,
                              									aber die Steuerung ist verändert, radical verändert und gibt einerseits raschere
                              									Ventilöffnungen, andererseits erlaubt sie hohe Tourenzahlen, wie sie bei der
                              									früheren Anordnung augenscheinlich unmöglich waren; die Ausstellungsmaschine macht
                              									70 Touren und garantirt einen Maximaldampfverbrauch von 7,5 bis 8k für indicirte Pferdekraft und Stunde. Diese
                              									Ziffer, welche sich bei stärkeren Maschinen noch weiter vermindern läſst, wird
                              									erreicht durch Anwendung zweier Cylinder, des Hochdruckcylinders von 300mm Bohrung, Niederdruckcylinders von 600mm, bei gemeinschaftlichem Hub von 900mm; auſserdem ist das verzahnte Schwungrad
                              									verlassen und statt dessen, bereits vielfach erprobt, die Hanfseiltransmission
                              									angenommen.
                           In dieser Form erscheint die Ausstellungsmaschine von 1878 in Fig. 1 bis
                              										3 Taf. 1 abgebildet; nehmen wir hierzu den neuen Sulzer'schen Kessel (Fig. 4 bis
                              										6 Taf. 1), welcher den stündlichen Kohlenverbrauch für Indicatorpferd bis
                              									auf 0k,78 (I. Saarkohle) herabbringen lieſs, so
                              									gibt sich uns ein geschlossenes Bild einer modernen Maschinenanlage, wie sie der
                              									vollendetsten Praxis unseres Decenniums entspricht.
                           
                           Beginnen wir unsere nähere Beschreibung mit dem Dampfkessel, welcher in dem
                              									Schweizerischen Kesselhause in Betrieb stand. Derselbe ist ein unter etwa 45°
                              									geneigter Röhrenkessel mit Innenfeuerung nach System Ten-Brink. Schon seit mehreren Jahren ist diese eigenthümliche
                              									Rostdisposition bei Stabilkesseln in Anwendung und steht sogar in ihren
                              									Grundprincipien schon seit ungefähr 20 Jahren bei französischen Locomotiven als
                              									Rauchverbrennungsapparat in Gebrauch und hohem Ansehen (vgl. * 1863 167 86. 1877 224
                              									245). Das auf dem geneigten Roste durch den Kohlenschieber eingeführte Brennmaterial
                              									macht zunächst einen Verkokungsproceſs durch, bis es langsam hinabgleitend zur
                              									Verbrennung gelangt und schlieſslich als Asche den Rost verläſst, um nachfolgender
                              									Kohle Raum zu machen. Die Füllöffnung ist sehr klein, da sich das Brennmaterial von
                              									selbst vertheilt und die Reinhaltung des Rostes bequem von unten geschehen kann;
                              									oberhalb des Kohlenschiebers ist eine regulirbare Oeffnung für die Luftzuführung.
                              									Der auf diese Weise rationell eingeleitete Verbrennungsproceſs macht sich sowohl in
                              									der vollständigen Rauchverbrennung, als in dem ökonomischen Effecte geltend, wie
                              									dies schon s. Z. durch ausführliche Versuche von Professor Teichmann in Stuttgart festgestellt wurde (vgl. 1877 226 461). Während
                              									jedoch bei den bis jetzt bekannten Ausführungen Ten-Brink'scher Roste für
                              									Stabilkessel ein eigener Vorkessel anzubringen war, welcher mit dem Hauptkessel
                              									durch Röhren in Verbindung stand, ist hier durch Neigung der Kesselachse dieser Rost
                              									in natürlichster Weise der Innenfeuerung angepaſst. Von hier aus ziehen die Gase,
                              									die Mischkammer durchströmend, durch ein System von Siederohren den Kessel hinauf,
                              									umspülen dann, rückkehrend, den Kesselmantel und gelangen endlich, nachdem sie die
                              									eingeschaltete Trennungswand passirt haben, zum Röhrenvorwärmer und durch den Fuchs
                              									zum Rauchfang. Der Kessel ist, wie aus Fig. 4
                              									ersichtlich, nur zu etwa ¾ mit Wasser gefüllt; doch haben die Heizgase, wenn die
                              									Siedrohre das Wasser verlassen, schon das 25fache der Rostfläche an Heizfläche
                              									umspült und dienen somit nur mehr zum Trocknen des Dampfes.
                           Sorgfältig und wiederholt durchgeführte Messungen an einem derartigen Kessel von 0qm,9 Rostfläche und 36qm vom Wasser benetzter Heizfläche ergaben für I., II. und III. Qualität
                              									Saarkohle eine durchschnittliche Wasserverdampfung von beziehungsweise 9,75, 8,49
                              									und 7k,97 für nicht vorgewärmtes Speisewasser und
                              									ohne Vorwärmer. Die mittlere Temperatur der Heizgase betrug dabei in der unteren
                              									Rohrpartie 430°, in der Rohrmitte 330°, bei der Rohrmündung 230° und beim Fuchs 180
                              									bis 200°. Letztere Ziffer ist, gegenüber der bei den oben erwähnten Versuchen Teichmann's erzielten Fuchstemperatur von 110 bis 130°
                              									noch eine so hohe, daſs sich von der Verwendung des Vorwärmers eine noch günstigere
                              									Verdampfungsziffer sicher erwarten läſst. Der Dampf verläſst den Kessel völlig
                              									trocken – als Vorsichtsmaſsregel gegen das Schäumen ist noch in der obern Kesselpartie eine
                              									Siebwand eingelegt (Fig. 4) –
                              									und sogar, wie die Versuche ergeben haben, bei 5 bis 6at Spannung um etwa 20° überhitzt. So gefährlich diese Verhältnisse bei
                              									einem gewöhnlichen Kessel erscheinen möchten, sind sie hier schon um deshalb
                              									unbedenklich, als der Rost verhältniſsmäſsig sehr klein ist und gerade die
                              									Ten-Brink'sche Feuerung ein Forciren absolut unmöglich macht. Es wird daher, gutes
                              									Speisewasser und sorgfältige Wartung vorausgesetzt, der Sulzer'sche Kessel gewiſs schöne und dauernd befriedigende Erfolge
                              									erzielen.
                           Auſser ihrem schiefliegenden Kessel bauen Gebrüder
                                 										Sulzer auch noch einen verticalen Röhrenkessel (Fig. 7) mit
                              									gewöhnlichem Roste oder mit mechanischer Feuerung; derselbe dürfte jedoch wohl nur
                              									in speciellen Fällen empfohlen werden.
                           Ueber die allgemeine Construction der Kessel, welche aus den Skizzen genügend
                              									ersichtlich wird, läſst sich nur lobendes sagen; als Material des Mantels und der
                              									Siederohre ist Eisenblech, für das Querrohr und die Mischkammer weicher Stahl
                              									verwendet.
                           Ein gleicher schiefliegender Röhrenkessel, wie der in Paris ausgestellte, ist seit
                              									Monaten in der Algerischen Maschinenfabrik zu Winterthur in Verwendung und bedient
                              									die mit der neuen Steuerung versehene eincylindrige Betriebsmaschine von 60e; der mittlere Dampfverbrauch beträgt knapp 8k für Stunde und Indicatorpferd und somit der
                              									Kohlen verbrauch, für die oben angegebenen Verdampfungsziffern des Kessels, je nach
                              									der Qualität der Kohle 0,82 bis 1k,02 für
                              									Pferdekraft und Stunde.
                           Verschiedene früher durchgeführte Versuchsreihen an älteren Maschinen ergaben ähnlich
                              									günstige Resultate; um diese noch zu übertreffen, construirten Gebrüder Sulzer ihre Zweicylindermaschine nach
                              									Woolf'schem System, wie sie auf der Ausstellung vertreten und auch schon in
                              									mehrfachen Exemplaren in Betrieb ist. Betriebsresultate sind jedoch bis heute nicht
                              									aufgenommen und dürften auch, der Natur der Sache nach, nur eine nach wenigen
                              									Procenten zählende Dampfersparung ergeben, so daſs die Eincylindermaschine für die
                              									Mehrzahl der Fälle praktischer Anwendung gewiſs siegreich ihr Feld behaupten
                              									wird.
                           Die Hauptdimensionen der Ausstellungsmaschine von 1878 sind schon eingangs erwähnt;
                              									die allgemeine Disposition derselben wird durch die Skizzen Fig. 1 bis
                              										3 Taf. 1 dargestellt. Der Hochdruckcylinder ist in der normalen Weise mit
                              									dem Bajonnetständer verbunden, die Anordnung von Kreuzkopf, Stange, Kurbel und Lager
                              									ist unverändert geblieben wie bei der eincylindrigen Maschine. An die Stelle des
                              									verzahnten Schwungrades dagegen ist eine Seilscheibe mit Rinnen für 6 Hanfseile
                              									getreten, von denen somit bei der nominellen Leistung von 60e jedes 10e zu
                              									übertragen hat; indem aber die Leistung der Maschine bis auf das 2 ½ fache
                              									gesteigert werden kann, scheint uns die dann stattfindende Leistung von 25e auf ein Seil wohl etwas hoch gegriffen. Gebrüder Sulzer hatten übrigens schon gegen 30
                              									derartige Hanfseiltransmissionen ausgeführt, so daſs dieselben, wie sich auch aus
                              									den vielen anderen zur Ausstellung gesandten Ausführungen schlieſsen läſst, längst
                              									das Versuchsstadium überwunden haben.
                           In gleicher Achse und den Kolben an gemeinsamer Stange mit dem Hochdruckkolben
                              									befestigt, befindet sich der Niederdruckcylinder hinter dem kleinen Cylinder und ist
                              									mit demselben nach Art der direct wirkenden Dampfpumpen durch ein kurzes
                              									Cylinderstück verbunden, welches am Hochdruckcylinder angegossen ist. Daſselbe
                              									gewährt Raum zum Verpacken der hinteren Stopfbüchse des kleinen und der vorderen
                              									Stopfbüchse des groſsen Cylinders; man gelangt zu demselben durch ein Fenster des
                              									cylindrischen Verbindungsstückes, welches für gewöhnlich durch einen Blechdeckel
                              									geschlossen ist, so daſs die Maschine ein ungemein compactes Aussehen gewinnt. Noch
                              									vermehrt wird dasselbe durch die tiefe Lage der Maschinenachse und die prächtig
                              									modellirten Tragpratzen der beiden Cylinder, wie dies in der Querschnittsfigur 3
                              									schön ersichtlich ist.
                           Indem nun der groſse Cylinder den doppelten Durchmesser des kleinen hat (also
                              									vierfaches Volumverhältniſs) und sowohl der hintere Deckel des Hochdruckcylinders,
                              									als der vordere Deckel des Niederdruckcylinders nach rückwärts herauszuschieben
                              									sind, so ist es möglich, die beiden Kolben sammt den zwischenliegenden
                              									Cylinderdeckeln durch den groſsen Cylinder herauszunehmen und derart ohne allzu
                              									groſse Unbequemlichkeit zu montiren und demontiren.
                           Hinter dem Niederdruckcylinder trägt die Kolbenstange endlich noch einen kleinen
                              									Kreuzkopf, von welchem aus mittels kurzer Gelenkstange ein Winkelhebel bewegt wird,
                              									der einerseits die doppelt wirkende Luftpumpe, andererseits die Kesselspeisepumpe
                              									treibt. Wir hatten diese gelungene Disposition, welche für schnellgehende Maschinen
                              									den denkbar günstigsten Luftpumpen-Antrieb gewährt, schon gelegentlich der Brown'schen Maschine (* 1878 229 497), wo sie in etwas veränderter Gestalt auftritt, entsprechend
                              									gewürdigt.
                           Aus Fig. 1 ist nun auch die Rohrleitung des frischen Dampfes zum
                              									Hochdruckcylinder, das Uebersteigrohr zum Niederdruckcylinder, das Condensatorrohr,
                              									Einspritzrohr und Auswurf der Luftpumpe genügend deutlich zu ersehen. Der von unten
                              									dem Hochdruckcylinder zutretende Kesseldampf durchströmt in bewährter Weise das
                              									geräumige Dampfhemd, ehe er zu den oben liegenden Eintrittventilen gelangt, und
                              									denselben Weg macht der vom Hochdruck- zum Niederdruckcylinder übertretende
                              									Expansionsdampf. Das auf diese Weise in den Niederdruckcylinder gebildete Dampfhemd
                              									dürfte jedoch nur einen sehr problematischen Nutzen haben; dasselbe ist vielmehr als
                              									die eigentliche „Receiver“-Kammer zwischen
                              									Hochdruck- und Niederdruckcylinder zu betrachten, welche hier, da auch im groſsen Cylinder
                              									expandirt wird, ebenso nothwendig ist, wie bei einer Compound-Maschine.
                           Wenn wir schlieſslich noch erwähnen, daſs die Dampfmäntel mit automatisch arbeitenden
                              									Condensationswasser-Ableitern und die Cylinderenden mit Sicherheitsventilen gegen
                              									mitgerissenes Wasser versehen sind (dieselben sind der Deutlichkeit halber in den
                              									Zeichnungen weggelassen), können wir nunmehr zu der bedeutungsvollsten Neuerung der
                              									Ausstellungsmaschine, der Steuerung, übergehen.
                           Es möge bei dieser Gelegenheit gestattet sein, auf den interessanten
                              									Entwicklungsgang, welche die Sulzer'schen Maschinen in
                              									der äuſseren Steuerung durchgemacht haben, während die innere Steuerung beim ersten
                              									Schritt nahezu vollendet war, etwas näher einzugehen.
                           Zwar die längs der Maschinenachse ziehende Steuerwelle, welche mit Kegelrädern von
                              
                              
                              									der Schwungradwelle in gleicher Tourenzahl angetrieben unterwegs den
                              									Regulatorantrieb abgibt und endlich bei dem Dampfcylinder die Steuerung bethätigt,
                              									ist begreiflicherweise beibehalten worden; während jedoch 1867 sowohl Einström- als
                              									Ausströmventile mittels Kammscheiben bewegt wurden und 1873 noch immer die
                              									Kammscheibe zum Antrieb der Austrittventile verblieben war, sind dieselben bei dem
                              									neuesten Modell gänzlich verschwunden und durch neue stabilere Bewegungsmechanismen
                              									ersetzt. Fig. 1 bis
                              										3 auf Taf. 2 lassen diesen Fortschritt deutlich hervortreten.
                           Fig.
                                 										1 Taf. 2 zeigt das erste Modell der Steuerung. Wir sehen auf der im Sinne
                              									des Pfeiles continuirlich rotirenden Steuerwelle zwei Kammscheiben; die vordere, mit
                              									eingesetztem Zahn k, für das Einströmventil, die
                              									hintere, horizontal schraffirt, für das Austrittventil. Bei diesem ist ein
                              									doppelarmiger Hebel, von dessen äuſserem Arm eine Druckstange d nach aufwärts geht, und, durch einen festgelagerten
                              									Lenkerarm hier nochmals geführt, mittels einer Rolle an die hintere Kammscheibe
                              									anliegt und deren Contour entsprechend die ruckweise Bewegung des Ausströmventiles
                              									hervorbringt. In gleicher Weise geht von dem doppelarmigen Hebel des
                              									Einströmventiles eine Zugstange z nach abwärts,
                              									passirt, in der schief schraffirten Stelle ausgekröpft, die Steuerwelle und liegt
                              									mittels des kreuzweise markirten Anschlages a an der
                              									vorderen Kammscheibe an. Beim Fortrotiren der Steuerwelle wird die Stange z hinabgedrückt, bis der Zahn k der Kammscheibe an die schiefe Kante des Anschlages a gelangt, worauf die Zugstange unter dem Einflüsse der
                              									das Ventil belastenden Feder nach aufwärts zurückgezogen wird und das Ventil sich
                              									abschlieſst.
                           Indem nun das bei der Kammscheibe befindliche Ende der Zugstange des Einströmventiles
                              									nicht, wie die Druckstange des Ausströmventiles, durch einen festgelagerten Lenker
                              									geführt wird, sondern durch einen Arm l, dessen
                              									Drehpunkt selbst wieder in einem drehbaren Hebel h
                              									gelagert ist, so wird es möglich, durch Verdrehen dieses Hebels im Sinne des Pfeiles den
                              									Anschlag der Zugstange zurückzuziehen, so daſs die Kammscheibe früher den Anschlag
                              									verläſst und derart früherer Dampfabschluſs stattfindet. Bei umgekehrter Verdrehung
                              									des Hebels h findet längere Füllung statt, und es wird
                              									somit, bei der aus der Zeichnung ersichtlichen Verbindung des Hebels mit der
                              									Regulatorzugstange, in einfacher Weise der Füllungsgrad von der Regulatorstellung
                              									abhängig gemacht. Die Füllungsgrenzen der Ausstellungsmaschinen lagen, nach Prof.
                              										Jenny's Bericht über die Pariser Weltausstellung
                              									1867, zwischen 5 und 25 Proc.; es wären übrigens principiell alle Füllungsgrade zu
                              									erzielen. Ein wesentlicher Uebelstand liegt jedoch darin, daſs beim Abgleiten der
                              									Kammscheibe von dem Anschlag ein Rückstoſs in den Regulator erfolgt, der ein
                              									periodisches Zucken desselben verursachen muſs. Daſs sich dies übrigens durch eine
                              									etwas veränderte Disposition des Regulatoreingriffes auch beheben läſst, sehen wir
                              									jetzt bei der Austellungsmaschine der Firma Cail, Halot und
                                 										Comp. in Brüssel.
                           Gebrüder Sulzer haben diesen Antriebsmechanismus der
                              									Einströmventile gänzlich verlassen und statt dessen in Wien 1873 die in Fig.
                                 										2 Taf. 2 dargestellte Steuerung vorgeführt, die wir seiner Zeit (vgl. *
                              									1874 214 265) schon so ausführlich besprochen haben, daſs
                              									wir nur kurz zu erwähnen brauchen, daſs die Ventilbewegung von dem Mitnehmerdaumen
                              										k ausgeht, welcher dadurch eine elliptische Bahn
                              									beschreibt, daſs er an eine Excenterstange befestigt ist, deren oberes Ende durch
                              
                              									einen Lenker geradegeführt wird, während das untere Ende mit dem auf der Steuerwelle
                              									befestigten Excenter e eine kreisförmige Bahn
                              									beschreibt. Die an dem Hebel des Eintrittventiles angreifende Zugstange z trägt einen Anschlag a,
                              									auf welchem der Mitnehmer k in der gezeichneten
                              									Stellung aufsitzt und nun die Stange z während ¼ Tour
                              									der Maschine nach abwärts mitnimmt, dabei das Einströmventil öffnet und es auch noch
                              									beim Rückgang in die Mittelstellung während der nächsten halben Tour, also während
                              									des ganzen Hubes, offen halten kann, bis endlich in der hinteren Mittelstellung der
                              									Ellipse der Mitnehmer k den Anschlag a verläſst und das Ventil während des nun folgenden
                              									Kolbenrückganges geschlossen bleibt. Diese volle Füllung findet jedoch nur dann
                              									statt, wenn der Lenker l der Ventilzugstange z mittels des Hebels h so
                              									weit zurückgezogen ist, daſs der Anschlag a bei dem
                              									constanten Zurückweichen des Mitnehmers k doch
                              									fortwährend in Eingriff bleibt. Wird jedoch der auf dem Hebel h befindliche Drehungspunkt des Lenkers l nach vorwärts geschoben, wie dies in der aus Fig.
                                 										2 ersichtlichen Weise mittels des Regulators geschieht, so schnappt der
                              									Anschlag a früher oder später von dem Mitnehmer k ab, und es sind principiell Füllungen von 0 bis 100°
                              									erreichbar. Dabei findet die Ventileröffnung bei der Maximalgeschwindigkeit des
                              									Mitnehmers k statt, so daſs diese Steuerung, so weit
                              									dies mit einem Excenter direct erzielbar ist, vollendet dasteht. In constructiver
                              									Beziehung wurde sie im
                              									Laufe der letzten Jahre noch dadurch verbessert, daſs das obere Ende der
                              									Excenterstange und die Ventilzugstange z eine stabilere
                              									Führung erhielten.
                           Demnach schien es nicht gut möglich, auch mit dem so veränderten Mechanismus höhere
                              									Tourenzahlen zu erreichen, und zwar schon wegen der allgemeinen Disposition der
                              									Theile, speciell aber in Folge des Stoſses, mit welcher der Mitnehmer k grade mit seiner Maximalgeschwindigkeit auf den
                              									Anschlag a auftrifft. Es stellte sich daher die Aufgabe
                              									heraus, einerseits die rasche Oeffnung des Ventiles, wie sie bei der Steuerung von
                              									1873 war, beizubehalten, oder womöglich noch zu erhöhen, dagegen den Beginn des
                              									Eingriffes zwischen Mitnehmer und Anschlag zu einem möglichst sanften zu
                              									gestalten.
                           Alles dies wird vollständig erreicht, dadurch daſs sich der Mitnehmer k, statt wie früher in einer elliptischen Bahn, nunmehr in einer herzförmigen Curve bewegt. Die Art und Weise, wie diese Curve kinematisch
                              									hervorgebracht wird, ist aus Fig. 3 Taf.
                              									2 zu ersehen; in Fig. 4 ist
                              									die Herzlinie in vergröſsertem Maſsstabe herausgezeichnet.
                           Es bezeichnet wieder a den Anschlag und k den Mitnehmer; der Anschlag ist fest mit dem
                              									doppelarmigen Ventilhebel verbunden, und um dieselbe Achse wie dieser schwingt ein
                              									zweiter Hebel p, in welchen der Mitnehmer k drehbar gelagert ist; dieser selbst bildet einen
                              									Winkelhebel, dessen aufwärts gerichteter Arm durch eine Stange x auf und nieder geschoben wird. Indem somit der
                              									Mitnehmer die oscillirende Bewegung des Hebels p
                              									mitmachen muſs und ihm andererseits durch die Stange x
                              									eine relative Bewegung zum Hebel p ertheilt wird,
                              									entsteht jene eigenthümliche, aus Fig. 4
                              									ersichtliche Herzcurve, und je nachdem die Mittelstellung des Mitnehmers, bedingt
                              									durch die höhere oder tiefere Mittellage der Stange x,
                              									nach links oder rechts verschoben wird, verschiebt sich auch die Herzcurve.
                              									Hierdurch ergibt sich direct die Art und Weise der Expansionsregulirung. Beschreibt
                              									die vordere Kante des Mitnehmers die Herzlinie I (Fig.
                                 										4), so verläſst er nie den Anschlag a und es
                              									findet volle Füllung statt. Bei Curve II hätte der
                              									Mitnehmer k, für die gezeichnete Stellung des Hebels
                              										p, bereits den Anschlag a verlassen und das Ventil wäre geschlossen, während der Mitnehmer seine
                              									rückläufige Bewegung nach aufwärts fortsetzt, sich dann nach links hinüberschiebt,
                              									langsam und mit voller Fläche auf den Anschlag a
                              									auftrifft, denselben rasch nach abwärts mitnimmt und endlich im Punkte β, wo die Herzlinie II die
                              									Kreislinie der Anschlagkante schneidet, den Anschlag verläſst und die Expansion
                              									einleitet. Bei der äuſsersten Untenstellung der Stange x entsteht die Herzlinie III, bei welcher der
                              									Mitnehmer überhaupt nicht mehr auf den Anschlag trifft und daher keine
                              									Dampfadmission stattfindet; es können somit, wie bei der Steuerung von 1873, alle
                              									Füllungen von 0 bis 100 Proc. erreicht werden.
                           
                           Zur Hervorbringung aller dieser Bewegungen, gleichzeitig mit der Steuerung des
                              									Ausströmventiles, welche nun nicht mehr durch Kämme erfolgt, dient ein einziges auf
                              									der Steuerwelle aufgekeiltes Excenter e, welches sich
                              									im Sinne des Pfeiles der Fig. 3
                              									bewegt. Von demselben geht eine Excenterstange aus, welche durch den um eine feste
                              									Welle lose schwingenden Lenker l in bestimmter Bahn
                              									geführt wird. Zwischen Excenter und Lenker ist die Stange d, welche hier nicht mehr auf Druck, sondern auf Zug beansprucht wird,
                              									angebolzt und führt hinab zum Winkelhebel des Austrittventiles. Auch hier ist die
                              									Anordnung von der früheren verschieden, indem d nicht
                              									fest mit dem Ventilhebel verbunden ist, sondern denselben nur beim Aufgang mittels
                              									eines Anschlages mitnimmt; durch Verstellung des Anschlages läſst sich die
                              									Compression reguliren.
                           Zur Bewegung des Eintrittventiles dient zunächst die Zugstange z, welche den Hebel p im
                              									Drehungspunkte des Mitnehmers angreift und ihm derart eine auf und ab oscillirende
                              									Bewegung ertheilt. Endlich trägt die Excenterstange an ihrem äuſsersten Ende noch
                              									einen dritten Zapfen, welcher eine ellipsenartige (in Fig. 3
                              									angedeutete) Curve beschreibt, deren groſse Achse beiläufig der Sehne des vom Lenker
                              										l beschriebenen Bogens parallel ist. An diesen
                              									Punkt könnte man direct die zum Mitnehmer k führende
                              									Stange x anlenken und würde ohne weiteres die
                              									gewünschte Herzlinien-Bewegung der Mitnehmerkante hervorbringen; eine Verschiebung
                              									der Herzlinie nach rechts oder links wäre dann jedoch nur durch Verlängerung oder
                              									Verkürzung der Stange x möglich. Um daher die Expansion
                              									vom Regulator aus stellbar zu machen, wird die Stange x
                              									nicht direct an den Endpunkt der Excenterstange gehängt, sondern an das eine Ende
                              									eines hier angebrachten Winkelhebels, dessen anderes nach abwärts gerichtete Ende
                              									durch einen Lenker r derart gerade geführt wird, als ob
                              									der Winkelhebel mit der Excenterstange aus einem Stück wäre. Wird dagegen der im
                              									Hebel h befindliche Fixpunkt des Lenkers r nach rechts oder links geschoben, so hebt oder senkt
                              									sich der horizontale Arm des in der Excenterstange gelagerten Winkelhebels, die
                              									Stange x wird noch auf oder abwärts verschoben, die
                              									Herzlinie der Mitnehmerkante rückt nach links oder rechts und die Füllung wird
                              									vergröſsert oder verringert. Dies geschieht in einfacher Weise durch den Regulator,
                              									indem die Welle, auf welcher der Hebel h, der den
                              									Fixpunkt des Lenkers r trägt, aufgekeilt ist, durch
                              									Hebel und Zugstange mit dem Regulator verbunden ist; beim Aufsteigen der
                              									Regulatorkugeln muſs sich die Regulatorzugstange im Sinne des Pfeiles Fig.
                                 										3 bewegen. Auſserdem trägt die Welle des Hebels h auch den früher erwähnten Lenker l,
                              									selbstverständlich lose aufgesetzt.
                           Die neue Steuerung mag, wenigstens nach der Beschreibung, als complicirter erscheinen
                              									wie die vom J. 1873; sie zählt auch thatsächlich eine gröſsere Zahl von
                              									Bestandtheilen wie die frühere und hat complexere Bewegungen auszuführen. Zur constructiven
                              									Durchführung eignet sie sich jedoch bedeutend besser, so daſs, wie ein Blick auf die
                              									in Paris ausgestellte Maschine zeigte, deren Steuerungsmechanismus ungleich
                              									einfacher erscheint als der in Wien ausgestellte, und
                              									vor allem sind die Inanspruchnahmen und Abnützungsverhältnisse entschieden günstiger
                              									geworden. Die Ausstellungsmaschine macht so ruhig und anstandslos ihre 70 Touren,
                              									daſs eine weitaus gröſsere Tourenzahl als zulässig zu erkennen ist und auch gewiſs
                              									erreicht wird; und hierin liegt jedenfalls der augenfälligste Vortheil der neuen
                              									Construction.
                           Ein weiterer Vorzug der Construction ist endlich noch der, daſs sie sich in
                              									vortrefflicher Weise zur Umsteuerung eignet. Es ist dies aus Fig. 5 Taf.
                              									2 ersichtlich, welche die Reversirsteuerung nach Sulzer's System für eine verticale Schiffs- oder Fördermaschine darstellt;
                              									hier fehlt der Regulator, doch ist auch dessen Anwendung gleichzeitig mit der
                              									Reversirvorrichtung möglich. Das zur Ventilbewegung dienende Excenter sitzt direct
                              									auf der Kurbelwelle und hat, fast genau wie bei der Hackworth'schen Steuerung (* 1876 219 4), einen
                              									nach aufwärts gerichteten Arm, welcher in einer Coulisse c derart geführt ist, daſs sich durch Verdrehung der Coulisse reversiren
                              									läſst. Von dem oberen Ende dieser Excenterstange findet nun in aus der Zeichnung
                              									ersichtlicher Weise die Bewegung der Zugstange z und
                              									von z aus die Bewegung des Austrittventiles statt,
                              									ferner auch des Einströmventiles mittels des Ventilhebels r, welcher hier als dreiarmiger Winkelhebel construirt ist. Der Mitnehmer
                              										k wird, ganz analog wie bei dem früheren Falle,
                              									durch eine Stange x bewegt, welche von dem Excenter
                              									durch eine Zugstange t und einen Winkelhebel w angetrieben wird. Soll umgesteuert werden, so wird
                              									das Coulissenstück c mittels einer von der
                              									Reversirschraube s ausgehenden Zugstange verdreht, aber
                              									die Mitnehmerbewegung, welche vermöge der symmetrischen Form der Herzlinie für beide
                              									Drehungsrichtungen gleich bleibt, nicht weiter verändert. Soll jedoch, unabhängig ob
                              									Vorwärts- oder Rückwärtsgang, die Expansion verändert werden, so hat nur der den
                              									Winkelhebel w tragende Hebel h gehoben oder gesenkt zu werden, um entsprechend die Herzlinie zu
                              									verschieben und so die Füllung zu verändern. Dies geschieht nun auch durch die
                              									Reversirschraube und zwar derart, daſs der Hebel h
                              									durch eine Stange m mit der Reversirmutter verbunden
                              									wird. In den extremsten Stellungen der Mutter, sowohl beim Vorwärts- als beim Rückwärtsgang, wird h gehoben und somit am stärksten expandirt; je mehr
                              									sich die Reversirmutter der Mittelstellung nähert, desto stärkere Füllungen werden
                              									erzielt, und auf eine groſse Distanz beiderseits der Mittelstellung bleibt, in Folge
                              									der eigenthümlichen Verbindung mit dem Hebel h,
                              									letztere fast ganz unverändert.
                           Es wird hiermit für die Reversirung ein ganz neues System aufgestellt: nicht wie bis jetzt
                              									immer findet die kleinste Füllung in der Mittelstellung des Reversirhebels oder der
                              									Reversirmutter statt und die gröſsten Füllungen in den Endstellungen; grade im
                              									Gegentheil findet auf beiden Seiten der Mittelstellung volle Füllung statt und erst gegen die extremen Stellungen zu beginnt die
                              									Expansion. Es wird auf diese Weise möglich, ohne jede Rücksicht auf die
                              									Expansionsvorrichtung zu reversiren, Gegendampf zu geben, abzustellen und beliebig
                              									zu manövriren. Ist jedoch der Gang nach einer Richtung definitiv eingeleitet, so
                              									findet bei noch weiterem Vor- oder Rückstellen der gewünschte Expansionsgrad
                              									statt.
                           Und so sehr ist diese neue Anordnung geeignet, die bisherige Disposition von
                              									Reversirmaschinen zu verändern und zu verbessern, ja, die Expansionssteuerung für
                              									viele Reversirmaschinen eigentlich erst möglich zu machen, daſs es fast scheint, als
                              									ob die berühmte Firma in Winterthur auch in diesem Gebiete epochemachend auftreten
                              									sollte.
                           Müller-Melchiors.
                           
                        
                           Brotherhood's Dampfmaschine, System
                                 										Woolf (Fig. 6
                                 										Taf. 2).
                           Neben verschiedenen anderen netten Maschinchen haben H. Flaud
                                 										und A. Cohendet in Paris auch eine interessante Construction des durch
                              									seine Dreicylindermaschinen allgemein bekannten Engländers Brotherhood ausgestellt. Dieselbe hat, wie aus Fig. 6 Taf.
                              									2 ersichtlich zwei einfach wirkende Dampfkolben, von denen der innere mit einer, der
                              									äuſsere Ringkolben mit zwei symmetrischen Treibstangen auf die unter 180° stehenden
                              									Kurbeln der dreifach gekröpften Schwungradwelle wirken. Oberhalb der Cylinder
                              									befindet sich ein oscillirender Rundschieber, welcher über drei Kanälen spielt, von
                              									denen der links gezeichnete zum Innencylinder, der mittlere zum Ringcylinder, der
                              									rechts befindliche endlich zum unteren Theil des Gehäuses führt, von wo der
                              									expandirte Dampf entweder direct ausströmt, oder in den Condensator geleitet
                              									wird.
                           Bei der gezeichneten Schieberstellung bewegt sich der innere Kolben arbeitend nach
                              									abwärts, der Ringkolben geht leer hinauf und schiebt den expandirten Dampf unter der
                              									Schiebermuschel zur Ausströmung. Beim Rückgang wird der rechte Kanal vom Schieber
                              									abgesperrt, dagegen der mittlere mit dem linken in Verbindung gesetzt, derart daſs
                              									bei aufwärtsgehendem Innenkolben der oberhalb befindliche Dampf über den Ringkolben
                              									gelangt und expandirend denselben hinabpreſst.
                           Der Rundschieber erhält, wie ein gewöhnlicher Muschelschieber, seine Bewegung von
                              									einem auf der Schwungradwelle auſserhalb des Gehäuses aufgekeilten Excenter; den
                              									Dampfeintritt in das Schiebergehäuse regulirt ein Cosinusregulator (*1877 224 19); der Innenkolben hat 250, der Ringkolben 500mm äuſseren Durchmesser und bei 500 Touren soll
                              									die Maschine 50e leisten.
                           Die ganze Construction ist, ebenso wie bei den älteren Brotherhood-Maschinen,
                              									vortrefflich durchgeführt. Das Gehäuse besteht nur aus 3 Guſsstücken, dem Untersatz,
                              									dem Ringcylindermantel und dem Innencylinder, welcher mit dem Deckel aus einem
                              									Stücke gegossen ist. Die Treibstangen sind auch hier nur auf rückwirkende Festigkeit
                              									beansprucht und dem entsprechend construirt; bemerkenswerth sind die unterhalb der
                              									Kurbelzapfen an den Lagern angebrachten Fangschalen zur Schmierung der Zapfen aus
                              									dem unten sich ansammelnden Oelbad. Ein vortreffliches Detail ist auch die Anordnung
                              									der inneren Kolbenringe für den Ringcylinder. Dieselben sind nämlich nicht im Kolben
                              									angebracht, wo sich die erforderliche Spannung nach innen nur auf umständliche Weise
                              									erzielen lieſse, sondern festliegend im Mantel des Innencylinders; dabei muſs der
                              									Ringkolben selbstverständlich zu einem Rohre verlängert werden, damit er stets den
                              									Ring deckt; aber es wird hierdurch möglich, alle drei Kolbendichtungen mit einfachen
                              									Spannringen herzustellen.
                           
                              M-M.
                              
                           
                        
                           Decoudun's pneumatischer
                                 										Wasserstandszeiger (Fig. 7
                                 										Taf. 2).
                           S. Guichard und Comp. in Paris brachten eine
                              									interessante Novität zur Ausstellung, nämlich einen von J.
                                 										Decoudun patentirten Niveaustandzeiger für Wasserbehälter u. dgl., welcher
                              									auf dem Princip der Taucherglocke gründet und die Beobachtung auf gröſsere
                              									Entfernungen vollkommen verläſslich ermöglicht.
                           In eine guſseiserne Glocke (Fig. 7 Taf.
                              									2) mündet durch eine Stopfbüchse abgedichtet ein Messingröhrchen, welches mit einem
                              									empfindlichen, den Druck in Centimeter Wassersäule anzeigenden Manometer verbunden
                              									ist. Wird die flocke an Schnüren, welche in den Oesen a
                              									beiderseits der Stopfbüchse befestigt sind, in Wasser getaucht, so erfährt die in
                              									ihr abgeschlossene Luft eine um so gröſsere Verdichtung, je höher der Wasserstand
                              									über der Glocke ist. Der Luftdruck pflanzt sich bis auf das Manometer fort und
                              
                              									dieses gibt sofort die zugehörige Druckhöhe an. Obwohl das Messingröhrchen nur einen
                              									lichten Durchmesser von 3mm hat, folgt doch das
                              									Manometer jeder Druckänderung selbst auf Entfernungen von 50m ungemein rasch.
                           Die Anwendung des Apparates wird sich überall dort empfehlen, wo die Beobachtung des
                              									Wasserstandes in Behältern, Turbinenkästen u. dgl. nicht an Ort und Stelle erfolgen
                              									soll, da das dünne Röhrchen wie ein starker Draht ohne nennenswerthe Mühe und Kosten
                              									von der Glocke zum Manometer geleitet werden kann. Ein Uebelstand dürfte die
                              									allmälige Absorption der in der Glocke verdichteten Luft durch das Wasser sein; doch
                              									läſst sich dem leicht abhelfen, wenn man die Glocke von Zeit zu Zeit aus dem Wasser hebt und neuerdings
                              									in dasselbe taucht.
                           
                        
                           Saurel's Schmiergefäſs für
                                 										Leerscheiben (Fig. 37
                                 										Taf. 3).
                           Die Anwendung gewöhnlicher Schmierbüchsen ist bei Leerscheiben deshalb unzulässig,
                              									weil die Fliehkraft das Oel gegen den Deckel des Gefäſses drängt und dadurch seinen
                              									Austritt hindert. Diese schädliche Wirkung wird bei den Schmiergefäſsen von Saurel in Paris (rue Saint-Honoré 2) aufgehoben und die
                              									Fliehkraft in entgegengesetztem Sinne nutzbar gemacht, indem, wie Fig. 37
                              									Taf. 3 zeigt, eine Bleischeibe in das Gefäſs gelegt und auf dem centralen
                              									Austrittsrohr geführt wird. Bei der Drehung der Riemenscheibe wirkt die Fliehkraft
                              									auf diese Bleischeibe, welche das halbflüssige Schmiermaterial zwischen sich und dem
                              									Gefäſsdeckel verdrängt und zum Austritt zwingt. Die nöthige Luftzuführung unter die
                              									Bleischeibe wird dabei durch eine kleine Schraube geregelt, welche mit einem sich
                              									gegen ihr Ende erweiternden Schlitz versehen ist. Durch Aenderung des Gewichtes der
                              									Bleischeibe kann man auch die Stärke der Schmierung reguliren. – Etwas Aehnliches
                              									hat zwar schon Millet (* 1877 226 467) angegeben; doch ist die vorliegende Anordnung einfacher und
                              									praktischer.
                           
                        
                           Stierlin's selbstschlieſsende
                                 										Thürbänder (Fig. 38
                                 										bis 40 Taf.
                                 										3).
                           Die Thüren des Pariser Ausstellungsgebäudes waren mit selbstschlieſsenden Bändern von
                              										Gottfried Stierlin in Schaffhausen versehen, welche
                              									wohl die compendiösesten ihrer Art sind, da sie von auſsen den gewöhnlichen
                              									Fischbändern und Gelenkbändern vollkommen gleich sehen. Dabei sind sie höchst
                              									einfach und gewähren überdies den Vortheil, daſs der Selbstschluſs mit gröſserer
                              									oder geringerer Kraft erfolgen oder gänzlich aufgehoben werden kann.
                           Die Einrichtung dieser Bänder, welche auch in verschiedenen Ländern patentirt sind
                              									(vgl. * D. R. P. Nr. 25 vom 13. Juli 1877), ist aus Fig. 38 bis
                              										40 Taf. 3 ersichtlich. Beim Fischband (Fig. 38)
                              									ist an den unteren Theil b der hohle Dorn m gelöthet, um welchen sich die Hülse des oberen Bandes
                              										a dreht, in deren oberen Oeffnung der Kegel c Angenietet ist. In ein quadratisches Loch dieses
                              									Kegels ist ein durch einen Ring zusammengehaltener Bund von Stahlfederblättern f geschoben, dessen anderes Ende in ein ähnliches Loch
                              
                              									des Kegels d reicht, welcher in der unten etwas
                              									zurückgedrehten Höhlung des Domes m steckt. 3 bezieh. 6
                              									kleine radiale Löcher n dieses Kegels dienen dazu,
                              									denselben mittels eines Stiftes drehen und dadurch die Feder verwinden, also spannen
                              									zu können, worauf er mit dem Dorn dadurch fest verbunden wird, daſs man den Stift
                              										h (Fig. 39) in
                              									jenes der drei Löcher o des Kegels steckt, welches mit
                              									dem in gleicher Höhe eingebohrten Loch des Domes zusammenfällt. Je mehr die Feder
                              									verwunden wird, desto kräftiger sucht sie die geöffnete Thür zu schlieſsen. Läſst man den Stift h ganz weg, so wird der Selbstschluſs aufgehoben. Soll
                              									das Band die Thür nicht schlieſsen, sondern aufwerfen, so braucht man die Feder nur
                              									nach der andern Richtung durch Linksdrehen des Kegels d
                              									zu spannen.
                           In ähnlicher Weise werden auch Gelenkbänder (Fig. 39 und
                              										40) ausgeführt; nur bildet hier der Dorn m
                              									ein besonderes, in die Gelenke eingeschobenes Stück.
                           
                              H.
                              
                           
                        
                           Baville's Werkzeughalter (Fig. 1
                                 										bis 36 Taf.
                                 										3).
                           Schon auf der Wiener Weltausstellung 1873 waren Werkzeughalter, Patent Baville, zu sehen; seither wurden jedoch Verbesserungen
                              									an denselben vorgenommen und das Ergebniſs derselben finden wir in Paris zur
                              									Anschauung gebracht. So haben J. Deneffe und Comp. in
                              									Lüttich alle ausgestellten Drehbänke, Hobelmaschinen, Shapingmaschinen und
                              									Nuthstoſsmaschinen mit solchen Haltern ausgerüstet (vgl. * 1878 229 216); desgleichen A.
                                 										Pihet in Paris. Weiter finden wir eine Collection derselben bei Greenwood und Batley in Leeds, bei Artige und Comp. in Paris. Nach einem Rundschreiben von
                              										Baville und Ollivier
                              									in Paris, den Vertretern des betreffenden Patentes, ist dieses System in Frankreich
                              									und Belgien in ausgedehntem Maſse in Verwendung.Wir führen auſser den oben genannten von den vielen Constructionswerkstätten,
                                    											welche dieselben eingeführt haben, nur folgende ziemlich allgemein bekannten
                                    											an: In Frankreich: Bouhey in Paris, Farcot und Söhne, Eisenbahngesellschaft zu
                                    											Orleans, Perin und Comp. In Belgien:
                                    											Gesellschaft John Cockerill in Seraing, Cail, Halot und Comp. in Brüssel, Ch. S. Carels in Gent, das Arsenal in
                                    											Antwerpen. Es verdienen demnach die Baville'schen Halter eingehendes Studium, weshalb dieselben auf Taf. 3
                              									ausführlich zur Darstellung gebracht sind.
                           In Fig.
                                 										1 bis 5 ist ein
                              									Halter für Drehbänke veranschaulicht, woraus sofort zu erkennen ist, daſs man es
                              									hier mit keinem einfachen Werkzeuge, sondern mit einem förmlichen
                              									Werkzeugsupport-Bestandtheil zu thun hat, welcher die durch den bisher
                              									gebräuchlichen Support zur Ausführung gelangten Bewegungen des Arbeitsstahles
                              									ergänzt, um einerseits eine leichtere und deshalb weniger zeitraubende Handhabung
                              									des schneidenden Werkzeuges zu gestatten und andererseits die für das schneidende
                              									Werkzeug bedingte Form einfacher zu gestalten. Der Stahl D weist im Querschnitt ein Trapezoïd auf, welches durch die Beilage e (Fig. 5) zu
                              									einem Trapeze vervollständigt ist. Stahl und Beilage sind in der durch Schnecke h und Schneckenrad drehbaren Nuſs C mittels der Schraube E
                              									befestigt. Das Gehäuse für diese Nuſs besteht aus zwei Theilen A und B, welche durch
                              									Schrumpfbänder J und durch die Schraube a mit einander verbunden und durch Feder und Nuth i gegen Verschiebung gesichert sind. A ist einseitig verlängert und bildet den Stiel,
                              									mittels welchen der Halter wie der sonst gebräuchliche groſse Werkzeugstahl auf den Drehbanksupport
                              									befestigt wird. Um den Meiſsel D nach Erforderniſs im
                              									Kreise drehen zu können (vgl. Fig. 3),
                              									besitzt die Schneckenachse b beiderseits viereckige
                              									Ansätze, auf welche die Kurbel d gesteckt werden kann.
                              									Zur Feststellung der Nuſs in einer bestimmten Stellung ist hinter die Schnecke ein
                              									Keil f eingelegt, welcher, durch die Schraube G niedergedrückt, die vorspringenden halben
                              									Lagerschalen g gegen die beiden Lagerzapfen der
                              									Schneckenachse anpreſst und diese nebst der in das Schneckenrad am Umfange der Nuſs
                              									genau passenden Schnecke feststellt. Je nachdem ein Stück des Stahles D an einem oder an dem anderen Ende zur Schneide
                              									geformt wird, erhält man ein nach rechts oder ein nach links schneidendes Werkzeug.
                              									Zum Schleifen der hier verwendeten Stähle dient ein eigener Halter, welcher mit
                              									Hinweg-Jassung des hölzernen Heftes zum Anfassen in Fig. 6
                              									dargestellt ist. Die Höhlung in demselben zeigt denselben Querschnitt wie in Fig.
                                 										5 und sind auch hier Stahl und Beilage durch die Schraube E gleichzeitig festgestellt. Das Schleifen erfolgt von
                              									Hand am gewöhnlichen Schleifsteine.
                           Ist der Hobelmaschinensupport zum selbstthätigen Abheben des Stichelhauses beim
                              									Rücklaufe des Tisches eingerichtet, so kann der Halter Fig. 1 ohne
                              									weiters auch auf der Hobelmaschine verwendet werden. Anderenfalls ist der in Fig.
                                 										7 bis 11
                              									dargestellte Halter anzuwenden, welcher ein Stichelhaus B besitzt, das wie jenes des gewöhnlichen Supportes um einen festen Bolzen
                              										a nach vorn drehbar ist, um aus dem Schnitte
                              									gehoben werden zu können, daher auch das Abheben des Stichels D beim Rücklauf des Tisches gestattet, jedoch ungleich
                              									leichter ist als jenes und deshalb die Reibung zwischen Stichel und Arbeitsstück
                              									beim Leergange auf das geringste Maſs vermindert. Das hier erforderliche kleine
                              									Stückchen Werkzeugstahl D ist genau so geformt wie
                              									jenes des Halters für die Drehbank (Fig. 1 bis
                              										5) und ebenfalls mit der keilförmigen Beilage e durch die Schraube E in dem Stichelhause
                              									befestigt (vgl. Fig. 10).
                              										Fig. 11 zeigt das Stichelhaus B in der
                              									Rückenansicht mit dem halbrunden Ausschnitt a' für den
                              									Drehbolzen a (Fig. 8) und
                              									den schräg gegen einander laufenden Flächen b' (vgl.
                              										Fig. 8), welche symmetrisch zu einander während des Schnittes die
                              									seitliche Verschiebung des Stichelhauses gegen die Nuſs C verhindern, indem sie es keilförmig zwischen sich fassen. Zwei schwache
                              									Spiralfedern i drücken das Stichelhaus stets auf diese
                              									gegen einander geneigten Auflagflächen nieder, um das richtige Angreifen der
                              									Schneidkante zu Anfang des Schnittes zu sichern, da das blose Gewicht des
                              									Stichelhauses hierzu nicht ausreicht. Das Gehäuse A für
                              									die Nuſs ist ungetheilt und deshalb die letztere mit einem vorstehenden Ansatze
                              									versehen, auf welchen eine Mutter F aufgeschraubt ist.
                              									Die Deckplatte H schlieſst das Gehäuse A vorn. Die übrigen Theile sind dieselben wie vorher und auch mit
                              									denselben Buchstaben bezeichnet, somit die Handhabung von selbst zu erkennen.
                           Die Fig. 12 bis 16 zeigen
                              									einen für Hobelmaschinen mit feststehendem Stichelhause geeigneten Werkzeughalter
                              									mit zwei entgegengesetzt gerichteten Schneidstählen. Es ist hier die in dem vorher
                              									beschriebenen Halter enthaltene drehbare Nuſs weggelassen und sind die beiden der
                              									Hauptsache nach wie dort geformten kleinen Stichelhäuser B und B' direct in das Gehäuse A eingepaſst, in welchem auch die Drehbolzen a befestigt sind. Die gegenseitige Lage dieser
                              									Stichelhäuser ist am besten aus Fig. 16 zu
                              									ersehen. Die sonst noch wie in Fig. 8 bis
                              										11 vorhandenen Theile sind mit gleichen Buchstaben wie dort bezeichnet.
                              									Bei Anwendung dieses Werkzeughalters wird sowohl beim Hingang als beim Rückgang des
                              									Tisches gehobelt, indem einmal der eine Schneid stahl und dann der andere in
                              									Thätigkeit kommt.
                           Für Shapingmaschinen wird ein ähnlicher Halter mit zwei nach entgegengesetzter
                              									Richtung arbeitenden Schneidstählen gebaut (Fig. 17 bis
                              										21). Abweichend von dem vorhergehenden ist hier das eine der beiden
                              									Stichelhäuser durch Schraube und Mutter seitlich verstellbar, also in gröſserer oder
                              									geringerer Entfernung vom ersteren zu benutzen. Es ist deshalb das zweite
                              									Stichelhaus nicht direct im Gehäuse A, sondern in einem
                              									darin verschiebbaren Einsatzstücke C angebracht;
                              									letzteres kann durch die Schraubenspindel H verschoben
                              									und, wenn passend eingestellt, durch die Schraube I
                              									festgestellt werden, für welche in dem Gehäuse A ein
                              									Langloch vorhanden ist. Abgesehen davon, daſs hier die eine Schraube E zur Befestigung des Stahles im Stichelhause B seitlich liegt (Fig. 21),
                              									ist die Construction der Stichelhäuser dieselbe wie bei den obigen Haltern und sammt
                              									ihrer Wirkungsweise aus den Zeichnungen leicht erkenntlich.
                           Der in Fig. 22 bis 26
                              									dargestellte Werkzeughalter für Nuthstoſsmaschinen besitzt gleichfalls ein
                              									bewegliches Stichelhaus B, welches in der Nuſs C gelagert ist; letztere ist im Gehäuse A drehbar und einerseits durch einen Zahn c, der in einen der Ausschnitte b (Fig. 23 und
                              										26) eingreift, und andererseits durch die Schraube dl in einer bestimmten
                              									Stellung feststellbar. Durch Anwendung des beweglichen Stichelhauses ist auch hier
                              									die Reibung des Werkzeugstahles an dem Arbeitsstücke beim Aufwärtsgange des Stöſsels
                              									möglichst vermieden. Das Stichelhaus ist übrigens principiell wie bei den Haltern
                              									der Hobelmaschinen construirt und weist nur äuſserlich eine andere Form auf, welche
                              									insbesondere aus Fig. 24 und
                              										25 (Druntersicht und Draufsicht) deutlich erkennbar ist; zur besseren
                              									Stützung des Stahles ist es unmittelbar über diesem etwas vorgebaut. – Statt der
                              									Nuſs C kann auch die in Fig. 27 und
                              										28 dargestellte im Gehäuse A zur Anwendung
                              									kommen, welche zwei Stichelhäuser B und B' enthält, wovon das eine, im Stücke C' gelagert, mittels der Schraube H verstellt werden kann, um die Schneidkanten in eine
                              									bestimmte Entfernung zu bringen und so zwei parallele Flächen gleichzeitig zu
                              									bestoſsen. Fig. 28
                              									zeigt einen Schnitt durch die beiden Drehbolzen a der
                              									Stichelhäuser und ist hier auch die Schraube I
                              									ersichtlich, welche zur Feststellung des Stückes C'
                              									dient. – Fig. 29
                              									endlich zeigt einen ebenfalls mit zwei beweglichen Stichelhäusern versehenen Halter
                              									für Nuthstoſsmaschinen. Auch hier ist das eine Stichelhaus in einem verstellbaren
                              									Stücke gelagert, um die beiden Schneidkanten in bestimmte Entfernung von einander
                              									bringen zu können. Das Gehäuse dazu ist jedoch gleich zum Stiele geformt. Der hier
                              									verwendete Stahl ist schon wie die Höhlung im Stichelhause im Querschnitte
                              									trapezförmig, daher die keilförmige Beilage nicht mehr nothwendig ist. Im Uebrigen
                              									sind die beiden Stichelhäuser principiell wie in Fig. 27 und
                              										28 geformt und aus den punktirten Linien in Fig. 29
                              									deutlich erkenntlich.
                           In jenen Fällen, wo die bisher beschriebenen Halter ihrer äuſseren Form wegen nicht
                              									mehr angewendet werden können, treten andere an ihre Stelle, und zwar für Drehbänke
                              									und Hobelmaschinen die in Fig. 32 bis
                              										35 dargestellten, welche ihrer Einfachheit wegen aus der Zeichnung sofort
                              									verständlich sind, für Nuthstoſsmaschinen Werkzeughalter nach Fig. 30 und
                              										31. Bezüglich des letzteren ist nur noch zu bemerken, daſs der Stahl beim
                              									leeren Aufwärtsgange des Stöſsels vermöge der Reibung am Arbeitsstück
                              									zurückgehalten, das Stück B aus dem Gehäuse A nach abwärts ein wenig herauszieht und dadurch
                              									seitlich ausweicht, somit mit sehr geringer Reibung am Arbeitsstück emporgleitet.
                              									Das Gehäuse A ist nämlich wie bei Fig. 23
                              									unten conisch ausgebohrt und das Stück B oben conisch
                              									eingepaſst und durch einen Zahn c, welcher in einen der
                              									Ausschnitte b (Fig. 26)
                              									eingreift, an der Drehung verhindert. Zum Aufwärtsziehen des Stückes B ist hier aber eine Spiralfeder S vorhanden, welche sich oben gegen das Schluſsstück
                              										E, unten gegen das Gehäuse A anstemmt. Das Schluſsstück E ist auf den
                              									langen Bolzen d aufgeschraubt, so daſs die Feder S stärker oder schwächer gespannt werden kann. Zwischen
                              									dem vorstehenden Rande der auf das Schluſsstück E
                              									aufgeschraubten, mit cylindrischem Halse oben in das Gehäuse A eingepaſsten Mutter G und dem oberen Rande
                              									des Gehäuses A ist ein Zwischenraum, welcher das Senken
                              									des Stückes B nach Ueberwindung der Spannung der Feder
                              										S gestattet. Sobald der Stöſsel in seiner höchsten
                              									Stellung angelangt und dadurch der Stahl D über die zu
                              									bestoſsende Fläche emporgehoben, also frei ist, führt die Feder S das Stück B wieder nach
                              									aufwärts und bringt es zur festen Anlage an das Gehäuse A, in welcher gegenseitigen Lage beide Stücke verharren, bis der Stöſsel
                              									unten am Ende des Hubes angelangt ist und seine Aufwärtsbewegung beginnt. Das Stück
                              										B kann im Gehäuse A in
                              									so vielen Stellungen zur Anwendung kommen, als Ausschnitte b in diesem vorhanden sind.
                           
                           Endlich ist noch der Werkzeughalter Fig. 36 zu
                              									erwähnen, welcher das bei der Drehbank gebräuchliche Federmesser liefert.
                           Wenn wir die ganze Reihe dieser Werkzeughalter überblicken, so finden wir überall
                              									kleine einfach geformte Stückchen Stahl statt der sonst gebräuchlichen groſsen
                              									Stücke mit entsprechend abgebogenem, zur Schneide geformtem Ende in Verwendung,
                              									dafür aber die Maschine um einen bleibenden, der Abnutzung nicht in der Weise wie
                              									der Werkzeugstahl unterliegenden Supporttheil vermehrt. Wir finden ferner in diesem
                              									solche Bewegungen des Stahles möglich, welche einerseits die ausgedehnte Anwendung
                              									der sehr einfach geformten Stähle gestatten, ohne ein Umspannen des Halters zu
                              
                              									erfordern, und andererseits bei den Hobelmaschinen und insbesondere bei den
                              									Nuthstoſsmaschinen die Reibung zwischen Werkzeug und Arbeitsstück auf ein
                              									verschwindend kleines Maſs herabgebracht. Die dadurch erzielten Vortheile sind
                              									gewiſs aller Beachtung werth.
                           Principiell damit übereinstimmende Werkzeughalter, welche in Einzelnheiten der
                              									Construction etwas verändert ausgeführt sind, wurden auch durch F. Edmund Thode und Knoop in Dresden und Berlin im
                              									Deutschen Reiche unter Nr. 2288 vom 9. October 1877 ab patentirt.
                           Prof. Josef Pechan.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               
